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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 18.08.2000
Aktenzeichen: 6 U 58/00
Rechtsgebiete: UWG, ZPO, GKG


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 25
UWG § 23 a, 2. Alternative
UWG § 23 b
ZPO § 97
ZPO § 545 Abs. 2
ZPO § 3
GKG § 20 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 58/00 33 O 11/00 (LG Köln)

Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 18.08.2000

Verkündet am 18.08.2000

Berghaus, J.S.'in als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2000 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, Pietsch und Schütze

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Antragsgegners gegen das am 29.02.2000 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln -33 O 11/00- wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Unterlassungsausspruch der in diesem Urteil bestätigten einstweiligen Verfügung vom 22.11.1999 -31 O 1141/99- die nachstehende Neufassung erhält:

"Der Antragsgegner hat es bei Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechsmonatiger Dauer zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr

a) die Nichtveröffentlichung von Tarifen durch die C. Krankenversicherung Aktiengesellschaft als "Mißbrauch" und/oder "verbraucherfeindlich" zu bezeichnen;

b) den Tarif "AM" der C. Krankenversicherung Aktiengesellschaft als "überteuertes Tarifwerk" zu bezeichnen;

c) öffentlich die A. und M. Versicherung dazu aufzufordern, das Verhalten von Mitarbeitern der C. Krankenversicherung Aktiengesellschaft in bezug auf die Nichtveröffentlichung von Tarifen zu überprüfen wie nachfolgend wiedergegeben:

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

(Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.)

Entscheidungsgründe

Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil die zuvor im Beschlussweg erlassene einstweilige Verfügung bestätigt. Denn der darin titulierte Unterlassungsanspruch steht der Antragstellerin auch unter Berücksichtigung der mit der Berufung vorgebrachten weiteren Einwendungen des Antragsgegners gemäß § 1 UWG zu. Soweit der Senat das in der aufrechterhaltenen Beschlussverfügung tenorierte Unterlassungsgebot entsprechend dem in der Berufungsverhandlung umformulierten Unterlassungsantrag der Antragstellerin neu gefasst hat, ist hiermit keine sachliche Beschränkung der Reichweite des erstinstanzlichen Verbotsausspruchs bzw. eine teilweise Reduktion des von der Antragstellerin mit ihrem Verfügungsantrag verfolgten Unterlassungspetitums verbunden. Die Neufassung diente vielmehr allein der redaktionellen Klarstellung des von der Antragstellerin begehrten und in der Beschlussverfügung berechtigterweise titulierten Verbotes, mit der eine Anpassung an die konkret zu beurteilende Verletzungshandlung des Antragsgegners bewirkt wurde, der in den streitbefangenen Veröffentlichungen den im ursprünglich formulierten Unterlassungsantrag aber noch enthaltenen Begriff der "theoretischen Neugeschäftsprämie" nicht verwendet hat.

Das von der Antragstellerin geltend gemachte Unterlassungsbegehren, dessen Dringlichkeit gemäß § 25 UWG zu vermuten ist, stellt sich aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der wettbewerblich unlauteren Geschäftsehrverletzung als begründet dar.

1. Der Antragsgegner hat bei der Veröffentlichung und Verbreitung der hier zu beurteilenden Äußerungen sowohl den objektiven Voraussetzungen nach als auch in subjektiver Hinsicht zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt, so dass sein Verhalten dem Anwendungsbereich der vorbezeichneten wettbewerbsrechtlichen Bestimmung unterfällt.

