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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 27.06.2003
Aktenzeichen: 6 U 212/02
Rechtsgebiete: VerpackV, UWG, ZPO


Vorschriften:

VerpackV § 6
VerpackV § 6 Abs. 1
VerpackV § 6 Abs. 1 Satz 5
VerpackV § 6 Abs. 2
VerpackV § 6 Abs. 3
VerpackV § 6 Abs. 5 Satz 1
VerpackV § 11
UWG § 1
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 28.11.2002 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 293/02 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin betreibt seit 1992/93 das sogenannte E., das in Deutschland einzige Erfassungs- und Verwertungssystem für gebrauchte Verkaufsverpackungen im Sinne von § 6 Abs. 3 VerpackV. Durch die Teilnahme an diesem System können sich Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen von ihren Verpflichtungen aus § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV zur quotengerechten Rücknahme und Verwertung der Verkaufsverpackungen befreien. Die Beklagte bietet seit 1991 Entsorgungsdienstleistungen auf der Grundlage der Verpackungsverordnung an, welche nach Inkrafttreten der novellierten Fassung der Verordnung am 28.08.1998 auf quotenpflichtige Verkaufsverpackungen i.S. von § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV erweitert wurden. Die Erfüllung der verpackungsrechtlichen Rücknahme- und Verwertungspflichten wird hierbei durch die Beklagte für die an ihrem System beteiligten Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen durchgeführt und dokumentiert. In "§ 2 Leistungsumfang J.)" der zugrunde liegenden Verträge heißt es in Abs. 4:

"...Wirken über J. im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben mehrere Hersteller und Vertreiber zusammen (Verpackungsverordnung Anhang I zu § 6 Nr. 2 Abs. 1 Satz 5), so wird J. im Rahmen der erforderlichen Nachweisführung eine Dokumentation für die "Gemeinschaft" vorlegen. Dabei ist es ausreichend, dass das J.-Selbstentsorger-System insgesamt die Vorgaben der Verpackungsverordnung erfüllt..."

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die durch das System der Beklagten eröffnete Möglichkeit eines Mengenausgleichs innerhalb der Selbstentsorgergemeinschaft dergestalt, dass die Übererfüllung der verpackungsrechtlichen Rücknahme- und Verwertungsquoten durch einzelne Teilnehmer zugunsten die Quoten nicht erfüllender anderer Teilnehmer angerechnet werden kann, gegen § 6 VerpackV verstoße und deshalb wettbewerbswidrig sei, und nimmt die Beklagte im vorliegenden Verfahren auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ob die Entsorgungslösung der Beklagten mit der Verpackungsverordnung vereinbar sei, könne offen bleiben. Sie handele jedenfalls nicht sittenwidrig i.S. des § 1 UWG, weil ihr Konzept die Zustimmung bzw. Billigung der zuständigen Gremien und Behörden gefunden habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Im Berufungsverfahren wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen, wobei sie den Unterlassungsantrag wie folgt neu gefasst hat:

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen eine "Erfassungs- und Verwertungsgemeinschaft" einzurichten und/oder zu betreiben, die zur vertraglichen Grundlage hat, dass die gemäß § 6 Abs. 1 VerpackV in Verbindung mit dem Anhang I zu § 6 vorgeschriebenen Quoten, die einzelne Hersteller und Vertreiber, die sich an der Erfassungs- und Verwertungsgemeinschaft der Beklagten beteiligen, dadurch nicht erreichen, daß private Endverbraucher die Verkaufsverpackungen in ihren Geschäftsräumen oder in deren unmittelbarer Nähe zurückgeben, durch solche Verkaufsverpackungen erfüllt werden, die bei anderen Herstellern und Vertreibern, die sich an der Erfassungs- und Verwertungsgemeinschaft der Beklagten beteiligen, erfaßt werden.

Die Beklagte verteidigt das Urteil, wobei sie im übrigen die Auffassung vertritt, dass Berufung und Klage unzulässig seien.

II.

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Die angegriffene Geschäftstätigkeit der Beklagten ist auch dann nicht wettbewerbsrechtlich unlauter im Sinne des § 1 UWG, wenn sie zu einem Verstoß ihrer Kunden gegen deren in § 6 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Anhang I Nr. 1 und 2 VerpackV normierten Rücknahme- und Verwertungspflichten führen sollte.

1.

Die Einwendungen der Beklagten gegen die Zulässigkeit von Berufung und Klage sind unbegründet.

