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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 10.01.2003
Aktenzeichen: 6 U 89/02
Rechtsgebiete: MarkG


Vorschriften:

MarkG § 14 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 89/02

Anlage zum Protokoll vom 10. Januar 2003

Verkündet am 10. Januar 2003

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2002 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, von Hellfeld und Pietsch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. April 2002 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 795/01 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung beläuft sich auf 120% des zu vollstreckenden Betrages.

Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts zu erbringen.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Im vorliegenden Berufungsverfahren streiten die Parteien darüber, ob die Klägerin es hinnehmen muss, dass mit Wissen und Wollen der Beklagten mit verstärkten Nähten versehene, Hautreinigungsmittel enthaltende sogenannte "Softflaschen" in Metallspender eingesetzt werden, die mit den bereits seit Jahrzehnten eingetragenen Marken ... ..."S." oder ... ... "S." der Klägerin versehen sind. Pflege-, Hautschutz- und Hautreinigungsmittel der von den Parteien hergestellten und vertriebenen Art, die sich in Hart- oder Softflaschen befinden können, werden in Metallspender eingesetzt, die ihrerseits in Waschräumen insbesondere von Großbetrieben angebracht sind. Die nicht den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildenden Hartflaschen werden dergestalt in den Spender eingesetzt, dass sie dort verankert werden und alsdann frei sichtbar in der Verankerung hängen. Softflaschen, für die die Beklagte im Gegensatz zur Klägerin keine Spender herstellt, werden hingegen in einen Metallspender eingesetzt, der nach Einsetzen der Flaschen geschlossen ist, der aber an der Frontseite eine Aussparung aufweist, durch die das Etikett der Softflasche mitsamt Firmenbezeichnung sichtbar ist. Im Markt gibt es neben der Klägerin nur einen weiteren Hersteller von Metallspendern, die Softpackungen der von den Parteien vertriebenen Art aufnehmen können. In die Spender der Klägerin passen die Softflaschen aller Konkurrenten, während umgekehrt der Softflaschenspender des Mitbewerbers der Klägerin eine Softverpackung der Klägerin nicht aufnimmt.

Die Klägerin hat unter Berufung auf die Entscheidung "Handtuchspender" des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs vom 10.02.1987 (BGHZ 100, 51 ff. = NJW 1987, 2016 f. = GRUR 1987, 438 f.) die Auffassung vertreten, durch das Einsetzen der in Softflaschen befindlichen Hautreinigungsprodukte der Beklagten in ihre - der Klägerin - Spendersysteme würden ihre Markenrechte verletzt. Die Tatsache, dass durch die auf der Vorderseite des Spenders befindliche Aussparung stets, auch nach teilweiser oder gänzlicher Entleerung der Packung, die auf der Softverpackung der Beklagten angebrachte Firmenbezeichnung "H." lesbar sei, hindere die Annahme einer Markenverletzung nicht.

Die Klägerin hat deshalb sinngemäß beantragt,

die Beklagte zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung zu verurteilen und ihre grundsätzliche Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz festzustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht ist diesem Antrag gefolgt und hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, der allein aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 5 MarkenG in Betracht kommende Unterlassungsanspruch scheitere an der notwendigen markenrechtlichen Benutzungshandlung, deshalb seien auch die geltend gemachten Annexansprüche unbegründet. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung, auch der vom Landgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen, wird das angefochtene Urteil in Bezug genommen (Blatt 109 ff. d. A.).

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach ihren erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

II.

Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Denn das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Senat nimmt die überzeugenden Ausführungen des Landgerichts vorab ausdrücklich als richtig in Bezug und fasst nachfolgend zusammen, aus welchen Gründen die tatbestandlichen Voraussetzungen des als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden § 14 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 5 MarkenG nach dem eigenen Sachvortrag der Klägerin nicht erfüllt sind:

