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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 24.08.2001
Aktenzeichen: 6 U 227/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB §§ 145 ff
BGB § 242
ZPO § 523
ZPO § 283
ZPO § 927
ZPO § 890
ZPO § 711
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 546 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 227/00

Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 24.8.2001

verkündet am 24.8.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 4.5.2001 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, Pietsch und von Hellfeld

für Recht erkannt:

Tenor:

I.) Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30.11.2000 verkündete Urteil der vierten Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 58/00 - abgeändert und im Hauptausspruch wie folgt neu gefasst:

1.) Die Klage wird abgewiesen.

2.) Auf die Widerklage der Beklagten wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Vertragsstrafevertrag des Inhalts, dass die Beklagte verpflichtet ist, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe von 20.000,00 DM zu unterlassen, die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes vorzunehmen, insbesondere hierbei gegenüber Behörden, Versicherungen oder Vermietern tätig zu werden und/oder hiermit zu werben, nicht besteht.

II.) Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat der Kläger zu tragen.

III.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 30.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Sicherheiten auch durch Stellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.

IV.) Die Beschwer des Klägers wird auf 220.000 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger ist ein in O. ansässiger Rechtsanwalt. Die Beklagte ist eine private Fernsehsendeanstalt mit Sitz in K., die durch Anwachsung und Umfirmierung aus der früheren R. P. Deutschland Fernsehen GmbH & Co KG entstanden ist. Die Parteien streiten im wesentlichen über die Wirksamkeit eines Unterlassungsvertrages, nach dessen Wortlaut die Beklagte sich strafbewehrt verpflichtet hat, es zu unterlassen, die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes vorzunehmen. Dem liegt Folgendes zugrunde:

Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin strahlte in der Vergangenheit die Sendungen "Wir kämpfen für Sie!" und "Wie bitte?!" aus. In diesen Sendungen setzte sie sich in einer bestimmten Weise für Privatpersonen ein, die Ansprüche gegen Behörden, Wirtschaftsunternehmen oder sonstige Institutionen zu haben glaubten und Schwierigkeiten bei deren Durchsetzung hatten. Der Kläger sah und sieht in diesem Einsatz für Privatpersonen eine der Beklagten nach dem Rechtsberatungsgesetz unerlaubte rechtsbesorgende Tätigkeit. Mit Schreiben vom 22.03.1996, dessen Wortlaut auf den Seiten 2 bis 5 der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben ist, mahnte er die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Fristsetzung zum 28.3.1996 ab. Nachdem diese innerhalb der Frist nicht reagiert hatte, vereinbarte der Kläger am Folgetage, dem 29.03.1996, telefonisch mit ihrem damaligen Justitiar, dass die geforderte Unterlassungserklärung noch bis zum 1.4.1996 abgegeben werden könne. Insoweit ist streitig, ob die Fristverlängerung sich bis zum Ablauf jenes Tages erstreckte oder - wie die Beklagte behauptet - nur den Vormittag erfasste. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten gab daraufhin durch ihren Justitiar zwar nicht am Vormittag, wohl aber am Nachmittag des 1.4.1996 eine Unterlassungserklärung ab. In der die Unterlassungsverpflichtung regelnden Ziffer 1) dieser Erklärung, wegen deren vollständigen Wortlauts auf Bl.8 der Beiakte 6 U 174/00 OLG Köln = 84 O 36/00 LG Köln verwiesen wird, heißt es:

"Wir verpflichten uns Ihnen gegenüber, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe von 20.000,00 DM zu unterlassen, die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes vorzunehmen, insbesondere hierbei gegenüber Behörden und Versicherungen oder Vermietern tätig zu werden und/oder hiermit zu werben."

Dieser Text ist mit der verlangten Unterlassungserklärung bis auf den Umstand identisch, dass die Worte "im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes" in dem von dem Kläger mit der Abmahnung übersandten Entwurf nicht enthalten gewesen waren.

