Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 09.08.2007
Aktenzeichen: 7 U 147/06
Rechtsgebiete: VerpackV
Vorschriften:
VerpackV § 9 a.F. | |
VerpackV § 9 Abs. 2 a.F. |
Tenor:
Die Berufungen der Klägerin zu 1) gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 29.09.2006 - 1 O 550/05 - und der Klägerin zu 2) gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 29.09.2006 - 1 O 524/02 - werden zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens und zwar die Klägerin zu 1) nach einem Streitwert von 7.677.999 Euro, die Klägerin zu 2) nach einem Streitwert von 1.857.107,50 Euro.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerinnen können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe:
I.
Mit ihren Klagen begehren die Klägerinnen Schadensersatz wegen der Verletzung europäischen Gemeinschaftsrechts bei der Inkraftsetzung der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht gemäß der Verpackungsverordnung alter Fassung (künftig VerpackV a.F.) für bestimmte Einweg-Getränkeverpackungen, die am 01.01.2003 wirksam geworden ist.
Die Klägerinnen sind Hersteller und Abfüller von Erfrischungsgetränken mit Sitz in Österreich, die ihre Produkte in Einwegverpackungen abfüllen und in den Verkehr bringen. Einen erheblichen Teil ihrer Umsätze erzielen sie mit dem Export ihrer Produkte nach Deutschland, wo diese Getränke ganz überwiegend als Handelsmarken über große Handelsketten vertrieben werden. Hinsichtlich der dabei anfallenden Verpackungen waren die Klägerinnen bis zum 01.01.2003 an das Rücknahme- und Entsorgungssystem "Duales System Deutschland" angeschlossen, weshalb sie entsprechend der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung der Verpackungsverordnung von der darin enthaltenen Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht befreit waren.
Diese in der VerpackV a.F. enthaltene Befreiung von der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht für Einweggetränkeverpackungen stand nach der Verordnung unter dem Vorbehalt, dass für bestimmte Getränke bundesweit durchschnittlich im Kalenderjahr eine Quote von Mehrwegverpackungen in Höhe von 72 % nicht unterschritten wurde; die entsprechenden Quoten wurden von der Beklagten jährlich im Bundesanzeiger bekannt gegeben. Nach wiederholter Unterschreitung der Mehrwegquote ab dem Jahre 1997, die sich bei der nach der VerpackV a.F. vorgesehenen Nacherhebung auch für die Zeit ab dem Jahr 1999 bestätigte, gab die Beklagte aufgrund eines Kabinettsbeschlusses vom 20.03.2002 bekannt, dass sie durch förmliche Veröffentlichung der Nacherhebungsergebnisse beabsichtige, den in der VerpackV a.F. enthaltenen Mechanismus zum Widerruf der Befreiung von der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht auszulösen. Die sodann am 02.07.2002 im Bundesanzeiger erfolgte Veröffentlichung hatte entsprechend den Regelungen in § 9 VerpackV a.F. zur Folge, dass die Befreiung von der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht ab dem 1. Tag des auf die Bekanntgabe folgenden 6. Kalendermonats - somit ab dem 01.01.2003 - für Bier, Mineralwasser und kohlensäurehaltigen Erfrischungsgetränken als widerrufen galt, da hinsichtlich dieser Getränke der für das Referenzjahr 1991 festgestellte Mehrweganteil unterschritten wurde.
Auf der Grundlage bereits zuvor seit dem Jahre 2000 geführter Gespräche wurden ab Frühjahr 2002 von der Beklagten und den beteiligten Wirtschaftskreisen Verhandlungen geführt, hinsichtlich der für die Zeit ab dem 01.01.2003 dann geltenden Pfandpflicht für die genannten Getränke ein einheitliches Pfandsystem einzuführen, die allerdings scheiterten. Am 20.12.2002 erklärte die Beklagte daher die Duldung einer nur beschränkten Erfüllung der Pfandpflicht bis zum 01.10.2003 in der Form, dass die Pfanderhebung nicht auf allen Vertriebsebenen, sondern nur gegenüber dem Endverbraucher erfolgen müsse, und die Rücknahmepflicht bezüglich der betroffenen Einwegverpackungen gegen Pfanderstattung auf den Ort des Einkaufs begrenzt sei. Diese Duldung erfolgte vor dem Hintergrund der Zusage der betroffenen Wirtschaftskreise, bis zum 01.10.2003 ein einheitliches Pfand- und Clearingsystem aufzubauen.
