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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 10.06.2005
Aktenzeichen: 6 U 216/04
Rechtsgebiete: GeschmMG


Vorschriften:

GeschmMG § 1 Abs. 2 a.F.
GeschmMG § 2 Abs. 3 S. 2
GeschmMG § 10 c Abs. 2 Nr. 1 a.F.
GeschmMG § 33 n.F.
GeschmMG § 34 n.F.
GeschmMG § 66 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.11.2004 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 409/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% der zu vollstreckenden Summe abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Parteien können die Sicherheiten durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Die Klägerin, ein vor mehr als 200 Jahren gegründetes Unternehmen, stellt her und vertreibt Decksteine aus Schiefer für Fassaden und Dacheindeckungen. Die Beklagte ist eine Wettbewerberin, die ebenfalls Schieferplatten vertreibt. Sie ist Inhaberin der Geschmacksmuster Xx1/98 und Xx2/98 unter dem Aktenzeichen ####1 vom 26. August 1998 sowie der Geschmacksmuster XXX3 und XXX4 unter dem Aktenzeichen ####2 vom 21. Juli 1998. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Einwilligung in die Löschung dieser Muster in Anspruch.

Schiefer wird seit der Römerzeit zur Dächer- und Fassadengestaltung verwandt. Es gibt verschiedene Arten, ein Dach mit Schiefer einzudecken, nämlich - in historischer Reihenfolge - die altdeutsche Deckung, die Schuppenschablonendeckung und die Bogenschnittdeckung, jede davon wiederum mit zahlreichen Varianten. Für die Deckungsarten stehen wiederum unterschiedlich gestaltete Decksteine zur Verfügung, u.a. die sog. Schuppenschablone und die sog. Bogenschnittschablone (Beispiele für diese Formen finden sich auf S. 5 der Klageschrift). Die Schuppenschablone wird seit ca. 1850, die Bogenschnittschablone wird seit ca. 1980 (aus Asbestzement sogar seit 1950) verwendet.

Die Klägerin hält die Muster der Beklagten nicht für neu. Dazu verweist sie auf den vorbekannten Formenschatz u.a. aus Lehrbüchern für Schieferbedachungen. Für die Einzelheiten wird auf die Anlagen K 5, 6, 8 und 9 (Bl. 25 ff, 29, 32 und 33 ff d.A.) verwiesen. Darüber hinaus spricht sie den Mustern der Beklagten die Eigentümlichkeit ab.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung der Muster Xx1/98 und Xx2/98 des Geschmacksmusters ####1 sowie des Geschmacksmusters ####2 einzuwilligen,

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die vorbekannten Form stünden der Neuheit der Muster nicht entgegen. Auch seien die Muster eigentümlich, da es eines schöpferischen Einsatzes des Mustergestalters bedurfte, um die angegriffenen Muster zu entwerfen.

Das erstinstanzliche Urteil hat die Klage auf Einwilligung in die Löschung abgewiesen. Die Muster seien sowohl neu als auch eigentümlich i.S.v. § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F. Hinsichtlich der Neuheit sei der Vortrag der Klägerin nicht schlüssig, denn die von der Klägerin vorgebrachten Entgegenhaltungen seien den angegriffenen Mustern nur mehr oder weniger ähnlich. Insbesondere habe es bisher nur asymmetrische Decksteine gegeben, bei denen die Abrundung der Ecken nicht den Ausschnitt eines Kreisbogens bilde, sondern deren Radius sich verändere. Folglich sei der Radius nicht symmetrisch zu einer gedachten Winkelhalbierenden. Darüber hinaus wiesen die Muster eine ausreichende Gestaltungshöhe auf und seien daher eigentümlich. Dafür spreche schon, dass die technische Möglichkeit, Eckabrundungen so zu gestalten, wie die Beklagte es tat, schon seit den 1950er Jahren gegeben war, als entsprechende Materialien und Werkzeuge zur Verfügung standen. Gleichwohl sei über Jahrzehnte niemand auf diese Idee gekommen. Demnach sei sie offensichtlich alles andere als naheliegend gewesen.