Ebenfalls am 1.4.1996, und zwar vor Eingang jener Erklärung, hatte der Kläger bei dem Landgericht Duisburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt und die Zustellung der noch am selben Tage erlassenen Eilentscheidung an die Beklagte veranlasst. Nach seiner nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Behauptung hat der Justitiar der Beklagten am Nachmittag des 1.4.1996 noch vor Abgabe der Unterlassungserklärung telefonisch in seinem Büro in Erfahrung gebracht, dass ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt worden sei.

Der Kläger reagierte auf die Unterlassungserklärung mit dem auf der Seite 6 f des angefochtenen Urteils wiedergegebenen Antwortschreiben vom 2.4.1996. In diesem Schreiben, das eine ausdrückliche Annahme der Erklärung nicht enthielt, wies der Kläger darauf hin, dass er - unter anderem, weil die Sendung "Wir kämpfen für Sie!" entgegen einer angeblichen Zusage nicht abgesetzt worden sei - bereits am 1. 4. 1996 den erwähnten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt habe. Diese sei auch am selben Tage noch erlassen und von ihm per Boten dort abgeholt worden. Eine Zustellung sei schon erfolgt oder stehe bevor.

Dieses Schreiben beantwortete die Beklagte durch ihren Justitiar mit dem aus Bl.198 f der erwähnten Beiakte ersichtlichen Antwortschreiben vom 3.4.1996. Darin heißt es:

"Ich habe großes Verständnis dafür, dass Sie angesichts der von uns fristgerecht abgegebenen Erklärung die unnötig erwirkte einstweilige Verfügung auch 'an den Mann bringen' möchten. Dies wird leider zu einem überflüssigen Prozess führen."

In der Folgezeit kam es noch zu weiteren Ausstrahlungen beider Sendereihen. Diese sind sodann im Jahre 1999 eingestellt worden.

Der Kläger ist in der Vergangenheit mehrfach gegen die Rechtsvorgängerin der Beklagten wegen aus seiner Sicht durch einzelne Sendungen vorliegender Verstöße gegen die geschilderte Unterlassungserklärung vorgegangen und hat die Verwirkung der Vertragsstrafe geltendgemacht. Wegen der Einzelheiten wird beispielhaft auf die Akten der Verfahren 84 O 92/97 LG Köln = 6 U 17/98 OLG Köln und 84 O 7/99 LG Köln = 6 U 134/99 Bezug genommen. Aus der erwähnten einstweiligen Verfügung, gegen die ein Widerspruch nicht eingelegt und die auch nicht aufgehoben worden ist, hat der Kläger demgegenüber Rechte auf Grund der angeblichen Verstöße nicht hergeleitet.

Fast zwei Jahre nach Abgabe der Unterlassungserklärung, nämlich unter dem 12.2. 1998, widerrief und kündigte die Beklagte diese mit dem aus der Anlage B 7 der erwähnten Beiakte ersichtlichen Schreiben ohne Begründung und erklärte deren Anfechtung.

Mit dem vorliegenden Verfahren nimmt der Kläger wegen einer am 02.05.1999 ausgestrahlten Folge von "Wir kämpfen für Sie" die Beklagte auf Zahlung von Vertragsstrafe in Höhe von 20.000,00 DM Anspruch. Mit der Widerklage begehrt die Beklagte demgegenüber die Feststellung, dass ein Vertragsverhältnis der geschilderten Art zwischen den Parteien nicht bestehe.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Vereinbarung wirksam zustande gekommen und die Vertragsstrafe durch jenen Fernsehbeitrag verwirkt worden sei.

Er hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 20.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26.04.2000 zu zahlen;

2. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat beantragt,

1. die Klage abzuweisen.

2. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Vertragsstrafevertrag des Inhalts, dass sie verpflichtet ist, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe von 20.000,00 DM zu unterlassen, die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes vorzunehmen, insbesondere hierbei gegenüber Behörden, Versicherungen oder Vermieterin tätig zu werden und/oder hiermit zu werben, nicht besteht.

