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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 13.12.2002
Aktenzeichen: 6 U 178/02
Rechtsgebiete: UWG
Vorschriften:
UWG § 7 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
verkündet am 13.12.2002
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
pp.
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2002 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, von Hellfeld und Schütze
für Recht erkannt:
1.
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen vom 16.07.2002 (4 O 78/02) abgeändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 22.05.2002 wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtstreits hat der Antragsteller zu tragen.
3.
Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig.
Der Darstellung eines Tatbestandes bedarf es gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V. mit § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht.
Entscheidungsgründe:
Die in formeller Hinsicht einwandfreie, auch den sonstigen Voraussetzungen nach zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg und führt zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dem antragstellenden Verein steht der in diesem Urteil titulierte Unterlassungsanspruch nicht zu. Der mit der streitbefangenen Werbung ausgelobte "Große Personalkauf" ist nicht als eine im Sinne von § 7 Abs. 1 UWG unzulässige Sonderveranstaltung einzuordnen, deren Ankündigung und/oder Durchführung wettbewerbswidrig und damit zu unterlassen ist.
Eine Sonderveranstaltung ist eine Verkaufsveranstaltung im Einzelhandel, die außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs stattfindet, der Beschleunigung des Warenabsatzes dient und den Eindruck der Gewährung besonderer Kaufvorteile bietet. Im Streitfall mag das Inaussichtstellen eines nach dem "Schwierigkeitsgrad" der Gewinnspiel-Frage ohne weiteres erreichbaren 20%-igen Rabatts auf "alles" und eines 25%-igen Rabatts auf "ausgewählte Artikel" den Eindruck besonderer Kaufvorteile hervorrufen und auch der Beschleunigung des Warenabsatzes der Antragsgegnerin dienen. Jedoch handelt es sich dabei nicht um eine außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs liegende Verkaufsveranstaltung.
Eine Verkaufsveranstaltung liegt außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs, wenn sie auf die angesprochenen Verkehrskreise wie eine Unterbrechung des normalen, gewöhnlichen Geschäftsbetriebs wirkt, d. h. den Eindruck des Einmaligen, Unwiederholbaren entstehen lässt, das sich von den sonst für die betroffene Branche typischen Verkaufsformen und -gepflogenheiten absetzt. Ob diese Voraussetzung vorliegt, richtet sich nach dem Gesamterscheinungsbild der Verkaufsaktion, wie sie sich nach ihrer werblichen Ankündigung dem Publikum darstellt (vgl. BGH GRUR 1998, 1046/1047 -"Geburtstagswerbung III"-; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, § 7 Rdn. 7; Köhler/Piper, a.a.O., § 7 Rdn. 19, 20 - jeweils m. w. N.). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die von der Werbung angesprochenen Personen werden nicht erwarten, eine außerhalb des regulären Geschäftsbetriebs liegende einmalige und so nicht wiederholbare Verkaufsgelegenheit wahrnehmen, konkret an einem Personalkauf teilnehmen zu können, der den Rahmen des im üblichen Geschäftsbetrieb der Antragsgegnerin Gebotenen sprengt.
Nach dem maßgeblichen Sach- und Streitstand gewährt die Antragsgegnerin in ihren Filialunternehmen ständig einen Personalrabatt von 15 % und veranstaltet sie daneben während des Laufs des Jahres jeweils auf wenige Tage beschränkte "besondere Personalkauftage", mit denen ein erweiterter Käuferkreis (§ 9 Nr. 2 RabattG) angesprochen werden soll. Soweit der Antragsteller im Termin zur mündlichen Verhandlung bei dem Landgericht ausgeführt hat, dass es zwar früher schon Personalverkäufe gegeben habe, für diese indessen nicht wie in der hier zu beurteilenden Art geworben worden sei, rechtfertigt das keine abweichende Würdigung. Denn das Angebot und die Gewährung der erwähnten Rabatte als solche ist danach unstreitig. Das demgegenüber nunmehr in der Berufungserwiderung seitens des Antragstellers erfolgte "vorsorgliche Bestreiten", dass die Antragsgegnerin ihrem Personal einen dauernden Rabatt von 15 % anbietet, ist daher nach Maßgabe der §§ 530, 531 ZPO verspätet und unbeachtlich. Die Parteien haben im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Bezugnahme auf den in dem in dem erwähnten Parallelverfahren 6 U 179/02 (41 O 75/02 LG Aachen) entschiedenen Streitstoff darüber hinaus unstreitig gestellt, dass daneben besondere Rabattgelegenheiten bzw. "besondere Personalkauftage" geboten worden sind.
