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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 26.05.2000
Aktenzeichen: 6 U 29/00
Rechtsgebiete: UWG, BGB, ZPO
Vorschriften:
UWG § 13 Abs. 2 Ziff. 2 | |
UWG § 1 | |
UWG § 6 e | |
UWG § 13 | |
BGB § 683 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 711 | |
ZPO § 546 Abs. 2 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
6 U 29/00 84 O 53/99 LG Köln
Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 26.5.2000
Verkündet am 26.5.2000
Berghaus, JS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 12.5.2000 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, Pietsch und von Hellfeld
für Recht erkannt:
Tenor:
1.) Die Berufung der Beklagten gegen das am 16.12.1999 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 84 O 53/99 - wird zurückgewiesen.
2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in nachbenannter Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in derselben Höhe leistet. Es ist Sicherheit in folgender Höhe zu leisten bzw. sind folgende Beträge zu hinterlegen:
Bei Vollstreckung des Anspruches auf
a) Unterlassung:
65.000,00 DM;
b) Zahlung und Kostenerstattung:
8.800,00 DM.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Sicherheiten auch durch Stellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.
4.) Die Beschwer der Beklagten wird auf 65.250,56 DM festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger ist ein gerichtsbekannter Verband im Sinne des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG. Seine aufgrund dieser Vorschrift bestehende Befugnis, den vorliegenden Prozess zu führen, ist nicht im Streit.
Die Beklagte handelt mit Gebrauchtwagen und betreibt mehrere Autohäuser. Sie schaltete in der Ausgabe vom 1.9.1998 des Burscheider Anzeigenblattes "Wochenpost" die aus der nachfolgenden Seite 4 dieses Urteils ersichtliche Anzeige. Die darin enthaltene Aussage:
"Dieses Auto kommt unter den 'Hammer'. In jeder Woche, in der das Auto nicht verkauft wird, fällt der Preis um 300,- DM. Aber warten sollten sie nicht zu lange."
bildet den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Der Kläger sieht in ihr in zweierlei Hinsicht einen Verstoß gegen § 1 UWG: so bestehe zum einen der angepriesene Preisvorteil von 300 DM pro Woche nicht, weil die regelmäßig vorgenommene Preissenkung belege, dass der höhere Preis tatsächlich gar nicht ernsthaft gefordert werde. Schon der in der Werbung angegebene Ausgangsbetrag von 13.500 DM beruhe nicht auf sachlicher Kalkulation. Zum anderen sei die in Aussicht gestellte Preisreduzierung wegen des Gewinnanreizes aus den von dem BGH in der Entscheidung "Versteigerung eines gebrauchten KfZ in umgekehrter Richtung" (WRP 86,381), dem ein vergleichbarer Sachverhalt zugrundegelegen habe, dargelegten Gründen auch geeignet, den Kunden unsachlich zu beeinflussen.
Der Kläger, der die Beklagte erfolglos abgemahnt hat und neben der Unterlassung auch den Ersatz von Abmahnkosten verlangt, hat in dem vorangegangenen Verfahren 81 O 183/98 LG Köln eine einstweilige Verfügung erwirkt, durch die der Beklagten die streitgegenständliche Werbung untersagt worden ist. Die Berufung der Beklagten gegen die Bestätigung jener einstweiligen Verfügung hat der Senat durch Urteil vom 23.6.1999 (6 U 37/99) zurückgewiesen. Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger unter Bezugnahme auf jenes Verfahren sowie auf die als Anlage 50 ff bei den Akten befindliche Entscheidung des LG Düsseldorf, die eine - abgesehen von den Fahrzeugdaten - identische Werbung zum Gegenstand hatte, sinngemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1.) es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,
in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung wie auf der nachstehenden Seite 4 dieses Urteils wiedergegeben beim Angebot eines Kraftfahrzeuges anzukündigen:
"Autoversteigerung
Dieses Auto kommt unter den 'Hammer'. In jeder Woche, in der das Auto nicht verkauft wird, fällt der Preis um 300,- DM. Aber warten sollten sie nicht zu lange."
