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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 26.01.2001
Aktenzeichen: 6 U 75/00
Rechtsgebiete: UWG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 1
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 545 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 75/00 31 O 53/00 (LG Köln)

Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 26.01.2001

Verkündet am 26.01.2001

Berghaus, J.S.'in als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29.09.2000 nach mehrfacher, auf Antrag der Parteien wegen letztlich gescheiterter Vergleichverhandlungen jeweils erfolgter Vertagung des Verkündungstermins - unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, von Hellfeld und Schütze -

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 23.03.2000 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 53/00 - abgeändert.

Die einstweilige Verfügung (Beschluss) des Landgerichts Köln vom 25.01.2000 - 31 O 53/00 - wird unter Abweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags vom 21.01.2000 aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen hat die Antragstellerin zu tragen.

Das Urteil ist vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg und führt zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Abänderung der angefochtenen landgerichtlichen Entscheidung.

Der Antragstellerin steht der in der darin bestätigten Beschlussverfügung titulierte Unterlassungsanspruch, mit welchem sie unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten ein Verbot des Inverkehrbringens der als unzulässige Nachahmungen ihrer eigenen Produkte angegriffenen Fräsköpfe durch die Antragsgegnerin verfolgt, nicht zu. Die mit dem Unterlassungsantrag angegriffene Verhaltensweise der Antragsgegnerin stellt sich unter keinem von der Antragstellerin ausdrücklich geltend gemachten oder nach ihrem sonstigen Vortrag in Betracht zu ziehenden Unlauterkeitsaspekt als nach den Grundsätzen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes i.S. von § 1 UWG wettbewerbswidrige Maßnahme dar.

Dabei kann es unterstellt werden, dass den von der Antragstellerin hergestellten Fräsköpfen, aus denen sie gegen den Vertrieb der durch die Antragsgegnerin von dritter Seite bezogenen Fräsköpfe vorgeht, die für die Tatbestände des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes erforderliche wettbewerbliche Eigenart zukommt, dass die erwähnten Klageprodukte ihrer äußeren Formgebung nach also geeignet sind, auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen. Es kann ferner ebenso davon ausgegangen werden, dass die von der Antragsgegnerin angebotenen und in den Verkehr gebrachten Fräsköpfe sämtliche charakteristischen, diese wettbewerbliche Eigenart der Klageerzeugnisse begründenden Merkmale in allen Einzelheiten maßstabs- und detailgerecht übernommen haben. Dies alles vermag die Unzulässigkeit des mit dem Unterlassungsbegehren angegriffenen Inverkehrbringens der Fräsköpfe i.S. des vorbezeichneten wettbewerblichen Unterlassungstatbestandes des § 1 UWG nicht zu begründen.

Denn der Vertrieb von Erzeugnissen, die sich als in jeder Hinsicht identischer Nachbau fremder, wettbewerblich eigenartiger Produkte darstellen, ist nicht für sich allein, sondern nur und erst dann als i.S. von § 1 UWG wettbewerbswidrig zu erachtenden, wenn er auf eine wettbewerbsrechtlich zu beanstandende Art und Weise vorgenommen wird (vgl. BGH WRP 2000, 493/495 -"Modulgerüst"-; BGH GRUR 1999, 751/752 -"Güllepumpen"-; BGH GRUR 1996, 210/212 -"Vakuumpumpen" - jeweils mit weiteren Nachweisen). Es müssen daher - um das Inverkehrbringen selbst identischer Nachahmungen eines fremden Produkts nach Maßgabe von § 1 UWG untersagen zu können - besondere Umstände hinzutreten, die das dargestellte Verhalten als nach wettbewerbsrechtlichen Maßstäben unlauter einordnen lassen. Derartige wettbewerbliche Unlauterkeitsmomente lassen sich nach dem im Streitfall zu beurteilenden Sachverhalt indessen nicht feststellen.

1. Soweit die Antragstellerin den Tatbestand einer vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung für gegeben erachtet, vermag sie damit nicht durchzudringen. Denn dass der Vertrieb der Fräsköpfe in der angegriffenen Gestaltung beim angesprochenen Verkehr die Gefahr einer betrieblichen Herkunftsverwechslung begründe, kann vorliegend nicht angenommen werden.

