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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 18.03.2002
Aktenzeichen: 6 W 108/01
Rechtsgebiete: EGZPO, BGB, ZPO


Vorschriften:

EGZPO § 26 Nr. 10
BGB § 1004
BGB § 824
BGB § 823
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 91 a Abs. 2
ZPO § 567 ff a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

6 W 108/01

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung seiner Mitglieder von Hellfeld, Pietsch und Schütze am 18.03.2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der am 10. 10. 2001 verkündete Beschluss der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 282/01 - wie folgt abgeändert:

Die Kosten des in der Hauptsache übereinstimmend zur Erledigung gebrachten Verfahrens der einstweiligen Verfügung werden der Antragstellerin auferlegt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Gründe:

Die gemäß §§ 91 a Abs. 2, 567 ff ZPO a.F. i.V. mit § 26 Nr. 10 EGZPO statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg. Sie führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Abänderung der angefochtenen landgerichtlichen Entscheidung, da es nach der von den Parteien übereinstimmend herbeigeführten Erledigung des einstweiligen Verfügungsverfahrens unter Berücksichtigung des bis dahin gegebenen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen entspricht, die Antragstellerin mit den Kosten zu belasten. Die Antragstellerin wäre ohne die im Anschluss an die strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung der Antragsgegnerin erfolgte einvernehmliche Erledigung der Hauptsache aller Voraussicht nach unterlegen. Denn der von ihr ursprünglich geltend gemachte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war unbegründet.

Der Antragstellerin stand ein auf die Unterlassung gerichteter Anspruch nicht zu, gegenüber Dritten - wie in der konkreten Form des in der Ausgabe des H. 2/Mai 2001 unter dem Titel "Plagiat statt Marke" veröffentlichten Beitrags geschehen - wörtlich oder sinngemäß zu behaupten, es handele sich bei dem auf der Fotografie links abgebildeten Exemplar einer Taschenlampe um das Plagiat einer "M."-Taschenlampe. Die materiellen Voraussetzungen eines solchen Verbots, das die Antragstellerin mangels eines auf Seiten der Antragsgegnerin bestehenden Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs zu Recht nur aus den allgemeinen deliktsrechtlichen Bestimmungen der §§ 823, 824, 1004 BGB herleiten wollte, liegen nicht vor.