2.) an ihn 250,56 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31.8.1999 (= Rechtshängigkeit) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat mit einer ins einzelne gehenden Begründung behauptet, der Ursprungspreis sei ernsthaft gefordert worden. Zudem hat sie die Meinung vertreten, die in der Anzeige enthaltene Preisgegenüberstellung sei seit der Abschaffung des früheren § 6 e UWG erlaubt. Auch die Ankündigung der regelmäßigen Preissenkung sei nicht zu beanstanden, weil die Preisgestaltung ihr obliege und potentielle Käufer von Gebrauchtwagen, also Unikaten, immer der Gefahr unterlägen, dass ein anderer Interessent sich schneller zum Kauf entschließe und sie den Wagen deswegen nicht mehr erwerben können. Zudem liege es in ihrem Interesse und entspreche dem freien Spiel der Kräfte am Markt, durch Absenkung des Preises einen Verkauf des betreffenden Fahrzeuges zu erreichen, das bis dahin "totes Kapital" darstelle. Der erwähnten BGH-Entscheidung könne nicht gefolgt werden, zumal für die befürchtete massenhafte gemeinschädliche Nachahmung im vorliegenden Verfahren kein Anhaltspunkt bestehe und das Urteil durch neuere Rechtsprechung des EUGH, nach der wahre Werbeaussagen nicht untersagt werden dürften, obsolet geworden sei. Schließlich liege jedenfalls eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Sinne des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG nicht vor.
Das Landgericht hat - unter wörtlicher Übernahme der wesentlichen Entscheidungsgründe der erwähnten Senatsentscheidung - die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Ihre Berufung gegen dieses Urteil begründet die Beklagte unter Bezugnahme auf ihren Vortrag im vorangegangenen Verfahren wie folgt:
Das angefochtene Urteil und damit die Senatsentscheidung im vorangegangenen Verfahren lehnten sich bis ins einzelne an die erwähnte BGH-Entscheidung an. Demgegenüber liege aber schon nicht derselbe Fall vor. Darüber hinaus könne auch nach dem zugrunde zu legenden gewandelten Verbraucherleitbild und vor dem Hintergrund, dass derartige Verkaufsaktionen inzwischen - und zwar insbesondere über das Internet - auch von anderen durchgeführt würden, die von dem BGH und dem Senat befürchtete unsachlichen Beeinflussung durch derartige Aktionen auch nicht mehr angenommen werden.
Bei der Beurteilung sei vor dem Hintergrund einschlägiger EUGH-Entscheidungen von einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher auszugehen. Diesem gegenüber entwickele die Werbung indes die befürchtete suggestive Wirkung nicht. Es komme hinzu, dass der BGH selbst gar nicht auf diesen angeblich suggestiven Charakter, sondern auf die Gefahr unseriöser Nachahmung abgestellt habe, dieses Argument sei indes aufgrund zwischenzeitlichen Wegfalles des § 6 e UWG nicht mehr stichhaltig. Es sei auch nicht Sache der Wettbewerbsgerichte, neuen Entwicklungen auf dem Markt durch deren autoritäre Etikettierung vom grünen Tisch als vorgeblich sittenwidrig den Weg zu versperren. Im übrigen rügt die Beklagte, dass die Kammer sich mit einem in dem erwähnten Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung angeführten Urteil des Landgerichts Essen, auf das sogleich einzugehen ist, nicht befasst habe. Schließlich verweist sie auf eine Anzahl von Verkaufsaktionen, mit denen u.a. die Sixt GmbH & Co und die Quicksoft Vertriebs GmbH im Internet ebenfalls Gebrauchtfahrzeuge zu kontinuierlich fallenden Preisen anbieten. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die als Bl.110-123 und 126-175 bei den Akten befindlichen Internet-Ausdrucke Bezug genommen.
