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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 06.08.2004
Aktenzeichen: 6 U 36/04
Rechtsgebiete: UWG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 3 a.F.
UWG § 5 n.F.
UWG § 5 Abs. 1
ZPO § 301
ZPO § 301 Abs. 2
ZPO § 525
ZPO § 529
ZPO § 533
ZPO § 533 Nr. 2
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 543
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 05.02.2004 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 78/03 - wird zurückgewiesen, soweit sie die Klage in der Fassung der Berufungsanträge zu Ziffern 1 und 3 einschließlich der Hilfsanträge zu Ziffern 1 und 3 sowie die Berufungsanträge zu Ziffern 4 und 5, soweit diese sich auf die Anträge zu Ziffern 1 und 3 beziehen, weiterverfolgt.

Die Klage in der Fassung des Widerrufs-, hilfsweise Bekanntmachungsantrags gemäß Ziffer 6 der Berufungsbegründung wird abgewiesen, soweit diese sich auf die Unterlassungsanträge zu Ziffern 1 und 3 bezieht. Die Klage wird weiter als im Berufungsverfahren unzulässig abgewiesen, soweit mit dem Berufungsantrag zu Ziffer 1 ergänzend die in der Berufungsbegründung unter Ziffer II. 1.3. zitierte Aussage für sich genommen als irreführend angegriffen und Unterlassung begehrt wird.

Die Kostenentscheidung bliebt dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Futtermittelzusatzstoffen. Zum Aufbau bestimmter Proteine benötigen Tiere Methionin. Bei Methionin handelt es sich um eine essentielle Aminosäure, d.h. um eine solche, die von den Tieren nicht selbst hergestellt werden kann, sondern von außen zugeführt werden muss. Dies erfolgt durch Zugabe sog. Methioninquellen im Futter, welche sodann im Tierkörper in verwertbares L-Methionin umgewandelt werden. Bei dem von der Klägerin produzierten Futteradditiv "DL-Methionin" handelt es sich um ein zu 99 % (jeweils ca. 50 % D-Methionin bzw. L-Methionin) reines Pulver. Die Beklagte stellt unter der Bezeichnung "B." ein flüssiges Methionin-Hydroxyanalog her mit einer Reinheit von 88 %; restliche 12 % sind Wasser. Die Klägerin hält die Produktwerbung der Beklagten, u.a. den weltweit abrufbaren, in englischer Sprache abgefassten Internetauftritt, in mehrfacher Hinsicht für irreführend i.S. des § 3 UWG a.F. und des § 5 UWG n.F., nämlich soweit die Beklagte sich einer "Methionin-Aktivität" ("methionine activity") ihres Produkts von 88 %, der weltweiten Marktführerschaft von "B." als Methioninquelle, sowie der weltweit größten Produktionsanlage für "Methionin" berühmt. Hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen sowie der Fassung der auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung gerichteten erstinstanzlichen Klageanträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, mit welchem die Klage mangels Irreführungsgefahr der beanstandeten Werbeaussagen abgewiesen worden ist, verwiesen. Hiergegen wendet die Klägerin sich mit der Berufung, wobei sie die Klage um einen Widerrufs-, hilfsweise Bekanntmachungsanspruch erweitert hat. In der jeweils dritten Alternative der Unterlassungshauptanträge hebt sie nunmehr auf die reine konkrete Verletzungsform ab und erstrebt das Verbot des aktuellen Internetauftritts (Stand 16.04.2004) der Beklagten gemäß den nachstehend wiedergegebenen Anlagen BK 1 bis BK 3. Im Übrigen hat sie in der mündlichen Verhandlung am 16.07.2004 vor dem Senat klargestellt, dass die Werbeaussage

"Animals efficiently utilize B. methionine hydroxy analogue so that 88 % of the product they consume is metabolized by the animal as L-methionine." (BK 1, 3. Seite)

im Rahmen der 3. Alternative des Unterlassungsantrags zu Ziffer 1. für sich gesehen als irreführend angegriffen wird. Insoweit behauptet sie, dass die fragliche Aussage sachlich falsch sei. Die Klägerin beantragt, das am 5. Februar 2004 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln (Az.: 81 O 78/03) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten, das von der Beklagten unter dem Handelsnamen "B." angebotene Hydroxyanalog der Aminosäure Methionin weise eine garantierte Wirksamkeit von 88 % auf, insbesondere wenn dies wörtlich oder sinngemäß mit folgenden Werbeaussagen in deutscher oder englischer Sprache erfolgt:

"As a commercial source of supplemental methionine B. consists of a guaranteed minimum level of 88 % methionine activity" in deutscher Übersetzung: "Als kommerzielle Quelle ergänzenden Methionins besteht B. aus zumindest 88 % aktivem Methionin." und/oder "88 %-Guaranteed activity with superior benefits for your operation." in deutscher Übersetzung: "88 %-garantierte Wirksamkeit mit überragenden Vorteilen für Ihren Betrieb." und/oder wie unter der IP-Adresse http://xxx abrufbar, in erster Instanz in die mit Schriftsatz vom 2. Juni 2003 angekündigte Antragstellung eingeblendet und nachstehend als Anlage BK-1 wiedergegeben (Stand 16.04.2004) zu werben; pp.

2. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten, das von der Beklagten unter dem Handelsnamen "B." angebotene Hydroxyanalog der Aminosäure Methionin sei die weltweit führende Quelle ergänzenden Methionins, insbesondere wenn dies wörtlich oder sinngemäß mit folgenden Werbeaussagen in deutscher oder englischer Sprache erfolgt:

"B. - the world's leading source of supplemental methionine." in deutscher Übersetzung: "B. - die weltweit führende Quelle ergänzenden Methionins." und/oder "B. has grown to become the preferred methionine source world-wide." in deutscher Übersetzung: "B. ist zur weltweit bevorzugten Methioninquelle emporgestiegen." und/oder wie unter der IP-Adresse http://xxx abrufbar, in erster Instanz in die mit Schriftsatz vom 2. Juni 2003 angekündigte Antragstellung eingeblendet und nachstehend als Anlage BK-2 wiedergegeben (Stand 16.04.2004) zu werben; pp.

3. es bei es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zu behaupten, die Produktionsanlage der Beklagten sei die weltweit größte Methionin Produktionsstätte, insbesondere wenn dies wörtlich oder sinngemäß mit folgenden Werbeaussagen in deutscher oder englischer Sprache erfolgt:

"B. is produced at the world's largest methionine manufacturing facility D. C., Texas." in deutscher Übersetzung: "B. wird in der weltweit größten Produktionsanlage für Methionin in D. C., Texas, hergestellt" und/oder "The largest methionine manufacturing facility in the world is also ISO 9000 and ISO 14001 certified." in deutscher Übersetzung: "Die größte Methionin-Produktionsanlage in der Welt ist auch ISO 9000 und ISO 14001 zertifiziert."; und/oder wie unter der IP-Adresse http://xxx abrufbar, in erster Instanz in die mit Schriftsatz vom 2. Juni 2003 angekündigte Antragstellung eingeblendet und nachstehend als Anlage BK-3 wiedergegeben (Stand 16.04.2004) zu werben; pp.

4. über die bisherige Verwendung der unter Ziffern 1 bis 3 genannten Werbeaussagen in ihrer Internetwerbung, in Broschüren, Zeitschriftenanzeigen, Rundfunk- und Fernsehwerbungen sowie in sonstigen Werbeträgern, insbesondere in Anschreiben an (auch potentielle) Abnehmer, die jeweils mindestens auch an Adressaten in der Bundesrepublik Deutschland gerichtet waren, bezogen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in diesem Verfahren, Auskunft zu erteilen, wobei bei Werbung durch Anschreiben an (auch potentielle) Kunden deren Name oder Firma, die jeweiligen Bezugsmengen sowie die Anschrift der Kunden anzugeben ist;

5. Unter Abänderung des am 5. Februar 2004 verkündeten Urteils der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Verwendung der unter Ziffer 1 bis 3 genannten Werbeaussagen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

6. Die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, die in den Anträgen zu Ziff. 1 - 3 wiedergegebenen Tatsachenbehauptungen

- "As a commercial source of supplemental methionine B. consists of a guaranteed minimum level of 88 % methionine activity"

- "88 %-Guaranteed activity with superior benefits for your operation."

