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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 06.08.1999
Aktenzeichen: 6 U 9/99
Rechtsgebiete: UWG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 13 Abs. 2 Ziff. 1
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 523
ZPO § 263
ZPO § 512 a
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 108
ZPO § 546 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 9/99 81 0 34/98 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 06.08.1999

Verkündet am 06.08.1999

Meinecke, JHS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 02. Juni 1999 durch seine Mitglieder Dr. Schwippert, von Hellfeld und Pietsch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 27.11.1998 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 0 34/98 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Sicherheitsleistung beträgt jeweils 12.000,00 DM. Sie kann auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

Tatbestand:

Die Kläger sind Rechtsanwälte in K.. Sie legen den Beklagten einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz zur Last. Die Beklagte zu 2) ist eine Versicherungsgesellschaft mit Sitz in S.. Die Beklagte zu 1) betreibt ein Unternehmen, das mit ihr vertraglich verbundenen Reparaturwerkstätten, den sog. "Partner-Werkstätten", Kfz-Unfallge- schädigte "zuführt", die entweder gegen den Haftpflichtversicherer ihres Unfallgegners oder aber gegen ihren eigenen Kaskoversicherer einen Regulierungsanspruch haben. Soweit die Beklagte zu 2) der Beklagten zu 1) einen an der Dienstleistung der Beklagten interessierten Kfz-Unfallgeschä-digten benennt, setzt sich die Beklagte zu 1) mit ihrer nächstgelegenen Partner-Werkstatt in Verbindung. Die Partner-Werkstatt unterbreitet dem Kfz-Unfallgeschädigten dann ein bestimmtes Dienstleistungsangebot, welches die Kläger als Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz ansehen.

In den Agenturverträgen verpflichtet die Beklagte zu 1) die jeweilige Partner-Werkstatt, Reparaturen in besonders kostengünstiger Weise und sehr kurzfristig durchzuführen. Wegen der näheren Einzelheiten der Verträge, die die Beklagte zu 1) mit ihren Partner-Werkstätten zu schließen pflegt, wird auf die Muster-Agenturverträge verwiesen, die die Kläger als Anlage K 2 (ältere Fassung) und K 6 (neuere Fassung) zur Klageschrift vom 22.12.1997 zu den Akten gereicht haben.

Soweit der kfz-unfallgeschädigte Kunde der jeweiligen Partner-Werkstatt Reparaturauftrag erteilt hat, beauftragt die Partner-Werkstatt im Namen des Kunden die beteiligten Versicherer, Versicherungsleistungen unmittelbar an die Beklagte zu 1) zu zahlen. Die Beklagte zu 1) ist nach dem Inhalt der Agenturverträge berechtigt, die ihr zustehende Provision für die Vermittlung des Kfz-Kunden (5% des Netto-Rechnungsbetrages der Reparatur zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer) in Abzug zu bringen. Die Partner-Werkstatt ist gegenüber der Beklagten zu 1) vertraglich verpflichtet, schnellstmöglich, spätestens innerhalb von 24 Stunden, einen das zu reparierende Fahrzeug betreffenden Kostenvoranschlag in der von dem Versicherer verlangten Form über Audatex/Audaimage oder DAT vorzubereiten und diesen mit etwa gewünschten weiteren Informationen dem Versicherer zu übermitteln. Die Beklagte zu 1) erhält hiervon eine Kopie, nicht hingegen der auftraggebende Kunde. Nach dem Inhalt der Agenturverträge trifft die Partner-Werkstatt der Beklagten zu 1) weiterhin die Pflicht, den Versicherer, gegebenenfalls auch den von dem Versicherungsunternehmen beauftragten Sachverständigen, über etwa notwendige genehmigungsbedürftige zusätzliche Reparaturaufwendungen in Kenntnis zu setzen. Schließlich muß die Partner-Werkstatt möglichst früh mit der Reparatur beginnen, und zwar spätestens innerhalb von 24 Stunden nach Übermittlung des Kostenvoranschlags und der Kostenzusage des Versicherers. Hat der Kunde den Reparaturauftrag erteilt, holen Mitarbeiter der jeweiligen Partner-Werkstatt der Beklagten zu 1) das beschädigte Fahrzeug bei ihm ab und stellen ihm auf seinen Wunsch für die Dauer der Reparatur ein (kleineres) Ersatzfahrzeug zur Verfügung. Nach Fertigstellung der Reparatur hat die Partner-Werkstatt der Beklagten zu 1) eine Reparaturendabnahme durchzuführen. Darüber hinaus reinigt sie das Kundenfahrzeug innen und außen, bringt es zum Kunden zurück und holt das zur Verfügung gestellte Ersatzfahrzeug ab.