Entspricht aber die Gewährung eines ständigen Rabatts von 15 % sowie die Durchführung besonderer Personalkauftage im Unternehmen der Antragsgegnerin der dort gepflogenen regelmäßigen Geschäftspraxis, fällt die hier zu beurteilende Rabattaktion nicht dergestalt aus diesem Rahmen heraus, dass damit eine einmalige, nicht wiederholbare Gelegenheit zum preisgünstigen Personaleinkauf geboten wird.
Bei der Beurteilung der Frage, ob sich eine Verkaufsaktion im Rahmen des Üblichen und Regelmäßigen hält, kommt es zwar nicht so sehr darauf an, ob sich die Veranstaltung im Rahmen des von dem Veranstalter selbst gezeigten Geschäftsgebarens hält. Es ist vielmehr auf die Übung in der betreffenden Branche abzustellen, welche die Mitbewerber in ihrem Verkaufsgebaren und die Verbraucher bei ihren Kaufentschlüssen beeinflusst Baumbach/Hefermehl, a.a.O., 22. Aufl. § 7 Rdn. 8; Köhler/Piper, a.a.O., § 7 Rdn. 22). Indessen ist hier zu berücksichtigen, dass der angesprochene Verkehr im Streitfall ausschließlich aus dem begrenzten Publikum der bei der Antragsgegnerin zum Personaleinkauf berechtigten Personen besteht, die nicht ohne weiteres Zugang zu den bei anderen Unternehmen praktizierten Personalkäufen und Kenntnis der dortigen Gepflogenheiten im Zusammenhang mit der Rabattgewährung an Mitarbeiter sowie deren Angehörige und Hausgenossen haben, welche ein Vorverständnis über die in der Branche allgemein übliche Praxis mitprägen könnten. Das spricht dafür, im Streitfall auf die im Betrieb der Antragsgegnerin üblicherweise gepflogene Personalkauf-Rabattpraxis abzustellen. Dem Vortrag des Antragstellers lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass sich die in anderen Unternehmen der Branche praktizierten Gepflogenheiten des Personalkaufs von der im Betrieb der Antragsgegnerin praktizierten Übung unterscheiden. Der Antragsteller kann hierzu auch nähere Darlegungen machen, weil er zu seinen Mitgliedern immerhin branchenzugehörige Unternehmen und solche Vereinigungen zählt, die ihn unschwer über die hier in Frage stehenden Branchengepflogenheiten ins Bild setzen können.
Vor dem Hintergrund des im Unternehmen der Antragsgegnerin praktizierten regelmäßigen Geschäftsbetriebs fällt die hier zu beurteilende Rabattaktion nicht derart aus dem Rahmen, dass ihr der Charakter einer einmaligen, unwiederholbaren Besonderheit - mithin einer Sonderveranstaltung - beizumessen ist. Zwar trifft es zu, dass die mit dem Gewinnspiel verbundene Möglichkeit, einen höheren als den üblichen Personalrabatt zu erhalten, zeitlich befristet ist. Indessen ruft diese zeitliche Befristung hier deshalb nicht den Charakter des Einmaligen, Unwiederholbaren hervor, weil im Geschäftsbetrieb der Antragsgegnerin die Durchführung besonderer Personalkauftage üblich ist, es daher zu den regelmäßigen Gepflogenheiten des Betriebs gehört, dem Personal neben dem ohnehin zu erhaltenden "ständigen" Personalrabatt weitere befristete günstige Kaufgelegenheiten - die "besonderen Personalkauftage" - zu bieten. Der hier in Frage stehende Preisnachlass von 20 % bzw. 25 % liegt dabei auch nicht derart weit über dem üblichen "ständigen" Rabattsatz von 15 %, dass der Eindruck des Ungewöhnlichen, aus dem Rahmen der üblichen Geschäfts- und Betriebgepflogenheiten Herausfallenden erweckt wird. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der konkreten Aufmachung der Ankündigung der Rabattaktion. Bei der Prüfung, ob eine Verkaufsveranstaltung außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs liegt, darf die Veranstaltung zwar nicht getrennt von ihrer Ankündigung beurteilt werden. Ruft die werbliche Ankündigung einer Verkaufsveranstaltung den Eindruck einer ungewöhnlichen, aus dem Rahmen des üblichen Geschäftsverkehrs herausfallenden Gelegenheit hervor, so ist diese selbst dann als Sonderveranstaltung zu qualifizieren, wenn solche Veranstaltungen nach objektiven Maßstäben in der Branche üblicherweise durchgeführt werden und sogar durchgeführt werden müssen (Baumbach/Hefermehl, a.a.O., 22. Auflage, § 7 Rdn. 7 und 11; Köhler/Piper, a.a.O., § 7 Rdn. 20, 22 - jeweils m. w. N.). Zwar handelt es sich bei der hier zu beurteilenden Rabattankündigung um eine durchaus plakative Werbung, in welcher die Rabattgelegenheiten prominent und in marktschreierischer Weise