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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 23.06.1999
Aktenzeichen: 6 W 12/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 a Abs. 2
ZPO § 567 ff
ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 926 Abs. 2
ZPO § 926 Abs. 1
ZPO § 270 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

6 W 12/99 28 O 216/98 LG Köln

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, von Hellfeld und Schütze

am 23.06.1999 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 11. Januar 1999 - 28 O 216/98 - wie folgt abgeändert:

Die Kosten des in der Hauptsache einvernehmlich zur Erledigung gebrachten Aufhebungsverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Gründe:

Die gem. §§ 91 a Abs. 2, 567 ff ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg. Sie führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Abänderung der angefochtenen landgerichtlichen Entscheidung. Die Belastung der Antragsgegnerin mit den Kosten des übereinstimmend erledigten Aufhebungsverfahrens entspricht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen (§ 91 a Abs. 1 ZPO). Denn die Antragstellerin wäre ohne die einvernehmlich herbeigeführte Erledigung aller Voraussicht nach in dem von ihr nach Maßgabe von § 926 Abs. 2 ZPO betriebenen Aufhebungsverfahren unterlegen. Ihr - zulässiger - Antrag, die von der Antragstellerin erwirkte Beschlussverfügung wegen ungenutzten Verstreichens der gem. § 926 Abs. 1 ZPO gesetzten Frist zu Erhebung der Hauptsacheklage aufzuheben, war unbegründet.

Der Antrag, eine einstweilige Verfügung wegen Verstreichens der dem Antragsteller des einstweiligen Verfügungsverfahrens gesetzten Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage aufzuheben, ist begründet, wenn die Hauptsacheklage nicht rechtzeitig innerhalb dieser Frist erhoben wurde (vgl. für viele: Zöller-Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., Rdnr. 24 zu § 926 ZPO). Fristgerecht erhoben ist auch eine solche Klage, die noch innerhalb der Klagefrist eingereicht und - nach Fristende - im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO "demnächst" zugestellt worden ist (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Auf., Rdnr. 82 zu § 25 UWG; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., 56. Kapitel, Rdnr. 18; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., Rdnr. 12 zu § 926 ZPO - jeweils m.w.N.; a.A.: OLG Frankfurt am Main GRUR 1987, 650/651). So liegt der Fall hier: Die am 16.12.1998 erfolgte Zustellung der von der Antragstellerin am letzten Tag der Klagefrist, nämlich am 08.11.1998 eingereichten Hauptsacheklage ist als "demnächst" im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO anzusehen mit der Folge, dass die nach Maßgabe von § 926 Abs. 1 ZPO gesetzte Frist bereits im Zeitpunkt des Einreichens des Aufhebungsantrags am 05.12.1998 gewahrt, dieser Antrag daher - ohne die Erledigung des Aufhebungsverfahrens - als unbegründet zurückzuweisen gewesen wäre.

Allerdings trifft es zu, dass eine Klage nur dann nach den Maßstäben des § 270 Abs. 3 ZPO "demnächst" zugestellt worden ist, wenn die Klagepartei oder ihr Prozessbevollmächtigter alles Erforderliche und Gebotene getan hat, um für eine einstweilige Zustellung Sorge zu tragen (vgl. BGH NJW 1992, 1820; Zöller/Greger, a.a.O., Rdnr. 7 zu § 270). Beruht eine nicht nur ganz geringfügige Verzögerung der Klagezustellung indessen auf dem nachlässigen Verhalten der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten, dann tritt die Wirkung des § 270 Abs. 3 ZPO mangels als "demnächst" anzuerkennender Zustellung nicht ein (vgl. BGH NJW 1991, 1745/1746 m.w.N.). Eine solche Nachlässigkeit kann der Antragstellerin und ihrem Verfahrensbevollmächtigten im Streitfall jedoch nicht angelastet werden. Allein der Umstand, dass die Klage zur Hauptsache erst am letzten Tag der Frist eingereicht worden ist, vermag dabei eine der Antragstellerin nach den vorbezeichneten Maßstäben vorwerfbare Verzögerung nicht zu begründen. Denn im Grundsatz darf jede Frist voll ausgeschöpft werden und sind der klagenden Partei nur solche Umstände als eine die Wirkung des § 270 Abs. 3 ZPO hindernde Verzögerung anzulasten, die nach Ablauf der zu wahrenden Frist eintreten (BGH NJW 1986, 1347; BGH MDR 1984, 665). Gleiches gilt, soweit die Antragstellerin bzw. ihr Verfahrensbevollmächtigter den für die Zustellung der Klage in aller Regel erforderlichen Gerichtskostenvorschuss nicht gleichzeitig mit dem Einreichen der Klageschrift eingezahlt, sondern zunächst die Anforderung seitens der Gerichtskasse abgewartet hat. Die klagende Partei darf eine solche Kostenanforderung des Gerichts grundsätzlich zunächst abwarten, so dass es ihr nicht als eine die Klagezustellung hinauszögernde Nachlässigkeit vorgeworfen werden kann, wenn sie den Gerichtskostenvorschuss nicht von sich aus einzahlt, was zumal dann gilt, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Bezifferung dieses Vorschusses auf einer bloßen Schätzung des letztlich noch durch das Gericht festzusetzenden Gegenstandswertes beruht. Eine vorwerfbare Verzögerung ist der klagenden Partei nur dann anzulasten, wenn sie nach einer unangemessen lange Zeit ausgebliebenen Kostenanforderung des Gerichts untätig bleibt bzw. auf eine eingehende Anforderung hin nicht unverzüglich reagiert und den Vorschuss einzahlt. Die Antragstellerin hat vorliegend jedoch in angemessener Zeit alles getan, um für eine unverzügliche Zustellung der Hauptsacheklage Sorge zu tragen. Sie hat nach der am 20.11.1998, also in angemessener Zeit, erfolgten Anforderung des Kostenvorschusses unter dem Datum des 23.11.1998 bei ihrer Bank den Kostenvorschuss zur Zahlung angewiesen, der ausweislich der Zahlungsanzeige am 30.11.1998 bei Gericht einging. Dass die Klage dann erst am 16.12.1998, mithin erst zwei weitere Wochen später an die Antragsgegnerin zugestellt wurde, beruht nicht auf der Nachlässigkeit der Antragstellerin. Sie hat vielmehr von ihrer Seite aus in angemessener Zeit das Zumutbare und Erforderliche getan, um für eine alsbaldige Zustellung ihrer fristgerecht eingereichten Klageschrift, mithin für die Wahrung der Klagefrist des § 926 Abs. 1 ZPO Sorge zu tragen.