An diesem Verfahren beteiligt sich die Beklagte zu 2) dergestalt, daß sie dem Versicherungsnehmer, der mit seinem Fahrzeug einen Schaden erlitten oder verursacht hat und der sich an seinen Versicherungsagenten wendet oder eine bestimmte Servicenummer anruft, zunächst die aus ihrer Sicht gegebenen Vorteile der sog. "Schaden-Soforthilfe" anhand eines bestimmten Gesprächsleitfadens erläutern läßt. Zeigt der Versicherungsnehmer Interesse, wird das auf der Schadensmeldung vermerkt. Der Versicherungsagent oder der Mitarbeiter der Beklagten faxt diese mit dem Vermerk versehene Schadensmeldung an eine bestimmte Schaden-Annahme-Nummer. Von dort aus wird die Beklagte zu 1) entsprechend informiert. Die Beklagte zu 1) sucht dann die nächstgelegene Partner-Werkstatt aus, die mit ihr vertraglich verbunden ist. Die Partner-Werkstatt nimmt innerhalb einer Stunde Kontakt mit dem interessierten Versicherungsnehmer auf. Sie holt das Fahrzeug - wie geschildert - zu Reparaturzwecken bei diesem Versicherungsnehmer ab, stellt ihm ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung, repariert das Fahrzeug und bringt es nach einer gründlichen Innen- und Außenreinigung zurück. Nimmt der Versicherungsnehmer die Schaden-Soforthilfe in Anspruch, zahlt die Beklagte zu 2) ihrem Versicherungsagenten bei Haftpflichtschäden 10,00 DM, bei Kaskoschäden 20,00 DM. Weitere Prämien lobt die Beklagte zu 2) u.a. für die Erstmeldung durch den Generalagenten binnen 48 Stunden ab dem Zeitpunkt des Schadens und für den Fall aus, daß der Haftpflichtgeschädigte einen freien Sachverständigen nicht beansprucht. Wegen der weiteren Einzelheiten des Systems der Schaden-Soforthilfe wird auf die Mitarbeiterinformation verwiesen, die die Kläger als Anlage K 7 zu ihrer Klageschrift zu den Akten gereicht haben.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Fassung der Agenturverträge und die dahinterstehende tatsächliche Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen der Beklagten zu 1) und ihren Partner-Werkstätten verstoße gegen das Rechtsberatungsgesetz. Der geschädigte Versicherungsnehmer werde dazu gedrängt, auf die vollumfängliche Durchsetzung seiner Rechte zu verzichten, indem er z.B. von der Einschaltung eines unabhängigen Kfz-Sachverständigen oder von der Geltendmachung einer Nutzungsentschädigung absehe. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvorbringens der Kläger wird auf den Inhalt ihrer Klageschrift vom 22.12.1997 (Blatt 1 ff. d.A. und ihrer Schriftsätze vom 20. und 31.03., 22.06., 11.09. und 29.10.1998 (Blatt 54, 93, 125, 150 und 173 ff. d.A.) verwiesen.

Die Kläger haben zunächst beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu DM 500.000,- zu unterlassen,

1. Die Beklagte zu 1.

mit "Partner-Werkstätten", mit denen sie den nachfolgend wiedergegebenen "Agentur-Vertrag" (Fassung A) zur Vermittlung von Reparatur-, Kundenservice- und Autovermietungsleistungen gerichteten Vertrag abgeschlossen hat:

pp.

in dieser Form fortzuführen

und/oder

mit "Partner-Werkstätten" den nachfolgend wiedergegebenen "Agentur-Vertrag" zur Vermittlung von Reparatur-, Kundenservice - und Autovermietungsleistungen (Fassung B):

pp.

abzuschließen

und/oder

bei "Partner-Werkstätten" um den Abschluß solcher Verträge zu werben und/oder abgeschlossene Verträge dieser Art mit "Partner-Werkstätten" durchzuführen,

2. Die Beklagte zu 2.:

ihren Generalagenten bei der Abwicklung des "Agentur-Vertrages" in den vorstehend wiedergegebenen Fassungen die in der nachfolgend wiedergegebenen "Schaden-Soforthilfe"/Vergütung GA" aufgelisteten Vergütungen zu bezahlen:

pp.