Sie hat u.a. die Auffassung vertreten, dass aus im einzelnen dargelegten Gründen das Vertragsstrafeversprechen nicht wirksam zustande gekommen sei.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und die Widerklage abgewiesen.

Zur Begründung ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Berufung wiederholt die Beklagte ihre Auffassung, wonach die Unterlassungsvereinbarung schon gar nicht zustande gekommen ist. Im übrigen liege durch die streitgegenständliche Sendung mit Rücksicht auf neuere höchstrichterliche Rechtsprechung ein Verstoß gegen eine etwaige Vereinbarung auch nicht vor.

Die Beklagte beantragt,

1. die Klage abzuweisen,

2. auf die Widerklage festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Vertragsstrafenvertrag des Inhalts, dass sie verpflichtet ist, es bei Minderung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe von 20.000,00 DM zu unterlassen, die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes vorzunehmen, insbesondere hierbei gegenüber Behörden, Versicherungen oder Vermietern tätig zu werden und/oder hiermit zu werben, nicht besteht.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er begründet mit Rechtsausführungen, auf die - soweit erforderlich - sogleich einzugehen ist, seine Auffassung, wonach die Unterlassungsvereinbarung zustande gekommen ist und Bestand hat. Was die Frage des Verstoßes durch die Sendung vom 02.05.1999 angehe, so habe die Beklagte durch ihr aus Bl. 44 ersichtliches Anerkenntnis in dem Verfahren 45 O 103/99 LG Duisburg selbst eingeräumt, dass ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz vorliege. In jenem Verfahren hat der Kläger wegen der Ausstrahlung vom 2.5.1999 einen weiteren Unterlassungsanspruch geltend gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die bis zur mündlichen Verhandlung gewechselten Schriftsätze und die Akten der Verfahren 84 O 92/97 LG Köln = 6 U 17/98 OLG Köln, 84 O 7/99 LG Köln = 6 U 134/99 OLG Köln und 84 O 36/00 LG Köln = 6 U 174/00 OLG Köln, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie den ihm gem. §§ 523,283 ZPO nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 21.5.2001 sowie den weiteren Schriftsatz des Klägers vom 12.7.2001 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klage hat keinen Erfolg und die Widerklage ist demgegenüber begründet, weil ein wirksamer Unterlassungsvertrag zwischen den Parteien nicht besteht. An der im Verfahren 6 U 17/98 zugrundegelegten gegenteiligen Rechtsauffassung hält der Senat nicht mehr fest.

A

Die Widerklage ist entgegen den von dem Kläger in erster Instanz geäußerten Zweifeln zulässig. Die Beklagte hat angesichts der Berühmung des Klägers, der Vertrag sei wirksam und ihm stehe wegen verschiedener in der Vergangenheit ausgestrahlter Sendungen zumindest möglicherweise die vereinbarte Vertragsstrafe zu, im Sinne des § 256 Abs.1 ZPO ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass der Vertrag nicht wirksam ist. Dass der Kläger, der selbst das Feststellungsinteresse der Beklagten nicht in Abrede stellt, sich dieser potenziellen Rechte berühmt, ergibt sich aus seinem Begehren in der Parallelsache 6 U 174/00, in der er u.a. Auskunft über weitere ausgestrahlte Sendungen verlangt. Der Geltendmachung des Feststellungsanspruches steht auch nicht entgegen, dass über diesen bereits - wie der Kläger vorgetragen hat - im Verfahren 84 O 7/99 = 6 U 134/99 OLG Köln "eine rechtskrafterstreckende Entscheidung" ergangen wäre. Der Kläger hatte zwar auch in jenem Verfahren eine entsprechende Widerklage erhoben, über diese ist jedoch nicht rechtskräftig entschieden worden. Vielmehr ist das Verfahren durch einen vor dem Senat geschlossenen Vergleich beendet und in jenem Vergleich ausdrücklich hervorgehoben worden, dass zum einen Ansprüche aus der Zeit vor dem Vergleichsschluss noch geltend gemacht werden können und zum anderen die Parteien ihre konträren Rechtsauffassungen bezüglich des Vertragsschlusses aufrechterhalten.

