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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 09.11.2007
Aktenzeichen: 6 U 9/07
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 4 Nr. 9 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

A) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 13.12.2006 - 28 O 33/06 - unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es zur Vermeidung eines bei jeder Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Tische, die aus Massivholz hergestellt sind, das in seiner ursprünglichen Form erhalten bleibt und insbesondere Risse und/oder Astlöcher aufweist, deren vier gerade, außenstehende und vierkantige Tischbeine bis zur Tischplatte durchgängig gestaltet sind, so dass das Stirnholz der Tischbeine sichtbar ist, bei denen zwischen Stärke und Höhe des Tischbeines ein Verhältnis von etwa 1 : 6 besteht, deren Tischplatte einen Unterzug aufweist und bei denen sich zwischen Tischbeinen und Tischplatte eine Schattenfuge befindet, anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen, wie nachstehend abgebildet:

pp.

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Nr. I 1 bezeichneten Handlungen seit dem 01.11.1995 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses, aus dem ersichtlich sind

a) ihre Lieferungen (aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferdaten und Lieferpreisen) sowie deren Abnehmer,

b) ihre Werbung für die unter Nr. I 1 bezeichneten Gegenstände (aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet) und

c) ihre Gestehungskosten (aufgeschlüsselt nach Kostenfaktoren), die fixen und variablen Gemeinkosten aber nur, soweit sie den unter Nr. I 1 bezeichneten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden können, und ihr erzielter Gewinn, wobei der Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die Kosten seiner Einschaltung trägt und ihn ermächtigt, der Klägerin Auskunft zu geben, ob eine bestimmte Lieferung oder ein bestimmter Abnehmer in der Rechnung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher ihr seit dem 01.11.1995 durch die unter Nr. I 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist.

III. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

B) Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Beklagte 7/8 und die Klägerin 1/8 zu tragen.

C) Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung des Unterlassungs- und Rechnungslegungsanspruchs durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung 160.000,00 EUR und hinsichtlich der Rechnungslegungsverpflichtung 15.000,00 EUR.

Die Parteien können die Vollstreckung des Kostenerstattungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht ihr Prozessgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

D) Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebs von Massivholz-Möbeln. Die Klägerin bietet seit ihrer Gründung 1998 unter der Bezeichnung C. den nachfolgend abgebildeten Tisch an, dessen Formgebung auf der Internationalen Möbelmesse in L. 2006 mit einem Designpreis ausgezeichnet wurde.

pp.

Sie nimmt die Beklagte wegen eines unter der Bezeichnung G. (unter anderem kurz vor Klageerhebung Anfang 2005 über das Internet) angebotenen Massivholz-Tischs in Anspruch, den sie für eine rechtswidrige Nachahmung ihres Produkts hält. Die Abbildungen zu Nr. I 1 der Urteilsformel zeigen ein (in einem Möbelgeschäft ausgestelltes) Exemplar dieses Tisches.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das (vorbehaltlich eines von der Beklagten gestellten Antrags auf Tatbestandsberichtigung) wegen aller Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der Tenorierung sowie der Rechtsanwendung und Beweiswürdigung durch die Kammer verwiesen wird, hat das Landgericht die Beklagte nach der Vernehmung von Zeugen antragsgemäß zur Unterlassung und Rechnungslegung verurteilt sowie ihre Schadensersatzpflicht festgestellt.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin Klageabweisung begehrt und die Verletzung materiellen Rechts rügt. Sie erhebt erstmals die Einrede der Verjährung und trägt ergänzend vor, wie ihr erst im Januar 2007 bekannt geworden sei, habe der Designer B. zusammen mit einem Herrn S. nach einem alten Vorbild einen ähnlichen Tisch entwickelt, der seit 1993 in Spanien hergestellt und international vertrieben worden sei.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache nur insoweit Erfolg, als die vom Landgericht ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung der Beklagten an der konkreten Verletzungsform zu orientieren und auf das Anbieten und Inverkehrbringen der näher bezeichneten Tische zu beschränken war sowie ihre Verpflichtung zur Rechnungslegung inhaltlich und durch einen Wirtschaftsprüfervorbehalt zu begrenzen war. Überwiegend ist die Berufung dagegen unbegründet.

1. Urheberrechtliche Ansprüche der Klägerin hat das Landgericht mit überzeugenden Erwägungen verneint, weil ihrem Tisch C. nicht die für ein Werk der angewandten Kunst erforderliche Schöpfungshöhe zukomme. Dies wird im Berufungsrechtszug von der Beklagten - als ihr günstig - nicht in Frage gestellt und auch von der Klägerin nicht angegriffen.