Allerdings trifft es im Ausgangspunkt zu, dass die in Frage stehende Aussage geeignet ist, u.a. Nachteile für den Erwerb oder das Fortkommen der Antragstellerin herbeizuführen sowie allgemein ihre wirtschaftliche Betätigung und ihr geschäftliches Ansehen als Wirtschaftsunternehmen zu beschädigen: Die in dem Artikel als "Plagiat" bezeichnete Taschenlampe - konkret das auf der Fotografie links abgebildete Modell A. 2000 G. I - war nicht nur als solche zumindest für einen mehr als nur unbeachtlichen Teil der Adressaten der Publikation als ein Produkt aus dem Hause der Antragstellerin identifizierbar, sondern der Vorwurf, ein Plagiat herzustellen und in den Verkehr zu bringen, ist in der Sache ferner auch geeignet, das wirtschaftliche Fortkommen eines Unternehmens und dessen geschäftliche Wertgeltung nachhaltig zu beeinträchtigen. Die Antragstellerin hat durch Vorlage des Anlagenkonvoluts 14 sowie der eidesstattlichen Versicherung des D. W. Ha. vom 17.09.2001 glaubhaft gemacht, dass sie u.a. ihr Modell G. I im Rahmen von Werbeprospekten gegenüber dem von ihr belieferten Einzelhandel beworben und bekannt gemacht hat. Die aus den Prospektabbildungen ersichtliche Gestaltung der A. 2000-Taschenlampenmodelle, darunter die Ausführung G. I, ist dabei u.a. durch drei um den oberen Bereich des tulpenförmigen Lampenkopfes gezogene, parallel zueinander angeordnete Ringe gekennzeichnet. Eben dieses besondere Gestaltungsmerkmal der A. 2000-Taschenlampen ist auch aus der in dem streitbefangenen Artikel der Antragsgegnerin verwendeten Fotografie des als Plagiat der "M." bezeichneten Taschenlampenmodells deutlich erkennbar. Zumindest ein nicht unerheblicher Teil des von dem Zeitungsartikel angesprochenen Publikums wird daher die auf der Fotografie abgebildete Lampe - wenn nicht als das Modell G. I - so doch jedenfalls als ein der A. 2000-Serie zugehöriges Modell erkennen und daher - was maßgeblich ist - als Produkt der Antragstellerin zuordnen. Der damit konkret auf das Unternehmen der Antragstellerin bezogene Plagiatsvorwurf entfaltet unbestreitbar aber eine diskriminierende Wirkung, da ihm als Wirtschaftunternehmen die Fähigkeit, aus eigener Kraft ein attraktives Produkt zu gestalten, abgesprochen und überdies ein in wettbewerblicher Hinsicht zumindest beanstandungswürdiges Verhalten unterstellt wird. Zugleich begründet dies die Gefahr, dass sich etwaige unter den Lesern des Artikels befindliche Einzelhändler von dem Produkt der Antragstellerin abwenden oder dieses erst überhaupt nicht in ihr Sortiment aufnehmen, da sie eben wegen des Plagiatsvorwurfs möglicherweise damit rechnen, unmittelbar auf Unterlassung des Inverkehrbringens des angeblichen Plagiats sowie ferner auf Auskunft und Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Denn selbst wenn der Plagiatsvorwurf im Sinne der Interpretation der Antragsgegnerin lediglich pauschal als "Annäherung" an eine fremde Gestaltungsform oder auch nur an eine fremde Idee verstanden wird, birgt das Inverkehrbringen eines Plagiats das Risiko eines aus wettbewerblicher Sicht zumindest beanstandungswürdigen Verhaltens und damit der Inanspruchnahme durch den Hersteller des "plagiierten" Produkts, was allein schon eine Unsicherheit und ein wirtschaftliches Risikopotential hervorrufen kann, die geeignet sind, einen potentiellen Abnehmer (Einzelhändler) vom Bezug eines solchen Erzeugnisses Abstand nehmen zu lassen.

Wohnt somit der in bezug auf ein als Produkt der Antragstellerin identifizierbares Erzeugnis vorgenommenen Einordnung als Plagiat zwar das Potential zur Herabsetzung der Geschäftsehre sowie zur Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Erwerbs und Fortkommens inne, liegen indessen die übrigen materiellen Voraussetzungen der Unterlassungstatbestände der §§ 824, 823, 1004 BGB nicht vor.

Die Vorschrift des § 824 BGB scheidet als Grundlage des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs schon deshalb aus, weil der infrage stehende, den Erwerb oder das Fortkommen der Antragstellerin beeinträchtigende Plagiatsvorwurf nicht als eine von dem Tatbestand des § 824 BGB aber allein erfasste Tatsachenbehauptung, sondern nach dem konkreten Textzusammenhang des in Frage stehenden Artikels als Meinungsäußerung zu verstehen ist.

Die Abgrenzung zwischen Werturteilen und Tatsachenbehauptungen kann im Einzelfall schwierig sein, da häufig beide Äußerungsformen miteinander verbunden werden und erst gemeinsam den Sinn einer Äußerung ausmachen. Wesentlich für die Einstufung einer Aussage als Tatsachenbehauptung ist, ob die Aussage einer objektiven Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Der weit zu verstehende Begriff der Meinungsäußerung bzw. des Werturteils wird demgegenüber durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt, die je nach Standpunkt entweder als falsch oder als richtig abgelehnt werden kann. Werden in einer Aussage sowohl tatsächliche Elemente als auch solche der Meinung verbunden, ist für die Einordnung des Gesamtcharakters maßgeblich darauf abzustellen, ob die Aussage insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder des Meines geprägt ist - dann ist sie als Meinungsäußerung bzw. als Werturteil zu behandeln - oder ob es vordergründig um den einem Beweis als wahr oder unwahr zugänglichen objektiven tatsächlichen Gehalt der Aussage geht, was die Äußerung insgesamt als Tatsachenbehauptung einordnen lässt. Ersteres ist hier der Fall.

