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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.03.2002
Aktenzeichen: 7 U 112/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 726
BGB § 726 2. Alt.
ZPO § 92
ZPO § 713
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBEBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 112/01

Anlage zum Protokoll vom 14.03.2002

Verkündet am 14.03.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Prior sowie die Richter am Oberlandesgericht Martens und Dr. Kling

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 15. 8. 2001 - 4 O 35/99 - abgeändert und wie folgt neugefasst:

Die Klage wird in Höhe eines Teilbetrages von 3.130,38 DM (= 1.600,54 Euro) nebst anteiliger Zinsen abgewiesen.

Im übrigen wird die Zahlungsklage als derzeit unbegründet abgewiesen.

Es wird festgestellt, dass in die noch zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung der vormals zwischen den Parteien auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages vom 3. 11. 1997 bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts folgende Zahlungen des Klägers als unselbständige Rechnungsposten einzustellen sind:

- 15.637,84 DM (= 7.995,50 Euro) - Zahlung im September 1998 - - 687,29 DM (= 351,41 Euro) - Ausgleich Gesellschaftskonto - - 1.025,80 DM (= 524,48 Euro) - Umsatzsteuer für 1998 - - 5.347,83 DM (= 2.734,30 Euro) - Honorar Steuerberater -

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung hat in der Sache selbst teilweise Erfolg. Im Einzelnen gilt Folgendes:

I.

1) Der Senat tritt dem Landgericht darin bei, dass die von den Parteien mit Gesellschaftsvertrag vom 3. 11. 1997 (Bl. 4 ff. d. GA) gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts im September 1998 endigte, nachdem ihr die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmöglich geworden war (§ 726 2. Alt. BGB).

Der Zweck der unter dem Namen "B. Systeme Vertrieb" firmierenden BGB-Gesellschaft war auf den Vertrieb und die Errichtung von Betonelementen gerichtet.

§ 2 des Gesellschaftsvertrages, der ausdrücklich nur den "Vertrieb von Betonelementen" umfasst, ist insoweit erweiternd auszulegen. Der Gesellschaftsvertrag ist ausdrücklich "in Ergänzung zu den bisherigen mündlichen Vereinbarungen" geschlossen worden. Unstreitig sollte aber neben dem Verkauf auch die Errichtung von Betonzäunen und ähnlichen Betonsystemen Gegenstand der Gesellschaft werden. Dabei lässt sich allerdings entgegen der Ansicht des Klägers der Gesellschaftszweck nicht einengend dahin auslegen, dass ausschließlich Betonsysteme der belgischen Lieferfirma BA. Betonbau N.V. vertrieben werden sollten. Allein der Umstand, dass die Betonelemente ausschließlich von der belgischen Firma bezogen wurden, vermag eine dahingehende Einschränkung nicht zu begründen.

Das Erreichen des vereinbarten Zwecks ist der Gesellschaft nach der Kündigung der belgischen Lieferantin vom 7. 9. 1998 (Bl. 8, 193 d. GA) unmöglich geworden, da die Parteien nicht bereit waren, weiteres Kapital in die Gesellschaft einzubringen, um eine Fortführung der Geschäftstätigkeit zu ermöglichen.

Gemäß § 726 BGB führt das Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks zur - unmittelbar wirkenden - Auflösung der Gesellschaft. Es bedarf weder einer einseitigen Kündigung noch eines gemeinsamen Beschlusses, um die Auflösung der Gesellschaft herbeizuführen. Allerdings werden wegen des gravierenden Eingriffs in die Gesellschaftsstruktur an die Unmöglichkeit hohe Anforderungen gestellt. Eine bloß zeitweilige, vorübergehende oder durch organisatorische Änderungen zu behebende Unmöglichkeit reicht dazu nicht aus. Vielmehr muss die Unmöglichkeit eine dauernde und überdies offenbar sein (vgl. etwa: BGHZ 84, 379 (381); Erman-Westermann, BGB, 10. Aufl., § 726, Rn. 1; MüKo-Ulmer, BGB, 3. Aufl., § 726, Rn.4). Lehnen insbesondere die Gesellschafter die für die Fortführung der Gesellschaft unerlässliche Zufuhr weiteren Kapitals ab, so liegt eine durch Kapitalmangel begründete, offenbare Unmöglichkeit vor (grundlegend: RG JW 1938, 1522 (1523); MüKo-Ulmer, a.a.O., Rn. 5; Erman-Westermann, a.a.O., Rn. 1 a.E.). Dies war hier der Fall.