Zum Aufbau eines solchen einheitlichen Pfandsystems kam es in der Folgezeit jedoch nicht. Stattdessen etablierten sich ab dem Jahre 2003 verschiedene offene Pfand- und Rücknahmesysteme (P-, Vfw/Return- und Westpfand/Interseroh-System), die miteinander nicht kompatibel und teilweise auch nur regional tätig waren. Daneben kam es bei einem erheblichen Teil der großen Handelsketten, vor allem den großen Discountern, zur Einrichtung sog. Insellösungen, die eine Pfand- und Rücknahmeregelung nur für die jeweils spezifisch von den jeweiligen Handelsketten vertriebenen Getränkemarken und -verpackungen enthielten; die Beklagte gab zur Handhabung dieser Insellösungen am 23.10.2003 ein Merkblatt heraus. Darüber hinaus entschlossen sich Teile des Handels - darunter ebenfalls große Handels- und Discountketten - vor allem auch, bestimmte Getränke aus dem Sortiment zu nehmen und nicht mehr zu vertreiben (sog. Auslistung), um hinsichtlich deren Einweggetränkeverpackungen die Pfand- und Rücknahmepflicht zu vermeiden.
Die Inkraftsetzung der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht war damals politisch, ökologisch, wirtschaftlich und juristisch umstritten. Außer zahlreichen deutschen Gerichten - insbesondere der Verwaltungsgerichtsbarkeit - wurden auch gemeinschaftsrechtliche Institutionen mit der Inkraftsetzung der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht auf Einweg-Getränkeverpackungen befasst. Neben einem von der Kommission gegenüber der Beklagten eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren, welches wegen einer späteren Änderung der Verpackungsverordnung allerdings nicht in ein Klageverfahren einmündete, ergingen auch zwei Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zur VerpackV a.F., und zwar am 14.12.2004 in den Rechtssachen C-463/01 und C-309/02, in dem letztgenannten Verfahren auf Vorlage des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.08.2002 in einem Rechtsstreit, der von den beiden Klägerinnen betrieben wurde.
In der Folgezeit kam es zu einer am 28.05.2005 in Kraft getretenen Änderung der Verpackungsverordnung, die durch eine Modifizierung der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht mit Wirkung zum 01.05.2006 im Ergebnis zur Folge hatte, dass die Praktizierung von Insellösungen nicht mehr möglich war. Im Hinblick auf diese Änderungen wurde von den beteiligten Wirtschaftskreisen die Deutsche Pfandsystem GmbH (DPG) gegründet, die zum 01.05.2006 das Ziel verfolgte, ein bundesweites flächendeckendes Pfandsystem zu errichten.
Die Klägerin zu 2) hat in dem bereits vor Inkrafttreten des Pflichtpfandes anhängig gemachten Verfahren 1 O 524/02 LG Bonn zunächst die Auffassung vertreten, schon die Regelungen der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht in der Verpackungsverordnung als solche und die Abhängigkeit des Pflichtpfands auf Einwegverpackungen von der Mehrwegquote hätten gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen. Die Parteien dieses Verfahrens haben im Hinblick auf die damals zu erwartende Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-309/02 das Verfahren zunächst zum Ruhen gebracht; nach Wiederaufnahme des Verfahrens wurde der vorgenannte Gesichtspunkt von der Klägerin zu 2) nicht mehr weiterverfolgt.