B

Der Unterlassungsvertrag ist nicht wirksam zustandegekommen, weil die Geschäftsgrundlage der Unterlassungserklärung der Beklagten entfallen ist (§ 242 BGB) und dies für den Kläger beim Zugang dieser Erklärung auch ohne weiteres erkennbar war. Aus diesem Grunde kann offenbleiben, ob in dem vorgetragenen Schriftwechsel überhaupt deckungsgleiche Vertragserklärungen liegen, die im Sinne der §§ 145 ff BGB einen Vertragsschluss hätten bewirken können, und muss die Berufung in vollem Umfange Erfolg haben.

Es ist anerkannt, dass das auf § 242 BGB gründende Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage wie im übrigen Zivilrecht auch im Wettbewerbsrecht Anwendung findet (vgl. für den Fall einer nachträglichen Gesetzesänderung z.B. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Auflage, Kap.20, RZ 25 m.w.N.; ausführlich Pastor/Ahrens/Schulte, Der Wettbewerbsprozess, 4. Auflage, Kap.14, RZ 94 ff m.w.N.). Geschäftsgrundlage eines Vertrages sind die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, jedoch bei Vertragsschluss bestehenden gemeinschaftlichen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (vgl. z.B. BGH NJW-RR 90,386 f; GRUR 90,1005 f - "Salome"). Zu diesen Vorstellungen gehörte die Erwartung der Beklagten, mit der Unterlassungserklärung die wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung zu beenden. Diese Vorstellung hat sich indes angesichts des parallel betriebenen Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht realisiert. Die Vertragserklärung der Beklagten ist daher der eingetretenen Situation anzupassen. Die Beklagte hätte indes bei Kenntnis des Umstandes, dass ihr Versuch, das Wirksamwerden der einstweiligen Verfügung zu verhindern, durch die Erklärung nicht erreicht werden konnte, diese nicht abgegeben.

Die auf eine Abmahnung hin abgegebene Unterlassungserklärung verfolgt das Ziel, die wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung zu beenden und insbesondere zu verhindern, dass es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt (vgl. Teplitzky a.a.O. Kap. 8 RZ 1; Pastor/Ahrens/Schulte, a.a.O. Kap.14 Rz. 4 ff). Der sich unterwerfende Schuldner sieht sich - zumindest regelmäßig - berechtigten wettbewerbsrechtlichen Vorwürfen ausgesetzt und nimmt so die Gelegenheit wahr, einer kosten- und zeitaufwändigen gerichtlichen Auseinandersetzung mit für ihn voraussichtlich negativem Ausgang zu entgegen. Das gilt gleichermaßen für drohende Eilverfahren, wie für Hauptsacheklagen. Demgegenüber ist es nicht Ziel der Unterwerfungserklärung, dem Gläubiger neben einem gerichtlichen Titel einen weiteren schuldrechtlichen Anspruch zu verschaffen. Ist vielmehr der Gläubiger bereits im Besitz eines derartigen - auch vorläufigen - Titels, so besteht für den Schuldner kein Anlass, zusätzlich eine Unterlassungserklärung abzugeben und so die Stellung des Gläubigers aus seiner Sicht unnötig zu stärken. Diese Motivationslage ist dem abmahnenden Gläubiger auch bekannt. Dieser bietet durch die Abmahnung nämlich gerade an, die Auseinandersetzung auf die geschilderte Weise und ohne Einschaltung der Gerichte zu beenden.