- "B. - the world's leading source of supplemental methionine."

- "B. hat grown to become the preferred methionine source world-wide."

- "B. is produced at the world's largest methionine manufacturing facility D. C., Texas."

- "The largest methionine manufacturing facility in the world is also ISO 9000 and ISO 14001 certified."

zu widerrufen. Hilfsweise zu 6., ihr die Befugnis zuzusprechen, den verfügenden Teil des Urteils auf Kosten der Beklagten öffentlich bekannt zu machen. Hilfsweise zu den Anträgen unter Ziffer 1 bis 3, die Beklagte unter Abänderung des am 5. Februar 2004 verkündeten Urteils der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie unter der IP-Adresse http://xxx abrufbar, in erster Instanz in die mit Schriftsatz vom 2. Juni 2003 angekündigte Antragstellung eingeblendet und als Anlagenkonvolut BK-4 wiedergegeben (Stand 16.04.2004) zu werben und damit zu behaupten,

- das von der Beklagten unter dem Handelsnamen "B." vertriebene Hydroxyanalog der Aminosäure Methionin weise eine garantierte Wirksamkeit von 88 % auf; und/oder

- B. sei die weltweit führende Quelle ergänzenden Methionins; und/oder

- die Produktionsanlage der Beklagten sei die weltweit größte Methioninproduktionsstätte.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung bzw. Abweisung der Klage. II. Der Rechtsstreit ist im Berufungsverfahren zur Entscheidung reif, soweit die Klägerin Unterlassung der mit den Berufungsanträgen zu Ziffern 1 und 3 beanstandeten Werbeaussagen einschließlich der zugeordneten Annexansprüche begehrt. Demgegenüber bedarf es zur Entscheidung über den weiteren Unterlassungsantrag zu Ziffer 2 nebst Folgeansprüchen ergänzenden Sachvortrages der Beklagten; auf den Auflagenbeschluss vom heutigen Tage wird Bezug genommen. Der Senat hat deshalb von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß §§ 525, 301 ZPO durch Teilurteil über die Berufung und die Klageerweiterung zu entscheiden, weil die Klageansprüche unabhängig voneinander geltend gemacht werden und Gründe, die im Sinne des § 301 Abs. 2 ZPO den Erlass eines Teilurteils als unangemessen erscheinen lassen könnten, nicht ersichtlich sind. 1. Ohne Erfolg wendet die Klägerin sich gegen die Feststellung des Landgerichts, dass den angegriffenen Werbeaussagen "As a commercial source of supplemental methionine B. consists of a guaranteed minimum level of 88 % methionine activity" (1. Alternative) und "88%-Guaranteed activity with superior benefits for your operation" (2. Alternative) bzw. den Aussagen in der konkreten Verletzungsform des Internetauftritts gemäß der Anlage BK 1 (3. Alternative) unter keinem Aspekt Irreführungspotential i.S. des § 5 UWG zukommt. a) Bei der Beurteilung, ob eine Werbung irreführend i.S. des § 5 Abs. 1 UWG ist, sind gemäß Abs. 2 Nr. 1 der Vorschrift alle in ihr enthaltenen Bestandteile wie insbesondere die über Art und Zusammensetzung der Ware zu berücksichtigen. Eine Täuschungsgefahr in diesem Sinne besteht nicht bereits deshalb, weil in den fraglichen Aussagen der 1. und 3. Alternative "B." mit "Methionin" ("methionine") gleichgesetzt wird, obwohl diese Bezeichnung im chemischen Sinne unzutreffend ist. Unstreitig handelt es sich bei dem Produkt der Beklagten nämlich nicht um die Aminosäure Methionin, sondern als Methionin-Hydroxyanalog um eine Vorstufe dieser Aminosäure, welche korrekt als "Methioninquelle" zu bezeichnen wäre. Die Gefahr einer wettbewerblich relevanten Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise besteht deshalb aber nicht. Vielmehr erkennt der angesprochene Verbraucher in der beanstandeten Bezeichnung von "B." als einem "Methionin"-Produkt richtig die Benutzung von "Methionin" in seiner weiteren Bedeutung als Oberbegriff für sämtliche im Markt befindlichen Methioninquellen. Wenn die Mitglieder des Senats auch nicht dem angesprochenen Verkehrskreis der Futtermittelindustrie angehören, so vermögen sie dennoch aus eigener Sachkunde dieses bestimmte Verständnis der fraglichen Verbraucher zu beurteilen. Der Senat stützt sich insoweit zum einen auf den Sprachgebrauch in der Entscheidung der EG-Kommission vom 02.07.2002 in der Sache C.37.519 - Methionine, vorgelegt als Anlage WB 4 (engl. Fassung) bzw. WB 5 (deutsche Fassung), welche sich über die Frage kartellrechtlicher Verstöße verhält. Beteiligte waren mehrere Methionin-Hersteller, u.a. auch die Klägerin, weshalb vorausgesetzt werden kann, dass die Entscheidung unmittelbar auf dem Wortverständnis der Futtermittelindustrie fußt. In den einleitenden Erwägungen dieser Entscheidung zu Ziffer 4 wird zunächst ausgeführt, dass es sich bei "Methionin" um eine essentielle Aminosäure handelt, also eine solche, die nicht vom Tierkörper selbst hergestellt werden kann. Nachfolgend wird sodann aber keine Unterscheidung zwischen der reinen Aminosäure und den von verschiedenen Herstellern produzierten und chemisch gesehen unterschiedlichen Methionin-Quellen vorgenommen; vielmehr ist durchgängig auch dann nur von "Methionin" die Rede, wenn die Gesamtheit aller "Methionin-Quellen" gemeint ist. Besonders deutlich belegt dies die Erwägung zu Ziffer 6 unter der Überschrift von Teil 1 "B. DIE METHIONIN-INDUSTRIE" ...