Der Begriff des Plagiats wird - worauf die Antragstellerin unter Vorlage diverser Belegstellen zutreffend hinweist - sowohl in Sprachlexika als auch im juristisch geschulten Sprachgebrauch als Diebstahl geistigen Eigentums bzw. als bewusste - vollständige oder teilweise - Aneignung einer fremden, in aller Regel urheberechtlich geschützten Vorlage verstanden. Indessen schöpft diese Definition das mit dem Begriff des Plagiats verbundene Wortverständnis nicht aus. Denn selbst exakt definierten Rechtsbegriffen kann im alltäglichen Sprachgebrauch eine abweichende Bedeutung zugewiesen werden (z.B. "Eigentum"; "Besitz", "Leihe", "Nötigung" u.s.w.). Werden solche Begriffe in der öffentlichen Auseinandersetzung verwendet, kann ihnen daher nicht ohne weiteres der fachlich-technische Sinngehalt entnommen werden, sondern muss je nach den Umständen ermittelt werden, ob eine "technische" oder "alltagssprachliche" Begriffsverwendung vorliegt (vgl. BVerfG 1992, 1439/1441). Die Antragsgegnerin hat durch Vorlage verschiedener, hauptsächlich dem Internet entstammender Beiträge (Anlagen AG 17 ff ) dabei auch einen faktischen Sprachgebrauch dokumentiert, der den Begriff des "Plagiats" unspezifisch als "Nachahmung einer fremden Leistung/eines fremden Vorbilds" verwendet. Von der Zeitschrift der Antragsgegnerin werden auch nicht nur solche Adressaten angesprochen, die den Begriff des Plagiats ausschließlich i.S. der vorbezeichneten fachlich umrissenen Definition verstehen. Vielmehr wendet die Antragsgegnerin sich auch an ein solches Publikum, dem diese Definition entweder nicht ohne weiteres geläufig ist oder das sich - jedenfalls in seinem alltäglichen Sprachgebrauch - über diese fachspezifische Definition hinwegsetzt oder das umfassend über die begriffliche Definition und den Sprachgebrauch des Wortes "Plagiat" informiert ist und im Einzelfall - je nach dem faktischen Verwendungszusammenhang - über dessen konkreten Aussagegehalt entscheidet. In beiden Versionen wohnen dem Begriffsverständnis des Wortes "Plagiat" zwar wertende Elemente inne, da sowohl dem Tatbestand einer Aneignung als auch dem der Nachahmung einer fremden Gestaltungs- und Ausdrucksformen durchaus das subjektiv bewertende Element der "Ähnlichkeit" innewohnt. In der ersten, an einer weitaus präziseren Definition orientierten Begriffsvariante tritt dieses subjektive Element jedoch zu Gunsten des stärker an den tatsächlichen Verhältnissen orientierten Aussagegehalts zurück. Bei der zweiten, auf einem weitaus unpräziseren und vagen Begriffsverständnis beruhenden Ausdrucksvariante steht demgegenüber das Moment der individuellen Bewertung, nämlich das der subjektiven Einschätzung des Grades der Annäherung im Vordergrund. Nach dem maßgeblichen, die Beurteilung des Aussagehalts beeinflussenden Kontext des streitbefangenen Artikels, ist der hier zu beurteilende Plagiatsvorwurf erkennbar aber im Sinne der letztgenannten alltagssprachliche Begriffsverwendung gebraucht und die Aussage insgesamt als Meinungsäußerung zu qualifizieren. Die Aussage, bei dem abgebildeten, für eine erheblichen Teil der Adressaten als A. 2000-Modell der Antragstellerin identifizierbaren Taschenlampe handele es sich um das Plagiat einer M.-Lampe, steht nicht für sich allein, sondern wird vor dem Hintergrund der Ereignisse formuliert, welche die Redaktion zu dem Urteil eines "Plagiats" geführt hat. Der Plagiatsvorwurf beruht danach auf der Ähnlichkeit der äußeren Form ("...die abgebildete Lampe sah aus wie eine M...."; "...die Lampe links sieht nur so aus...") sowie ferner auf dem Umstand, dass die auf dem seinerzeit von dpa bezogenen Foto abgebildete Lampe der Antragstellerin in der Bildunterschrift mit "M." bezeichnet worden war. Der Plagiatsvorwurf stellt sich danach als das Ergebnis eines zusätzlich durch die erwähnte dpa-Bildunterschrift beeinflussten bewertenden Vergleichs des äußeren Erscheinungsbildes zweier Produkte durch die Redaktion dar, dessen tatsächlichen Grundlagen dem Leser/Betrachter zusätzlich mitgeteilt werden. Im Vordergrund der Aussage, dass es sich um ein Plagiat handele, stehen indessen nicht diese tatsächlichen Gegebenheiten als Grundlage der Bewertung. Das Schwergewicht der Aussage liegt vielmehr auf der Bewertung dieser Grundlagen, die lediglich ergänzend zu dem im Vordergrund stehenden Ergebnis eines subjektiven Urteils präsentiert werden, das - bei Wahrnehmung der nämlichen Produktabbildungen - durchaus auch anders ausfallen könnte. Dies würdigend sind die in der fraglichen, das Produkt der Antragstellerin als Plagiat einordnende Aussage enthaltenen wertenden und tatsächlichen Elemente derart vermengt, dass das Schwergewicht auf der subjektiven Beziehung des Aussagenden zu dem Objekt der Begutachtung, mithin durch das Element der Stellungnahme geprägt ist, so dass diese insgesamt als Werturteil bzw. Meinungsäußerung zu behandeln ist. Danach scheidet aber ein Unterlassungsanspruch aus den §§ 1004, 824 BGB aus, weil die Anwendbarkeit der letztgenannten Bestimmung die Behauptung oder Verbreitung eines Tatsache voraussetzt. Im Ergebnis Gleiches gilt für einen Unterlassungsanspruch aus den §§ 1004, 823 BGB, der nicht auf geschäftsehrverletzende Tatsachenbehauptungen beschränkt ist, sondern auch Meinungsäußerungen sowie - unter dem Gesichtspunkt des Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - die betriebsbezogene Verbreitung geschäftsschädigender Werturteile umfasst. Ein auf die genannten Gesichtspunkte gestützter Unterlassungsanspruch scheitert, weil die Antragsgegnerin sich in bezug auf den innerhalb des streitbefangenen Presseartikels erhobenen Plagiatsvorwurf jedenfalls auf das ihr nach Maßgabe von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zur Seite stehende Recht der freien Meinungsäußerung berufen kann (vgl. BverfG NJW 1992, 1439), ein etwaiger Eingriff in die nach § 823 BGB geschützten Rechtspositionen der Antragstellerin damit jedenfalls nicht widerrechtlich geschehen ist.

Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Meinungen genießen den Schutz des Grundrechts, ohne dass es darauf ankäme, ob die Äußerung wertvoll oder wertlos, "richtig" oder "falsch", begründet oder grundlos, emotional oder rational ist. Auch scharfe oder übersteigerte Äußerungen fallen grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Allerdings ist das Recht der Meinungsfreiheit nicht unbegrenzt gewährleistet. Nach Art. 5 Abs. 2 GG findet es seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, darunter auch der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Ehre. Jedoch sind grundrechtsbeschränkende Vorschriften des einfachen Rechts wiederum im Lichte des eingeschränkten Grundrechts auszulegen, damit dessen wertsetzende Bedeutung für das einfache Recht auch auf der Rechtsanwendungsebene zur Geltung kommt. Im Rahmen der auslegungsfähigen Tatbestandsmerkmale der einfachrechtlichen Vorschriften hat dies regelmäßig zu einer fallbezogenen Abwägung zwischen der Bedeutung der Meinungsfreiheit und dem Rang des durch die Meinungsäußerung beeinträchtigten Rechtsguts zu führen, welches das einfache Recht schützen will. Dabei ist zu beachten, dass selbst scharfe und überspitzte Formulierungen für sich genommen eine schädigende Äußerung noch nicht unzulässig machen. Gerade dann, wenn es sich um Beiträge zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit berührenden Frage handelt, spricht die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede. Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, hat eine solche Äußerung als Schmähung regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzutreten (BVerfG NJW 1996, 1131/1133; BVerfG NJW 1987, 2225/2226 - jeweils m.w.N.). Bei der danach vorzunehmenden Abwägung ist aber ebenfalls dem Charakter der in Frage stehenden Aussage selbst Rechnung zu tragen: Werden tatsächliche und wertende Elemente in einer Äußerung so vermengt, dass diese insgesamt als Werturteil anzusehen ist, kann der Richtigkeit der tatsächlichen Bestandteile durchaus eine Bedeutung zukommen. Denn auch wenn Tatsachenbehauptungen nicht von vornherein außerhalb des Schutzes von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG stehen, sind sie Einschränkungen im Interesse anderer Rechtsgüter leichter zugänglich als Meinungsäußerungen und kann für die Verbreitung unwahrer Tatsachen das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG grundsätzlich nicht beansprucht werden . Diese Erwägung hat bei der Beurteilung einer aus tatsächlichen und wertenden Elementen vermengten Aussage Berücksichtigung zu finden. Enthält die Meinungsäußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so wird daher regelmäßig das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurückzutreten haben (BVerfG NJW 1992, 1439/1441). Allerdings ist in einem solchen Fall zu beachten, dass an die Wahrheitspflicht betreffend den tatsächlichen Gehalt keine Anforderungen gestellt werden dürfen, welche die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen und so insgesamt auf die Meinungsfreiheit einschnürend wirken können (BVerfG NJW 1992, 1439, 1440/1441).