a) Objektiv liegt ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs in jedem Verhalten, welches äußerlich geeignet ist, den Absatz oder Bezug einer Person zum Nachteil einer anderen Person zu fördern. Eine derartige, objektiv zur Förderung eigener oder - was ausreicht - fremder wirtschaftlicher Interessen geeignete Betätigung des Antragsgegners liegt hier vor. Denn der Antragsgegner als Versicherungsmakler bemüht sich ebenso wie die Antragstellerin als Versicherungsunternehmen um den Absatz von Versicherungsprodukten, indem er diese beispielsweise unmittelbar dem Endverbraucher gegenüber andient und/oder empfiehlt. Wenn der Antragsgegner ein von der Antragstellerin angebotenes Produkt - hier konkret die Krankenversicherung zum Tarif AM - wegen des angegriffenen Tarifgebarens der Antragstellerin als wenig empfehlenswert darstellt, so ist dieses Verhalten geeignet, den Angeboten anderer, mit der Antragstellerin unmittelbar konkurrierender Versicherungsunternehmen auf deren Kosten zum Erfolg zu verhelfen und daher deren Wettbewerbsposition zu fördern. Damit ist indessen das dem Verhalten des Antragsgegners innewohnende Potential, zum Nachteil der Antragstellerin eine sich objektiv auswirkende Förderung wettbewerblicher Positionen herbeizuführen, noch nicht ausgeschöpft. Denn der Antragsgegner fördert mit der Veröffentlichung und Verbreitung der inkriminierten Aussagen nicht nur die fremden wirtschaftlichen Interesse der in unmittelbarem Wettbewerb mit der Antragstellerin stehenden Versicherungsunternehmen, sondern auch seinen eigenen Absatz als Versicherungsmakler. Die hier zu beurteilende kritische Auseinandersetzung des Antragsgegners mit den Tarifmethoden der Antragstellerin ist geeignet, das Vertrauen potentieller Kunden in die Qualität der Vermittlertätigkeit des Antragsgegners zu wecken, der sich als ein der Versicherungswirtschaft gegenüber besonders kritischer, die Belange potentieller Versicherungsnehmer in gesteigertem Maße wahrnehmender Versicherungsmakler darstellt. Dies ist zweifellos geeignet, die wettbewerbliche Position des Antragsgegners zum Nachteil der Antragstellerin, deren Absatzinteresse durch die in Frage stehenden Aussagen beeinträchtigt werden können, zu fördern. Dass - wie dies der Antragsgegner einwendet - zwischen der Antragstellerin als Versicherungsunternehmen sowie dem Antragsgegner als Versicherungsmakler angeblich von Hause aus kein Wettbewerbsverhältnis besteht, schadet dabei von vornherein nicht. Denn selbst Gewerbetreibende verschiedener Branchen können durch eine bestimmte Handlung in eine wettbewerbliche Beziehung zueinander treten, ohne dass der Absatz der beiderseitigen ungleichartigen Waren beeinträchtigt wird. Ein Wettbewerbsverhältnis kann vielmehr auch ad hoc durch eine bestimmte Handlung gegenüber einem Betroffenen begründet werden, wenn der Handelnde sein eigenes Angebot dergestalt in eine Beziehung zu dem fremden Angebot setzt, dass dessen Absatzchancen dadurch beeinträchtigt werden. Das kann beispielsweise dann zu bejahen sein, wenn der Branchenfremde die Leistung des Betroffenen schlechtmacht, um zu seinem eigenen Angebot hinzulenken (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage, Einl. UWG Rdn. 228/229 a m.w.N.). Das ist hier der Fall, da der angesprochenen Verkehr gerade mit den die geschäftlichen Leistungen der Antragstellerin kritisch würdigenden Aussagen auf die Tätigkeit des Antragsgegners u.a. als Versicherungsmakler aufmerksam gemacht wird, die Förderung von dessen wirtschaftlicher Betätigung daher auf der Kritik an dem Geschäftsgebaren der Antragstellerin beruht.

b) Aber auch in subjektiver Hinsicht liegt auf Seiten des Antragsgegners ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs vor.

Eine den Anwendungsbereich des wettbwerbsrechtlichen Unterlassungstatbestandes des § 1 UWG eröffnende Wettbewerbshandlung erfordert die Absicht, eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen Mitbewerbers zu fördern. Die Absicht der Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs braucht dabei nicht der alleinige oder wesentliche Beweggrund der Handlung zu sein. Es genügt vielmehr, dass sie nicht völlig hinter andere Beweggründe zurücktritt (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., UWG Einl. Rdn. 234 m.w.N.). Nach diesen Maßstäben hat der Antragsgegner bei der Veröffentlichung und Verbreitung der antragstellerseits beanstandeten Aussagen mit der erforderlichen Wettbewerbsabsicht gehandelt.