Das Verbot beinträchtige sie im übrigen erheblich, weil sie beabsichtige, wöchentlich jeweils ein Fahrzeug auf die beanstandete Weise zu "versteigern", und sich hiervon eine erhebliche Umsatzsteigerung auch bezüglich ihres sonstigen Gebrauchtwagenangebotes verspreche.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 16.12.1999 - 84 O 53/99 - die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen sowie ihren Vortrag in dem vorausgegangenen Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und behauptet, die von der Beklagten erwähnten im Internet durchgeführten Verkaufsaktionen seien ebenfalls Gegenstand gerichtlicher Verfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Akten des vorangegangenen Verfügungsverfahrens 81 O 183/98 LG Köln = 6 U 37/99 OLG Köln Bezug genommen, die - wenn dies auch nicht protokolliert worden ist - ebenso wie die Schriftsätze Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Auch unter Berücksichtigung des ergänzenden Vorbringens der Beklagten in beiden Instanzen des vorliegenden Verfahren ist die Klage im wesentlichen aus den Gründen des erwähnten Senatsurteils vom 23.6.1999 im Verfahren 6 U 37/99 begründet.
Der Senat wiederholt daher nachfolgend zunächst sinngemäß seine damalige Urteilsbegründung:
Die Klage ist begründet, weil die beanstandete Werbung wegen der in ihr enthaltenen Verbindung von aleatorischen Elementen mit solchen der Wertreklame im Sinne des § 1 UWG gegen die guten Sitten im lauteren Wettbewerb verstößt.
Der Bundesgerichtshof hat in der oben erwähnten Entscheidung "Versteigerung eines gebrauchten KfZ in umgekehrter Richtung" (WRP 86,381 f), der ein weitgehend gleichgelagerter Fall zugrundegelegen hat, überzeugend dargelegt, daß der Kunde ohne eine echte Gegenleistung eine durch bloßes Zuwarten erspielbare Vorteilszuwendung, nämlich die Preisreduzierung, erhalte und daß dieses System zunehmend an Attraktivität und Spielreiz gewinne und schließlich zu nicht auf sachlicher Überlegung beruhenden Kaufentschlüssen führe. Außerdem drohe die "Verwilderung der Wettbewerbssitten". So könnten unseriöse Nachahmer etwa zunächst überhöhte Preise ("Mondpreise") verlangen und/oder die Aktion bei Unterschreiten der Gewinnschwelle abbrechen. Darüberhinaus seien Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen hinzunehmenden und wegen der Häufigkeit der Reduzierungen und deren Höhe unzulässigen "umgekehrten Versteigerungen" zu befürchten. Der Senat ist bereits in einer früheren Entscheidung dem BGH beigetreten (WRP 88,326 f - "Umgekehrte Versteigerung als sachfremdes Spielangebot").
Entgegen der Auffassung der Beklagten gelten die maßgeblichen Erwägungen dieser beiden Entscheidungen auch heute noch und erfassen sie - in ihren maßgeblichen Punkten - auch den vorliegenden Fall.
Zunächst gibt das von der Beklagten angeführte angeblich geänderte Verbraucherleitbild keinen Anlaß zu einer abweichenden Beurteilung. Denn auch der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher ist den beschriebenen Gefährdungen ausgesetzt. Es macht den Spieltrieb gerade aus, daß der Betroffene unter seinem Einfluß Handlungen vornimmt, die er ohne diesen Einfluß nicht vorgenommen hätte. Das gilt auch für einen durchschnittlich aufmerksamen und verständigen Verbraucher. Aus diesem Grund braucht die Frage nicht entschieden zu werden, ob nicht auch ein weniger verständig handelnder Verbraucher vor der Beeinflussung geschützt werden muß, die von dem Angebot ausgeht.
Auch die Entscheidung "Rubbelaktion" des BGH (WRP 98,724) veranlaßt eine abweichende Beurteilung nicht. Soweit dort - wie die Beklagte zutreffend darlegt - ausgeführt ist, daß allein die Höhe der ausgelobten Gewinne ein Gewinnspiel nicht wegen übertriebenen Anlockens wettbewerbswidrig mache, betrifft das die im vorliegenden Verfahren maßgebliche Frage der aleatorischen Anreize durch den sich regelmäßig reduzierenden Preis nicht.
Es trifft auch nicht zu, daß wegen des Wegfalles des früheren § 6 e UWG der Entscheidung des BGH der Boden entzogen wäre. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang angeführte Begründung des BGH, wonach auch die Gefahr von unseriösen Nachahmungen Grund für das Verbot sei, basiert ersichtlich nicht auf dem früheren § 6 e UWG und gilt im übrigen auch heute noch unverändert fort.