In der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht haben die Kläger alsdann die vorstehend wiedergegebenen Klageanträge gestellt, den Antrag zu 1) jedoch in folgender Fassung:

"mit ihren "Partner-Werkstätten" Geschädigten (Kunden) gegenüber auf der Grundlage des Vertrages in der Fassung A und/oder Fassung B

a)

Ersatzfahrzeuge (Abschn. B Ziff. 1/Unterziff. 1.1 S.2 i.V.m. unter Ziff. 1.3) zu stellen)

und/oder

b)

Sachverständigen Kostenvoranschläge entsprechend B Ziff. 1/Unterziff. 1.2 a und b in Auftrag zu geben und an den Versicherer, gegebenenfalls den Sachverständigen weiterzuleiten;

hilfsweise

wie vorstehend,

ohne die Geschädigten (Kunden) gleichzeitig und ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß sie

c)

anstelle des "Ersatzfahrzeuges" einen Mietwagen nach den gesetzlichen Möglichkeiten oder die fiktive Schadensberechnung in Anspruch nehmen können

bzw.

d)

die Einholung eines eigenen sachverständigen Kostenvoranschlages zur Weiterleitung an einen eigenen Sachverständigen in Auftrag geben können."

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, die Kläger hätten ihre Klage in unzulässiger Weise geändert. Von einem Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz könne keine Rede sein. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvorbringens der Beklagten in der ersten Instanz wird auf den Inhalt ihrer zu den Akten gereichten Schriftsätze verwiesen.

Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Blatt 188 ff. d.A.), hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, zwar liege eine zulässige Klageänderung vor, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch scheitere jedoch daran, daß die Beklagte zu 1) keine fremden Rechtsangelegenheiten besorge, sie werde überhaupt nicht rechtlich tätig, denn sie miete keine Fahrzeuge für den Kunden an und vergebe auch keine Aufträge zur Erstellung von Kostenvoranschlägen an Sachverständige. Es könne offenbleiben, ob das angegriffene Geschäftsverhalten der Beklagten gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstoße, weil die Kläger in ihrer Eigenschaft als Anwälte nicht berechtigt seien, Verbraucherinteressen wahrzunehmen oder im Interesse konkurrierender Kfz-Werkstätten zu handeln. In eigenen Rechten seien die Kläger nicht verletzt.

Gegen das ihnen am 08.12.1998 zugestellte Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 27.11.1998 - 81 0 34/98 - haben die Kläger am 08.01.1999 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 08.03.1999 mit einem an diesem Tag bei Gericht eingegangen Schriftsatz begründet.

Die Kläger wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und sind der Auffassung, die Beklagte zu 1) verstoße dadurch, daß sie ihre Partner-Werkstätten verpflichte, den Unfallgeschädigten ein Ersatzfahrzeug zu stellen, gegen das Rechtsberatungsgesetz. Gleiches gelte, soweit die Partner-Werkstätten gehalten seien, Kostenvoranschläge zu erstellen und diese Kostenvoranschläge unmittelbar an den Versicherer oder den vom Versicherer beauftragten Sachverständigen zu schicken, ohne den Kostenvoranschlag zuvor dem unfallgeschädigten Kunden zu übermitteln. Deshalb - so meinen die Kläger - sei auch die Beklagte zu 2) verpflichtet, es zu unterlassen, ihren Mitarbeitern Vergütungen für den Fall zu zahlen, daß der kfz-unfallgeschädigte Kunde die "Schaden-Soforthilfe" in Anspruch nehme.