2. Zu Recht hat das Landgericht jedoch auf Grund seiner Feststellungen der Klägerin gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz unter dem Aspekt der vermeidbaren Herkunftstäuschung (§§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG) zuerkannt. Das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz und der Eindruck, den die vom Senat in Augenschein genommenen Tische vermittelt haben, rechtfertigen keine andere Beurteilung.

a) Verjährt ist der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch schon deshalb nicht, weil als - Wiederholungsgefahr begründende - Verletzungshandlung nicht allein der Mitte 2003 erfolgte Verkauf an einen Testkäufer, sondern auch die Internetwerbung kurz vor Klageerhebung in Betracht kommt. Im Übrigen handelt es sich bei der erstmals im Berufungsrechtszug erhobenen Verjährungseinrede um ein nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zuzulassendes neues Verteidigungsmittel (vgl. Schenkel, MDR 2005, 726; Gummer / Heßler, in: Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 531, Rn. 22, 32).

b) Soweit die Berufung auf den für das Erzeugnis der Klägerin angemeldeten Sonderrechtsschutz (zum DPMA-Geschmacksmuster XXXXXXXX.4) verweist, werden dadurch andere gesetzliche Ansprüche nicht ausgeschlossen (§ 50 GeschmG). Das gilt auch für wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen unlauterer Nachahmung des Produkts, wenn deren besondere, außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegende Voraussetzungen gegeben sind (BGH, GRUR 2003, 359 [360] - Pflegebett [zu § 1 UWG a.F.]; GRUR 2005, 600 [602] - Handtuchklemmen; GRUR 2006, 79 [80] - Jeans I; OLG Hamburg, NJOZ 2007, 3055 - Handydesign).

c) Der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses ist - wie das Landgericht zutreffend angenommen hat - gemäß § 4 Nr. 9 UWG wettbewerbswidrig, wenn das Produkt wettbewerbliche Eigenart aufweist und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung als unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen Umständen eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme, desto geringere Anforderungen sind an die Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (st. Rspr.: BGH, GRUR 2004, 941 [942] - Metallbett; GRUR 2007, 339 [342] - Stufenleitern; GRUR 2007, 795 [797] - Handtaschen; GRUR 2007, 984 [985] = MD 2007, 1001 [1003] - Gartenliege).

aa) Der von der Klägerin hergestellte Tisch C. verfügt über wettbewerbliche Eigenart. Dies war vom Landgericht bereits in seinem dasselbe Produkt betreffenden Urteil vom 29.11.2000 - 28 O 302/00 (= 6 U 60/01) - angenommen worden; in der Berufungsverhandlung vom 08.06.2001 hatte auch der Senat diese Annahme bestätigt gefunden. Wie im angefochtenen Urteil eingehend und zutreffend dargestellt, vermag die Berücksichtigung des von der Beklagten umfänglich beschriebenen vorbekannten Formenschatzes daran im Ergebnis ebenso wenig zu ändern wie die inzwischen eingetretene Veränderung des wettbewerblichen Umfelds.

(1) Wettbewerbliche Eigenart setzt voraus, dass die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale eines Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen. Die Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gegen unlauteres Nachahmen dienen vorrangig dem Schutz individueller Leistungen und daneben dem Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. Entsprechend diesem Zweck reicht es zur Begründung wettbewerblicher Eigenart aus, wenn beim angesprochenen Verkehr die Vorstellung ausgelöst wird, dieses Produkt könne wohl nur von einem bestimmten Anbieter oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen stammen. Auf eine diesbezügliche Absicht des Herstellers kommt es allerdings nicht an; es genügt, dass die Gestaltung des Erzeugnisses die Eignung besitzt, auf seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, GRUR 2007, 984 [985 f.] - Gartenliege m.w.N.).