Dabei kann es dahinstehen, ob im Streitfall der Erfahrungssatz greift, dass miteinander in Wettbewerb stehende oder sich stellende Gewerbetreibende generell in Wettbewerbsabsicht handeln, wenn sie im geschäftlichen Verkehr Äußerungen machen, die objektiv geeignet sind, den eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern (vgl. Baumbach/Hefermehl. a.a.O., Einl UWG Rdn. 235). Das ist hier deshalb nicht von streitentscheidender Bedeutung, weil selbst dann, wenn dieser Erfahrungssatz bzw. eine auf diesem beruhende tatsächliche Vermutung vorliegend nicht greifen sollte, aufgrund der den Streitfall kennzeichnenden besonderen Umstände die erforderliche Wettbewerbsabsicht eigens festzustellen ist. Allerdings trifft es zu, dass bereits im Rahmen der Feststellung der erforderlichen Wettbewerbsabsicht die in Art. 5 GG zum Ausdruck gebrachte Wertung zu berücksichtigen ist. Ebenso wie bei Presseäußerungen, die in aller Regel von dem Zweck getragen werden, die Öffentlichkeit über Vorgänge allgemeiner Bedeutung zu unterrichten und zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen, nicht ohne weiteres auf eine Wettbewerbsförderungsabsicht geschlossen werden kann, selbst wenn dadurch objektiv fremder Wettbewerb gefördert wird, kann auch bei sonstigen Meinungsäußerungen die Vermutung einer Wettbewerbsabsicht entfallen, und zwar auch dann, wenn sich die Äußerung gegen einen oder mehrere Mitbewerber richtet (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., UWG Einl. Rdn. 237 m.w.N.). Es müssen in diesen Fällen konkrete Umstände vorliegen, die erkennen lassen, dass neben der Absicht, das Publikum zu unterrichten und aufzuklären, auch der Zweck der Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs mehr als nur eine untergeordnete, weil notwendigerweise begleitende Rolle gespielt hat (vgl. BGH GRUR 1997, 473 -"versierter Ansprechpartner"-; ders. GRUR 1992, 707/708 -"Erdgassteuer"-; Baumbach/Hefermehl). Solche Umstände, die das Vorhandensein einer von wettbewerbsfremden oder zumindest wettbewerbsneutralen Beweggründen nicht verdrängten Wettbewerbsförderungsabsicht des Antragsgegners feststellen lassen, liegen im Streitfall vor.

Der Antragsgegner befasst sich in seiner die streitbefangenen Aussagen enthaltenden Internetveröffentlichung u.a. mit der Information der Öffentlichkeit über die für intransparent gehaltene Tarifgestaltung der Versicherungswirtschaft im Bereich der Krankenversicherung und nimmt insoweit eine die Belange der Verbraucheraufklärung und des Verbraucherschutzes wahrnehmende Motivation seines Handelns in Anspruch. Daran, dass Tarife der privaten Krankenversicherung tatsächlich ein Thema von Allgemeininteresse, Informationen hierüber für sich genommen wettbewerbsneutral sind, bestehen zwar keine Zweifel. Indessen nimmt der Antragsgegner daneben unverkennbar auch eigene Absatzchancen fördernde wirtschaftliche Interessen wahr. Denn er stellt sich auf seiner Homepage nicht etwa als Verbraucherschützer oder allgemein als im Bereich der Versicherungswirtschaft besonders fachkundiger Publizist, sondern gerade als Versicherungsmakler vor, der alles dafür tue, damit für seine Kunden eine private Krankenversicherung mit guter Qualität auch im Alter bezahlbar bleibe. In dieser Situation dienen die in der Homepage weiter enthaltenen Ausführungen allgemeiner Art, mit denen die Adressaten über das angeblich beanstandungswürdige Geschäftsgebaren einiger Unternehmen der Versicherungswirtschaft informiert werden und der Antragsgegner für sich eine besondere Kompetenz in Anspruch nimmt, die ihn eine kritische und neutrale Position gegenüber diesem Geschäftsgebaren einnehmen lasse, ganz offenkundig auch dazu, eine besondere Qualität der Beratungsleistungen des Antragsgegners zu suggerieren. Dies würdigend verfolgt der Antragsgegner, der mit der Publikation eine Gemengelage von Verbraucheraufklärung und eigener Wettbewerbsförderung schafft, ebenfalls den Zweck einer "Werbung um Praxis", um neue Kunden zu gewinnen, wobei die sich darin offenbarende Wettbewerbsförderungsabsicht mindestens gleichgewichtig neben dem Beweggrund der Verbraucheraufklärung steht, jedenfalls aber eine mehr als nur untergeordnete Bedeutung hat.

II. Liegt nach alledem auf Seiten des Antragsgegners ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs vor, so ist das in Frage stehende Verhalten auch nach den innerhalb des Anwendungsbereichs des § 1 UWG geltenden Maßstäben als wettbewerbswidrig zu erachten.