herausgestellt sind. Hinzu kommt, dass die Verbindung der Rabattgelegenheiten mit der Teilnahme an einem Gewinnspiel den Eindruck einer besonderen, den Rahmen einer "üblichen" Personalkaufwerbung übersteigenden Aktion hervorzurufen vermag. Indessen kann nicht übersehen werden, dass der Verkehr heute generell an Formen vollmundiger, auch marktschreierischer Werbung gewöhnt ist und er diese als eine im Rahmen üblicher Unternehmensbetätigung liegende "Belebung des Geschäftsbetriebs" auffasst, der er im übrigen mit gewisser Distanz zu begegnen weiß. Es spricht alles dafür, dass er eine solche Werbung, selbst wenn er ihr nunmehr erstmals im Rahmen eines Personalkaufs begegnen sollte, nicht anders beurteilen und nicht als den Hinweis auf etwas Besonderes, Unwiederholbares verstehen wird. Vor diesem Hintergrund wird er den werblich hervorgehobenen Hinweisen auf die "Gewinnspiel-Rabatte", welche die üblichen Personalrabatte ohnehin nicht übermäßig übersteigen, keine derartige Übersteigerung der Günstigkeit der Kaufgelegenheit entnehmen, dass dieser der Charakter einer Besonderheit zukommt, die aus dem Rahmen des regelmäßigen Geschäftsbetriebs bei Personalkäufen herausfällt. Zu beachten ist dabei auch der Zweck des Sonderveranstaltungsverbots: Dieses soll den Verbraucher vor übermäßiger unsachlicher Beeinflussung seiner wirtschaftlichen Entschließung (Anlocken durch übersteigerte Aktionen) schützen und Missbräuchen beim Warenabsatz entgegenwirken (Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 7 Rdn. 11 und Köhler/Piper, a.a.O., § 7 Rdn. 24). Danach wäre es aber verfehlt, mit zu hohen Anforderungen an die "Sachlichkeit" einer Werbung bereits jeder marktschreierischen Ausdrucksform und optisch wirkungsvollen Herausstellung einer als solche grundsätzlich zulässigen Rabattaktion den Charakter einer außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs liegenden Ankündigung beizumessen, und sie als Sonderveranstaltung zu untersagen.
Soweit das Landgericht in dem angefochtenen Urteil schließlich darauf abstellt, dass ein denkbar weiter Personenkreis, der im Besitz einer von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin ausgefüllten "Bordkarte" sei, - "im Ergebnis jedermann" - Zugang zu den Rabatten erhalte, ist das nicht geeignet, den Vorwurf der Ankündigung und/oder Durchführung einer Sonderveranstaltung zu begründen. Dieser Aspekt ist vom Antragsteller zur Begründung des Unterlassungsbegehrens weder vorgebracht worden noch kommt er nach den sonstigen Umständen des hier zu beurteilenden Sachverhalts in Betracht. Im Streitfall geht es vielmehr allein darum, dass die Rabattaktion gegenüber zum Personalkauf Berechtigten beworben und/oder durchgeführt wird und diesem Adressatenkreis gegenüber als Sonderveranstaltung einzuordnen sei. Anhaltspunkte dafür, dass die "Bordkarte" in den Besitz auch solcher Personen gelangt, die nicht zu den Personalkaufberechtigten gehören, liegen nach der hier zu beurteilenden Fallkonstellation nicht vor. Soweit der Antragsteller in der Berufungserwiderung ausführt, die Antragsgegnerin selbst habe in erster Instanz nicht behauptet, dass nur die gemäß § 9 Nr. 3 des aufgehobenen RabattG privilegierten Personen zum Einkauf mit der "Bordkarte" berechtigt seien, konkret zu dem Adressatenkreis zählen, der in den Genuss der Rabatte gelangen könne, rechtfertigt das keine abweichende Beurteilung. Unabhängig davon, dass der dargestellte Aspekt nicht von dem Antrag der Antragstellerin umfasst wird, ist es auch nicht Sache der Antragsgegnerin, die Rechtmäßigkeit ihrer Aktion darzulegen, sondern zunächst Sache des anspruchstellenden Vereins, die Wettbewerbswidrigkeit dieser Aktion dazulegen und glaubhaft zu machen.
Liegen aus den dargestellten Gründen daher schon die materiellen Voraussetzungen eines nach den Maßstäben von § 7 Abs. 1 UWG unlauteren Verhaltens vor, bedarf es schließlich nicht des Eingehens auf die Frage, ob der Antragsteller nach Maßgabe von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert ist, ob also das beanstandete Verhalten der Antragsgegnerin geeignet ist, den Wettbewerb auf dem betroffenen Markt wesentlich zu beeinträchtigen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.
Ende der Entscheidung
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