Die Schwierigkeiten, in die die Gesellschaft geriet, wurden ausgelöst durch das Kündigungsschreiben der belgischen Lieferanten vom 7. 9. 1998. Diese hat ihre Kündigung zum einen darauf gestützt, dass wegen der nur geringen Abnahme von Betonelementen eine weitere Zusammenarbeit für sie nicht rentierlich sei. Vor allem hat sie aber auch beanstandet und eine weitere Zusammenarbeit damit abgelehnt, dass die Gesellschaft trotz mehrmaliger Mahnungen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen sei. Zwar hat der Kläger dann noch die bestehenden Verbindlichkeiten mit eigenen Geldmitteln beglichen. Damit war aber die zu Tage getretenen Krise nicht nachhaltig gelöst. Vielmehr war eine Fortführung der Gesellschaft nur möglich, wenn ein neuer Lieferant gefunden wurde und die Parteien bereit und in der Lage waren, weiteres Kapital in die überschuldete Gesellschaft einzuschießen. An dieser Bereitschaft fehlte es jedoch. Der Beklagte hat auf die Schreiben des Klägers vom 21. 7. 1998 (Bl. 113 d. GA) und 22. 8. 1998 (Bl. 115 d. GA), in denen dieser ihn auf den bestehenden Kapitalmangel und auf seine Verpflichtung hinwies, die bereits eingetretenen Verluste anteilsmäßig auszugleichen, keine Zahlungen an die Gesellschaft geleistet. Hierzu war er auch nach der Kündigung der Lieferantin vom 7. 9. 1998, wie er im Rahmen seiner Anhörung eingeräumt hat, nicht bereit, obschon spätestens zu diesem Zeitpunkt klar war, dass das Schicksal der Gesellschaft ohne weitere Kapitalzufuhr besiegelt war. Gleiches gilt für den Kläger, der bereits zuvor mit Schreiben vom 22. 8. 1998 darauf verwiesen hatte, dass er sein persönliches Limit (nach Ausgleich verschiedener Gesellschaftsforderungen) überschritten habe. Beide Parteien waren mithin nicht willens, die angeschlagene Gesellschaft finanziell so auszustatten, dass sie nach der Kündigung der Lieferantin vom 7. 9. 1998 noch fortgeführt werden konnte. Der Gesellschaftszweck war dadurch dauernd unmöglich geworden. Die Gesellschaft war kraft Gesetzes beendet. Eines besonderen Beschlusses bedurfte es dazu nicht.

2) Ist wie im Streitfall eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgelöst, so ist anerkannt (st. Rspr. vgl. etwa: BGHZ 37, 299 (304 f.) und aus neuerer Zeit: BGH ZIP 2000, 1208 = WM 2000, 1443 = NJW 2000, 2586), dass die früheren Gesellschafter grundsätzlich daran gehindert sind, ihre jeweiligen Ansprüche gegen die Gesellschaft oder gegeneinander isoliert geltend zu machen. Die jeweiligen Forderungen sind vielmehr als unselbständige Rechnungsposten in eine Auseinandersetzungsrechnung einzustellen; ein Zahlungsanspruch besteht nur hinsichtlich des abschließenden Saldos.

Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die Gefahr von Hin- und Herzahlungen während des Auseinandersetzungsverfahrens nicht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn es nur noch um die Verteilung des letzten Aktivpostens geht oder wenn bereits vor Abschluss der Auseinandersetzung feststeht, dass einem Gesellschafter ein bestimmter Betrag in jedem Fall zusteht (vgl. etwa: BGH ZIP 1994, 1846 = WM 1995, 109 = NJW 1995, 188 und ZIP 1999, 1526 = WM 1999, 1827 = NJW 1999, 3557).

Einer dieser Ausnahmefälle ist vorliegend indessen nicht gegeben.

Der erstgenannte Ausnahmefall greift jedenfalls schon deshalb nicht, weil die Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum Zeitpunkt ihrer Auflösung im September 1998 noch über Vermögen verfügte. Wie der Kläger nämlich in seiner Anhörung eingeräumt hat, waren damals noch von der belgischen Lieferantin erworbene Betonzaunelemente vorhanden, die er anschließend auf eigene Rechnung über die von ihm (auch heute noch) betriebene Gala-Bau verbaut hat. Nach einigen Schwankungen hat er die Menge des so verbauten Materials mit ca. 20 % der insgesamt von der Fa. BA. Beton N.V. gelieferten Betonelemente beziffert. Insofern steht mithin noch ein bei der Auseinandersetzung zu berücksichtigender Erstattungsanspruch gegenüber dem Kläger offen, dessen Höhe bisher nicht feststeht. Dass der vorgelegte Jahresabschluss (Bl. 118 d. GA) sich hierzu nicht verhält, ist unbeachtlich, weil dort auf einen anderen, hier nicht maßgeblichen Stichtag (31. 10. 1998) abgestellt wird.

Ebensowenig steht bereits jetzt fest, dass dem Kläger gegenüber dem Beklagten ein bestimmter Betrag zusteht.