Soweit der erstinstanzliche Unterlassungsantrag im Berufungsverfahren teilweise abgeändert, nämlich die Bezeichnung "Selbstentsorgungssystem" durch "Erfassungs- und Verwertungsgemeinschaft" ersetzt worden ist, handelt es sich nicht um eine inhaltliche Veränderung, sondern um eine unbedenkliche sprachliche Modifizierung. Beide Begriffe knüpfen an die Geschäftstätigkeit der Beklagten an, wobei die ursprüngliche Bezeichnung "Selbstentsorgungssystem" der von der Beklagten selbst, u.a. in ihren Verträgen benutzten Formulierung "Selbstentsorger-System" entspricht, wohingegen sich die "Erfassungs- und Verwertungsgemeinschaft" an die von ihr im Rahmen ihres Dienstleistungsangebots erbrachten Leistungen anlehnt.

Der Unterlassungsantrag ist auch hinreichend bestimmt. Die Klägerin wendet sich gegen die Geschäftstätigkeit der Beklagten nur insoweit, als durch deren System für die aus der Verpackungsverordnung verpflichteten Teilnehmer die Möglichkeit eröffnet wird, die Quotenuntererfüllung einzelner Teilnehmer durch eine Übererfüllung anderer auszugleichen. Auf diese Möglichkeit, die Vorgaben der VerpackV insgesamt als "Gemeinschaft" zu erfüllen, nehmen die von der Beklagten verwendeten Verträge in § 2 Abs. 4 Satz 4 unmittelbar Bezug. Der nunmehr im Berufungsverfahren gestellte Unterlassungsantrag bringt daher das Klagepetitum hinreichend bestimmt zum Ausdruck.

2.

Der Unterlassungsantrag und ihm folgend die weiteren Anträge auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht sind hingegen unbegründet. Die Beklagte handelt nicht unter dem Gesichtspunkt des Verleitens Dritter zum Rechtsbruch wettbewerbsrechtlich unlauter im Sinne von § 1 UWG.

a)

Das System der Beklagten verstößt gegen die derzeit geltenden Vorschriften der Verpackungsverordnung (so auch Schmidt-Preuß, DB 2002, 775), zunächst vorbehaltlich verfassungsrechtlicher Bedenken.

Nach deren § 6 Abs. 1 ist der Vertreiber von Verkaufsverpackungen verpflichtet, vom Endverbraucher genutzte restentleerte Verpackungen zurückzunehmen, einer Verwertung zuzuführen und die in Anhang I der Verpackungsverordnung genannten Quoten zu erfüllen. Nach dem Wortlaut der Bestimmung handelt es sich um eine individuelle Obliegenheit jedes einzelnen Vertreibers, die nach § 6 Abs. 3 VerpackV freilich entfällt, wenn er sich an einem flächendeckenden System - bislang allein der Klägerin - beteiligt. Dann hat - § 6 Abs. 3 Satz 2 VerpackV - nicht mehr der einzelne Vertreiber, sondern das System die Verpackungen einer Verwertung zuzuführen und die in Anhang I genannten Quoten zu erfüllen. Dementsprechend heißt es in Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 des Anhangs I, dass die rücknahmepflichtigen (Hersteller und) Vertreiber die in Abs. 2 genannten Verwertungsquoten einzuhalten haben, während Satz 2 die Einhaltung der nämlichen Quoten dem Betreiber eines Systems nach § 6 Abs. 3 VerpackV aufgibt.

Nach Wortlaut und Sinnzusammenhang der genannten Bestimmungen findet daher in einem nach § 6 Abs. 3 VerpackV betriebenen System eine Addition der ausgelieferten Verpackungsmenge der ihm angeschlossenen Vertreiber und Hersteller statt und ebenso eine Zusammenrechnung der insgesamt einer stofflichen Verwertung zugeführten Verpackungen. Am Ende dieser Gesamtrechnung müssen die in Anhang I Nr. 1 Abs. 2 genannten Quoten eingehalten sein.

Selbstentsorgergemeinschaften zur gemeinschaftlichen Quotenerfüllung sind in der zentralen Vorschrift des § 6 VerpackV demgegenüber nicht geregelt. Ihre Zulässigkeit lässt sich entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht nicht unter Heranziehung des § 11 VerpackV begründen. Soweit § 11 VerpackV regelt, dass die aus der Verordnung Verpflichteten sich Dritter bei ihrer Pflichterfüllung "bedienen" können, handelt es schon nach dem Wortlaut um eine reine Bezugnahme auf die zivilrechtlich eröffnete Möglichkeit, Erfüllungsgehilfen hinzuziehen. Auch die Materialien sind insoweit eindeutig; ausweislich der amtlichen Begründung - BT-Drs. 13/10943 - hat § 11 VerpackV "lediglich klarstellende Bedeutung. Obwohl die nach dieser Verordnung Verpflichteten zivilrechtlich ohne weiteres Dritte mit der Erfüllung der Rücknahme gebrauchter Verpackungen oder der Auszahlung von Fremdgeldern beauftragen können, wird diese Möglichkeit ausdrücklich genannt".