Beide Klägerinnen haben vielmehr in ihren jeweiligen Verfahren sehr ausführlich und dezidiert die Auffassung vertreten, die Beklagte habe bei der - nunmehr allein noch streitgegenständlichen - Inkraftsetzung der Pflichtpfandregelung gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen, und haben sich dabei einerseits insbesondere auf einen Verstoß gegen die Richtlinie 94/62/EG vom 20. Dezember 1994 über Verpackungen und Verpackungsabfälle (künftig VerpackRL) berufen, und andererseits einen Verstoß gegen Artikel 28 des EG-Vertrages (künftig EG) geltend gemacht. Sie haben dazu behauptet, durch die nicht gemeinschaftsrechtskonforme Inkraftsetzung der Pflichtpfandregelung sei ihnen jeweils ein erheblicher Schaden entstanden, da sie einerseits aufgrund der von ihnen genutzten Einwegverpackungen in beträchtlichem Ausmaß von der Auslistung ihrer Produkte durch den deutschen Handel betroffen gewesen seien bzw. ihre Produkte erst gar nicht in den Handel hätten bringen können, andererseits es ihnen mangels Existenz eines solchen Systems nicht möglich gewesen sei, sich ab dem 01.01.2003 an einem flächendeckenden System zur Erfüllung der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht der VerpackV a.F. zu beteiligen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und aller weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Urteile (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) Bezug genommen, ebenso wegen des Wortlauts der erstinstanzlichen Anträge.
Das Landgericht hat in dem Verfahren 1 O 550/05 LG Bonn betreffend die Klägerin zu 1) und in dem Verfahren 1 O 524/02 LG Bonn betreffend die Klägerin zu 2) durch Urteile vom 29.09.2006 die Klagen abgewiesen mit der Begründung, für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 01.10.2003 sei zwar von einem Verstoß der Beklagten gegen Gemeinschaftsrecht auszugehen, dieser sei jedoch für die Zuerkennung eines Schadensersatzanspruchs nicht hinreichend qualifiziert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Urteile verweisen.
Mit ihren jeweils fristgerecht eingegangenen und begründeten Berufungen verfolgen die Klägerinnen ihre erstinstanzlichen Schlussanträge weiter, die Klägerin zu 1) allerdings mit der Maßgabe einer Erhöhung des bezifferten Klageantrages unter Wegfall der erstinstanzlich noch begehrten Feststellung. Wegen des genauen Wortlautes der Anträge wird hinsichtlich der Klägerin zu 1) auf den Schriftsatz vom 23.05.2007 (Bl. 386 GA in 7 U 147/06) und hinsichtlich der Klägerin zu 2) auf die Berufungsbegründung vom 03.02.2007 (Bl. 361 GA in 7 U 148/06) Bezug genommen. Mit ihren Berufungen machen die Klägerinnen nähere Ausführungen zur Begründetheit der Klagen, wobei sie insbesondere ihre Darlegungen dazu vertiefen und ergänzen, weshalb der Beklagten ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht anzulasten sei.
Die Beklagte tritt den Berufungen im Einzelnen mit dem Antrag auf jeweilige Zurückweisung entgegen und verteidigt unter vertiefenden Ausführungen dazu die angefochtenen Urteile.
Der Senat hat nach Anhörung der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 31.05.2007 die Verfahren 7 U 147/06 = 1 O 550/05 LG Bonn und 7 U 148/06 = 1 O 524/02 LG Bonn unter dem führenden Aktenzeichen 7 U 147/06 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten erst- und zweitinstanzlichen Schriftsätze nebst den dazu überreichten Anlagen und die angefochtenen Urteile (in ihrer berichtigten Fassung) Bezug genommen. Die Akten 1 O 173/98 LG Bonn waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.
Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind nicht begründet, denn das Landgericht hat Ansprüche der Klägerinnen im Ergebnis zu Recht verneint. Dies beruht auf folgenden Gründen:
1.
