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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 25.05.2000
Aktenzeichen: 6 W 21/00
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 793 Abs. 1 | |
ZPO § 890 Abs. 1 | |
ZPO § 890 | |
ZPO § 891 Satz 3 | |
ZPO § 91 Abs. 1 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS
6 W 21/00 81 O 213/99 SH I LG Köln
In dem Zwangsvollstreckungsverfahren
pp.
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, von Hellfeld und Pietsch
am 25. Mai 2000
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Landgerichts Köln vom 20.01.2000 - 81 O 213/99 SH I - teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Schuldnerin wird wegen Zuwiderhandlung gegen das durch die einstweilige Verfügung der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 22.10.1999 - 31 O 1035/99 - ausgesprochene Unterlassungsgebot zu einem Ordnungsgeld in Höhe von
200.000,00 DM
verurteilt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen hat die Schuldnerin zu tragen.
Gründe:
Die gemäß § 793 Abs. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nur im vorstehend tenorierten Umfange begründet. Der Schuldnerin fällt ein schuldhafter Verstoß gegen das ihr in der einstweiligen Verfügung der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 22.10.1999 ausgesprochene Verbot zur Last. Bei Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände ist indes eine Reduzierung des durch den angefochtenen Beschluss auf 500.000,00 DM festgesetzten Ordnungsgeldes auf 200.000,00 DM gerechtfertigt.
Der objektive Verstoß der Schuldnerin gegen das Unterlassungsgebot der ihr am 28.10.1999 zugestellten einstweiligen Verfügung ist evident: Denn die CD-Rom, die den von der Gläubigerin in ihrer Antragsschrift vom 22.11.1999 genannten Personen im November 1999 zugegangen sind, enthalten allesamt auf der CD selbst, auf der Umschlaginnenseite der Verpackung und auf dem Beilagenblatt die mit der einstweiligen Verfügung in der konkreten Verletzungsform verbotene Angabe "der premium Online-Dienst". Diese Zuwiderhandlung beruht auf einem schuldhaften Verhalten der Schuldnerin, zumindest, soweit die den Zeugen Dr. W. und E. am 08. und 11.11.1999 zugegangenen CD-Rom's in Rede stehen. Dass die Schuldnerin vorgetragen hat, sie habe diese CD-Rom's nebst Verpackung und Beilagenblatt schon vor dem 28.10.1999 versandt, die CD-Rom's seien am 24.08.1999 bestellt worden, bereits am 26.08.1999 sei der sog. Lettershop mit der Versendung der CD's beauftragt worden, der Zugang der CD-Rom's erst am 08. bzw. 11.11.1999 erkläre sich mit langen Postlaufzeiten, entlastet sie nicht. Dabei ist in rechtlicher Hinsicht davon auszugehen, dass das Verschulden als Vollstreckungsvoraussetzung für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach § 890 Abs. 1 ZPO grundsätzlich vom Gläubiger zu beweisen ist. Das bedeutet aber nicht, dass es nunmehr Sache der Gläubigerin wäre, hinsichtlich des Verschuldens Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, die ihr nicht bekannt sein können. Denn ungeachtet der Frage, ob eine vorliegende Verletzungshandlung, sei sie erwiesen, sei sie unstreitig, eine Beweislastumkehr oder eine Beweisvermutung zugunsten des Gläubigers mit der Folge bewirkt, dass sich der Schuldner zu entlasten hätte (zu dieser in der Rechtsprechung und Literatur umstrittenen Frage vgl. die Nachweise bei Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Auflage 1997, Kapitel 57 Rdnr. 28, dort Fußnote 91), herrscht in der Rechtsprechung und dem juristischen Schrifttum auch unter denjenigen, denen die vorgenannte Auffassung wegen des repressiven Charakters der Ordnungsmittel des § 890 ZPO zu weit geht, jedenfalls Einigkeit, dass die Beweisführungslast des Gläubigers in der Praxis durch eine tatsächliche Vermutung oder einen Anscheinsbeweis für das Vorliegen bestimmter schuldbegründender Umstände erheblich erleichtert wird (vgl. hierzu Teplitzky, a.a.O., Rdnr. 28 m.w.N.). So liegt es hier. Wenngleich es möglich erscheint, dass die dem Zeugen R. in F. am 02.11.1999 zugegangene CD-Rom vor der am Donnerstag, dem 28.10.1999, um 14.30 Uhr erfolgten Zustellung der einstweiligen Verfügung zur Versendung gebracht worden ist, weil zwischen Zustellung und Zugang der CD-Rom ein Wochenende lag und der darauffolgende Montag ein Feiertag war, widerspricht es jedweder Lebenserfahrung, dass eben die beiden CD-Rom's, die die Zeugin Rechtsanwältin Dr. W. am 08.11.1999 in H. und den Zeugen E. am 11.11.1999 in B. erreicht haben, bereits vor Zustellung der einstweiligen Verfügung versandt worden sein könnten. Derart lange Postlaufzeiten von bis zu 14 Tagen sind so ungewöhnlich, dass im Streitfall alles für eine zeitnahe Versendung vor Zugang und gegen die Annahme spricht, die hier in Rede stehenden beiden CD-Rom's könnten sich bereits vor dem 28.10.1999 im Postlauf befunden haben. Bei dieser Sachlage wäre es aber Sache der Schuldnerin gewesen, Tatsachen vorzutragen, die zur Entkräftung dieser aus der Lebenserfahrung folgenden tatsächlichen Vermutung führen könnten. Hieran fehlt es. Der Vortrag der Schuldnerin beschränkt sich im Kern auf die Behauptung, sie habe sich bei der Verwendung der nach dem unbestrittenen Sachvortrag der Gläubigerin massenhaft ausgesandten CD-Rom der Hilfe des sog. Lettershop bedient, dieser sei bereits am 26.08.1999 mit der Versendung beauftragt worden, Stichproben hätten Postlaufzeiten von über drei Wochen im Einzelfall ergeben.