Vor diesem Hintergrund ist der Unterlassungsvertrag deswegen nicht wirksam zustandegekommen, weil der Gläubiger in dem maßgeblichen Zeitraum zu Beginn des Monats April 1996 die parallel erwirkte einstweilige Verfügung der Beklagten hat zustellen und so wirksam werden lassen und nicht umgehend von sich aus auf die Rechte aus diesem Titel verzichtet hat. Dabei kann es auf sich beruhen, ob sich die Unterlassungserklärung bereits als Annahme eines in der Abmahnung zu sehenden Angebotes, oder als Angebot der Beklagten darstellt, das dann durch das Antwortschreiben des Klägers vom 2.4.1996 angenommen worden ist. Mit Rücksicht auf die vorgeschilderte Rechtslage ist nämlich durch die bewirkte Zustellung der einstweiligen Verfügung entweder die Geschäftsgrundlage des bereits zustandesgekommenen Vertrages oder aber der Vertragserklärung der Beklagten entfallen. In beiden Fällen besteht ein wirksamer Vertrag nicht (mehr). Aus diesem Grunde kann auch auf sich beruhen, ob die Abmahnfrist tatsächlich - wie der Kläger behauptet - nur bis zum Mittag des 1.4.1996 verlängert worden war.

Es trifft allerdings zu, dass es gängiger Praxis auf Gläubigerseite entspricht, neben der Abmahnung - parallel oder schon vorher - den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu beantragen. Ebenso geben Schuldner in bestimmten Fallkonstellationen bewusst Unterlassungserklärungen ab, obwohl ihnen bereits eine einstweilige Verfügung zugestellt worden ist. Ebenso ist der Verletzte unter bestimmten Umständen parallel sowohl Vertragsstrafeversprechen als auch gerichtlichen Titeln ausgesetzt. All dies ändert indes nichts daran, dass aus den vorstehenden Gründen ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien nicht besteht.

Was zunächst den Fall der vor der Abmahnung oder innerhalb der Abmahnfrist vorsorglich - und regelmäßig in Unkenntnis des Schuldners - erwirkten sog. "Vorrats- oder Schubladenverfügung" angeht, so dient diese dem Zweck, nach erfolglosem Ablauf der Abmahnfrist und damit - abweichend vom vorliegenden Fall - ohne dass sich der Schuldner unterworfen hat, den gerichtlichen Titel schnell zustellen und so wirksam machen zu können. Demgegenüber kommt die Unterwerfungserklärung nach Zustellung einer einstweiligen Verfügung in den Fällen in Betracht, in denen der Schuldner, sei es im Widerspruchsverfahren, sei es im Aufhebungsverfahren gem. § 927 ZPO, die Beseitigung der einstweiligen Verfügung erstrebt. Auch diese Fallkonstellation liegt indes nicht vor: Die Schuldnerin wusste bei Abgabe der Unterlassungserklärung nichts davon, dass die für ihre Wirksamkeit maßgebliche Zustellung der einstweiligen Verfügung bereits bewirkt war. Das gilt auch unter Berücksichtigung des diesbezüglichen, ihm nicht nachgelassenen Vorbringens des Klägers in dessen Schriftsatz vom 12.7.2001, weswegen sich die Frage einer etwaigen Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht stellt. Nach der dortigen Behauptung des Klägers soll der damalige Justitiar der Beklagten am Nachmittag des 1.4.1996 und noch vor Abgabe der Unterlassungserklärung in seinem Büro in Erfahrung gebracht haben, dass eine einstweilige Verfügung beantragt worden sei. Diese angebliche Kenntnis vermittelte der Beklagten indes nicht das Bewusstsein, auch durch Abgabe der Unterlassungserklärung das Wirksamwerden eines gerichtlichen Titels nicht mehr verhindern zu können, weil die einstweilige Verfügung nicht nur beantragt, sondern auch schon erlassen und ihre Zustellung bewirkt worden sei.