6. Methionin kommt im Wesentlichen als DL-Methionin (DLM) und als Hydroxyanalogmethionin (HAM) vor",

wo also gerade die Produkte der Parteien des vorliegenden Verfahrens ungeachtet ihrer exakten stofflichen Zusammensetzung verkürzt als "Methionin" bezeichnet werden. Das wegen der Sperrigkeit einer Bezeichnung als "verschiedene Methionin-Quellen" nachvollziehbare Bedürfnis nach einer griffigeren Abkürzung spiegelt sich zudem im eigenen Sprachgebrauch der Klägerin wider. Während exemplarisch auf Seite 31 unten ihres Schriftsatzes vom 30.01.2003 (GA Bl. 122 unten) sowie auf Seite 4 zu b) aa) des Schriftsatzes vom 06.05.2003 (GA Bl. 212) die Produkte der Parteien als "Methionin-Quellen" bezeichnet werden, mithin auch das eigene DL-Methionin, ist in ihrem als Anlage WB 2 vorgelegten Internetauftritt durchgängig auch dann nur von "Methionin" die Rede, wenn es tatsächlich um Methionin-Quellen geht. Der Senat vermag deshalb selbst festzustellen, dass mit der Verwendung des Begriffs "Methionin" für B. keine Irreführungsgefahr über die stoffliche Zusammensetzung einhergeht, sondern der angesprochene Verkehr hierin richtig die Verwendung eines Oberbegriffs für alle in der Futtermittelindustrie gebräuchlichen Methionin-Quellen erkennt. b) Die Werbeaussagen in allen drei Alternativen des Unterlassungsantrags zu 1 sind auch nicht unter dem Aspekt irreführend, dass durch die Verwendung des Begriffs "activity" in Zusammenhang mit der Prozentangabe "88" ein Bezug zur (relativen) Wirksamkeit des Produkts im Sinne der biologischen Effizienz hergestellt würde. aa) Der Senat vermag zunächst nicht dem Ansatz der Klägerin zu folgen, dass der angesprochene Verkehr die reine Prozentangabe "88%" schon ohne weiteres auf die biologische Effizienz des beworbenen Produkts beziehen würde, ohne dem Kontext Rechnung zu tragen. Angesprochen sind im Streitfall mit der Tierfutterindustrie befasste Fachleute. Regelmäßig bringen Fachkreise aber gegenüber Werbung einen höheren Grad an Aufmerksamkeit und Beurteilungsvermögen auf als der allgemeine Verkehr (vgl. Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 3 Rn. 128 m.w.N.). Der Klägerin mag richtig darauf verweisen, dass dem Wert der biologischen Effizienz erhebliche Bedeutung für den Kaufentschluss der Verbraucher zukommt. Für eine Konditionierung des im Streitfall angesprochenen Verkehrs dergestalt, dass schon die reine Angabe "88%" stets oder zumindest dann, wenn sie in der Werbung - wie auf der mit der 3. Alternative des Unterlassungsantrags angegriffenen Startseite des Internetauftritts gem. der Anlage BK 1 geschehen - augenfällig hervorgehoben wird, ohne die üblicherweise vorauszusetzende Aufmerksamkeit für weitere Textinhalte auf den Wert der relativen Wirksamkeit und damit der biologischen Effizienz bezogen wird, fehlt es aber an jeglichen Anhaltspunkten. bb) Eine Irreführungsgefahr besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die angesprochenen deutschen Fachkreise die Angabe von "88%" in Verbindung mit dem englischen Begriff "activity" auf die biologische Effizienz beziehen würden. Die Klägerin behauptet selbst nicht, dass "activity" bei einer wörtlichen Übersetzung ins Deutsche "Wirksamkeit" bedeute, also ein Synonym des englischen Begriffs hierfür, nämlich "efficiency", sei. Vielmehr will sie eine Täuschungsgefahr daraus ableiten, dass der angesprochene deutsche Fachverkehr "activity" jedenfalls in Werbeaussagen der beanstandeten Art abweichend von dem tatsächlichen Wortsinn nicht in seiner Bedeutung als "Aktivgehalt"/"Aktivbestandteil" verstehe, sondern dennoch auf die "efficiency", d.h. die biologische Effizienz des Produkts beziehe. Für dieses spezielle Verkehrsverständnis bestehen allerdings keine Anhaltspunkte; im Gegenteil ist davon auszugehen, dass der tatsächliche Wortsinn und das konkrete Verständnis der betroffenen Fachkreise identisch sind. Für die Beurteilung auch dieses Sprachverständnisses kommt aus den vorstehend dargestellten Gründen wiederum dem Wortgebrauch in der Entscheidung der EG-Kommission vom 02.07.2002 maßgebliche Bedeutung zu. Die Erwägung zu Ziffer 8 verhält sich über das Produkt "B." der Beklagten und lautet im englischen Text: "Methionine hydroxy analogue is produced in liquid form by O. [Anm.: die hiesige Beklagte] ... with a nominal 88 % activity content." bzw. in der gleichfalls verbindlichen deutschen Übersetzung: "Hydroxyanalogmethionin wird von O. ... in flüssiger Form mit einem nominalen Aktivgehalt von 88 % hergestellt." In der zitierten Entscheidung wird also der Begriff "activity" gleichfalls in Bezug zu der Prozentangabe "88" - nur - als Beschreibung der stofflichen Zusammensetzung, nämlich 88 % Wirkstoffe und 12 % Wasser, benutzt. Diese Formulierung "activity content" = "Aktivgehalt" wird von der angegriffenen Werbeaussage in der ersten Alternative praktisch identisch aufgegriffen mit dem unerheblichen Unterscheid, dass anstelle des Substantivs "content" das Verb "consist" verwendet wird. Der Bezug nur auf den Inhalt, nicht hingegen auf die Wirksamkeit im Sinne der biologischen Effizienz liegt damit auf der Hand und lässt für eine Fehlvorstellung auch des deutschen Verkehrs keinen Raum. Entsprechendes gilt für die mit der zweiten Alternative des Antrags isoliert angegriffene Werbeaussage "88%-Guaranteed activity with superior benefits for your operation". Wenn auch "activity" nicht durch unmittelbar auf den Inhalt abzielende Zusätze wie "content"/"consist" ergänzt wird, so fehlt es auch hier an Anhaltspunkten für ein Verständnis des Verkehrs dahin gehend, abweichend sowohl von dem Wortsinn im Deutschen als auch von der in den angesprochenen Fachkreisen üblichen Unterscheidung zwischen "activity" = Wirkbestandteil einerseits und "efficiency" = Wirksamkeit andererseits auf eine Angabe zur biologischen Effizienz zu schließen. Hinsichtlich einer Irreführungsgefahr des mit der 3. Alternative des Unterlassungsbegehrens beanstandeten reinen Internetauftritts in Form der Anlage BK 1, soweit dieser auf der Startseite ("Page 1 of 2") bzw. der ersten dort durch Anklicken des "88%-Zeichens" aufzurufenden Seite ("Page 1 of 3") die mit der 1. und 2. Alternative des Antrags angegriffenen Werbeaussagen enthält, wird auf die vorstehenden Erwägungen Bezug genommen. cc) Der