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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 18.03.2005
Aktenzeichen: 6 U 202/04
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 202/04

Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 18.03.2005

verkündet am 18.03.2005

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 04.03.2005 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, von Hellfeld und Wagner

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 01.10.2004 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 127/04 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 542 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen. Gründe:

Die zulässige Berufung führt in der Sache nicht zum Erfolg. Die beanstandete Werbeaussage der Antragsgegnerin, die in ihrem Verlag erscheinende "M. Praxis" sei "seit Jahrzehnten das führende deutsche Fachmagazin für den Lebensmittelhandel", ist irreführend i.S. des § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG (§ 3 UWG a.F.), weil sie die Behauptung einer unrichtigen Alleinstellung enthält.

1.

Allein- und Spitzenstellungsbehauptungen sind nur dann nicht irreführend im wettbewerblich relevanten Sinne, wenn sie wahr sind, der Werbende einen deutlichen Vorsprung vor seinen Mitbewerbern aufweist und der Vorsprung die Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit bietet (BGH in stRspr; vgl. GRUR 2002, 182 - "Das Beste jeden Morgen"; GRUR 1998, 951, 952 - "Die große deutsche Tages- und Wirtschaftszeitung"). Nach Maßgabe dieser Kriterien stellt sich die von der Antragsgegnerin für ihr Verlagsprodukt in Anspruch genommene Marktführerschaft als unzulässige, weil nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise unwahre Behauptung dar.

Eine Irreführung scheidet entgegen der von der Antragsgegnerin vertretenen Auffassung nicht deshalb aus, weil ihre Publikation bei isolierter Betrachtung der speziell auf die Lebensmittelbranche zugeschnittenen Magazine - unstreitig - marktführend ist. Der angesprochene Verkehr wird die fragliche Aussage nämlich nicht in solcher Weise differenziert wahrnehmen und deshalb nur auf den Teilbereich der fachspezifischen Magazine beziehen. Zwar ist es im Ansatz zutreffend, dass der durchschnittlich verständige, aufmerksame und informierte Teilnehmer sowohl des allgemeinen Verkehrs als auch der durch die Aussage vorrangig angesprochenen Lebensmittelbranche grundsätzlich und mit Blick auf die Verschiedenheiten in Aufmachung, Erscheinungsweise und inhaltlicher Gestaltung zwischen "Zeitungen" und "Magazinen" zu unterscheiden weiß. Die Frage, ob und unter welchen Umständen diese Unterscheidung konkret getroffen wird, ist nach Ansicht des Senats aber in hohem Maße davon abhängig, wie viele Publikationen in dem fraglichen Segment überhaupt existieren. Je weniger Printmedien einen bestimmten (Fach-)Bereich abdecken, desto eher wird der Verkehr zu einer Gesamtschau neigen, und umgekehrt bei einem breiten Angebot von gleicher Bestimmung dienenden Veröffentlichungen umso eher nach Gattungen wie "Zeitungen" und "Magazinen" differenzieren. Bei Veröffentlichung der angegriffenen Aussage konkurrierten, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend bekundet haben, aber insgesamt lediglich vier einschlägige Publikationen, nämlich in der Reihenfolge der Marktpräsenz die "M. Zeitung" der Antragstellerin, die "M. Praxis" der Antragsgegnerin und (soweit noch erwähnenswert) mit deutlichem Abstand folgend die "M. Rundschau" sowie der "M. Report"; nach Einstellung der Veröffentlichung der "M. Rundschau" im November 2004 sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt sogar nur noch drei Fachzeitschriften auf dem Markt. Angesichts einer derart geringen Anzahl von branchenspezifischen Printmedien wird das angesprochene Publikum die beanstandete Werbeaussage aber auf die insgesamt am Markt vertretenen Fachveröffentlichungen beziehen und deshalb nicht als Berühmung einer Allein- oder Spitzenstellung nur bei den "Fachmagazinen" im engeren Sinn verstehen.

Hinzu kommt, dass inhaltlichen Unterschieden, welche bei "Zeitungen" und "Magazinen" im Sinne des allgemeinen Begriffsverständnisses typischerweise anzutreffen sind, im Streitfall, so sie denn überhaupt bestehen sollten, keine entscheidende Bedeutung zukommt. Weil es nämlich im fraglichen Fachsegment keine tagesaktuellen Publikationen gibt und die Erscheinungsweise der Verlagsprodukte beider Parteien - wöchentlich bei der "M. Zeitung" und 14-tägig bei der "M. Praxis" - nur geringfügig variiert, wird eine sonst gerade aus dem Maß der Aktualität der Berichterstattung folgende Unterscheidung nach dem Inhalt der Publikationen in der Wahrnehmung des Verkehrs keine Rolle spielen.

Für das von ihr vertretene abweichende Begriffsverständnis des angesprochenen (Fach-)Verkehrs vermag die Antragsgegnerin sich auch nicht auf einen einschlägigen Sprachgebrauch zu stützen. Das Gegenteil ist vielmehr schon ausweislich ihrer Eigenwerbung der Fall. In dem auszugsweise in das Unterlassungsgebot der einstweiligen Verfügung eingeblendeten konkreten Kontext, in welchem die fragliche Werbeaussage erschienen ist, nämlich auf der Rückseite des als Anlage AS 3 überreichten Werbeprospekts ihrer Muttergesellschaft (ebenso auch in der weiteren als Anlage AS 17 vorgelegten Werbung), findet sich eine Übersicht über sämtliche Einzelverlage der "Verlagsgruppe Handelsblatt". Die vier Spalten, in welche diese jeweils eingeteilt sind, tragen die Überschriften "Zeitungen" - "Magazine" - "Fachmedien" - "elektronische Medien". Die Antragsgegnerin als der "M. Praxis Verlag" ist aber nicht etwa der Rubrik "Magazine" zugeordnet, sondern den "Fachmedien". Auf Seiten der Antragsgegnerin wird mithin zwischen einem allgemeinen Begriffsverständnis von "Zeitung" bzw. "Magazin" und einem solchen bei fachbezogenen Presseerzeugnissen, seien diese auch zeitungs- oder magazinartig aufgemacht, durchaus unterschieden.

Auch das in der "HORIZONT"-Ausgabe 20/2004 erschienene "Fachtitelranking" (Anlage AS 6) bestätigt die Auffassung, dass branchen- bzw. fachspezifische Publikationen nicht nochmals nach Bezeichnung, Aufmachung, Erscheinungsweise und inhaltlicher Gestaltung unterschieden werden, sondern unabhängig hiervon eine Gesamtbetrachtung des Rangs aller in Frage kommenden Fachpublikationen, gleich ob Zeitung oder Magazin, stattfindet.

Im Übrigen bietet auch der als Anlage AS 15 vorgelegte Auszug aus dem Nachschlagewerk "Fachzeitschriften" des Zimpel-Verlags Anlass zu der Feststellung, dass die Wahl der Titelbezeichnung als "Zeitung" oder "Magazin" bei fachspezifischen Presseerzeugnissen offenkundig keinen festen Kriterien folgt und insbesondere unabhängig ist von der jeweiligen Erscheinungsweise.

III.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.

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