Die Kläger beantragen,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und

1.

die Beklagte zu 1) zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen,

mit ihren Partner-Werkstätten Geschädigten oder Kunden gegenüber auf der Grundlage der nachstehend wiedergegebenen Agenturverträge

a.

Ersatzfahrzeuge (Abschnitt B Ziff. 1, unter Ziff. 1.1 S.2 i. V. m. Ziffer 1.3) zu stellen,

hilfsweise

ihre "Partner-Werkstätten" auf der Grundlage der erwähnten Verträge zu verpflichten, Geschädigten und/oder Kunden Ersatzfahrzeuge zu stellen,

und/oder

b.

Kostenvoranschläge entsprechend Abschnitt B Ziff. 1.1. a) + b) zu stellen und an den Versicherer, ggf. den Sachverständigen, unmittelbar ohne vorherige Unterrichtung der Geschädigten bzw. Kunden weiterzuleiten,

hilfsweise:

ihre "Partner-Werkstätten entsprechend zu verpflichten, spätestens innerhalb von 24 Stunden einen Kostenvoranschlag des zu reparierenden Fahrzeugs in der vom Versicherer verlangten Form gem. Abschnitt B Ziff. 1.2 a) + b) ohne vorherige Unterrichtung des Geschädigten und/oder Kunden an den Versicherer, ggf. den Sachverständigen weiterzuleiten:

(es folgen die im erstinstanzlichen Klageantrag wiedergegebenen Anlagen K2 und K6)

2.

Die Beklagte zu 2) zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen,

ihren Generalagenten bei der Abwicklung der "Agenturverträge" in den vorstehend wiedergegebenen Fassungen die auf Seite 9 ihrer als Anlage K 7 überreichten Mitarbeiterinformation zur Schaden-Soforthilfe unter der Überschrift "Schaden-Sofort-hilfe/Vergütung GA" aufgelisteten Vergütungen zu bezahlen, und zwar wie nachstehend wiedergegeben:

(es folgt die aus dem erstinstanzlichen Klageantrag wiedergegebene Kopie von Seite 9 der Mitarbeiterinformation "Schaden-Soforthilfe)

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 1) rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln mit der Begründung, der Kläger zu 1) habe selbst vorgetragen, sich nicht nur in eigenen Rechten verletzt zu fühlen, sondern vornehmlich und letztlich in Prozeßstandschaft für den K.er Anwaltverein (KAV) tätig werden zu wollen. Die Beklagte zu 2) rügt unzulässige Klageänderung und ist wie auch die Beklagte zu 1) der Auffassung, ungeachtet der Zulässigkeit der konkret praktizierten Schaden-Soforthilfe liege jedenfalls ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht vor. Auch ein Verstoß gegen andere Vorschriften, namentlich § 1 UWG, sei nicht gegeben. Im übrigen seien die Kläger in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwälte weder klagebefugt noch aktivlegitimiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten Sach- und Streitstandes wird auf den in der mündlichen Verhandlung erörterten Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst sämtlichen Anlagen ergänzend Bezug genommen. Die nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten zu 2) vom 09.06.1999 und der Kläger vom 21.06.1999 haben ebenso vorgelegen wie die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten zu 2) vom 30.06. und 08.07.1999.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg. Vielmehr hat das Landgericht die Klage zu Recht unter Hinweis darauf abgewiesen, die Beklagte zu 1) besorge keine fremden Rechtsangelegenheiten, verstoße mithin nicht gegen Artikel 1 § 1 Satz 1 des Rechtsberatungsgesetzes und auch § 1 UWG, auch die Förderung der Tätigkeit der Beklagten zu 1) durch die Beklagte zu 2) sei demgemäß unter dem Aspekt eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht zu beanstanden, zu Erhebung von Unterlassungsansprüchen aus anderen rechtlichen Aspekten, namentlich aus anderen Unlauterkeitstatbeständen des § 1 UWG, seien die Kläger nicht berechtigt. Der Senat folgt auch der Begründung der angefochtenen Entscheidung, nimmt sie in bezug und sieht insoweit von der erneuten Darstellung der die Entscheidung tragenden Gründe ab, § 543 Abs. 1 ZPO.