Wurde aber die Klage zur Hauptsache rechtzeitig innerhalb der gem. § 926 Abs. 1 ZPO gesetzten Klagefrist eingereicht und demnächst im Sinn von § 270 Abs. 3 ZPO zugestellt, so ist für den Zeitpunkt der "Erhebung der Hauptsacheklage" auf den 08.11.1998 abzustellen, so dass sich der am 5. Dezember 1998 eingegangene Antrag der Antragsgegnerin, die einstweilige Verfügung wegen Nichtwahrung der gem. § 926 Abs. 1 ZPO gesetzten Klagefrist aufzuheben, bereits zu diesem Zeitpunkt als unbegründet erweist.

Die sich daraus ergebende, die Antragsgegnerin mit den Kosten des Aufhebungsverfahrens belastende Kostenfolge entspricht dabei auch der Billigkeit. Denn auch wenn die Antragsgegnerin sich mit bei Gericht am 1. Dezember 1998 eingegangenem Schriftsatz vom 17.08.1998 danach erkundigt hat, ob die Hauptsacheklage bereits zugestellt worden ist, bzw. bis wann mit einer solchen Zustellung zu rechnen ist, kann es - entgegen den allerdings sorgfältig begründeten Ausführungen des Landgerichts - nicht der Antragstellerin, die zu diesem Zeitpunkt bereits alles Erforderliche getan hatte, um für eine alsbaldige Zustellung Sorge zu tragen, angelastet werden, dass die bereits am 30.11.1998 eingegangene Zahlung aufgrund gerichtsinterner Vorgänge erst am 10. Dezember 1998 bei der zuständigen Kammer des Landgerichts angezeigt worden ist. Vor diesem Hintergrund trifft vielmehr die Antragsgegnerin als Klägerin des Aufhebungsverfahrens das Risiko, dass in der der Einwirkungsmöglichkeit der Antragstellerin entzogenen Sphäre Verzögerungen der Zustellung der fristgerecht eingereichten Klageschrift eintreten, wobei die Zeitspanne von fünf Wochen zwischen Einreichen der Klageschrift und ihrer Zustellung auch aus der Sicht der Antragsgegnerin nicht der prozessualen Unüblichkeit entspricht. In dieser Situation entspricht es der Billigkeit, die Antragsgegnerin mit dem Kostenrisiko zu belasten, dass sich ihr am 05.12.1998 bei Gericht eingereichter Aufhebungsantrag wegen der "demnächst" erfolgten Zustellung der Klage zur Hauptsache und der gem. § 270 Abs. 3 ZPO damit verbundenen Rückbeziehung als unbegründet herausstellt. Sie hätte diesem Risiko begegnen können, wenn sie sich - sei es bei Gericht, sei es bei dem gegnerischen Anwalt - vor Erhebung der Aufhebungsklage erkundigt hätte, ob die Antragstellerin die Hauptsacheklage eingereicht hatte.

Die Kosten das nach alledem erfolglosen Beschwerdeverfahrens hat ebenfalls die Antragsgegnerin zu tragen (§ 91 ZPO).

Ende der Entscheidung

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