Die Zulässigkeit einer kollektiven Erfüllung der Rücknahme- und Verwertungspflichten durch nicht an einem System i.S. des § 6 Abs. 3 VerpackV Beteiligte in Form von Selbstentsorgergemeinschaften wird auch nicht durch Nummer 2 Abs. 1 Satz 5 des Anhangs I zu § 6 VerpackV eröffnet, wonach "ein Zusammenwirken mehrerer Hersteller und Vertreiber ... zulässig" ist. Diese Erlaubnis gemeinschaftlichen Handelns bezieht sich nach ihrer Stellung innerhalb der Vorschrift ausschließlich auf das Zusammenwirken bei der Führung des Nachweises, nicht aber auf die Erfüllung der Rücknahme- und Verwertungsanforderungen.

Nach den amtlichen Überschriften regelt Nr. 1 des Anhangs I die "Anforderungen an die Verwertung" aller aus § 6 Abs. 1, 2 und 3 VerpackV Verpflichteten, Nr. 2 die "Allgemeinen Anforderungen an Verpflichtete nach § 6 Abs. 1 und 2" und Nr. 3 die "Allgemeinen Anforderungen an Systeme nach § 6 Abs. 3". Ungeachtet der an Nr. 3 angepassten Überschrift befassen sich die Regelungen in Nummer 2 Abs. 1 ausschließlich mit der Pflicht zur Nachweisführung. Nach näherer Maßgabe der Sätze 1-4 ist eine nachprüfbare Dokumentation über die in Verkehr gebrachten und sodann zurückgenommenen und verwerteten Verkaufsverpackungen zu erstellen, und auf der Grundlage dieser Dokumentation hat nach Satz 6 ein unabhängiger Sachverständiger die Erfüllung der Pflichten zu bescheinigen, wobei Nr. 2 Abs. 2 den Begriff des unabhängigen Sachverständigen definiert. Nummer 2 Satz 5 unterscheidet nach dem Wortlaut zwar nicht zwischen Dokumentationspflicht einerseits und Rücknahme- und Verwertungspflicht andererseits, ist also nicht ausdrücklich beschränkt auf ein Zusammenwirken nur bei dem formalen Akt der Nachweisführung. Aufgrund des unmittelbarem Zusammenhangs mit den übrigen, allein die Nachweisführung regelnden Vorschriften der Nummer 2 des Anhangs I wäre eine Ausdehnung der Erlaubnis des Zusammenwirkens auch auf die Quotenerfüllung aber systemwidrig, würde nämlich einen thematischen Bezug zu den die Verwertungsquoten unmittelbar regelnden Bestimmungen in Nummer 1 des Anhangs I herstellen.

Diese Auslegung wird durch die amtliche Begründung zur VerpackV gestützt. So heißt es in der Begründung der Bundesregierung - BT-Drs. 13/10943 :

"Aus diesem Grunde (d.h. um Nachteile für die an Systemen i.S. des § 6 Abs. 3 VerpackV Beteiligten zu vermeiden) sollen künftig dem einzelnen Hersteller und Vertreiber, der sich nicht an einem System beteiligt, für die von ihm in Verkehr gebrachten Verkaufsverpackungen im Ergebnis dieselben Verwertungsquoten abgefordert werden wie im dualen System".

(I. Allgemeiner Teil Nr. 2 a), 4. Absatz - Unterstreichung hinzugefügt)

Die Selbstentsorgung i.S. von § 6 Abs. 1, 2 VerpackV verknüpft also die Menge der individuell von einem Verpflichteten in Verkehr gebrachten Verpackungen mit seiner individuell zu erfüllenden Verwertungsquote, was eine kollektive Verwertungserfüllung mehrerer Verpflichteter ausschließt.

Die amtliche Begründung zu Anhang I Nr. 2, Sätze 1 und 2

"In Nummer 2 werden für die sog. Selbstentsorger die Anforderungen an die Nachweisführung konkretisiert. Kooperationen zur Erfüllung dieser Vorgaben, die möglicherweise eine Effizienzsteigerung bewirken können, sind möglich." (Unterstreichung hinzugefügt)

ist in ihrem ausdrücklich nur auf die Nachweisführung beschränkten Wortlaut eindeutig. Aus dem nachfolgenden Satz 3 der Begründung