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt. Dem Inhaber der eingetragenen Marke steht gegebenenfalls insoweit ein ausschließliches Recht zu, § 14 Abs. 1 MarkenG. Er kann denjenigen, der das Zeichen entgegen § 14 Abs. 2 bis 4 MarkenG benutzt, auf Unterlassung und bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 14 Abs. 6 MarkenG auch auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. In § 14 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG ist in Ergänzung zum Text der ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken vom 21.12.1988 ausdrücklich auch die Verpackung der Ware aufgeführt. Der für alle Markenarten einheitlich geltende § 14 MarkenG hat die nach dem alten Warenzeichenrecht geltende Trennung der Anspruchsgrundlagen für eingetragene Warenzeichen auf der einen und für Ausstattungen auf der anderen Seite in § 24 und § 25 WZG a.F. aufgehoben und auch sonstige Neuerungen mit sich gebracht (vgl. dazu: Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 1998, § 14 Rn. 5). Keine Änderung gegenüber dem alten Warenzeichenrecht ist demgegenüber eingetreten, soweit nach § 15 und § 24 WZG allein dem Zeicheninhaber das Recht zustand, Waren der angemeldeten Art oder ihre Umhüllung mit dem Warenzeichen zu versehen, und den Verletzer im Falle einer widerrechtlichen Kennzeichnung gegebenenfalls auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Namentlich unterfällt das mittelbare Anbringen eines Zeichens durch Einfüllen einer Ware in eine gekennzeichnete Verpackung oder ein Behältnis heute dem Regelungsbereich des § 14 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG (so ausdrücklich Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 MarkenG Rn. 109 unter Hinweis auf die Entscheidungen "Handtuchspender" und "Einbrandflasche" des Bundesgerichtshofs (BGH GRUR 1987, 438 ff. und BGH GRUR 1957, 84 ff.).

Damit steht und fällt der von der Klägerin erhobene Unterlassungsanspruch mit der Feststellung, ob der angesprochene Verkehr den von der Klägerin hergestellten Metallspender als Verpackung des Reinigungsmittels ansieht, das in Softflaschen verbracht in diesen Metallspender eingelegt wird. In seiner Entscheidung "Handtuchspender" hat nämlich der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs zu Recht ausgeführt, dass der Begriff der "Umhüllung" im Sinne der §§ 15, 24 WZG weit auszulegen ist und auch solche Behältnisse umfasst, die - wie etwa Ausstellungs- oder Verkaufsbehälter - ihre, wenn auch nur vorübergehende Verbindung und Zugehörigkeit zur Ware sowie ihre Eignung erkennen lassen, als der Ware zugeordneter Träger der Warenkennzeichnung zu dienen. Namentlich hat der Bundesgerichtshof die Feststellung des damaligen Berufungsgerichts ausdrücklich als richtig gebilligt, wonach die beteiligten Verkehrskreise die Papierhandtuchspender der dortigen Klägerin als für die technische Funktion zweckmäßig ausgebildete Umhüllung der darin geschützt zu jederzeitigen Benutzung aufbewahrten Papierhandtücher werteten und deshalb in den auf dem Spender angebrachten Warenzeichen einen zeichenmäßigen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in die Spender eingelegten Handtücher erblickten. Auch nach Auffassung des Senats wurden deshalb seinerzeit in dem Nachfüllen der mit den Warenzeichen der damaligen Klägerin gekennzeichneten Handtuchspender mit Papierhandtüchern anderer Herkunft diese als aus dem Betrieb der damaligen Klägerin herrührend gekennzeichnet. Deshalb trifft es zu, dass in dem Nachfüllen des gekennzeichneten Spenders gleichzeitig eine entsprechende betriebliche Herkunftsbezeichnung der Handtücher lag. Das mit Wissen und Wollen der dortigen Beklagten erfolgte Nachfüllen der Handtuchspender mit Papierhandtüchern anderer Herkunft stellte folglich eine widerrechtliche Kennzeichnung im Sinne des § 24 Abs. 1 WZG a.F. dar.

Im Streitfall - und das hat bereits das Landgericht zutreffend betont - liegen die Dinge indes anders. Dabei hat der Senat schon Zweifel, ob der der Entscheidung "Handtuchspender" zugrundeliegende gedankliche Ausgangspunkt des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs richtig ist, beteiligte Verkehrskreise seien die Benutzer von Papierhandtüchern in Waschräumen und Toiletten. Das hätte im Streitfall zur Konsequenz, dass zur Feststellung der Verkehrsauffassung ausschließlich oder jedenfalls vornehmlich auf solche Personen abzustellen wäre, die sich in betrieblichen Waschräumen und Toiletten namentlich die Hände mit den in Rede stehenden Reinigungsmitteln waschen. Aus Sicht des Senats ist das zweifelhaft, weil er den Sachvortrag der Parteien dahin versteht, dass die Beklagte ausschließlich und die Klägerin zumindest zum bei weitem überwiegenden Teil Industrieunternehmen mit ihren Produkten beliefert und nach der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden muss, dass die dortigen Entscheidungsträger wissen, dass bei der Beklagten erworbene, sich in Softflaschen befindliche Hautreinigungsmittel nicht aus dem Hause der Klägerin stammen, selbst wenn diese bestellten Reinigungsmittel später in die aus dem Hause der Klägerin stammenden und mit deren Marken versehenen Metallspender eingelegt werden. Diese Annahme liegt um so näher, als die Parteien und ihre Konkurrenz in ihrem Prospektmaterial Spender und Reinigungsmittel stets als unterschiedliche Waren bewerben und zum Kauf anbieten.