Die hier zu beurteilenden Aussagen des Antragsgegners stellen sich als mit den Grundsätzen des Leistungswettbewerbs unvereinbare, die Geschäftsehre der Antragstellerin in unlauterer Weise verletzende Werturteile dar.

Die Verbreitung eines die Geschäftsehre eines Konkurrenten verletzendes Werturteils, selbst wenn es als Mittel des Wettbewerbs eingesetzt wird, rechtfertigt zwar nicht ohne weiteres den Vorwurf eines wettbewerblich unlauteren Verhaltens. Denn auch wenn Werturteile, die im Wettbewerb darauf zielen, einen Mitbewerber, seine Leistungen oder sein Unternehmen herabzusetzen, dem Sinn des Leistungswettbewerbs widersprechen und sich im Ausgangspunkt als einen durch die Natur des Leistungswettbewerbs nicht gebotenen Eingriff in den wirtschaftlichen Tätigkeitsbereich eines Mitbewerbers darstellen, ist bei ihrer Beurteilung das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit zu beachten, nach dem eine Kritik, die als Mittel des geistigen Meinungskampfes in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage über politische oder wirtschaftliche Belange dient, selbst dann erlaubt ist und sein muss, wenn sie in scharfer Form geäußert wird (vgl. BVerfG AfP 2000, 272/273; BGH GRUR 1982, 234/236 -"Großbanken-Restquote"-; ders. GRUR 1975, 208/210 -"Deutschland-Stiftung"; Baumbach/Hefermehl, a.a.O.; § 1 UWG Rdn. 321 m.w.N.). Da andererseits aber die Meinungs- und Pressefreiheit keinen vorbehaltlosen Schutz genießen, sondern ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen finden (vgl. BVerfG, a.a.O.), bedarf es einer die Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Abwägung der Schutzbereiche der Meinungsfreiheit und der Lauterkeit, um festzustellen, ob eine Meinungsäußerung - auch wenn sie zur Förderung wirtschaftlicher Interessen eingesetzt wird - hinzunehmen oder aber als wettbewerblich unlauter zu mißbilligen und daher zu unterlassen ist. Als wettbewerbswidrig stellt es sich danach dar, wenn ein Mitbewerber durch ein Werturteil pauschal herabgesetzt wird (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdn. 321 zu § 1 UWG). Denn in einem solchen Fall der undifferenzierten Diskriminierung eines Mitbewerbers werden keine sachlichen Anhaltspunkte vermittelt, welche die Meinung überhaupt als Beitrag zum öffentlichen Meinungskampf erkennen lassen, so dass es gerechtfertigt ist, den Schutz der Meinungsfreiheit hinter die Belange des den Grundsätzen des Leistungswettbewerbs verpflichteten Lauterkeitsschutzes zurücktreten zu lassen. So liegt der Fall hier.

Auch wenn die in Frage stehenden Aussagen sämtlich einen gewissen Tatsachengehalt aufweisen, indem sie letztlich auf die Nichtbekanntgabe der Tarifprämien für den ambulanten Tarif AM durch die Antragstellerin bezug nehmen, sind sie insgesamt als Werturteil einzuordnen. Denn im Vordergrund der Äusserungen steht nicht etwa die Mitteilung eines bestimmten tatsächlichen Sachverhalts, sondern dessen persönliche Würdigung durch den Antragsgegner, so dass sie eben wegen ihres starken subjektiven Einschlags als einer objektiven Überprüfung letztlich entzogene Wertungen zu behandeln sind (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdn. 321 zu § 1 UWG und Rdn. 4 zu § 14 UWG m.w.N.).