Unterlassungsanspruch in allen drei Alternativen ist schließlich auch dann nicht begründet, wenn deutsche Verbraucher den englischen Begriff "activity" irrig mit "(relativer) Wirksamkeit" im Sinne der biologischen Effizienz übersetzen sollten. Der Senat verkennt nicht, dass der Verkehr auch durch das unrichtige Verständnis einer objektiv richtigen Angabe in wettbewerbsrechtlich relevanter Weise getäuscht worden kann. Die Feststellung einer Irreführungsgefahr setzt sodann aber regelmäßig eine weitergehende Interessenabwägung voraus, in welche alle Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Auswirkungen eines Verbots einzubeziehen sind (vgl. Köhler/Piper a.a.O: § 3 Rn. 218 m.w.N.). Im Streitfall führt diese Abwägung dazu, dass eine möglicherweise bestehende Täuschungsgefahr der angesprochenen deutschen Verkehrskreise über die konkrete Bedeutung des englischen Begriffs "activity" hinzunehmen ist. Rechnung zu tragen ist nämlich der Besonderheit, dass der die beanstandeten Werbeaussagen enthaltende Internetauftritt der Beklagten unter dem Top-Level "com" weltweit abrufbar und für den (englischsprachigen) Weltmarkt, nicht aber speziell deutsche Verkehrskreise, konzipiert und deshalb vollständig in englischer Sprache verfasst ist. Die Bedeutungsmöglichkeiten eines fremdsprachigen Begriffs sind regelmäßig zunächst aus der jeweiligen Fremdsprache und ihrem sprachlichen Kontext zu erschließen. Bei der Beurteilung eines i.S. von § 5 UWG relevanten Irreführungspotentials einer fremdsprachigen Werbeäußerung ist jedenfalls dann allein auf das im Sinne einer Übersetzung "richtige" Verständnis des deutschen Verbrauchers abzustellen, wenn die werblichen Angaben - wie regelmäßig bei weltweit abrufbaren Internetauftritten - für den internationalen Markt und allenfalls auch für den deutschen bestimmt waren. Wegen der erheblichen Auswirkungen eines im Ergebnis weltweit wirkenden, aber auf einer spezifisch deutschen Fehlleistung beruhenden Verbots müssen auf eine falsche Übersetzung zurückgehende Täuschungen des deutschen Verkehrs hingenommen werden. c) Keiner Entscheidung bedarf die Frage, ob die mit der 3. Alternative des Unterlassungsantrags isoliert angegriffene Äußerung "Animals efficiently utilize B. methionine hydroxy analogue so that 88 % of the product they consume is metabolized by the animal as L-methionine" sachlich falsch und deshalb irreführend ist. Auf diesen weiteren Irreführungstatbestand hat die Klägerin erstmals im Berufungsverfahren die Unterlassungsklage gestützt, so dass sich die Zulässigkeit nach § 533 ZPO beurteilt. Die Voraussetzungen einer zulässigen Klageerweiterung im Sinne des § 533 ZPO liegen nicht vor. Dies gilt unabhängig davon, ob der Senat sie für sachdienlich hält, weil sie nämlich nicht auf Tatsachen gestützt werden kann, die der Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zulegen sind, § 533 Nr. 2 ZPO. Die Frage, ob 100 % der in B. (zu 88%) enthaltenen Wirkstoffe im Tierkörper 1:1 in verwertbares L-Methionin umgewandelt werden, stellt sich erstmals im Rahmen des nunmehr selbständigen Angriffs, betrifft also nicht die der Entscheidung im