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die in dem Pressebeitrag enthaltene Aussage, dass es sich bei der abgebildeten Taschenlampe aus der A. 2000-Serie der Antragstellerin um ein Plagiat der "M." handele, von dem Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit der Antragsgegnerin gedeckt. Die Antragsgegnerin bezieht sich in dem streitbefangenen Beitrag auf einen vorangegangenen Artikel ("Grenzen für dreidimensioanle Marken") und stellt diesen in die öffentliche Diskussion zum Schutz bestimmter Warenformen vor Nachahmungen ein. Das Bedürfnis und ein daraus sich herleitendes berechtigtes Interesse der Presse, in der Öffentlichkeit Fragen der Marken- und Produktpiraterie anzusprechen, kann angesichts der volkswirtschaftlichen Schäden und der ebenfalls berührten Belange der Verbraucher nicht zweifelhaft sein. Innerhalb des durch die Wahrnehmung dieses berechtigten Interesses gezogenen Rahmens bewegt sich der hier zu beurteilende Pressebeitrag einschließlich der darin in bezug auf das Produkt der Antragstellerin geäußerten Einschätzung, dass es sich dabei um ein Plagiat einer "M."-Taschenlampe handele. Denn dass einzelne - der betrieblichen Herkunft nach ggf. identifizierbare - Produkte beispielhaft abgebildet und/oder namhaft gemacht werden, um die Befassung mit dem Thema von der rein abstrakten Ebene zu lösen und für den Leser möglichst zu veranschaulichen, entspricht dem Anliegen einer Presseberichterstattung, die sich, um ihrem Auftrag, zur Meinungsbildung in Fragen von öffentlichem Belang möglichst wirkungsvoll beitragen zu können, im Interesse der Auseinadersetzung mit einem bestimmten Thema auch illustrativer Mittel bedienen darf. Dass der Abbildung des als ein solches der Antragstellerin identifizierbaren Produkts lediglich beispielhafter Charakter für die Demonstration der Grundthematik des "Schutzes bestimmter charakteristischer Warengestaltungen vor Nachahmungen" zukommt, geht aus dem Artikel im übrigen auch hervor. Denn es wird nicht nur die "Geschichte" der konkreten Produktabbildung bzw. der Umstände geschildert, wie die Abbildung in den vorangegangenen Artikel geriet, sondern daraus geht hervor, dass die Abbildung für diesen ersten Artikel von einer Pressagentur mit Bildunterschrift versehen bezogen worden war, so dass seinerzeit grundsätzlich auch ein anderes Produkt für die Veranschaulichung der damaligen, auch noch anhand anderer Warenformen (Gabelstapler, "RADO"-Uhren) als der "M."-Taschenlampen dargestellten Thematik hätte gewählt werden können, die Bildauswahl in diesem Sinne daher "zufällig" war. Wenn sich der hier zu beurteilende - spätere - Pressebeitrag vor diesem Hintergrund mit der Abbildung gerade der Taschenlampe der Antragstellerin befasst, um letztlich eine "Richtigstellung" des vorangegangenen Artikels herbeizuführen bzw. zu erläutern, dass es sich bei der Abbildung entgegen der ursprünglichen Darstellung nicht um eine "M.", sondern um eine als Plagiat bezeichnete andere Taschenlampe handelt, welche die Redaktion indessen u.a. wegen der Ähnlichkeit versehentlich für eine M. gehalten und damit letztlich die behandelte Problematik der Thematik der "Nachahmung" am eigene Leibe gespürt habe, bewegt sich das noch innerhalb der