Soweit die Beklagte schließlich meint, der BGH habe schon das nähere Befassen des Interessenten mit dem beworbenen Angebot als ausreichend angesehen und dies könne nach der Neufassung des § 13 UWG, nach dessen Absatz 2 Ziffer 2 nunmehr eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs drohen müsse, nicht mehr ausreichen, so trifft auch das nicht zu. Der BGH hat - wie oben dargelegt worden ist - gerade nicht nur auf das anfängliche Befassen des Kunden mit dem Angebot, sondern auch darauf abgestellt, daß dieser Kunde in der Folge aufgrund der unsachlichen Beeinflussung eine tatsächliche Kaufentscheidung treffen könne. Im übrigen trifft es auch nicht zu, daß die von einer wettbewerbswidrigen Werbung ausgehende Gefahr einer näheren Befassung mit einem Angebot für sich genommen den Vorwurf der Wettbewerbswidrigkeit durch gem. § 13 Abs.2 Ziff.2 klagebefugte Verbände nicht mehr rechtfertigen könnte.
Gelten mithin die von dem BGH aufgestellten Grundsätze auch heute fort, so ergibt sich daraus der Klageanspruch ohne weiteres. Denn der Sachverhalt des vorliegenden Falles unterscheidet sich nur in unbedeutenden Details von denjenigen der Vorentscheidungen. So ist es zwar richtig, daß die streitgegenständliche Werbeaussage nicht - wie in dem von dem Senat im Jahre 1988 entschiedenen Fall - blickfangmäßig hervorgehoben ist. Dieser Gesichtspunkt allein, der überdies bei der BGH-Entscheidung auch nicht gegeben war, begründete die Wettbewerbswidrigkeit der Werbung in der damaligen Sache indes nicht. Im übrigen wird gerade der verständige und aufmerksame Verbraucher, auf den die Beklagte abstellt, auch ohne blickfangmäßige Hervorhebung den Gehalt der Werbung erkennen. Ohne Auswirkung auf die Entscheidung ist auch der geringe Unterschied zu der Fallgestaltung der BGH-Entscheidung, in der es im übrigen auch um einen Gebrauchtwagen ging: es ist ohne nennenswerte Bedeutung, ob der Preis täglich um 100 DM oder - wie im vorliegenden Fall - wöchentlich um 300 DM reduziert wird.
Diesen bereits von dem Landgericht zitierten Ausführungen ist mit Rücksicht auf den weiteren Vortrag der Beklagten lediglich folgendes hinzuzufügen:
Der Senat sieht weiterhin keinen Anlaß, sich mit dem von der Beklagten bereits in dem vorangegangenen Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung angeführten Urteil des Landgerichts Essen vom 15.5.1998 im Verfahren 47 O 29/98 inhaltlich zu befassen. Diese Entscheidung, die sich in anonymisierter Kopie als Bl.15 ff in der Beiakte 81 O 183/98 LG Köln = 6 U 37/99 befindet, läßt nämlich nicht erkennen, daß die Kammer sich mit dem Problem der aus einem übertriebenen Spielanreiz herrührenden Sittenwidrigkeit befasst hätte.
Soweit die Beklagte meint, der Senat sei nicht dazu berufen, neuen Entwicklungen auf dem Markt durch deren autoritäre Etikettierung vom grünen Tisch als vorgeblich sittenwidrig den Weg zu versperren, tritt der Senat dieser Auffassung ausdrücklich bei. Gleichwohl ist die Werbung zu untersagen, weil die streitgegenständliche umgekehrte Versteigerung nicht "vorgeblich", sondern aus den vorstehenden Gründen tatsächlich sittenwidrig ist. Sofern neue Entwicklungen auf dem Markt sich im Sinne des § 1 UWG als unlauter darstellen, ist es gerade die Aufgabe der Wettbewerbsgerichte, dem durch Verbote entgegenzutreten.