"Zudem kann ein Zusammenwirken eine Erleichterung für kleinere Unternehmen auch im Hinblick auf die Erfüllung der Dokumentationspflicht bewirken." (Unterstreichung hinzugefügt)

läßt sich eine abweichende Beurteilung nicht rechtfertigen. Die Verpackungsverordnung sieht Erleichterungen für eingegrenzte Geschäftsformen und kleinere Unternehmen ausdrücklich vor, so in § 6 Abs. 1 Satz 5 VerpackV (Beschränkung der Rücknahmeverpflichtung für Vertreiber mit einer Verkaufsfläche von weniger als 200 qm) und in § 6 Abs. 5 Satz 1 VerpackV (Sonderregelung für Serviceverpackungen des Lebensmittelhandwerks). Die Formulierungen "zudem" und "auch" in Zusammenhang mit einer auf mögliche (Kosten-)Erleichterungen für kleinere Betriebe bei der Nachweisführung abzielenden Erlaubnis des Zusammenwirkens deuten auf eine Bezugnahme auf weitere in der Verpackungsverordnung vorgesehene Ausnahmen hin, ohne eine der Systematik der Regelungen in Anhang I widersprechenden Bezug zur Erfüllung der Verwertungsquoten herzustellen.

Die Zulässigkeit einer Bildung von Selbstentsorgergemeinschaften zur Quotenerreichung kann auch nicht mit den bei der 1998 vorgenommenen Novellierung der Verpackungsordnung verfolgten Zielen gerechtfertigt werden.

Die Verpackungsordnung sollte nach dem Willen des Gesetzgebers zwar "mit dem Ziel einer Verstärkung wettbewerblicher Strukturen novelliert werden", so ausdrücklich die amtliche Begründung - BT-Drs. 13/10943 - zu A. Zielsetzung, 5. Absatz und I. Allgemeiner Teil , 1 d), 5. Absatz und 2 a), 1. Absatz. Eine Stärkung des Wettbewerbs dergestalt, dass die Bildung von Selbstentsorgergemeinschaften zur Quotenerreichung wie diejenige der Beklagten in Konkurrenz zu dualen Systemen bzw. einzelnen Selbstentsorgern zugelassen werden sollte, war aber gerade nicht intendiert. Vielmehr sollte zum einen der Wettbewerb von miteinander konkurrierenden Systemen i.S. des § 6 Abs. 3 gefördert werden (vgl. die amtliche Begründung zu E. Sonstige Kosten, 4. Absatz: "Durch die Bezugnahme auf die in ein System eingebrachte Menge bei den Verwertungsanforderungen wird die Errichtung konkurrierender Systeme erheblich erleichtert."), zum anderen der Wettbewerb von Entsorgungsdienstleistern (vgl. die amtliche Begründung zu I. Allgemeiner Teil, 1 d), 4. Absatz: "Hinzu kommt, daß die durch die Verpackungsverordnung ausgelöste Nachfrage nach Entsorgungsdienstleistungen einer stärkeren Wettbewerbsorientierung bedarf..."). Schließlich sollte Wettbewerbsgleichheit zwischen den an einem System i.S. des § 6 Abs. 3 VerpackV Beteiligten und Selbstentsorgern geschaffen werden, um einem "Trittbrettfahren" von Selbstentsorgern zu begegnen, nachdem die bis dahin geltende Verpackungsverordnung einen Verwertungsnachweis für Letztere nicht vorgesehen hatte (vgl. die amtliche Begründung zu I. Allgemeiner Teil, 2 a), Absätze 2 - 4).

Die Zulässigkeit einer Selbstentsorgergemeinschaft zur gemeinschaftlichen Quotenerfüllung rechtfertigt sich auch nicht aus dem dem Abfallrecht immanenten Kooperationsprinzip.

Die Verwirklichung der abfallwirtschaftlichen Ziele der Vermeidung und Verwertung von (Verpackungs-)Abfällen durch Kooperation verschiedener Gruppen liegt auch der Verpackungsordnung zugrunde (BVerfGE 98, 106 ff = NJW 1998, 2341 ff zur VerpackV von 1991). Ein Zusammenwirken bei der Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen soll gruppenübergreifend stattfinden zwischen Verpackungsherstellern einschließlich Lieferanten des Vormaterials, allen Vertreiberstufen und schließlich dem Endverbraucher (BVerfG NJW a.a.O., Seite 2345). Soweit eine kollektive Verantwortung begründet werden soll, zielt diese also ab auf eine Einbindung aller am Verpackungskreislauf beteiligten Gruppen. Die verpackungsrechtliche Zulässigkeit des Zusammenwirkens der Mitglieder einer dieser Gruppen untereinander, vorliegend in Form einer Gemeinschaft der aus § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV verpflichteten Selbstentsorger, lässt sich weder aus der Verpackungsordnung selbst noch aus dem dieser zugrundeliegenden Kooperationsprinzip ableiten.

b)

Dem Senat erscheint allerdings zweifelhaft, ob die vorstehende Auslegung der Verpackungsordnung mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar ist.