Gegen diese Beurteilung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie stützt die Berufung unter anderem auf den Einwand, das Landgericht sei bei der Beurteilung der Neuheit von einem Formenschatz ausgegangen, der nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspreche. Schon vor der Geschmacksmusteranmeldung durch die Beklagte habe es Steine gegeben, die symmetrisch waren oder deren Eckabrundungen die Form eines Kreisbogenausschnittes hatten. Ausgehend von diesem vorbekannten Formenschatz fehle es den streitgegenständlichen Steinen an der Neuheit.

Auch die Eigentümlichkeit sei vom Landgericht zu Unrecht bejaht worden. Hier sei mangels schieferinhärenter Restriktionen bei der Formenwahl - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nicht ein niedriger Grad, sondern ein normaler Grad an Eigentümlichkeit zu fordern. Dieser werde nicht erreicht. Vielmehr bestehe in den letzten Jahren eine Tendenz zu einfachen und symmetrischen Formen. Die Beklagte sei "auf diesen Zug aufgesprungen". Ihre Gestaltungsvarianten ergäben sich aus dem vorbekannten Formenschatz sozusagen notwendigerweise.

Die Klägerin beantragt,

die angefochtene Entscheidung zu ändern und nach den in erster Instanz gestellten Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

II. Die Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der streitgegenständlichen Muster aus § 10 c Abs. 2 Nr. 1 GeschmMG a.F. Das LG hat die Schutzvoraussetzungen der Neuheit und der Eigentümlichkeit nach § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F. zu Recht bejaht.

Auf Altmuster ist weiterhin § 10 c Abs. 2 Nr. 1 GeschmMG a.F. anwendbar, denn nach § 66 Abs. 2 GeschmMG bleiben für Geschmacksmuster, die - wie hier - vor dem 28.10 2001 angemeldet worden sind, die damals geltenden Bestimmungen über die Voraussetzungen der Schutzfähigkeit anwendbar. Ausweislich der Regierungsbegründung (BlPMZ 2004, S. 207, 251) sind insbesondere die §§ 33 und 34 GeschmMG n.F., nach denen die Nichtigkeit durch Urteil festgestellt wird, auf Altmuster nicht anwendbar.

1. Bei der rechtlichen Beurteilung hat das Landgericht zu Recht auf das Erscheinungsbild des einzelnen Musters, also des einzelnen Decksteins abgestellt. Der ästhetische Eindruck, der entsteht, wenn die Steine auf dem Dach verlegt sind, ist nicht maßgeblich. Das folgt zum einen daraus, dass allein die Gestaltung des einzelnen Decksteins Gegenstand der Anmeldung ist. Nur diese wiederum ist maßgebend für den Schutzgegenstand. Zum anderen kann auch deshalb nicht auf das Verlegebild abgestellt werden, weil dieses nicht nur von der Form des Steins, sondern auch von der konkreten Art der Verlegung abhängt.

2. Die angegriffenen Geschmacksmuster sind neu i.S.v. § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F. Ob eine Gestaltung neu ist, beurteilt sich durch einen Vergleich des ästhetischen Gesamteindrucks des Musters mit den vorbekannten Formen. Hierbei ist in einem Einzelvergleich das Muster den vorbekannten Formen gegenüberzustellen. Entscheidend ist, ob der ästhetische Gesamteindruck, der sich aus den Gestaltungselementen ergibt, die für den ästhetischen Eindruck des Musters von Bedeutung sind, bereits bei vorbekannten Formen zu finden ist (BGH GRUR 1969, 90, 95 - Rüschenhaube). Neuheit scheidet also aus, wenn die streitgegenständlichen Decksteine in ihrem ästhetischen Gesamteindruck mit der Gestaltung eines vorbekannten Steines übereinstimmen.