Schließlich ändert es an der Sittenwidrigkeit nichts, wenn auch andere Unternehmen inzwischen die beanstandete Art der Versteigerung durchführen. Das gilt unabhängig von der Frage, ob und mit welchem Ausgang diese Verkaufsaktionen ihrerseits in gerichtlichen Verfahren angegriffen sind. Eine andere Sicht könnte aufgrund dieser Aktionen allenfalls dann geboten sein, wenn inzwischen eine Gewöhnung des an Gebrauchtwagen interessierten Verbrauchers eingetreten wäre und ihn für die geschilderte Beeinflussung unempfänglich gemacht hätte. Es ist indes schon zweifelhaft, ob eine entsprechende Marktsituation überhaupt diesen Gewöhnungseffekt auslösen könnte. Das kann aber dahinstehen. Denn die geschilderten Aktionen sind bei weitem nicht allen Interessenten überhaupt bekannt, weil sie (zumindest fast) alle nur im Internet stattfinden. Überdies scheidet eine Gewöhnung des Verkehrs auch deswegen aus, weil die Verkaufsaktionen erst seit kurzer Zeit stattfinden.
Auch unter Berücksichtigung der im vorliegenden Verfahren angeführten Gesichtspunkte ist die Werbung damit als gem. § 1 UWG sittenwidrig zu qualifizieren, weil sie den Kunden veranlassen kann, ein Kfz ungeachtet des angemessenen Marktpreises allein mit Blick auf die "drohende" nächste Preisreduzierung und aus dem Bestreben heraus zu kaufen, dass sonst ein anderer Interessent, der seinerseits von demselben Bestreben geleitet ist, das Fahrzeug erwerben könnte.
Vor diesem Hintergrund ist der Unterlassungsanspruch begründet, weil die Werbeaktion auch im Sinne des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG geeignet ist, den örtlichen Gebrauchtwagenmarkt wesentlich zu beeinflussen. Dies ergibt sich ohne weiteres aus der Aufmerksamkeit, der einer solchen Aktion zuteil werden wird, und bedarf angesichts des Umstandes keiner näheren Begründung, dass die Beklagte selbst dies im Berufungsverfahren nicht bezweifelt.
Keiner weiteren Ausführungen bedarf auch die Zuerkennung des aus § 683 BGB begründeten Anspruches auf Ersatz der Abmahnkosten, weil sich die Berufungsbegründung auf diesen nicht erstreckt (§ 519 Abs.3 Ziff.2 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 30.250,56 DM festgesetzt (§ 12 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO). Daher ist wertermäßigend berücksichtigt, dass es sich bei dem Kläger um einen Idealverein handelt.
Demgegenüber beträgt die gem. § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Beklagten 65.250,56 DM. Die Beschwer der im Berufungsverfahren unterlegenen Beklagten ist mit dem Streitwert nicht identisch. Sie übersteigt diesen vielmehr deutlich und macht den vorstehenden Betrag aus. Während der Streitwert - von dem untergeordneten Zahlungsanspruch abgesehen - auch im Berufungsverfahren speziell das Interesse gerade des Klägers an der Unterlassung widerspiegelt, misst sich die Beschwer der Beklagten insoweit allein an der Beeinträchtigung, die sie durch das bestätigte Verbot hinzunehmen hat. Diese ist indes jedenfalls nicht niedriger als sie wäre, wenn die Beklagte nicht von dem klagenden Verein, sondern von einem Wettbewerber in Anspruch genommen worden wäre. Denn es macht für die Beschwer des Unterlassungsschuldners keinen Unterschied, wer Gläubiger des betreffenden Unterlassungsanpruchs ist. Das Interesse eines Wettbewerbers als Kläger im vorliegenden Verfahren würde sich indes hinsichtlich der Unterlassung zumindest auf 65.000 DM belaufen. Denn das streitgegenständliche Angebot hat wegen der ungewöhnlichen Absatzform und des beschriebenen spielerischen Anreizes erhebliche Auswirkungen auf den Markt, zumal die Beklagte beabsichtigt, auf diese Weise regelmäßig einzelne Pkw anzubieten. Vor diesem Hintergrund kann die Beschwer - wiederum von dem Zahlungsanspruch abgesehen - nicht allein deswegen auf lediglich 30.000 DM festgesetzt werden, weil das Interesse des Klägers als nicht wirtschaftlich tätigem Idealverein niedriger als dasjenige eines Wettbewerbers ist und sich auf nur diesen Betrag beläuft.
Ende der Entscheidung
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