Übrigen zugrunde zu legenden Tatsachen und hat deshalb unberücksichtigt zu bleiben. Im Verfahren vor dem Landgericht hat die Klägerin auf Seite 4 oben ihres Schriftsatzes vom 30.09.2003 (GA Bl. 303) zwar vorausgesetzt, dass "das Hydroxyanalog B. unstreitig nicht voll aktiv gleich der Aminosäure Methionin" sei, vielmehr werde "nur ein Anteil daraus in aktives Methionin umgesetzt". Zum einen erfolgen diese Ausführungen aber trotz Verwendung der Begriffe "aktiv" und "Aktivität" offensichtlich in Zusammenhang mit der Frage der relativen Wirksamkeit/biologischen Effizienz, wie die ausdrückliche Bezugnahme auf den sich hierüber verhaltenden Passus Seiten 18, 20 im Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2002 (GA Bl. 71, 73) nahe legt. Zum anderen dient dieser Vortrag, einen Bezug zur Frage des Maßes der Umwandlung von B. im Tierkörper zu L-Methionin unterstellt, nicht wie nunmehr im Berufungsverfahren der Verfolgung eines selbständigen Angriffs gegen die zitierte Aussage, sondern steht im Zusammenhang mit der in der 3. Alternative ursprünglich verbalisierten Verletzungsform der weiteren Werbeaussage, B. weise eine garantierte Wirksamkeit von 88 % auf. 2. Die Berufung bleibt weiter ohne Erfolg, soweit die Klägerin den Unterlassungsantrag zu 3 in allen Alternativen weiterverfolgt. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht eine Irreführung des Verkehrs im Sinne von § 5 UWG durch die angegriffenen Werbeaussagen verneint Die Beklagte berühmt sich zwar der weltweit größten Produktionsanlage für "Methionin", obwohl sie unstreitig nicht die gleichnamige Aminosäure, sondern deren Hydroxyanalog und damit richtig nur eine "Methioninquelle" herstellt. Hieraus vermag die Klägerin aber aus den vorstehend unter Ziffer 1.a) angestellten Erwägungen zum Sprachverständnis der angesprochenen Verkehrkreise, auf welche Bezug genommen wird, keine Ansprüche herzuleiten. 3. Die hilfsweise verfolgten Unterlassungsansprüche zu 1 und 3 enthalten über die bereits erörterten Gesichtspunkte hinaus keine Aspekte, welche eine Irreführungsgefahr begründen könnten. Die Berufung bleibt deshalb auch insoweit erfolglos. Mangels Begründetheit der Unterlassungsansprüche zu 1 und 3 waren auch die auf Auskunft, Schadensersatzfeststellung und Widerruf, hilfsweise Bekanntmachung gerichteten Annexansprüche als unbegründet abzuweisen, dahin gestellt, ob letztere im Wege der zulässigen Klageerweiterung in das Berufungsverfahren eingeführt worden sind. 4. Über die Kosten des Berufungsverfahrens ist im Rahmen der Schlussentscheidung zu befinden. Eines Ausspruchs über die Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, nachdem dieses Teilurteil keinen vollstreckbaren Inhalt hat. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO liegen nicht vor. Streitwert dieses Teilurteils: 1.137.500 EUR (Unterlassungsanträge zu 1. 600.000 EUR und zu 3. 100.000 EUR; Auskunftsansprüche zu 1. 225.000 EUR und zu 3. 37.500 EUR; Schadensersatzfeststellungsansprüche und Widerrufs-/Bekanntmachungsansprüche zu 1. jeweils 75.000 EUR und zu 3. jeweils 12.500 EUR)

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