Bis zu der im Oktober 1999 beendeten Zusammenarbeit der Parteien lieferte die Antragstellerin bzw. die von ihr gegründete W. Gesellschaft für Ingenieurleistungen und Vertrieb mbH die Fräsköpfe ausschließlich an die Antragsgegnerin. Letztere bot diese wie aus dem als Anlage BB 9 zu den Akten gereichten Prospekt (dort S. 9) ersichtlich als Bestandteil einer ihr Kennzeichen "A." aufweisenden Elektrodenfräseinrichtung sowie im übrigen auch als isoliert beziehbares Ersatz- und/oder Ergänzungsteil an, ohne dass auf den Fräsköpfen selbst oder durch an sonstigen Stellen angebrachte Hinweise die Antragstellerin als Herstellerin der Fräskopfe angegeben war. Aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs, der aus Automobilherstellern bestehenden Abnehmer der Elektrodenfräseinrichtungen und Fräsköpfe, stellten sich die Fräsköpfe danach als aus dem Hause der Antragsgegnerin stammende Elemente ihrer Elektrodenfräseinrichtungen dar. Ein Hinweis auf die Antragstellerin als Herstellerin der Fräsköpfe ergab sich erstmals aus ihrem im Oktober 1999 versandten Formularschreiben (Anlage 4 zur Antragsschrift = Anlage C zur eidesstattlichen Versicherung des Herrn W. K. vom 19.01.2000), mit dem sie sich unmittelbar an die ihr bekannten Abnehmer der Antragsgegnerin wandte und mitteilte, dass sie u.a. Herstellerin der Fräsköpfe sowie Inhaberin insoweit bestehender Patenrechte sei, und in dem sie sich - nachdem die Geschäftsbeziehung mit der Antragsgegnerin beendet sei - als nunmehrige Lieferantin dieser Produkte andiente. Wenn die Antragsgegnerin vor diesem Hintergrund ihren Abnehmern weiterhin Fräsköpfe anbietet und liefert, die den bisher vertriebenen in der äußeren Formgebung in jeder Hinsicht gleichen und auf denen nunmehr zusätzlich noch - wie aus der Anlage 2 zur Antragsschrift ersichtlich - die Kennzeichnung "A." angebracht ist, so wird - wenn überhaupt - ein als lediglich gering einzuschätzender und für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung unbeachtlicher Teil der von diesem Angebot Angesprochenen davon ausgehen, dass diese Produkte aus dem Hause der Antragstellerin stammen, die sich nach dem vorerwähnten Formschreiben erkennbar von der Antragsgegnerin losgesagt hat. Hinzu kommt, dass das angesprochenen Publikum zumindest überwiegend aus Fachleuten besteht, die - anders als das breite Publikum bei Alltagsgeschäften - die in Rede stehenden Erzeugnisse in aller Regel aufmerksamer und mit mehr Sachverstand anschauen und die sich im Hinblick auf etwaige Service- und Reparaturleistungen gerade für das hinter dem Produkt stehende Unternehmen interessieren. Dieses Publikum wird aber die auf den Fräsköpfen der Antragsgegnerin angebrachte Kennzeichnung - auch wenn diese nicht auffällig gestaltet ist - bemerken und sie in Anbetracht des erwähnten Formschreibens als einen zusätzlichen Hinweis darauf werten, dass es sich hierbei um ein nicht (mehr) aus dem Hause der Antragstellerin stammendes Erzeugnis handelt. Der angesprochene Verkehr mag danach zwar davon ausgehen, dass sich die Antragsgegnerin möglicherweise wegen der Verletzung des von der Antragstellerin in dem Schreiben angesprochenen Patents rechtswidrig verhält, wenn sie die Fräsköpfe weiterhin in einer der bisherigen Formgestaltung identischen Formgebung anbietet. Eine Fehlvorstellung über die betriebliche Herkunft dieser Produkte werden die Abnehmerkreise mit Ausnahme eines allenfalls unbeachtlichen Teils indessen nicht entwickeln. Nach dem dargestellten Informationsgehalt des Formularschreibens liegt die Annahme, bei den nunmehr in den Verkehr gebrachten Fräsköpfen der Antragsgegnerin handele es sich um aus dem Hause der Antragstellerin stammende Produkte, vielmehr ebenso fern wie die Annahme, dass zwischen den Parteien organisatorische und/oder wirtschaftliche Verbindungen - beispielsweise in Form lizenzvertraglicher Beziehungen - bestehen, so dass eine für den Unlauterkeitstatbestand der vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung aber vorauszusetzende Verwechslungsgefahr im engen oder weiten Sinne ausscheidet. Der von der Antragstellerin geäußerten Vermutung, das Formularschreiben vom Oktober 1999 sei bei dem Adressaten schon weitgehend in Vergessenheit geraten, vermag sich der Senat nicht anzuschließen, da sachlich interessierte Fachkräfte angesprochen worden sind.

Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang behauptet, das Formularschreiben habe keineswegs alle Abnehmer der Antragsgegnerin erreicht mit der Folge, dass jedenfalls ein als erheblich einzuschätzender Teil der Abnehmer der Fräsköpfe der erwähnten Verwechslungsgefahr betreffend die betriebliche Herkunft erliegen könne, vermag das keine abweichende Würdigung zu rechtfertigen. Dabei kann es unterstellt werden, dass einige der Abnehmer der Antragsgegnerin dieses Schreiben tatsächlich nicht erhalten haben. Indessen dokumentiert der Umstand, dass es sich dabei gerade um ein Formularschreiben handelt, dessen Bestimmung, an einen denkbar großen Adressatenkreis versandt zu werden. Vor diesem Hintergrund spricht alles dafür, dass das Rundschreiben mit Ausnahme eines kleinen, für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung indessen zu vernachlässigenden Restes den ganz überwiegenden Teil der Abnehmer der Antragsgegnerin tatsächlich erreicht hat, bei dem die Gefahr, einer betrieblichen Herkunftsverwechslung zu erliegen, aus den bereits aufgezeigten Gründen aber nicht gegeben ist.

Im Ergebnis Gleiches gilt hinsichtlich der Behauptung der Antragstellerin, die Automobilindustrie habe von vornherein - also auch schon vor dem Versenden des Formschreibens in Oktober 1999 - Kenntnis davon gehabt, dass die Antragsgegnerin nicht die Herstellerin der Fräsköpfe sei. Ungeachtet des Umstandes, dass auch danach die Informationskraft des Formularschreibens jedenfalls der Gefahr betrieblicher Herkunftsverwechslungen entgegenwirkt, hat die Antragstellerin im übrigen weder konkret dargelegt noch glaubhaft gemacht, woraus sich diese frühere Kenntnis ergeben haben soll. Den einzigen, zeitlich vor dem Formularschreiben liegenden Anhaltspunkt, dass die Antragsgegnerin nicht Herstellerin der Fräsköpfe sei, bietet das Schreiben der W. Gesellschaft für Ingenieurleistungen und Vertrieb GmbH vom 15.07.1999 an die D.-C. AG (Anlage BB 11), in dem es u.a. heißt, dass "unsere Elektrodenfräseinrichtungen bis zum 04.06.99" durch die Antragsgegnerin vertrieben worden seien und dass der zwischen letzterer und W. geschlossene Vertrag über den exklusiven Vertrieb "nun nicht mehr verlängert" worden sei. Dass dieses an die D.-C. AG gerichtete Schreiben, welches dem Formularschreiben der Antragstellerin zudem in verhältnismäßig kurzem Zeitabstand voranging, die allgemeine Kenntnis der mit den streitbefangenen Fräsköpfen belieferten Automobilindustrie begründete, dass die Antragsgegnerin nicht die Herstellerin dieser Produkte sei, ist nicht ersichtlich.

Soweit die Antragstellerin schließlich einwendet, Abnehmer der nachgeahmten Fräsköpfe hätten sich mit diesen unmittelbar an sie, die Antragstellerin gewandt, was die Gefahr betrieblicher Herkunftsverwechslungen belege, lässt sich auch hieraus keine abweichende Wertung herleiten. Denn vor dem Hintergrund des dargestellten Formularschreibens konnten die Abnehmer davon ausgehen, dass die von der Antragsgegnerin bezogenen Fräsköpfe noch aus der Produktion der Antragstellerin stammen, und beruht daher der Umstand, dass sich die Abnehmer an die Antragstellerin wandten, nicht auf einer durch die Formgestaltung der von der Antragsgegnerin bezogenen Fräsköpfe hervorgerufenen Fehlvorstellung über die betriebliche Herkunft, sondern auf dem Schreiben der Antragstellerin, mit dem diese sich als Herstellerin der bisher an die Antragsgegnerin gelieferten Fräsköpfe zu erkennen gab.

2. Soweit die Antragstellerin die wettbewerbliche Unlauterkeit des Inverkehrbringens der Fräsköpfe in der angegriffenen Gestaltung durch die Antragsgegnerin aus dem Gesichtspunkt der "Behinderung bzw. Marktverdrängung" (Bl. 13 d.A.) herleiten will, vermag auch dies ihrem Unterlassungsbegehren nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn wird der angesprochene Verkehr nicht über die betriebliche Herkunft der von der Antragsgegnerin in den Verkehr gebrachten Produkte getäuscht, so ist eine mit der Marktpräsenz dieser Konkurrenzprodukte als solche verbundene Beeinträchtigung der Antragstellerin aus wettbewerbsrechtlicher Sicht grundsätzlich hinzunehmen, selbst wenn es sich bei diesen um Nachahmungen der Erzeugnisse der Antragstellerin handelt. Dass im übrigen die Voraussetzungen des Unlauterkeitstatbestandes der "systematischen und zielbewussten" Behinderung (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage, Rdn. 480 zu § 1 UWG) vorliegen, lässt sich dem Vorbringen der Antragstellerin und auch den sonstigen Umständen des Sachverhaltes nicht entnehmen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Gemäß § 545 Abs. 2 ZPO ist das Urteil mit seiner Verkündung rechtskräftig.

Streitwert: 250.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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