§ 6 Abs. 1 und 2 i.V. mit Anhang I Nr. 1 und 2 VerpackV wirkt sich auf die Tätigkeit der Selbstentsorger bei Erfüllung der verpackungsrechtlichen Vorgaben aus. Es handelt sich mithin um Regelungen der Berufsausübung i.S. von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Soweit damit ein Konkurrenzschutz zugunsten dualer Systeme wie der Klägerin als Nebenwirkung verbunden ist, ist festzuhalten, dass Schutz vor Wettbewerb allenfalls dann geboten sein kann, "wenn sonst die Gemeinwohlbelange gefährdet würden, denen die Berufsausübungsregelungen eines Berufs gerade zu dienen bestimmt sind" (vgl. BVerfG NJW 1998, 3481, 3483 = BVerfGE 97, 12 ff). Es ist schwer erkennbar, welche Gemeinwohlbelange in diesem Sinne gefährdet wären, wenn die Bildung von Selbstentsorgergemeinschaften zur Erfüllung der Verwertungsquoten qua Gruppe gestattet wären. Insbesondere wird dem Interesse der Allgemeinheit, zum Schutz der Umwelt Verwertungsquoten mindestens in Höhe der in Anhang I Nr. 1 VerpackV näher bestimmten Prozentsätzen zu erzielen, auch durch das Modell der Beklagten Rechnung getragen, indem die bei allen Teilnehmern angefallenen Verpackungsmengen gemeinschaftlich erfasst und einer Verwertung nach Maßgabe der Quoten zugeführt werden.

c)

Für die vorliegende Entscheidung kann indes die Frage der Verfassungsmäßigkeit der fraglichen Bestimmungen der Verpackungsverordnung bzw. die Frage, inwieweit Art. 12 Abs. 1 GG eine verfassungskonforme Auslegung gebietet, dahinstehen. Die angegriffene Geschäftstätigkeit der Beklagten stellt sich nämlich auch dann nicht als wettbewerblich unlauter i.S. des § 1 UWG dar, wenn Kunden durch Inanspruchnahme ihrer Dienste gegen die Bestimmungen der Verpackungsverordnung verstoßen und damit zum Rechtsbruch verleitet werden.

Der Begriff der Sittenwidrigkeit i.S. des § 1 UWG ist wettbewerbsbezogen auszulegen (BGH WRP 2003, 262, 264 - "Altautoverwertung"; BGH WRP 2002, 943, 944 f - "Elektroarbeiten"; BGH GRUR 2002, 269 - "Sportwetten-Genehmigung"; BGH GRUR 2000, 1076, 1078 - "Abgasemissionen"; BGH GRUR 2000, 237, 238 - "Giftnotruf-Box"; BGH WRP 1999, 643, 647 - "Hormonpräparate"). Auch bei einem Verstoß gegen wertbezogene Normen können deshalb die besonderen Umstände des Einzelfalls Anlaß geben, unter Berücksichtigung des Gesamtverhaltens des Wettbewerbers nach seinem konkreten Anlaß, seinem Zweck und den eingesetzten Mitteln, seinen Begleitumständen und Auswirkungen eine sittenwidrige Beeinträchtigung der Lauterkeit des Wettbewerbs ausnahmsweise zu verneinen (BGH a.a.O. - "Altautoverwertung"; - "Sportwetten-Genehmigung"; - "Abgasemissionen"; - "Giftnotrufbox"; - "Hormonpräparate"). Der Gesetzesverstoß allein genügt hierfür nicht, wenn die verletzte Norm nicht unmittelbar (BGH a.a.O. - "Sportwetten-Genehmigung") oder zumindest sekundär (BGH a.a.O. - "Altautoverwertung"; - "Abgasemissionen" und - "Elektroarbeiten") wettbewerbsbezogenen Charakter hat, d.h. ihr eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion zukommt.

aa)

Dem aus der Verpackungsverordnung zu folgernden Verbot der Bildung von Selbstentsorgergemeinschaften zur Quotenerfüllung fehlt eine wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in diesem Sinne.

Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass die verpackungsrechtliche Unzulässigkeit von Geschäftssystemen wie dem der Beklagten eine eher zufällige, von dem Verordnungsgeber nicht bedachte und nicht beabsichtigte Folge ist. Aus den Materialien ergeben sich nämlich keine Anhaltspunkte dafür, dass ein derartiges Verbot intendiert gewesen wäre. Insbesondere erlauben die Materialien über den erörterten Zweck des § 6 i.V. mit Anhang I VerpackV, den Wettbewerb miteinander konkurrierender dualer Systeme sowie den Wettbewerb der Anbieter von Entsorgungsdienstleistungen zu stärken und Wettbewerbsgleichheit zwischen Teilnehmern an dualen Systemen und Selbstentsorgern zu schaffen, nicht den Schluß, dass etwa Systemen i.S. des § 6 Abs. 3 VerpackV zusätzliche Mitglieder - vornehmlich aus Branchen, bei welchen eine Quotenuntererfüllung zu besorgen ist - zugeführt werden sollten.