Wie von den Klägerinnen allein geltend gemacht und auch vom Landgericht zutreffend so beurteilt kommt ein Schadensersatzanspruch nur entsprechend den Gegebenheiten des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs in Betracht, der - beruhend auf der den Parteien bekannten und von ihnen zutreffend zitierten Rechtsprechung des EuGH - seine Grundlage unmittelbar im Gemeinschaftsrecht findet. Dieser Entschädigungsanspruch, dessen Geltendmachung im Rahmen des nationalen Haftungsrechts erfolgen muss, hat zur Voraussetzung, dass gegen eine gemeinschaftsrechtliche Norm verstoßen wurde, die dem Einzelnen unmittelbare Rechte verleiht, dass dieser Verstoß hinreichend qualifiziert ist, und dass zwischen dem Verstoß und dem Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. Diese Voraussetzungen können vorliegend jedoch nicht vollständige bejaht werden, weshalb ein Anspruch ausscheidet.
2.
Allerdings dürfte es keinen ernstlichen Zweifeln unterliegen, dass die von den Klägerinnen zur Begründung ihrer Ansprüche herangezogenen und in Rede stehenden gemeinschaftsrechtlichen Normen, gegen die ihrer Auffassung nach verstoßen worden sein soll, dem Einzelnen unmittelbare Rechte verleihen. Die Klägerinnen berufen sich einerseits vor allem auf einen Verstoß gegen Artikel 7 VerpackRL, und andererseits auf einen Verstoß gegen Artikel 28 EG. Hinsichtlich beider Normen ist ohne weiteres zu bejahen, dass sich daraus unmittelbar Rechte des Einzelnen ergeben. Artikel 7 Abs. 1 Satz 2 VerpackRL lautet
An diesen Systemen können sich alle Marktteilnehmer der betreffenden Wirtschaftszweige und die zuständigen Behörden beteiligen. Sie gelten auch für Importprodukte, die dabei keine Benachteiligung erfahren, auch nicht bei den Modalitäten und etwaigen Gebühren für den Zugang zu den Systemen, die so beschaffen sein müssen, dass gemäß dem Vertrag keine Handelshemmnisse oder Wettbewerbsverzerrungen entstehen.
woraus sich schon dem Wortlaut nach konkrete Rechte des Einzelnen - gerade auch ausländischer Exporteure - ergeben.
Dass Artikel 28 EG solche Rechte beinhaltet, ist allgemein anerkannt und zwischen den Parteien unstreitig. Zu dieser Vertragsnorm könnte sich allenfalls die Frage stellen, ob sie wegen der harmonisierenden VerpackRL überhaupt noch anwendbar ist. Dazu hat der EuGH in seiner Entscheidung C-309/02 (vgl. Rdn. 56) allerdings ausgeführt, dass die Organisation der nationalen Systeme, mit denen die Wiederverwendung von Verpackungen gefördert werden soll, durch die VerpackRL nicht abschließend harmonisiert worden ist, und solche Systeme folglich anhand der Vertragsbestimmungen über die Warenverkehrsfreiheit geprüft werden können, mithin auch Artikel 28 EG als Prüfungsmaßstab anwendbar bleibt.
3.
Die überwiegenden Gründe mögen dafür sprechen, einen Verstoß der Beklagten gegen Gemeinschaftsrecht bei Inkraftsetzung des Pflichtpfandes anzunehmen. Dahingehende Erwägungen liegen jedenfalls nahe angesichts der beiden Entscheidungen des Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vom 14.12.2004 in den Rechtssachen C-463/01 und C-309/02, mit denen er zur VerpackV a.F. Stellung genommen hat. Kurz zusammengefasst ergeben sich aus diesen beiden Urteilen folgende hier relevante Feststellungen:
Rechtssache C-309/02
Bei dem hier bezüglich der streitgegenständlichen Getränkeverpackungen in Rede stehenden - möglichem und zulässigem - Übergang von dem "Duales System Deutschland" auf eine Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht muss zum einen der Übergang zum neuen System ohne Bruch erfolgen und ohne dass die Möglichkeit für die Marktteilnehmer der betreffenden Wirtschaftszweige gefährdet wird, sich tatsächlich an dem neuen System ab dessen Inkrafttreten zu beteiligen. Zum anderen muss den betroffenen Herstellern und Vertreibern eine angemessene Übergangsfrist geboten werden, um sich anzupassen, und sichergestellt sein, dass sich im Zeitpunkt der Umstellung des Systems der Bewirtschaftung von Verpackungsabfall alle betroffenen Hersteller und Vertreiber tatsächlich an einem arbeitsfähigen System beteiligen können.