Der mit der in dem Unterlassungsantrag unter 1 a) angegriffenen Aussage erhobene Vorwurf des Missbrauchs und der Verbraucherfeindlichkeit stellt sich danach aber als unzulässiges, die Antragstellerin undifferenziert herabsetzendes pauschales Werturteil dar, weil der Antragsgegner den angesprochenen Verkehr nur unvollständig über den Hintergrund dieser Vorwürfe informiert. Der Verkehr versteht die durch den Antragsgegner zum Ausdruck gebrachte subjektive Wertung des Missbrauchs und der Verbraucherfeindlichkeit zweifelsohne dahin, dass diese in bezug auf die Nichtpreisgabe von Tarifbeiträgen gelten soll, welche gegenwärtig noch eine Bedeutung für die Versicherungsnehmer haben können. Das aber ist unstreitig nicht der Fall, da die Antragstellerin die AM-Tarife nicht mehr bewirbt und diese bei der Beratung von Neukunden keine Rolle spielen. Im Rahmen bestehender Versicherungsverträge kommt der Bekanntgabe der in Frage stehenden Tarifbeiträge ebenfalls keine Bedeutung zu, weil diese jeweils auf den Neuabschluss eines Vertrages bezogenen Tarifwerke keinen zuverlässigen Rückschluss auf die Entwicklung der Versicherungsbeiträge im Rahmen bereits abgeschlossener Versicherungsverträge zulassen. Wenn der Antragsgegner vor diesem Hintergrund allein wegen der Nichtpreisgabe der Tarifprämien für den Tarif AM das Verhalten der Antragstellerin als missbräuchlich und verbraucherfeindlich bewertet, so stellt sich dies als undifferenzierte, mithin pauschale Abwertung dar, die als Mittel des Wettbewerbs unlauter ist.

Gleiches gilt hinsichtlich der mit dem Unterlassungsantrag unter Ziff. 1 b) angegriffenen Aussage, wonach es sich bei dem Tarifwerk der Antragstellerin um ein "überteuertes" handele. Der Antragsgegner gibt insoweit keinerlei konkrete Anhaltspunkte zu erkennen, die eine solche Bewertung der Tarifgestaltung der Antragstellerin tragen könnten, die ein unausgeglichenes, den Verbraucher übervorteilendes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung suggeriert. Der Antragsgegner gibt vielmehr über die bloße Mitteilung der Wertung als "überteuert" keinerlei Hinweise, die seinem Urteil Substanz verleihen könnte und die dieser den Stellenwert einer sich als Mittel des öffentlichen Meinungskampfes verstehenden Kritik verleihen könnten.

Soweit der Antragsgegner mit der unter Ziff. 1 c) des Unterlassungspetitums angegriffenen Äußerung die Aachen-M. Versicherungsgruppe um Überprüfung des Verhaltens der Verantwortlichen der Antragstellerin ersucht, stellt sich das schließlich ebenfalls als pauschal diskriminierend dar. Der angesprochene Verkehr entnimmt dieser Äußerung zwanglos die Aussage, bei der Antragstellerin gehe es - jedenfalls im hier betroffenen Bereich - nicht mit "rechten Dingen" zu, so dass sie der Kontrolle und verstärkten Aufsicht bedürfe. Der Antragstellerin wird auf diese Weise ein mit den Regeln einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung nicht zu vereinbarendes Verhalten unterstellt, was sie in den Augen der Adressaten der in Frage stehenden Äußerungen zu einem unzuverlässigen Geschäftspartner degradiert. Dass der Antragsgegner gerade für die hier in Rede stehende Aussage nicht mit Erfolg das vorrangige Recht zur freien Meinungsäußerung für sich in Anspruch nehmen kann, liegt dabei auf der Hand: Denn für die Veröffentlichung des Appells an einen Dritten, das kritisierte Verhalten der Antragstellerin zu überprüfen, läßt sich keinerlei Informationswert von Allgemeininteresse erkennen, so dass hierin auch kein Beitrag zu einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage gesehen werden kann.

Sind damit die streitbefangenen Aussagen aus den dargestellten Gründen als pauschale Werturteile geeignet, die geschäftliche Wertgeltung der Antragstellerin und ihren Ruf als Versicherungsunternehmen zu beschädigen, hat der Antragsgegner diese nach Maßgabe von § 1 UWG zu unterlassen und stellt sich das Unterlassungsbegehren insgesamt als begründet dar.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 ZPO.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig, § 545 Abs. 2 ZPO.

Der Streitwert des Berufungsverfahren wird auf 300.000,00 DM festgesetzt, § 20 Abs. 1 GKG i.V. mit § 3 ZPO. Ein Anlaß zu einer Herbsetzung dieses Streitwerts gemäß § 23 a - 2. Alternative - UWG besteht nicht, weil den Darlegungen des Antragsgegners nicht entnommen werden kann, dass seine Belastung mit den Prozesskosten aus dem vollen Streitwert nach seinen gegenwärtigen Einkommens- und Vermögenverhältnissen untragbar erscheint. Aus den nämlichen Gründen scheidet auch eine Streitwerbegünstigung des Antragsgegners nach Maßgabe von § 23 b UWG aus.

Ende der Entscheidung

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