Die von den Klägern mit der Berufung gegen das angefochtene Urteil vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Ihr Sachvortrag rechtfertigt das Klagebegehren nicht. Deshalb vermögen die Kläger auch mit ihren neu formulierten Klageanträgen in der Sache nicht zu obsiegen.

Nicht anzuschließen vermag sich der Senat allerdings der Auffassung der Beklagten zu 2), die Kläger hätten ihre Klage durch die Neuformulierung der Klageanträge in der zweiten Instanz in unzulässiger Weise geändert. Nach Auffassung des Senats verlangen die Kläger im Berufungsrechtszug von den Beklagten nichts substantiell anderes als in der ersten Instanz. Letztlich kann jedoch offenbleiben, ob die Kläger ihre Klage im Sinne der §§ 523, 263 ZPO geändert haben, oder ob der Streitgegenstand derselbe geblieben ist und die Umformulierung der Klageanträge deshalb dem Regelungsbereich der §§ 523, 264 Nr. 2 ZPO unterfällt. Denn eine etwa darin zu sehende Klageänderung wäre jedenfalls im Sinne der § 523, 263 ZPO sachdienlich, weil der Senat ohne Verzögerung abschließend über das Klagebegehren entscheiden kann.

Soweit die Beklagte zu 1) rügt, das Landgericht habe seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht angenommen, weil nämlich der Kläger zu 1) in Wirklichkeit Interessen des Kölner Anwaltvereins wahrnehme, der seinerseits aber gegen die in Stuttgart ansässigen Beklagten nicht vor dem Landgericht Köln habe klagen können, ist dies vom Senat nicht zu überprüfen, § 512 a ZPO. Denn grundsätzlich kann die Berufung in Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche, zu denen auch Unterlassungsansprüche der vorliegenden Art zählen, nicht darauf gestützt werden, daß das Gericht des ersten Rechtszuges seine örtliche Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat. Das gilt auch dann, wenn eine andere örtliche ausschließliche Zuständigkeit in Frage steht. Weshalb die Zuständigkeit durch das erstinstanzliche Gericht bejaht worden ist, ist wegen der umfassenden Regelung des § 512 a ZPO ohne Belang (Thomas-Putzo, ZPO, § 512 a Rnr. 2).

In der Sache selbst pflichtet der Senat allerdings der Rechtsauffassung der Beklagten bei, daß die Kläger zur Geltendmachung eines gegen sie gerichteten Unterlassungsanspruchs nur insoweit prozeßführungsbefugt und aktivlegitimiert im Sinne des § 13 Abs. 2 Ziff. 1 UWG sind, als ein Verstoß gegen § 1 UWG, Artikel 1 § 1 Satz 1 RBerG in Rede steht, daß ein solcher Verstoß gegen Artikel 1 § 1 Satz 1 des Rechtsberatungsgesetzes im Streitfall aber nicht vorliegt.

Soweit die Kläger mit ihren Hauptanträgen zu 1. a. und b. von der Beklagten zu 1) verlangen, diese solle es unterlassen, mit ihren Partner-Werkstätten Geschädigten und/oder Kunden gegenüber auf der Grundlage der im Tatbestand dieses Urteils wiedergegebenen Agenturverträge Ersatzfahrzeuge zu stellen bzw. Kostenvoranschläge zu erstellen und an den Versicherer, gegebenenfalls den Sachverständigen, unmittelbar ohne vorherige Unterrichtung der Geschädigten bzw. Kunden weiterzuleiten, ist der Klage unabhängig von sonstigen Zweifeln der Erfolg bereits deshalb versagt, weil die Kläger von der Beklagten zu 1) die Unterlassung einer Handlung begehren, die die Beklagte zu 1) nie begangen hat und deren Begehung auch nicht droht. Denn die Beklagte zu 1) hat den unfallgeschädigten Personen selbst nie Ersatzfahrzeuge zur Verfügung gestellt und auch keine Kostenvoranschläge an den Versicherer bzw. an den vom Versicherer beauftragten Sachverständigen weitergeleitet. Es ist auch nicht ersichtlich und erst recht nicht vorgetragen, daß die Beklagte zu 1) in Zukunft eine derartige Handlung vornehmen könnte. Aus diesem Grunde scheitert das diesbezügliche Klagebegehren bereits an der mangelnden Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr.