Rechtssache C-463/01
In dieser Sache hat der EuGH zu der Übergangsfrist ausgeführt, dass die in § 9 Abs. 2 VerpackV a.F. vorgesehene Frist von sechs Monaten zwischen der Bekanntmachung, dass ein Pfanderhebungs- und Rücknahmesystem einzuführen ist, und dem Inkrafttreten dieses Systems nicht ausreicht, um es den Herstellern natürlicher Mineralwässer zu ermöglichen, ihre Produktion und ihre Bewirtschaftung der Einwegverpackungsabfälle an das neue System anzupassen.
Die Aussage des EuGH zur Dauer der Übergangsfrist in der Rechtssache C-463/01 betrifft zwar - da dort allein Verfahrensgegenstand - nur natürliche Mineralwässer, für die die Besonderheit gilt, dass sie an der Quelle abzufüllen sind. Diese Besonderheit ist allerdings nicht so schwerwiegend, dass die Aussage zur Frist nicht auch auf die Herstellung anderer hier in Rede stehender Getränke übertragen werden könnte; diese Besonderheit ist nicht entscheidend. Die Frist von sechs Monaten ist im Zweifel auch hinsichtlich anderer Getränke für die erforderlichen Umstellungsvorgänge zu kurz, da erst ab dem Zeitpunkt der Bekanntmachung - auch wenn schon vorher lange Zeit absehbar - der Beginn der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht tatsächlich feststeht und bis zu diesem nur sechs Monate entfernten Zeitpunkt einerseits dass notwendige Pfand- und Rücknahmesystem erst aufgebaut werden und sich sodann jeder betroffene Wirtschaftsbeteiligte auf dieses System einstellen muss, insbesondere die Hersteller und Abfüller ggf. durch eine Umstellung ihrer Getränkeverpackungsmethoden.
Unabhängig von der Frist muss nach den Ausführungen des EuGH der Systemwechsel ohne Bruch erfolgen und ohne Gefährdung der Möglichkeit für die Marktteilnehmer, sich tatsächlich an dem neuen System ab dessen Inkrafttreten zu beteiligen. Vorliegend ist es am 01.01.2003 zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Pfandpflicht durch die - vom EuGH ausdrücklich für zulässige erachtete (vgl. C-309/02 Rdn. 80) - Verfahrensweise der Beklagten, den Aufbau des dafür erforderlichen Systems nicht selbst in die Hand zu nehmen, sondern den Marktteilnehmern (Herstellern und Vertreibern) zu überlassen, nicht nur zu einer Gefährdung der Beteiligungsmöglichkeit gekommen, sondern zu einer Unmöglichkeit, sich an "dem" System zu beteiligen, weil es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens am 01.01.2003 kein einheitliches System zur Handhabung und Abwicklung der Pfand- und Rücknahmepflicht gab. Ab dem 01.01.2003 wurden von einigen Vertreibern - insbesondere Handels- und Discountketten - überhaupt erst die sog. Insellösungen aufgebaut; soweit sie ab diesem Zeitpunkt eingerichtet wurden, handelte es sich dabei eben um "Inseln" und nicht um ein System in dem Sinn, wie es nach den Urteilen des EuGH vorauszusetzen sein dürfte. Die weiteren, nicht vertreiberspezifischen offenen Systeme (P-, Vfw/Return- und Westpfand/Interseroh-System) bestanden jedenfalls zum Zeitpunkt des Inkrafttretens am 01.01.2003 noch nicht und wurden erst in der Folgezeit aufgebaut, unbeschadet der Frage, ob diese Systeme den Anforderungen des EuGH genügen würden. Gemäß den Forderungen des EuGH, dass einerseits der Systemwechsel ohne Bruch erfolgen und andererseits gleichzeitig die Möglichkeit für die Marktteilnehmer bestehen muss, sich an dem neuen System ab dessen Inkrafttreten zu beteiligen, hätten die Beteilungsmöglichkeiten für Marktteilnehmer am 01.01.2003 bei Inkrafttreten der Pfand- und Rücknahmepflicht zur Verfügung stehen müssen. Da es zu diesem Zeitpunkt aber jedenfalls an einer einheitlichen Systemhandhabung zur Bewirtschaftung von Verpackungsabfall in Form eines arbeitsfähigen Systems fehlte, kommt ein Verstoß der Beklagten gegen Gemeinschaftsrecht zumindest ernstlich in Betracht.