Der ästhetische Gesamteindruck der angegriffenen Decksteine wird maßgeblich durch das Zusammenspiel von zwei Gestaltungselementen geprägt.

- Zum einen weisen die Steine die Grundform eines gleichseitigen Vierecks (in Form eines Rhombus oder Quadrates) auf, dessen eine Ecke abgerundet ist (sog. Eckabrundung).

- Zum anderen bilden diese Eckabrundungen den Ausschnitt eines Kreisbogens. Dies hat zur Folge, dass die Rundung symmetrisch ist, d.h. die Rundung läuft von einer gedachten eckhalbierenden Diagonalen aus symmetrisch (sog. symmetrische Eckabrundung).

Die Kombination dieser Elemente verleiht dem Gesamtbild der Decksteine einen symmetrisch-gleichförmigen und damit harmonischen Eindruck. Dieser ästhetische Gesamteindruck wird durch die einzelnen Entgegenhaltungen der Klägerin nicht vorweggenommen. Die vorbekannten Steine weisen vielmehr jeweils nur einzelne der Merkmale auf, die für den Gesamteindruck der angegriffenen Muster prägend sind. Eine Kombination sämtlicher den Gesamteindruck bestimmender Gestaltungselemente ist nicht als vorbekannt dargetan (vgl. BGH GRUR 1975, 81, 83 - Dreifachkombinationsschalter).

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der auf S. 89 Abb. 159 des Lehr- und Musterbuches über Schieferbedachungen von N. Jungblut, 3. Auflage (Anlage K 5, Bl d. 26 Akten) abgebildete Deckstein nicht neuheitsschädlich hinsichtlich der Muster Xx1/98 und Xx2/98 des Geschmacksmusters ####1. Die Muster der Beklagten entsprechen in ihrer Grundform einem gleichseitigen Viereck, bei dem eine der vier Ecken durch eine Rundung ersetzt wurde. Der abgebildete Deckstein dagegen entspricht nicht der Grundform eines Vierecks, da er nur zwei gerade Seiten hat. Die dritte und vierte Seite eines gedachten Vierecks sind bei dem abgebildeten Deckstein durch einen großen Bogen ersetzt. Dieser Bogen ist zwar für sich betrachtet symmetrisch, aber er ist - eben weil er in Form einer Rundung die beiden Geraden verbindet und damit den gesamten Decksteinrücken ausmacht - auf gänzlich andere Art und Weise in den gesamten Stein integriert als bei dem angegriffenen Muster. Insgesamt erweckt die Entgegenhaltung eher den Eindruck einer Muschel.

Ebenso wenig steht - anders als die Klägerin meint - die bekannte Form der Schuppenschablone der Neuheit des Geschmacksmusters ####1 entgegen. Der ästhetische Gesamteindruck ist hier schon deshalb ein anderer, weil bei der Schuppenschablone nicht die Ecke eines Vierecks durch eine symmetrische Kreisrundung ersetzt wurde. Vielmehr weist die Schuppenschablone einen asymmetrischen Bogen auf, der sich über den gesamten Decksteinrücken erstreckt.

Ohne Erfolg bleiben auch die Einwendungen der Klägerin hinsichtlich der Neuheit des Geschmacksmusters ####2

Der Deckstein für die "Spezial-Wabendeckung", der sich in der Preisliste der Klägerin aus dem Jahre 1986 findet, kann nicht mit Erfolg als neuheitsschädlich eingewendet werden, weil er gar keine Eckabrundung aufweist. Die Ecke ist schlicht "abgeschnitten". Auch die "Rechteck-Schablone - abgerundet" (ebenfalls in der Preisliste der Klägerin enthalten) steht der Neuheit der angegriffenen Muster nicht entgegen. Selbst wenn hier eine Eckabrundung in Form eines Kreisbogenausschnittes vorhanden ist, so hat dieser Deckstein nicht die Grundform eines gleichseitigen Vierecks, sondern eines Rechteckes. Ein symmetrischer und ausgewogener Gesamteindruck wird daher durch diesen Stein nicht vermittelt.