Letztlich kann die Frage, welcher Personenkreis als maßgeblich beteiligter Verkehrskreis anzusehen ist, jedoch offen bleiben. Denn auch der (potentielle) Benutzer der Hautschutzprodukte der Parteien sieht einen mit einer Marke der Klägerin versehenen Spender nicht als Umhüllung des in ihm befindlichen Hautreinigungsprodukts an. Er wird die Marke der Klägerin deshalb nicht als betriebliche Herkunftskennzeichnung auf die in dem Spender untergebrachte, ihrerseits das Hautreinigungsmittel umschließende Softflasche beziehen. Die Mitglieder des Senats als Teil der potentiellen Nutzer der von den Parteien vertriebenen Hautpflegemittel haben sich nämlich im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30.10.2002 ein eigenes Bild davon machen können, wie der mit einer gefüllten Softflasche der Beklagten bestückte Metallspender der Kläger auf den Betrachter wirkt. Danach sieht der Betrachter durch die in den Metallspender eingelassene Öffnung, die "Aussparung", ohne weiteres und sehr deutlich, dass das in dem Spender befindliche Behältnis (die Softflasche), welches das Reinigungsmittel enthält, von der Firma "H." und damit von der Beklagten stammt. Anders als in dem der Entscheidung "Handtuchspender" des Bundesgerichtshofs zugrundeliegenden Lebenssachverhalt kommt der Betrachter erst gar nicht auf die Idee, den Metallspender der Klägerin als äußere Umhüllung des (flüssigen) Hautreinigungsmittels zu sehen, sieht vielmehr die in den Spender eingebrachte, mit eigenem Etikett und Markennamen versehene und insoweit auch sichtbare Softflasche als Umhüllung des Hautreinigungsmittels an. Damit weiß der angesprochene Verkehr, dass die Softflasche mit dem darin befindlichen Reinigungsmittel nicht oder jedenfalls nicht zwangsläufig aus dem Betrieb stammt, der den jeweiligen mit der Marke "S." oder "S." versehenen Metallspender hergestellt und zur Nutzung überlassen hat, zumal nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien sämtliche Softflaschen aller Hersteller in den Spender der Klägerin passen, der angesprochene Verkehr also im Zweifel daran gewöhnt ist, in dem Spender der Klägerin auch Produkte anderer Hersteller vorzufinden. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass auch im Bereich der hier nicht streitgegenständlichen Hartflaschen Kompatibilität in dem Sinne gegeben ist, dass in das Spendersystem der Klägerin auch frei sichtbare Produkte von Konkurrenzunternehmen passen. Da im übrigen im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat zwischen den Parteien unstreitig geworden ist, dass sich die Softverpackungen der Beklagten auch nach teilweiser Entleerung wegen ihrer verstärkten Nähte nicht zusammenziehen, der Firmenname der Beklagten mithin stets sichtbar bleibt, scheitert das Klagebegehren daran, dass der angesprochene Verkehr anders als im Fall "Handtuchspender" des Bundesgerichtshofs die auf den Spendern angebrachten Marken nicht als betriebliche Herkunftskennzeichnung für die in den Spendern untergebrachten Softverpackungen mitsamt Inhalt auffasst. Die Berufung der Klägerin war deshalb mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen, ohne dass es auf die vom Kartellsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Fall "Handtuchspender" angesprochenen weiteren Problemkreise ankommt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO. Mit Rücksicht darauf, dass es den vorliegenden Fall von dem Lebenssachverhalt abzugrenzen galt, der Grundlage der Entscheidung des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs vom 10.02.1987 war, hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung. Der Senat hat deshalb gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Revision zugelassen.

Ende der Entscheidung

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