Bei der Beurteilung, ob wettbewerbliche Eigenart vorliegt, ist der Gesamteindruck der Ware maßgeblich, nicht etwa eine zergliedernde und auf einzelne Elemente abstellende Betrachtungsweise (Senat, MD 2005, 1393 [1395] - Büroschreibtisch). Maßgeblich ist, ob die miteinander kombinierten Merkmale in ihrer Gesamtwirkung dem Produkt eine individuelle Erscheinung gegenüber vergleichbaren Konkurrenzprodukten verleihen, so dass sich das unter Rückgriff auf vorhandene Formen und Stilelemente entwickelte Leistungsergebnis von diesen anderen Erzeugnissen abhebt (BGH, GRUR 1986, 673 [675] - Beschlagprogramm; Senat, GRUR-RR 2003, 183 [184] - Designerbrille; GRUR-RR 2004, 21 - Küchenseiher m.w.N.). Dabei können auch Merkmale, die zwar technisch bedingt, aber frei austauschbar sind, eine wettbewerbliche Eigenart mitbegründen (BGH, GRUR 2005, 600 [602] - Handtuchklemmen; GRUR 2007, 339 [342] - Stufenleitern; Senat, NJOZ 2007, 4821 [4823] - nicht kompatible Klemmbausteine)

(2) Die gestalterische Besonderheit, die das Erscheinungsbild des Tisches der Klägerin prägt, liegt in seiner klaren und ursprünglichen, natürliche Stabilität und Geradlinigkeit in besonderer Weise miteinander verbindenden Formensprache, die das als Anlage K 3 vorgelegte Privatgutachten hervorhebt und von der sich die Mitglieder des Senats durch Augenscheinseinnahme überzeugt haben. Der Tisch bezieht seine Wirkung aus einer Kombination von natürlichen Materialeigenschaften (das massive, geölte Eichenholz lässt Astlöcher und Trocknungsrisse sowie im Bereich der aus dem Kern des Baumes gearbeiteten Tischbeine das Hirnholz erkennen) und der auf wenige Linien und Elemente reduzierten Stollenbauweise (die massive Tischplatte ruht auf einer leicht zurückgenommenen Zarge nach Art eines Unterzugs und wird an den Ecken von den massiven, vierkantigen, gerade und ohne jede weitere Verzierung gearbeiteten, etwa sechs mal so hohen wie starken Tischbeinen gewissermaßen "durchstoßen", wobei sich zwischen Tischbeinen und Tischplatte eine ihrer Art nach technisch bedingte, in ihrer Ausgestaltung aber den ästhetischen Eindruck einer "schwebenden" Platte evozierende Schattenfuge befindet) zurückgeht. Hinzu kommen die charakteristischen Proportionen und die Qualität der Verarbeitung, derentwegen der Tisch C. aus Sicht des angesprochenen Verkehrs einer wesentlich anderen, hochwertigeren Kategorie von Möbelstücken (für den Wohnbereich) zuzuordnen ist als der Gartentisch des Zeugen X. (Anlage B 1, Bl. 112 d.A.).

Die Annahme, der Tisch der Klägerin habe eine individuelle Gestaltung, wird bekräftigt durch seine Auszeichnung mit dem (2006 auf der Internationalen Möbelmesse in L. zum vierten Mal vergebenen) Designpreis "j. k. b. d. 2006". Die sechsköpfige fachkundige Jury hat den Tisch zu den modernen Designklassikern gezählt und als identifizierbares Markenzeichen der Klägerin bezeichnet. Eine solche Auszeichnung ist ein Indiz dafür, dass sich das Design des Erzeugnisses in seiner Gesamtwirkung von dem bisher am Markt Bekannten abhebt und geeignet ist, im Verkehr herkunftshinzuweisend zu wirken (Senat, GRUR-RR 2003, 183 [184] - Designerbrille; MD 2005, 1393 [1395 f.] = OLGR 2006, 319 - Büroschreibtisch).

(3) Die Beweiswürdigung des Landgerichts, nach der mit Ausnahme des Gartentischs des Zeugen X. alle anderen von der Beklagten erstinstanzlich präsentierten Tischmodelle erst nach dem ersten Marktauftritt der Klägerin mit dem Tisch C. entwickelt und in den Handel gelangt seien, so dass sie für die Frage, ob dem Tisch zu diesem Zeitpunkt wettbewerbliche Eigenart zukam, außer Betracht bleiben müssen, greift die Berufung nicht an.

Soweit sie sich nunmehr ergänzend auf ein angeblich nahezu identisches Tischmodell bezieht, das schon seit 1993 in der Nähe von U. in Spanien hergestellt und international vertrieben worden sei, scheitert dieses Vorbringen, das der Beklagten nach ihren Angaben erst nach dem erstinstanzlichen Urteil bekannt geworden ist, zwar nicht an der Hürde des § 531 Abs. 2 ZPO. Das Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, die wettbewerbliche Eigenart des von der Klägerin vertriebenen Modells in Frage zu stellen, weil zum einen hinreichende Anhaltspunkte für den von dem Konkurrenzprodukt erweckten Gesamteindruck fehlen (die vorgelegte Konstruktionszeichnung und die eidesstattliche Versicherung des Designers B. tragen dazu nichts bei) und zum anderen keinerlei konkrete Tatsachen mitgeteilt worden sind, aus denen auf Art, Dauer und Umfang der Marktpräsenz des Produkts in Deutschland geschlossen werden könnte.