Sind sodann aber allein abfallwirtschaftliche und umweltpolitische Belange denkbar, das aus der Verpackungsverordnung resultierende Verbot von Selbstentsorgergemeinschaften zu rechtfertigen, kommt diesem Verbot nicht die weitere Schutzfunktion zu, der Kontrolle der Lauterkeit des Wettbewerbsverhaltens der aus der Verordnung Verpflichteten oder gar Dritter i.S. des § 11 VerpackV wie der Beklagten zu dienen.

bb)

Aber auch dann, wenn eine zumindest sekundäre wettbewerbsbezogene Schutzfunktion der einschlägigen Normen bejaht werden könnte, handelt die Beklagte unter den im Streitfall gegebenen besonderen Umständen deshalb nicht wettbewerblich unlauter, weil sie sich auf die Prüfung und Billigung der Vereinbarkeit ihres Systems mit den Vorgaben der Verpackungsverordnung durch die zuständigen Behörden berufen kann.

Der Vorwurf wettbewerbsrechtlicher Sittenwidrigkeit kann ausnahmsweise entfallen, wenn der Handelnde sich vor höchstrichterlicher Klärung auf die allgemeine Verwaltungspraxis oder die Anweisung bzw. Genehmigung von Behörden stützen kann (vgl. Köhler/Piper a.a.O., Einf Rn. 293; Großkomm./Teplitzky a.a.O. Rn. G 284, jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen). Die Lauterkeit des Wettbewerbs verlangt zwar, dass ein Wettbewerber nicht ohne weiteres auf Kosten seiner Mitbewerber das Risiko rechtswidrigen Handelns eingeht; ein wettbewerbsrechtlicher Unwert fehlt hingegen, wenn die zuständigen Behörden sein Verhalten ausdrücklich als rechtlich zulässig bewerten (BGH a.a.O. Seite 270 - "Sportwetten-Genehmigung") oder der Wettbewerber sich auch nur darauf verlassen darf, dass die mit der Angelegenheit befasste zuständige Aufsichtsbehörde die Rechtslage ihrerseits geprüft hat (BGH a.a.O. Seite 239 - "Giftnotruf-Box").

Die hier zu beurteilende Fallkonstellation unterscheidet sich zwar von den Sachverhalten, die dem Bundesgerichtshof bei den beiden vorgenannten Entscheidungen vorlagen. Der Beklagte der Entscheidung "Sportwetten-Genehmigung" konnte sich auf einen seine beanstandete Tätigkeit ausdrücklich genehmigenden Bescheid der DDR-Behörden stützen, zudem lagen positive verwaltungsgerichtliche Entscheidungen zur Rechtmäßigkeit seiner Geschäftstätigkeit vor. In der Entscheidung "Giftnotruf-Box" wurde die beanstandete Geschäftstätigkeit der dortigen Beklagten überhaupt erst durch eine Landesberatungsstelle in Absprache mit der zuständigen Aufsichtsbehörde initiiert. Im Streitfall kann die Beklagte sich demgegenüber nicht auf einen förmlichen Genehmigungsbescheid berufen, weil ihre Geschäftstätigkeit genehmigungsfrei ist. Ein aufsichtsbehördliches Verfahren ist nur für Systeme i.S. von § 6 Abs. 3 VerpackV vorgesehen, nicht aber für die Tätigkeit der sog. Selbstentsorger bzw. der Dritten i.S. des § 11 VerpackV, derer sich die Selbstentsorger bedienen können. Sie hat ihr Geschäftsmodell überdies selbständig entwickelt und nicht auf Anstoß der Abfall- oder Umweltbehörden. Die Beurteilung der Zulässigkeit von Selbstentsorgergemeinschaften zur Quotenerreichung war, soweit ersichtlich, bislang auch nicht Gegenstand verwaltungsgerichtlicher oder höchstrichterlicher Rechtsprechung.

Es ist aber auch dann nicht gerechtfertigt, die beanstandete Geschäftstätigkeit eines Marktteilnehmers allein unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten zu untersagen, wenn er sich - entgegen einer Auslegung der verletzten Normen des öffentlichen Rechts durch das Streitgericht - auf breite Zustimmung der insoweit fachlich befassten Behörden stützen kann (vgl. auch Großkomm./Teplitzky a.a.O. Rn. G 285 f). So liegen die Dinge hier. Die Beklagte kann auf eine erhebliche Vielzahl von Stellungnahmen und Äußerungen sowie die tatsächliche Handhabung von mit der Umsetzung der Verpackungsverordnung befassten Behörden und Gremien verweisen, wonach ihre Geschäftstätigkeit nicht gegen § 6 VerpackV verstößt. Der Beurteilung zugrunde zu legen ist die behördliche Fachmeinung, wie sie sich zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung darstellt (BGH a.a.O. Seite 270 - "Sportwetten-Genehmigung"), wobei diese wegen der Übereinstimmung der Konzepte im hier fraglichen Bereich auch herangezogen werden kann, soweit die Geschäftstätigkeit der Beklagten des Parallelverfahrens 6 U 213/02 OLG Köln, der Fa. C. GmbH, Gegenstand war.

