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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 10.05.2006
Aktenzeichen: 6 W 52/06
Rechtsgebiete: ZPO, StGB


Vorschriften:

ZPO § 890
StGB §§ 53 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 15. März 2006 (31 O 708/04 SH I) teilweise abgeändert und das verhängte Ordnungsgeld auf 45.000,00 € (Fünfundvierzigtausend Euro) herabgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zu 3/4 der Beschwerdeführerin und zu 1/4 der Beschwerdegegnerin auferlegt.

Gründe:

I.

Die Schuldnerin hat eine ihr am 17.12.2004 zugestellte einstweilige Verfügung unter dem 10.03.2005 als endgültige Regelung anerkannt. In der einstweiligen Verfügung ist ihr untersagt worden, im geschäftlichen Verkehr zur Förderung des Vertriebs ihres Möbelprogramms unter der Überschrift "Top-Design zu Factory-Outlet-Preisen" und unter unmittelbarer bildlicher und/oder verbaler Bezugnahme auf vier namentlich genannte Designs folgende Aussagen zu verwenden: "Immer mehr Nobelmarken verkaufen wegen der schwierigen Marktsituation direkt ab Werk ... viele Bauhaus-Möbel ... sind jetzt im Direktvertrieb erhältlich", wobei eine Werbeanzeige, in welcher die vier genannten Möbel abgebildet waren, beispielhaft wiedergegeben war. Das Landgericht hatte in der Begründung des Verfügungsbeschlusses ausgeführt, die Antragstellerin habe glaubhaft gemacht, dass die eingeblendete Anzeige der Antragsgegnerin den Verkehr gemäß § 5 UWG irre führe, weil der Umworbene annehmen müsse, die Antragsgegnerin vertreibe in Kooperation mit der Antragstellerin von dieser hergestellte Möbel, was in Wahrheit jedoch nicht der Fall sei.

Auf Antrag der Gläubigerin hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung wegen Verstoß gegen das vorbezeichnete Unterlassungsgebot die Schuldnerin zu einem Ordnungsgeld von insgesamt 60.000,00 € verurteilt. Es hat dabei drei rechtlich selbstständige Verstöße zu Grunde gelegt, die es jeweils mit einem Ordnungsgeld von 20.000,00 € geahndet hat.

II.

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist nur insoweit begründet, als sie zu einer Reduzierung des Ordnungsgeldes hinsichtlich des zweiten und dritten ihr angelasteten Verstoßes auf 15.000,00 € bzw. 10.000,00 € führt.

1.

Die von der Schuldnerin geschalteten Anzeigen im Oktoberheft 2005 der Zeitschrift "S Magazin", in der November/Dezember Ausgabe 2005 der Zeitschrift "D W" und in der Ausgabe des Magazins "D " aus November 2005 sind mit der in der einstweiligen Verfügung beispielhaft wiedergegebenen Werbeanzeige so gut wie identisch. Das Landgericht hat diese drei Anzeigen rechtlich als eine Handlung angesehen und diesen Verstoß mit 20.000,00 € geahndet. Obgleich mit der sofortigen Beschwerde die vollständige Abweisung des Vollstreckungsantrages der Gläubigerin begehrt wird, hat die Schuldnerin im Beschwerdeverfahren nicht ausgeführt, warum insoweit der angefochtene Beschluss fehlerhaft sein sollte. Der Beschluss des Landgerichtes ist auch nach Auffassung des Senats in diesem Punkt zutreffend. Angesichts der in allen wesentlichen Einzelheiten identischen Werbeanzeigen ist auch die mit 20.000,00 € bemessene Höhe des Ordnungsgeldes nicht zu beanstanden.

2.

Die in den Tageszeitungen WRZ und NRZ - Samstagsausgabe - am 05.11.2005 erschienen Anzeigen hat das Landgericht zu einem rechtlich selbstständigen zweiten Verstoß zusammengefasst. In diesen beiden Anzeigen sind nicht die in der einstweiligen Verfügung genannten vier Möbelstücke abgebildet, sondern lediglich der Ledersessel "C". Die Anzeige enthält nicht die Überschrift "Top-Design zu Factory-Outlet-Preisen"; statt dessen heißt es: "Sensation: Bauhaus-Klassiker direkt vom Hersteller!" Wie die im Verfügungsbeschluss genannte Werbung heißt es auch in diesen Anzeigen, dass immer mehr Nobelmarken wegen der schwierigen Marktsituation direkt ab Werk verkauften und viele Bauhaus-Möbel jetzt im Direktvertrieb erhältlich seien.

Die Schuldnerin wendet vergeblich ein, dass die Anzeigen vom 05.11.2005 nicht in den Kernbereich des vom Gericht ausgesprochenen Verbotes fielen.

Der Einwand, es seien diesmal nicht alle vier Möbelstücke abgebildet worden, sondern nur der Ledersessel "C", geht fehl. Die im Verbotstenor wieder gegebene konkrete Verletzungsform wies - zufällig - vier Möbelstücke auf, deren Originalhersteller jeweils die Gläubigerin ist. Das Verbot war ausdrücklich damit begründet worden, dass die Werbung den irreführenden Eindruck erwecke, die Antragsgegnerin (=Schuldnerin) vertreibe in Kooperation mit der Antragstellerin (=Gläubigerin) von dieser hergestellte Möbel. Es war zweifelsfrei und konnte nicht missverstanden werden, dass die Irreführung nicht erst dann auftrat oder relevant wurde, wenn immer gleich vier Möbelstücke der Antragstellerin in der Anzeige abgebildet wurden.