Auch in Bezug auf den - aus den oben zu (2) genannten Gründen ohnehin nicht mit dem Klägermodell vergleichbaren - Gartentisch des Zeugen X. ist keine relevante Bekanntheit am Markt feststellbar, wie das Landgericht richtig ausgeführt hat.

Dahinstehen kann, ob das 1997 angemeldete Geschmacksmuster wegen fehlender Neuheit nicht rechtsbeständig und die damit offenbarte Gestaltung des Modells der Klägerin nicht nur Teil des allgemeinen Formenschatzes geworden ist, sondern zugleich die Eignung verloren hat, den angesprochenen Verkehr auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten des schon 1995 entwickelten Erzeugnisses hinzuweisen. Denn Einzelheiten gerade dieser Gestaltung - die sich nicht aus dem am Markt angebotenen Erzeugnis der Klägerin, sondern aus der veröffentlichten Beschreibung ihrer Geschmacksmusteranmeldung ergeben müssten - hat die für rechtshindernde Einwendungen gegenüber dem geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Anspruch darlegungs- und beweispflichtige Beklagte (vgl. Hefermehl / Köhler / Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4, Rn. 9.78) nicht vorgetragen.

(4) Die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses kann allerdings entfallen, wenn seine konkrete Ausgestaltung oder seine Merkmale auf Grund der Entwicklung der Verhältnisse auf dem Markt nicht mehr geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, GRUR 2007, 984 [986] - Gartenliege). Dass dies bei dem von der Klägerin angebotenen Tisch der Fall sei, hat das Landgericht jedoch verfahrensfehlerfrei und - nach Vernehmung der von der Beklagten benannten Zeugen zu Gestaltung und Verbreitung der von ihnen vertriebenen Konkurrenzprodukte - im Ergebnis zu Recht verneint.

Um die maßgebliche Sicht der angesprochenen Verkehrskreise festzustellen, denen auch die Mitglieder der Kammer und des Senats angehören, bedurfte es insbesondere nicht der von der Beklagten beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens zu Fragen, die den Bereich des Erfahrungswissens betreffen; soweit der Beweisantrag darauf hinausläuft, den Sachverständigen die notwendigen Anknüpfungstatsachen für seine Bewertung überhaupt erst ermitteln zu lassen, ist er unzulässig.

Die von der Beklagten schriftsätzlich und durch Vorlage von Werbematerial präsentierten Erzeugnisse weiterer Mitbewerber (in deren Reihe sich die vom Senat in der Erörterung angesprochene aktuelle Beilagenwerbung eines Möbelhauses einfügt), namentlich das in der Berufungsverhandlung in Augenschein genommene Konkurrenzprodukt Y. (Anlage B 2), mögen zwar wichtige Designelemente und Gestaltungsmerkmale aufgegriffen haben, die auch den Tisch C. prägen. Dies stützt allerdings nicht die (entgegen dem Tatbestandsberichtigungsantrag der Beklagten schon im Schriftsatz der Klägerin vom 20.01.2006 auf Seite 5/6 [Bl. 215 f. d.A.] nachdrücklich bestrittene) Behauptung der Beklagten, es handele sich bei all diesen Tischen um identische Nachahmungen des Klägermodells, mit denen der Markt zur Zeit regelrecht überschwemmt werde.