Auch den gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Hilfsanträgen kann nicht entsprochen werden. Denn die Beklagte zu 1) verstößt dadurch, daß sie ihre Partner-Werkstätten vertraglich verpflichtet, Kfz-Unfallgeschädigten Ersatzfahrzeuge zu stellen und innerhalb von 24 Stunden einen das zu reparierende Kraftfahrzeug betreffenden Kostenvoranschlag in der vom Versicherer verlangten Form ohne vorherige Unterrichtung des Unfallgeschädigten an den Versicherer oder den Sachverständigen weiterzuleiten, nicht gegen Artikel 1 § 1 Satz 1 des Rechtsberatungsgesetzes. Das insoweit beanstandete Verhalten der Beklagten zu 1), an dem die Beklagte zu 2) durch ihre Prämienauslosung gegebenenfalls als Störer teilnehmen könnte, stellt keine Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit im Sinne von Artikel 1 § 1 Satz 1 Rechtsberatungsgesetz dar.

Richtig ist allerdings, daß die Ausübung einer rechtsbesorgenden Tätigkeit ohne die nach Artikel 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz erforderliche Erlaubnis nach gefestigter Rechtsprechung auch des Senats grundsätzlich gegen § 1 UWG verstößt, ohne daß weitere Unlauterkeitsmomente hinzutreten bräuchten, wenn nicht einer der im Rechtsberatungsgesetz zugelassenen Ausnahmefälle vorliegt. Nach übereinstimmender Ansicht in der Rechtsprechung und Literatur ist unter dem Tatbestandsmerkmal "Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit" jede auf die unmittelbare-individuelle Förderung konkreter fremder Rechtsangelegenheiten gerichtete Tätigkeit zu verstehen (vgl. z.B.: BGH NJW 1956, 591 - "Ratge-ber" -; BGH NJW 1981, 1616 - "Rechtsberatungsschein" -; BGH NJW 1989, 2125 - "Erbensucher" -; Rennen/Caliebe, Rechtsberatungsgesetz, 2. Auflage 1992, Artikel 1 § 1 Rnr. 24; Altenhoff/Busch/Chemnitz, Rechtsberatungsgesetz, 10. Auflage 1993, Artikel 1 § 1 Rnr. 61, jeweils m. w. N.). Von der Erlaubnispflicht werden Tätigkeiten erfaßt, die darauf gerichtet und geeignet sind, konkrete fremde Rechte zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten (BGH NJW 1989, 2125 - "Erbensucher" -). Wirtschaftsangelegenheiten, also Geschäfte wirtschaftlicher Art, fallen demgegenüber nicht unter das Rechtsberatungsgesetz (Rennen/Caliebe, a.a.O., Rnr. 15; Altenhoff/Busch/ Chemnitz, a.a.O., Rnr. 40 jeweils m.w.N.). "Geschäftsmäßig" im Zusammenhang mit der selbständigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten handelt, wer beabsichtigt, die Tätigkeit - sei es auch nur bei sich bietender Gelegenheit - in gleicher Weise zu wiederholen und dadurch zu einem wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen (Rennen/Caliebe a.a.O., Rnr. 41 und Altenhoff/Busch/Chem- nitz, a.a.O. Rnr. 102). Bei der Feststellung, ob ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz vorliegt, ist keine formale, sondern eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten. Dadurch soll vermieden werden, daß die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes durch formale Anpassung der Rechtsbesorgung umgangen werden. Bei der Abgrenzung zwischen erlaubnisfreier wirtschaftlicher und erlaubnisbedürftiger rechtlicher Beratung ist zunächst auf den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, d.h. darauf, ob sie überwiegend auf wirtschaftlichen Gebiet liegt, oder ob die rechtliche Angelegenheit der Sache im Vordergrund steht. Auch eine überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegende Beratungstätigkeit ist allerdings dann erlaubnispflichtig, wenn der Berater rechtliche Belange von nicht ganz unerheblichem Gewicht zu besorgen hat (vgl. OLG Rostock, OLGR 1997, 27).