Auch der geänderte Wortlaut der Überschrift führt aus dem Kernbereich des Verbots nicht heraus. In der angefochtenen Entscheidung ist zutreffend ausgeführt, das "Bauhaus-Klassiker" nichts anderes als eine Konkretisierung von "Top-Design" sei und dass auch die Wendung "direkt vom Hersteller" dem Sinne nach nichts anderes bedeute als "zu Factory-Outlet-Preisen". Mit anderen Worten wird der unveränderte Eindruck erweckt, man könne bei der Schuldnerin Originalmöbel unter Umgehung des autorisierten Fachhandels in Deutschland und deshalb zu niedrigeren Preisen erwerben. Es ist daher ein Anwendungsfall der Lehre vom Kernbereich gegeben. Gerichtliche Verbote sollen nicht dadurch unterlaufen werden können, dass ein Austausch einzelner Worte bei unveränderter Beibehaltung des Aussagesinnes schon aus dem Untersagungstenor herausführt.

Der Senat konzediert indessen ein gewisses Bemühen, eine identische Wiederholung der mit der einstweiligen Verfügung untersagten Werbung zu vermeiden. Er hält insoweit eine Reduzierung des Ordnungsgeldes auf 15.000,00 € für angebracht.

3.

In der am 14.01.2006 in der I B Zeitung erschienenen Anzeige heißt es in der Überschrift: "jetzt im Direkteinkauf bis zu 57 % günstiger".

Darunter heißt es in kleineren, gegenüber dem weiteren Text aber immer noch vergrößerten und durch Fettdruck betonten Buchstaben:

"Hersteller suchen neue Absatzwege: Riesen-Chance für Schnäppchenjäger!"

Im weiteren Text heißt es, dass die Schuldnerin von namhaften italienischen Herstellern mit einem zeitlich begrenzten Kollektionsverkauf betraut worden sei. Fast alle Bauhaus-Klassiker sowie ausgewählte aktuelle Designermöbel seien betroffen. Die Vorteile des Direktverkaufs seien unschlagbar.

Der Senat ist mit der Kammer der Auffassung, dass auch diese Anzeige dem Kernbereich des Verfügungsverbotes unterfällt. Der Hinweis auf den Direktverkauf kann, weil er in unmittelbaren Zusammenhang mit der Äußerung steht, dass die Hersteller neue Absatzwege suchten, abermals von dem Leser nicht anders verstanden werden, als dass bei der Schuldnerin die Originalmöbel unter Umgehung des autorisierten Fachhandels zu niedrigeren Preisen erworben werden können.

Der Anzeigentext macht aber noch eindeutiger als die unter Ziffer 2) behandelten Anzeigen klar, dass die Schuldnerin die Werbeaussage in dem Bestreben, den Verbotsbereich zu verlassen, umfangreicher als zuvor bearbeitet hat. Der Senat hält es daher nicht für richtig, für diese Anzeige ein Ordnungsgeld in derselben Höhe zu verhängen wie für die unter Ziffer 1) zusammengefassten Anzeigen. Er hat deshalb das Ordnungsgeld insoweit auf 10.000,00 € reduziert.

4.

Daraus resultiert ein gesamtes Ordnungsgeld in Höhe von 45.000,00 €, wie sich aus der Addition der bei den drei rechtlich selbstständigen Verstößen verhängten Einzelsanktionen ergibt. Der Senat teilt nicht die von der Schuldnerin vertretene Auffassung, dass ein Gesamtordnungsgeld nach §§ 53 ff. StGB festzusetzen sei. Allerdings wird im Schrifttum teilweise eine entsprechende Anwendung dieser strafrechtlichen Vorschriften im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 890 ZPO befürwortet mit der Folge, dass das Gesamtordnungsgeld in der Summe hinter der Addition der Teilbeträge zurück zu bleiben hätte (so Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 21. Auflage, § 890 Rn. 41; Brüning in Harte/Henning UWG, vor § 12 Rn. 322; Mankowski EWiR 1995, 1143).

Der Senat teilt diese Ansicht nicht. Für eine entsprechende Anwendung der §§ 53 ff. StGB fehlt es an den Voraussetzungen. Das Vollstreckungsverfahren und das Strafverfahren unterliegen unterschiedlichen Grundsätzen. Dem Vollstreckungsgläubiger ist es unbenommen, wegen verschiedener Verstöße gegen einen Unterlassungstitel nacheinander Vollstreckungsantrag zu stellen (so zutreffend Schuschke, WRP 2000, 1008, 1013). Außerdem wird die Ordnungsmittelfestsetzung weder durch eine aufgrund desselben Verstoßes verfallene Vertragsstrafe noch durch eine aufgrund eines anderen Vollstreckungstitels eines weiteren Gläubigers wegen derselben Verletzungshandlung bereits erfolgte Ordnungsmittelfestsetzung ausgeschlossen. Der im Strafverfahren unabdingbare Grundsatz "ne bis in idem" ist im Vollstreckungsverfahren insoweit unanwendbar (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, Kapitel 57 Rn. 36). Für eine Gesamtstrafenbildung ist angesichts dessen kein Raum.

5.

Die Kostenentscheidung resultiert aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 60.000,00 €.

Ende der Entscheidung

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