Aber selbst wenn einzelne Konkurrenzprodukte eine solche identische Nachahmung darstellen sollten, folgt daraus noch nicht, dass die nachgeahmte Gestaltung inzwischen zum Allgemeingut geworden ist und der Tisch der Klägerin damit jede wettbewerbliche Eigenart verloren hat. Der noch Anfang 2006 verliehene Designpreis der Internationalen L. Möbelmesse spricht eher dafür, dass maßgebliche Teile des Verkehrs den von der Jury als besonders formschön und innovativ gerühmten Tisch weiterhin als ein aus dem Bereich der Allerweltsprodukte und Durchschnittswaren herausragendes Erzeugnis ansehen und allenfalls annehmen werden, dieses werde inzwischen über verschiedene Vertriebswege als Produkt eines bestimmten, wenn auch nicht namentlich in Erscheinung tretenden Herstellers angeboten. Zudem würde dem Betroffenen jede Möglichkeit zur rechtlichen Gegenwehr genommen, wenn bei verschiedenen etwa gleichzeitig auf den Markt kommenden Nachahmern jeder von ihnen auf die allgemeine Verbreitung der betreffenden Gestaltung durch eigene oder fremde rechtsverletzende Nachahmungen verweisen könnte, so dass eine solche Rechtsverteidigung schon grundsätzlich unbeachtlich bleiben muss (BGH, GRUR 2005, 600 [602] - Handtuchklemmen; GRUR 2007, 984 [986] - Gartenliege; Senat, GRUR-RR 2003, 183 [185] - Designerbrillen; WRP 2007, 1272 - iPod; Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 4 UWG, Rn. 9.26). Die Klägerin hat in der Vergangenheit - mit den von ihr geführten Prozessen 28 O 302/00 und 28 O 199/03 LG Köln - überdies deutlich gemacht, dass sie gewillt ist, gegen rechtsverletzende Nachahmer vorzugehen, so dass ihre Ankündigung plausibel erscheint, sich gegebenenfalls auch gegen weitere Nachahmungen zur Wehr setzen zu wollen, von denen sie erst im Verlauf des vorliegenden Prozesses erfahren habe.

(5) Schließlich ist der Grad der wettbewerblichen Eigenart des von der Klägerin vertriebenen Tisches - der von Hause aus im Hinblick auf die Vielzahl möglicher und auch tatsächlich am Markt vertretener Gestaltungen solcher Möbelstücke eher schwach sein mag - auch durch die Bekanntheit des wirtschaftlich sehr erfolgreichen Produkts der Klägerin bei den angesprochenen Verkehrskreisen (auf die es für das Vorliegen wettbewerblicher Eigenart an sich nicht ankommt, vgl. BGH, GRUR 2005, 600 [602] - Handtuchklemmen; GRUR 2007, 984 [986] - Gartenliege) verstärkt worden. Dem durch Vorlage zahlreicher Zeitschriften-Veröffentlichungen untermauerten Vorbringen der Klägerin schon in erster Instanz (Anlagen K 8-14) und erneut in der Berufungserwiderung (Anlagen rop 1-6) ist die Beklagte nicht im Einzelnen entgegengetreten. Auf ihr ebenfalls nur pauschales Bestreiten der von der Klägerin mitgeteilten Umsatzmengen und Werbeaufwendungen (Anlage K 7) kommt es insoweit nicht an.

bb) Der angegriffene Tisch G. der Beklagten stellt eine (fast) identische Nachahmung des Klägermodells dar, wie schon das Landgericht zu Recht angenommen hat. Der Tisch der Beklagten übernimmt alle wesentlichen - oben zu aa) (2) genannten - Merkmale und Elemente des C. -Tisches, während die von der Beklagten in der Berufungsbegründung (und erneut mit Schriftsatz vom 28.09.2007) angeführten Abweichungen vom Original nur geringfügig und im Gesamteindruck unerheblich sind. Davon haben sich die Mitglieder des Senats bei der Augenscheinseinnahme während der Berufungsverhandlung überzeugt.

Eine trotz der bestehenden objektiven Übereinstimmung unabhängige Eigenentwicklung der Beklagten, wie sie vom Senat in einem anderen, einen Büroschreibtisch betreffenden Fall (MD 2005, 1393 = OLGR 2006, 319) angenommen worden ist, hat die Beklagte mit ihrem diesbezüglichen pauschalen Vorbringen in der Berufung nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt. Denn da die Beklagte mit ihrem Produkt unstreitig nach dem der Klägerin am Markt erschienen ist, hätte sie darlegen müssen, dass ihr bei dessen Entwicklung die Kenntnis des Originals fehlte (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O., Rn. 9.78 m.w.N.). Dafür ergibt ihr Berufungsvorbringen keinen Anhaltspunkt.

cc) Die praktisch identische Leistungsübernahme durch die Beklagte begründet auch eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft des Erzeugnisses.

(1) Wie ausgeführt, verfügt der Tisch der Klägerin über eine gewisse Bekanntheit bei nicht unerheblichen Teilen des angesprochenen Verkehrs, wie dies für die Annahme einer Herkunftstäuschung erforderlich ist (BGH, GRUR 2005, 166 [167] - Puppenausstattungen; GRUR 2007, 339 [343] - Stufenleitern m.w.N.).