Auf der Basis dieser Kriterien stellt das zur Unterlassung verlangte Verhalten der Beklagten zu 1) keine Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit dar. Das Zurverfügungstellen eines Ersatzfahrzeuges durch die Partner-Werkstatt der Beklagten zu 1) wie auch das schnelle Erstellen und Übermitteln des Kostenvoranschlags mit dem Ziel alsbaldiger Reparatur ist Teil eines Vertragsangebots, daß der Kfz-Unfallgeschädigte zur Wahrnehmung seiner eigenen Rechtsangelegenheiten annehmen kann oder nicht. Entscheidet sich der Kfz-Unfallgeschädigte dafür, im Rahmen der Schaden-Soforthilfe nach einem Unfall, sei es im Rahmen der Haftpflicht-, sei es im Rahmen der Kaskoversicherung, das ihm unterbreitete Angebot anzunehmen, stellt dies ebenso die Wahrnehmung einer eigenen Rechtsangelegenheit durch den Kfz-Unfallgeschädigten dar wie die Ablehnung eines solchen Angebots. Es mag sein, daß ein Kfz-Unfallgeschädigter seine Rechtsangelegenheiten zum Teil anders wahrnehmen würde, wenn es das Angebot der Partner-Werkstatt der Beklagten zu 1) nicht gäbe. Das liegt dann aber nicht daran, daß die Beklagte zu 1) oder die von ihr vertraglich verpflichtete Partner-Werkstatt gegenüber dem Kfz-Unfallgeschädigten in irgendeiner Form beratend, empfehlend, befürwortend, bestärkend, zuratend oder nahelegend tätig geworden sein könnte, sondern daran, daß das Angebot dem Kfz-Unfall-geschädigten lukrativ oder doch zumindest akzeptabel erschienen ist. Letztlich ist und bleibt es der Kfz-Unfallge- schädigte, der es durch die Annahme oder Nichtannahme des ihm im Rahmen der Schaden-Soforthilfe unterbreiteten Angebots in der Hand hat, seine eigenen Rechtsangelegenheiten in die eine oder andere Richtung wahrzunehmen.

Stellt demgemäß auch das mit den Hilfsanträgen zur Unterlassung begehrte Verhalten der Beklagten zu 1) keinen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz dar, kann die Beklagte zu 2) insoweit auch nicht an einem fremden Rechtsverstoß als Störer teilnehmen. Soweit die Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 02.06.1999 die Auffassung vertreten haben, die Beklagte zu 2) verstoße durch die Prämienauslobung und -zahlung selbst gegen das Rechtsberatungsgesetz, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen, und zwar schon deshalb nicht, weil die Beklagte zu 2) als Kasko- oder Haftpflichtversicherer eigene und keine fremden Rechtsangelegenheiten wahrnimmt, wenn sie ihrem Versicherungsnehmer oder dem von ihrem Versicherungsnehmer geschädigten Dritten einen Schadensregulierungsvorschlag unterbreitet.

Im übrigen läßt auch der Senat mit dem Landgericht ausdrücklich offen, ob und inwieweit die konkret praktizierte Zusammenarbeit zwischen den Beklagten und den Partner-Werkstätten der Beklagten zu 1) im Rahmen der Schaden-Soforthilfe unter anderen wettbewerbsrechtlichen, zugaberechtlichen oder sonstigen Aspekten bedenklich sein könnten. Dies gilt namentlich, soweit sich die Kläger in ihrer Berufungsbegründung vom 05.03.1999 auf den Standpunkt gestellt haben, der Kfz-Unfallgeschädigte werde über den Umfang seiner tatsächlichen Anspruchsberechtigung nach einem Verkehrsunfall im Sinne des § 3 UWG in die Irre geführt, die geschäftliche Unkenntnis und Unerfahrenheit des Kfz-Unfallgeschädigten gerade in der besonderen Situation nach einem Unfallereignis werde von den Beklagten im Sinne von § 1 UWG unlauter ausgenutzt. Denn die insoweit nicht in eigenen Rechten verletzten Kläger sind in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwälte keine Mitbewerber der Beklagten und deshalb im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG weder klagebefugt noch aktivlegitimiert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer der Kläger beträgt jeweils mehr als 60.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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