Anders als die Klägerin meint, ist schließlich auch die Grundform der Bogenschnittschablone nicht neuheitsschädlich. Zwar hat die Bogenschnittschnittschablone - ebenso wie das angegriffene Muster - eine quadratische Grundform, doch wird der ästhetische Gesamteindruck maßgeblich durch die langgezogene Krümmung bestimmt. Diese entwickelt sich zunächst stetig und ansatzlos aus dem Decksteinrücken heraus, geht dann aber mit einer "eckigen Ferse" zur horizontalen Fußseite über. Die Krümmung hat also eine asymmetrische Form, die nicht vergleichbar ist mit der kreisförmigen Eckabrundung des Musters der Beklagten.

3. Die Geschmacksmuster der Beklagten sind auch eigentümlich i.S.v. § 1 Abs. 2 GeschmMG. Eigentümlich ist ein Muster, wenn es in den für die ästhetische Wirkung maßgebenden Merkmalen als das Ergebnis einer eigenpersönlichen schöpferischen Tätigkeit erscheint, die über das Durchschnittskönnen eines mit der Kenntnis des betreffenden Fachgebiets ausgerüsteten Mustergestalters und damit über das rein Handwerksmäßige hinausgeht (st. Rspr. BGH GRUR 1977, 547, 549, 550 - Kettenkerze; BGH GRUR 1965, 81, 83 - Dreifachkombinationsschalter; BGH GRUR 1996, 767, 769 - Holzstühle). Voraussetzung ist also, dass die Merkmale, die für die ästhetische Wirkung des Musters prägend sind, eine gewisse Gestaltungshöhe erreichen. Ob diese Höhe erreicht wird, bestimmt sich durch einen Gesamtvergleich mit den vorbestehenden Formgestaltungen auf dem betreffenden Gebiet in ihrer Gesamtheit (BGH GRUR 1975, 81, 83 - Dreifachkombinationsschalter; BGH GRUR 1996, 767, 769 - Holzstühle). Aus dem Gesamtvergleich mit den Vorarbeiten ergibt sich, ob in der vorausgegangenen gestalterischen Entwicklung bereits Formen und Formelemente bestanden, die dem Geschmacksmuster so nahe kommen, dass es auf dieser Grundlage auch mit dem nur durchschnittlichen Können eines Mustergestalters ohne eigenschöpferische Zutat hätte geschaffen werden können (BGH GRUR 1965, 81, 83 - Dreifachkombinationsschalter).

Das Landgericht ist hier zu Recht davon ausgegangen, dass schon eine verhältnismäßig geringe Abweichung vom vorbekannten Formenschatz genügt, um die erforderliche Eigentümlichkeit zu bejahen. Dafür sprechen zwei Erwägungen.

Zum einen ist davon auszugehen, dass sich der erforderliche schöpferische Gehalt, der erreicht werden muss, nach den zur Verfügung stehenden freien Formen bestimmt (BGH GRUR 1975, 81, 83 - Dreifachkombinationsschalter; BGH GRUR 1996, 767, 769 - Holzstühle). Bei einem engen Gestaltungsspielraum genügen in der Regel verhältnismäßig geringe Abweichungen, um die erforderliche Gestaltungshöhe zu bejahen (Eichmann, GeschmMG, 2. Aufl., § 1 Rn. 52). Dieser Gedanke hat sich nun auch in § 2 Abs. 3 S. 2 GeschmMG niedergeschlagen; er findet sich zudem in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1075 v. 26.03.2003, S.34 BlPMZ 2004, S. 207, 229). Bei der Gestaltung von Decksteinen besteht ein relativ enger Gestaltungsspielraum. Selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, schieferinhärente Restriktionen spielten bei der Formenwahl keine Rolle mehr, weil sich das inzwischen zur Verfügung stehende Material besser formen lasse als Schiefer, so ist doch zu berücksichtigen, dass bestimmte Formen (z.B. Dreiecke oder Kreise) für Decksteine von vorneherein nicht zur Verfügung stehen. Das ergibt sich zwingend daraus, dass ein Deckstein möglichst viel Fläche eines Daches bedecken muss. Außerdem erwartet der Verkehr eine gewisse Optik bei der Dacheindeckung, so dass auch völlig ungewöhnliche Formen ausscheiden.