(2) Wegen der nur unerheblichen Abweichungen der beiden Tische wird der Verkehr, der sich grundsätzlich nur an den äußeren Gestaltungsmerkmalen einer Ware orientieren kann (vgl. BGH, GRUR 2002, 820 [822] - Bremszangen) und gerade im Möbelhandel nicht beide Produkte nebeneinander, sondern nur in gewissem zeitlichen und räumlichen Abstand voneinander wahrnehmen wird, darüber getäuscht, dass es sich bei dem Tisch der Beklagten nicht um das bekannte Modell der Klägerin handelt, wobei es nicht darauf ankommt, ob relevante Teile des Verkehrs dieses Modell - noch dazu unter seiner Modellbezeichnung - auch gerade der Klägerin zuordnen.

Die Gefahr einer - für den Nachahmer vermeidbaren - Herkunftstäuschung mag bei Möbeln zwar insoweit geringer sein, als der Verbraucher derartige Produkte im Fachhandel nach bewusster und genauer Betrachtung auszuwählen und unter Hinzuziehung von Herstellerkatalogen zu bestellen pflegt. Gerade hier besteht jedoch in besonderem Maße die Gefahr, dass der Verkehr einer Herkunftstäuschung unterliegt, weil er annehmen muss, zwischen dem Hersteller des von ihm ausgewählten Erzeugnisses - hier die Tischs der Beklagten - und dem ihm nicht namentlich bekannten Hersteller des von ihm wegen seines besonderen Designs geschätzten Originalprodukts - hier des Tisches der Klägerin - bestehe Identität oder jedenfalls eine gesellschafts- oder lizenzvertragliche Beziehung (vgl. Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O., Rn. 9.44 m.w.N.).

dd) Damit ist von einem wettbewerbswidrigen Verhalten der Beklagten auszugehen, zumal - wie im angefochtenen Urteil zu Recht ausgeführt - die für eine Unlauterkeit sprechenden besonderen Umstände angesichts der durch Verkehrsbekanntheit gesteigerten wettbewerblichen Eigenart des Klägerprodukts und der im Gesamteindruck fast identischen Übernahme des Leistungsergebnisses der Klägerin in der Abwägung kein besonderes Gewicht mehr haben müssen.

3. Auf der Rechtsfolgenseite beschränkt sich der Unterlassungsanspruch auf das von § 4 Nr. 9 lit. a UWG erfasste Verhalten des Anbietens einschließlich des Bewerbens und tatsächlichen Inverkehrbringens (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O., Rn. 9.80 m.w.N.). Nicht zu untersagen war der Beklagten dagegen das Einführen (vgl. KG, GRUR-RR 2003, 84 [86] - Tatty Teddy), der Gebrauch oder das Herstellen (vgl. BGH, GRUR 1982, 305 [308] - Büromöbelprogramm) und der Besitz zu diesem Zweck (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O.).

Im Übrigen war das Verbot - wie von der Klägerin in wirtschaftlicher Hinsicht auch ersichtlich beabsichtigt - auf die konkrete Verletzungsform zu beschränken, was zum Wegfall des "insbesondere"-Zusatzes führen musste.

4. Die Annexansprüche ergeben sich dem Grunde nach aus den vom Landgericht angeführten Erwägungen aus § 9 S. 1 UWG und §§ 242, 259 BGB, wogegen die Berufung auch keine Einwände vorbringt. Gegen das gewählte Anfangsdatum bestehen nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2007, 877 [879] - Windsor Estate) keine Bedenken.

Weil der Klägerin im Rahmen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes gegen (fast) identische Nachahmungen ihres Produkts die Möglichkeit der dreifachen Schadensberechnung - nach ihrem konkreten Schaden, nach entgangener Lizenzgebühr und dem Verletzergewinn - offen steht, erweitert sich der Anspruch auf Auskunft (ausnahmsweise) zu einem Anspruch auf Rechnungslegung (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 39, Rn. 4 m.w.N.). Allerdings bedarf die Klägerin nach Auffassung des Senats keiner Rechnungslegung über die von der Beklagten versandten Angebote, da sich insoweit alle denkbaren Parameter der Schadensberechnung bereits aus dem zu Nr. I 2 a mitzuteilenden Umfang und Wert der erbrachten Leistungen ergeben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), liegt nicht vor. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts; Gegenstand des Urteils ist vielmehr die tatrichterliche Anwendung gesetzlicher Bestimmungen und allgemein anerkannter Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall.

Ende der Entscheidung

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