Der Senat macht sich insoweit die umfassende und überzeugende Darstellung in dem angefochtenen Urteil zu eigen. Er faßt die wesentlichen Punkte wie folgt zusammenfassen:

In einem kurze Zeit nach Inkrafttreten der novellierten Verpackungsverordnung verfassten internen Vermerk des Referats WA II 3 des Bundesumweltministeriums vom 19.10.1998 (Anlage BE 2 des Parallelverfahrens 6 U 213/02), welches in der mündlichen Verhandlung am 09.05.2003 seinem wesentlichen Inhalt nach verlesen worden ist, heißt es:

"Ein Zusammenwirken mehrerer Hersteller und Vertreiber bei der Erstellung der Dokumentation ist zulässig. Danach können Hersteller und Vertreiber, die im Rahmen einer Kooperation oder durch gemeinsame Beauftragung eines Dritten gem. § 11 VerpackV die Rücknahme und Verwertung ihrer Verpackungen gewährleisten, auch eine gemeinsame Dokumentation vorlegen. ... Soweit jedoch die zurückgenommenen und verwerteten Verpackungen nicht einzelnen Herstellern und Vertreibern individuell zugerechnet werden können, genügt ein Nachweis über die Gesamtmenge der von allen an der Dokumentation beteiligten Herstellern und Vertreibern zurückgenommenen und verwerteten Verkaufsverpackungen. Die Erfüllung der Verwertungsquoten bemißt sich dann für alle beteiligten Hersteller und Vertreiber einheitlich nach dieser Gesamtverwertungsmenge bezogen auf die Summe der von diesen Herstellern und Vertreibern in Verkehr gebrachten Verpackungsmengen. Erreicht das Verhältnis der Gesamtverwertungsmenge zu der Gesamtverbrauchsmenge die in Nr. 1 des Anhang I VerpackV vorgegebenen Quoten, so gelten die Verwertungsanforderungen für alle beteiligten Hersteller und Vertreiber als erfüllt." (Unterstreichungen hinzugefügt)

Maßgebliche Bedeutung kommt den Verlautbarungen der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (nachfolgend: LAGA) zu. Die LAGA bzw. deren Ausschuss "Produktverantwortung und Rücknahmepflicht" (nachfolgend: APV) erstellt Rahmenbedingungen, um einen bundeseinheitlichen Vollzug der Verpackungsverordnung durch die hierfür zuständigen Länder zu gewährleisten. In dem Protokoll der LAGA (APV) vom 07.05.2002 eines "Gespräch zum Selbstentsorgungskonzept Drogeriemärkte - C. GmbH nach VerpackV am 11.04.2002 im MUNLV NRW" (Anlage B 6), an welchem neben Vertretern des Bundesumwelt- und mehrerer Landesumweltministerien auch der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte der Beklagten teilgenommen hatte, wird zu Ziffer 3 festgestellt, dass sich das "Zusammenwirken mehrerer Hersteller und Vertreiber im Rahmen einer Dokumentation des Mengenstromnachweises ... auf alle Vorgaben der Erfassung und Verwertung, und nicht nur auf das gemeinsame Erreichen der Dokumentation des Mengenstromnachweises" erstreckt. In Ziffer 4.2 wird der Mengenausgleich ausdrücklich für zulässig erklärt. In den - ausweislich TOP 8 des Protokolls vom 07.05.2002 beschlossenen - "Rahmenbedingungen zur Führung eines Mengenstromnachweises für Selbstentsorger" (vgl. die Fassung von Februar 2003 - Anlage BB 3 der Beklagten), gleichlautend in früheren Entwürfen (Stand 23.07.1999 - Anlage BB 1, Stand 22.09.1999 - Anlage BB 2 und Stand 11.01.2000 - Anlage B 1) erachtet die LAGA (APV) das Konzept der Beklagten, was den hier beanstandeten Mengenausgleich betrifft, ausdrücklich für zulässig. So heißt es jeweils in Ziffer 1.2, Satz 4 der Entwürfe sowie der Fassung von Februar 2003: "Es ist ausreichend, dass die "Gemeinschaft" insgesamt die Vorgaben der VerpackV erfüllt".