Der Kläger hat geltend gemacht, folgende Zahlungsverbindlichkeiten ausgeglichen zu haben:

- gegenüber der Fa. BA. Beton N.V.: 21.898,60 DM

- gegenüber der Raiffeisenbank S. e.G. (Gesellschaftskonto): 687,29 DM

- gegenüber dem Finanzamt G. (Umsatzsteuer 1998): 1.025,80 DM

- gegenüber dem Steuerberater B. (Rechnung v. 20. 5. 99): 5.347,83 DM

(letzteres hilfsweise)

- zusammen: 28.959,52 DM

Soweit es um den Ausgleich der Zahlungsverbindlichkeiten gegenüber der Fa. BA. Beton N.V. geht, steht indessen bereits jetzt fest, dass bei der Auseinandersetzung nur ein Teil des in Ansatz gebrachten Betrages zu berücksichtigen ist. Wie sich nämlich aus dem vorgelegten Kassenbuch ergibt (Bl. 221 d. GA), belief sich der Kassenbestand am 1. 9. 1998 auf 21.198,14 DM. Das Kassenbuch weist alsdann insgesamt fünf Zahlungen an die Galabau aus, so dass danach noch ein Restsaldo von 5.694,16 DM verblieb. Der Kläger hat danach noch aus seinem Vermögen einen Betrag von 16.000 DM in die Gesellschaft eingeschossen. Aus dem sich daraus ergebenden Saldo von 21.694,16 DM ist die Darlehensverbindlichkeit gegenüber dem Vater des Klägers in Höhe von 12.300 DM zurückgeführt sowie eine noch offene Rechnung der Fa. BA. Beton N.V. in Höhe von 9.032,00 DM ausgeglichen worden. Der Kassenbestand belief sich danach noch auf 362,16 DM. Hieraus ergibt sich, dass bei der (noch vorzunehmenden) Auseinandersetzung überhaupt nur ein Betrag von (16.000,00 DM - 362,16 DM =) 15.637,84 DM zu berücksichtigen ist. Ob wegen dieser und der weiteren Forderungen Ausgleichsansprüche bestehen, hängt maßgeblich davon ab, inwieweit der bei Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts vorhandene Warenbestand von dem Kläger auf eigene Rechnung verbaut worden ist. Hierzu haben die Parteien sowohl hinsichtlich der Massen als auch hinsichtlich des Einstandspreises unterschiedliche Angaben gemacht. Eine Aufklärung zum Umfang und Wert des Warenbestandes kommt aus den dargelegten Gründen in dem vorstehenden Verfahren nicht in Betracht. Es ist mithin noch offen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Kläger nach erfolgter Auseinandersetzung noch ein Anspruch zusteht . Bei dieser Sachlage bleibt es deshalb bei dem eingangs erwähnten Grundsatz, dass zunächst eine Auseinandersetzungsrechnung zu erstellen ist.

3) Allerdings ist anerkannt, dass in dem wegen Fehlens der abschließenden Auseinandersetzungsrechnung verfrühten und deswegen derzeit unbegründeten Leistungsbegehren als Minus der Feststellungsantrag ohne weiteres enthalten ist, dass eine bestimmte, derzeit nicht isoliert einklagbare Forderung zu Gunsten des auf Leistung klagenden Gesellschafters in die zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung eingestellt wird (vgl. etwa: BGH ZIP 1994, 1846 = WM 1995, 109 = NJW 1995, 188 und ZIP 2000, 1208 = NJW 2000, 2586). Bei Anwendung dieser Grundsätze ist eine dahin gehende Feststellung zu treffen. Sie bezieht sich auf die oben erwähnten Zahlungen, die der Kläger zur Entlastung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wie unstreitig ist, vorgenommen hat, sowie auf den vom Kläger noch im September 1998 zur Tilgung von Gesellschaftsschulden geleisteten Betrag (vgl. oben unter 2)), von dem jedoch der in der Kasse noch vorhandene Betrag abzuziehen ist.

Dagegen kommt es auf den angeblichen Anspruch wegen Wettbewerbsverstoßes bei der Feststellung, ob die betreffende Forderung in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen ist, nicht an. Es kann mithin offenbleiben, ob ein darauf gerichteter Anspruch überhaupt besteht. 4) Im Ergebnis ergibt sich danach Folgendes:

Die Zahlungsklage ist in Höhe eines Betrages von (21.898,60 DM - 15.637,84 DM = 6.260,76 DM : 2 =) 3.130,38 DM (= 1.600,54 Euro) nebst anteiliger Zinsen endgültig und im übrigen - wegen eines Betrages von (15.637,84 DM + 687,29 DM + 1.025,80 DM + 5.347, 83 DM = 22.698,76 DM : 2 =) 11.349,38 DM (= 5.802,85 Euro) als derzeit unbegründet abzuweisen. Ferner sind nach Ziff. 3) die entsprechenden Feststellungen zu treffen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Das beiderseitige Obsiegen und Unterliegen ist etwa gleich zu bewerten. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

III.

Der Senat sieht keinen Anlass, die Revision zuzulassen. Es geht weder um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt (11.805,84 DM + (5.347,83 DM : 2) =) 14.479,75 DM (= 7.403,38 Euro)

Ende der Entscheidung

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