Grenzen einer sachbezogenen Auseinandersetzung. Denn die Antragsgegnerin schildert die einzelnen, sie zu der Einschätzung des "Plagiats" veranlassenden Umstände wahrheitsgemäß vor dem Hintergrund der behandelten Thematik des "Schutzes vor Nachahmungen" und ermöglicht den Lesern dadurch letztlich, sich ein eigenes, von dieser Einschätzung abweichendes Urteil zu bilden. Die Grenze zu einer vordergründig das Produkt der Antragstellerin oder ihr Wirtschaftsunternehmen schmähenden Kritik ist damit nicht überschritten. Das gilt auch mit Blick die dem Plagiatsvorwurf zugrundeliegenden tatsächlichen Elemente. Dabei kann es dahinstehen, ob die äußere Erscheinungsform der abgebildeten A. 2000-Taschenlampe der Antragstellerin der Produktgestaltung der in verschiedenen Ausführungen angebotenen M.-Taschenlampen tatsächlich in einem Maße angenähert ist, dass sie - sei es in der fachlich-juristischen Terminologie, sei es im alltagssprachlichen Wortgebrauch - die Einordnung als "Plagiat" verdient. Denn die Antragstellerin hat jedenfalls das ihr Zumutbare getan, um sich mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln vom Wahrheitsgehalt der dem geäußerten Plagiatsvorwurf zugrundeliegenden tatsächlichen Umstände zu überzeugen. Auch wenn der Presse insoweit besondere Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Recherche des Wahrheitsgehaltes der von ihnen übermittelten Tatsachen auferlegt sind, dürfen diese Anforderungen nicht überspannt werden und kann ihr stets nur die mit ihren Mitteln einzuhaltende "pressemäßige" Sorgfalt abverlangt werden (BVerf NJW 1987, 2225/2226; BVerfG 1996, 1131/1133). Vorliegend hat die Antragstellerin die Einschätzung, dass es sich bei der abgebildeten A. 2000-Taschenlampe um ein Plagiat einer "M."-Taschenlampe handele, nicht nur auf der Grundlage der eine Produktverwechslung demonstrierenden Bildunterschrift eines von dpa - einer renommierten Presseagentur - bezogenen Fotos, sondern auf der danach ebenfalls ersichtlichen Produktähnlichkeit getroffen. Weitergehende Recherchen etwa dahingehend, ob die von dpa stammende Bezeichnung der abgebildeten Lampe zutrifft oder die Inaugenscheinsnahme der jeweiligen Originalprodukte können der Antragsgegnerin als Presseunternehmen ebensowenig abverlangt werden, wie etwa die Einholung gutachterlicher Stellungnahmen zu der Frage, ob die vorliegende Produktähnlichkeit das Urteil des "Plagiats" trägt. Dies alles würdigend hat das von der Aussage, dass es sich bei dem abgebildeten A. 2000-Produkt um das Plagiat einer M. handele, beeinträchtigte Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin als Wirtschaftsunternehmen sowie ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb hinter das Recht der Antragsgegnerin auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten mit der Folge, dass auf Seiten der Antragsgegnerin keine widerrechtliche Verletzungshandlung i.S. des Unterlassungstatbestandes der §§ 1004, 823 BGB vorliegt.

Die das Beschwerdeverfahren betreffende Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Beschwerdewert entspricht der Summe der in erster Instanz angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.

Ende der Entscheidung

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