Ist im Streitfall demgemäß in tatsächlicher Hinsicht von einer Versendung von CD-Rom's, die die mit der einstweiligen Verfügung verbotene Angabe "der premium Online-Dienst" enthalten, auch nach dem 28.10.1999 auszugehen, gereicht es der Schuldnerin zum Vorwurf, dass sie in Kenntnis aller Umstände die weitere Aussendung der CD-Rom's auch nach Zustellung der einstweiligen Verfügung hingenommen hat, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, das gerichtliche Gebot zu beachten. Mit dem Landgericht geht deshalb auch der Senat davon aus, dass einiges für ein vorsätzliches Handeln der Schuldnerin spricht, dass jedenfalls aber ein leichtfertiges, rechtlich als grob fahrlässig einzustufendes Verhalten vorliegt, dass die Verhängung eines hohen und fühlbaren Ordnungsgeldes rechtfertigt und gebietet. Wenngleich das Verschulden der Schuldnerin schwer wiegt und das Landgericht seiner Entscheidung zutreffend den von der Schuldnerin nicht bestrittenen Sachvortrag der Gläubigerin zugrundegelegt hat, dass es sich um eine Massenaussendung gehandelt hat, fällt jedoch zugunsten der Schuldnerin ins Gewicht, dass es sich um einen ersten, rechtlich vom Landgericht zutreffend als eine einzige Handlung gewerteten Verstoß der Schuldnerin gegen das Unterlassungsgebot handelt. Außerdem darf der Schuldnerin bei der Ordnungsmittelzumessung nicht zur Last gelegt werden, dass sie bereits ein anderes auf Antrag der Gläubigerin in einem anderen einstweiligen Verfügungsverfahren tituliertes Unterlassungsgebot schuldhaft nicht beachtet hat. Denn dieser Verstoß ist bereits abschließend dadurch geahndet worden, dass das Landgericht in dem Ordnungsgeldverfahren 81 O 162/99 SH I durch seinen der Schuldnerin am 08.11.1999 zugestellten, zwischenzeitlich rechtskräftigen Beschluss vom 29.10.1999 ein Ordnungsgeld in Höhe von 300.000,00 DM verhängt hat. Unter Berücksichtigung der für die Ordnungsmittelfestsetzung geltenden Bemessungsfaktoren, die der Senat in seiner das Zwangsvollstreckungsverfahren 81 O 162/99 SH I LG Köln abschließenden Beschwerdeentscheidung genannt hat, ist der Senat der Auffassung, dass zwar nur die Verhängung eines empfindlichen Ordnungsgeldes geeignet ist, die Schuldnerin nachhaltig zu veranlassen, künftig die Einhaltung des titulierten Unterlassungsgebotes zu gewährleisten, dass es aber hierfür einer vollständigen Ausschöpfung des zur Verfügung stehenden Ordnungsmittelrahmens nicht bedarf. Vielmehr erscheint dem Senat die Verhängung eines Ordnungsgeldes von 200.000,00 DM notwendig, aber auch ausreichend, um einerseits den begangenen Verstoß zu ahnden und andererseits die Schuldnerin nachhaltig davor zu warnen, erneut gegen das Unterlassungsgebot zu verstoßen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 891 Satz 3, 91 Abs. 1 ZPO. Die Schuldnerin hat die Kosten des Verfahrens trotz der teilweisen Änderung der Entscheidung in voller Höhe zu tragen, weil der unbezifferte Antrag der Gläubigerin auf Festsetzung eines empfindlichen Ordnungsmittels auch im Beschwerdeverfahren erfolgreich geblieben ist. Der Umstand, dass der Senat ein geringeres Ordnungsgeld für angemessen hält als die Kammer, rechtfertigt eine teilweise Belastung der Gläubigerin mit Kosten nicht, zumal sich der Sachvortrag der Gläubigerin in seinen wesentlichen Teilen nicht geändert hat.
Der Beschwerdewert wird auf 500.000,00 DM festgesetzt. Er beläuft sich auf die Höhe des vom Landgericht festgesetzten Ordnungsgeldes, weil für ihn das Interesse des Beschwerdeführers an der Aufhebung der Entscheidung maßgeblich ist (§ 12 Abs. 1 GKG und § 3 ZPO).
Ende der Entscheidung
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