4.
Ob tatsächlich von einem solchen Verstoß auszugehen ist, kann allerdings dahinstehen, denn es würde sich jedenfalls nicht um einen im Sinne des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs hinreichend qualifizierten Verstoß handeln. Ein etwaiger Verstoß wäre nicht einmal ansatzweise in der erforderlichen Weise offenkundig und erheblich.
Im Hinblick auf das Merkmal der Offenkundigkeit kann ein etwaiger Verstoß, den zahlreiche nationale gerichtliche Entscheidungen vor und nach dem Ergehen der EuGH-Urteile unter teilweise sehr weitgehender Auseinandersetzung mit der Materie - nicht nur im Hinblick auf die nationale Rechtmäßigkeit der Maßnahme, sondern auch hinsichtlich der Frage der Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht - nicht einmal als Verstoß gewertet haben, eigentlich schon aus diesem Grund nicht als offenkundig angesehen werden. Auch wenn die von der Beklagten in diesem Zusammenhang angeführte Kollegialgerichtsrichtlinie (vgl. dazu BGH NJW 1998, 751; NVwZ 1998, 878) sicherlich keine unmittelbare und im Zweifel auch keine entsprechende Anwendung findet, kommt doch in gewissem Rahmen der darin liegende Rechtsgedanke jedenfalls insoweit zum Tragen, dass bei Billigung einer Maßnahme durch verschiedene Gerichte wohl kaum noch von einer Offenkundigkeit die Rede sein kann. Schon die Entscheidung des OVG Berlin vom 20.02.2002 (DVBl. 2002, 630), die noch vor der damaligen Beschlussfassung der Bundesregierung zum Ergebnis der Nacherhebung wegen der nicht eingehaltenen Mehrwegquote, erst recht vor deren Bekanntmachung am 02.07.2002 erging, hielt eine Übereinstimmung mit den gemeinschaftlichen Normen für gegeben und eine Vorlage an den EuGH zu einer Vorabentscheidung für nicht erforderlich. In der Folgezeit setzte sich diese Auffassung von der Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht in zahlreichen nationalen Eil- und Hauptsacheentscheidungen - auch nach Ergehen der beiden genannten EuGH-Urteile - fort. Lediglich das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 21.08.2002 (NVwZ 2002, 1274) die genannte Vorabentscheidung des EuGH in der Rechtssache C-309/02 eingeholt, nach Ergehen dieser Entscheidung sodann aber ebenfalls die Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht im Urteil vom 23.05.2005 (ZUR 2005, 490) für gegeben erachtet.