Die Unterlassungserklärung ist nach alledem in der Phase abgegeben worden, in der die Beklagte noch annahm und annehmen konnte, durch sie die Angelegenheit zu erledigen. In dieser Situation konnte der Kläger nicht unter Ausnutzung seines Wissensvorsprunges bezüglich der Zustellung der einstweiligen Verfügung die Vertragserklärung der Beklagten annehmen und es zugleich bei der Zustellung der einstweiligen Verfügung belassen. Es oblag ihm vielmehr, sich zu entscheiden und entweder sofort klarzustellen, dass auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung verzichtet werde, oder die Annahme des Vertrages abzulehnen bzw. der Beklagten mitzuteilen, dass auf etwaige Rechte aus dem Vertrag verzichtet werde.

Dem steht auch nicht entgegen, dass in Einzelfällen sich Schuldner parallel sowohl gerichtlichen Unterlassungstiteln als auch Vertragsstrafeansprüchen ausgesetzt sehen, weil es sich dabei - soweit hier von Interesse - regelmäßig um Fälle handelt, in denen der Schuldner durch einen nachträglichen Verstoß gezeigt hat, dass trotz der Unterlassungserklärung erneut Wiederholungsgefahr besteht (vgl. Teplitzky, a.a.O. , Kap.8 RZ 53 m.w.N.). Auch die Situation, in der durch einen Vergleichsschluss eine Vertragsstrafevereinbarung getroffen wird und der Gläubiger damit zugleich einen gem. § 890 ZPO zu vollstreckenden Titel erhält (vgl. BGH GRUR 98, 1053 - "Vertragsstrafe/Ordnungsgeld"), ist mit der vorliegenden Fallkonstellation nicht gleichzusetzen, weil dort sehenden Auges zwei Titel geschaffen werden, während dies vorliegend gerade nicht der Fall war.

Vor diesem Hintergrund kann der Vertrag auch nicht mit der Begründung als wirksam angesehen werden, die Beklagte habe sich auf die vorstehend dargelegte Rechtslage nicht berufen und der Kläger habe im Anschluss niemals Rechte aus der einstweiligen Verfügung geltend gemacht.

Dass die Beklagte sich nicht aus zwei Rechtsgründen Ansprüchen ausgesetzt sehen wollte, zeigt ihre Reaktion im Schreiben vom 3.4.1996, in der zum Ausdruck gebracht wird, dass der Kläger die einstweilige Verfügung nutzlos erwirkt habe. Dass schließlich der Kläger aus der einstweiligen Verfügung trotz der von ihm angenommenen Verstöße keine Rechte hergeleitet hat, ändert nichts daran, dass sich mit Blick auf die Existenz der Eilentscheidung, aus der der Kläger jederzeit hätte vorgehen können, die erkennbare Vorstellung der Beklagten, durch die Unterlassungserklärung die Gefahr anderweitiger Inanspruchnahme durch den Kläger zu beseitigen, nicht erfüllt hat.

Letztlich ist der Vertrag auch nicht etwa durch das soeben erwähnte Schreiben der Beklagten vom 3.4.1996 zustande gekommen. Dabei ist schon zweifelhaft, ob das Schreiben des Klägers vom 2.4.1996 als Angebot zu werten sein könnte. Unabhängig davon stellte dessen Beantwortung unter dem 3.4.1996 nicht eine Annahme dar, weil die Beklagte - in der Vorstellung, der Vertrag sei bereits zustande gekommen - nicht das Bewusstsein hatte, eine rechtswirksame Vertragserklärung abzugeben. Hätte die Beklagte indes gewusst, dass bis dahin ein strafbewehrter Unterlassungsvertrag nicht zustande gekommen war, so hätte sie in Kenntnis des gerichtlichen Titels die Unterlassungserklärung - wovon nach der Lebenserfahrung auszugehen ist -auch nicht mehr abgegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festgesetzte Beschwer des Klägers entspricht dem Wert seines Unterliegens im Rechtsstreit.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 220.000 DM.

Ende der Entscheidung

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