Die "Rahmenbedingungen zur Führung eines Mengenstromnachweises für Selbstentsorger" in der Fassung von Februar 2003 werden nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten jedenfalls im Land Nordrhein-Westfalen dem Vollzug der Verpackungsverordnung auch tatsächlich zugrunde gelegt .

Ziffer 3 des nachrichtlich an die gleichfalls eine Selbstentsorgergemeinschaft zur Quotenerreichung anbietende Fa. C. GmbH gesandten Schreibens des Ministeriums für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg vom 12.03.2002 (Anlage BB 3 der Klägerin) lautet: "Ein Ausgleich zwischen der Über-Erfüllung bei einzelnen Teilnehmern der Selbstentsorgergemeinschaft C. mit einer Unter-Erfüllung bei anderen Teilnehmern ist grundsätzlich zulässig".

Ergänzend ist zu verweisen auf die befürwortenden Äußerungen in der Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums vom 17.12.2001, dort zu Ziffer 3 - 5 (Anlage B 5) bzw. das Interview mit dem Referatsleiter Abfall im BMU S. in der Lebensmittelzeitung vom 28.09.2001 (B 3).

In Kenntnis der Diskussion über die Zulässigkeit eines Selbstentsorgersystems mit der Möglichkeit zum Mengenausgleich, wie es von der Beklagten angeboten wird, sieht im übrigen auch der Gesetzgeber bislang keine Veranlassung, die Verpackungsverordnung klarstellend zu ergänzen. Ausweislich des Entwurfs einer Änderung von Nr. 2 Abs. 1 des Anhangs I zu § 6 VerpackV im Rahmen der Verordnung zur Änderung abfallrechtlicher Nachweisbestimmungen - BR-Drs. 843/01 zu Ziffer 15 - soll zwar dem Bedürfnis der zuständigen Behörden nach verbesserten Überprüfungsmöglichkeiten Rechnung getragen werden, indem Nachweise nach Nr. 2 Abs. 1 Satz 5 des Anhangs I künftig alle zusammenwirkenden Hersteller und Vertreiber auszuweisen haben. Eine Festlegung auf den Umfang des zulässigen Zusammenwirkens, ob dieses nämlich auf die Nachweisführung beschränkt ist oder auch die Verwertungserfüllung betrifft, fehlt aber weiterhin.

Schließlich ist der gegen die Klägerin ergangenen Entscheidung der EG-Kommission vom 20.04.2001 - 2001/463/EG - zu entnehmen, dass die Kommission die Bildung von Selbstentsorgergemeinschaften durchaus billigt. In dem Beschluss wird zwar keine ausdrückliche Aussage über die Zulässigkeit eines Mengenausgleichs innerhalb derartiger Kooperationen getroffen. Wenn aber die Vorlage einer auf eine Selbstentsorgergemeinschaft ausgestellten Bescheinigung über die Erfüllung der Rücknahme- und Verwertungsanforderungen als ausreichend erachtet wird - so Artikel 5 Abs. 2 Satz 2 der Entscheidung - , spricht einiges dafür, dass die Kommission damit auch die Möglichkeit eines Ausgleichs von Quotenuntererfüllungen einzelner Gemeinschaftsmitglieder durch Übererfüllungen anderer für zulässig erachtet hat; anderenfalls bliebe nämlich offen, welchen weiteren Sinn die Bildung einer Selbstentsorgergemeinschaft überhaupt haben könnte.

Die Beklagte kann sich mithin, über von ihr eingeholte private Rechtsgutachten hinaus, auf ihre beanstandete Geschäftstätigkeit ausdrücklich billigende Rechtsauffassungen des Bundesumweltministeriums, einzelner Landesministerien, der LAGA und insbesondere auf die tatsächliche Verwaltungspraxis der Landesbehörden in Nordrhein-Westfalen stützen.

Ob die Beklagte ihr Konzept entsprechend der Darstellung in ihren Informationsbroschüren (Anlagen K 1 und B 2) auch schon unmittelbar vor bzw. mit Beginn ihrer Geschäftstätigkeit ab dem 02.11.1999 bis Ende 2000 umfassend mit der Materie befassten Behörden und Gremien vorgestellt hat, nämlich drei Bundesministerien, 14 Landes-Umweltministerien, der LAGA sowie einzelnen Verbänden, u.a. dem Deutschen Industrie- und Handelstag, kann dahin stehen.

Angesicht der ausnahmslos befürwortenden behördlichen Äußerungen und Stellungnahmen kann von einem wettbewerbsrechtlich unlauteren Verhalten i.S. des § 1 UWG auch dann nicht ausgegangen werden, wenn ein Verstoß gegen die Verpackungsverordnung vorliegen sollte.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Streitwert im Berufungsverfahren: 2,5 Mill. EUR

Ende der Entscheidung

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