Zum anderen spricht die Tatsache, dass die hier maßgebenden Fachkreise angesichts der Gestaltungsdichte in diesem Bereich erfahrungsgemäß auf gestalterische Feinheiten achten, dafür, niedrige Anforderungen an die Gestaltungshöhe zu stellen.

Vor diesem Hintergrund ist die Schaffung der streitgegenständlichen Steine ein Ausdruck eigenpersönlicher schöpferischer Tätigkeit. Sie weisen daher die erforderliche Gestaltungshöhe auf. Vergleicht man die jahrzehntelang verwandten Grundformen der Bogenschnittschablone und der Schuppenschablone mit den Gestaltungen der Beklagten, so fällt auf, dass die vorbekannten Steine stets ein "unregelmäßiges" und gerade nicht symmetrisches und ausgewogenes Erscheinungsbild hatten. Dies ist entweder darauf zurückzuführen, dass die Grundform der Steine nicht dem eines gleichseitigen Vierecks entsprach oder darauf, dass die Eckabrundungen unregelmäßig und nicht kreisförmig waren. Selbst wenn einzelne Gestaltungselemente dieser Steine eine gewisse Symmetrie vermittelten, war der Gesamteindruck stets unsymmetrisch und damit wenig harmonisch. Der Schritt von diesen unregelmäßig wirkenden Steinen hin zu klaren symmetrischen Formen stellt daher keine routinemäßige Kompilation vorbekannter Formelemente dar, sondern eine Leistung, die über das rein handwerksmäßige Können eines Durchschnittsgestalters hinausgeht.

Selbst wenn einzelne Gestaltungsänderungen, wie bspw. der Schritt vom Rechteck zum Quadrat, in zeichnerischer oder handwerklicher Hinsicht keine besonderen Fähigkeiten erfordern, haben sie doch - und dies ist entscheidend - auf den ästhetischen Gesamteindruck maßgeblichen Einfluss. Ein Vergleich der bekannten Formen mit den streitgegenständlichen Steinen ergibt, dass der von Symmetrie geprägte ästhetische Gesamteindruck der streitgegenständlichen Steine ein neuer ist. Symmetrie ist nicht primitiv, vielmehr können gerade einfache, schlichte, geometrische Formen einen hohen Grad an Ästhetik begründen.

Diese Neugestaltung war im Zeitpunkt der Anmeldung und vor dem Hintergrund des damals bekannten Formenschatzes auch nicht naheliegend. Dafür spricht schon, dass die technische Möglichkeit, Eckabrundungen so zu gestalten, wie die Beklagte es tat, schon seit den 1950er Jahren gegeben war, als entsprechende Materialien und Werkzeuge zur Verfügung standen. Gleichwohl ist über Jahrzehnte niemand auf diese Idee gekommen. Hinzu kommt, dass es nach dem eigenen Vortrag der Klägerin 250 Schieferformen gibt. Wenn angesichts dieser Vielzahl keiner von den Steinen sämtliche Gestaltungsmerkmale der streitgegenständlichen Steine, die den Gesamteindruck prägen, vereint, zeigt dies, dass die Kombination gerade nicht naheliegend war.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708, Nr. 10,711 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf der Divergenzentscheidung des OLG Düsseldorf vom 12.10.2004 (20 U 34/04).

Ende der Entscheidung

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