Hinsichtlich der Erheblichkeit gilt es vor allem zunächst zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend nicht um einen etwaigen Verstoß bei der Begründung und Normierung der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht, sondern lediglich um einen solchen bei der tatsächlichen Inkraftsetzung bereits vorhandener Regelungen handelt, die für alle Beteiligten lange Zeit vor dem 01.01.2003 absehbar war. Beginnend mit der ab dem Jahre 1997 erfolgten Unterschreitung der Mehrwegquote mussten die beteiligten Wirtschaftskreise zumindest mit der Möglichkeit rechnen, dass die Suspendierung von der bereits normierten Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht demnächst enden könnte. Mit dem Beschluss der Bundesregierung vom 20.03.2002 wurde den Wirtschaftskreisen konkret bekannt, dass das Ende der Suspendierung unmittelbar bevorstand; mit Veröffentlichung der Nacherhebungsergebnisse am 02.07.2002 stand das auch schon vorher bekannte Datum der Inkraftsetzung dann auch formell endgültig fest. Hinsichtlich der schon seit 1991 in der VerpackV a.F. enthaltenen und lediglich wegen der Mehrwegquoten und der Entsorgungsmöglichkeit seitens des "Dualen System Deutschland" suspendierten Pfand- und Rückgabepflicht ging es mithin nicht um das "ob" der Regelung, sondern lediglich um das "wie" der Inkraftsetzung, was vom Gewicht und der Bedeutung der Maßnahme in einem anderen Licht zu sehen ist. Hinsichtlich dieses "wie" hat die Beklagte lediglich den Mechanismus in Gang gesetzt, der - den Beteiligten lange bekannt - in der VerpackV a.F. vorgegeben war. Diesen Mechanismus hat auch der EuGH grundsätzlich gebilligt und kann der Beklagten nicht qualifiziert zum Vorwurf gereichen.
Hauptvorwurf der Klägerinnen ist dementsprechend auch vielmehr der Umstand, dass zum Zeitpunkt des ausgelösten Inkrafttretens kein System zur Verfügung stand, die Pfanderhebungs- und Rückgabepflicht für die beteiligten Wirtschaftskreise (und auch die Verbraucher) handhabbar zu machen. Dieser Vorwurf wiegt allerdings verhältnismäßig gering, da die Beklagte eben den - vom EuGH gebilligten und den Beteiligten ebenfalls vorab bekannten - Weg gewählt hat, die Schaffung und Ausgestaltung des insoweit erforderlichen Systems den beteiligten Wirtschaftskreisen als den Produktverantwortlichen zu überlassen. Der EuGH hat in der Rechtssache C-309/02, Rdn. 80, ausdrücklich ausgeführt, dass es ein Mitgliedstaat den Herstellern und Vertreibern überlassen kann, dieses System einzuführen, indem sie die Rücknahme der Verpackungen, die Erstattung des Pfandes und den eventuellen Ausgleich der Beträge unter den Vertreibern organisieren, doch muss der Mitgliedstaat sicherstellen, dass sich zum Zeitpunkt der Umstellung des Systems der Bewirtschaftung von Verpackungsabfall alle betroffenen Hersteller und Vertreiber tatsächlich an einem arbeitsfähigen System beteiligen können.
Soweit die Beklagte im vorliegenden Fall davon abgesehen hat, die Details eines erforderlichen Systems (Pfand-, Rückgabe- und Clearingsystem) selbst zu regeln, und die Ausgestaltung freigestellt hat, vielmehr lediglich durch die grundsätzliche Normierung und die Bußgeldbewehrung den notwendigen rechtlichen Rahmen gesetzt hat, entspricht diese Vorgehensweise dem in der Gemeinschaft und auch vom nationalen Gesetzgeber verfolgten allgemeinen Trend der Deregulierung, die gerade von Wirtschaftskreisen gefordert wird. Die hier beteiligten Wirtschaftkreise der Getränkehersteller, -abfüller und -vertreiber haben im vorliegenden Fall zunächst sehenden Auges durch die Ausdehnung von Herstellung und Vertrieb der nach der VerpackRL und der VerpackV a.F. gerade zu vermeidenden Einwegverpackungen den vorgegebenen Mechanismus der Pfandpflicht ausgelöst und sodann - trotz Absehbarkeit - weder vor Auslösung des Mechanismus ausreichende Vorkehrungen getroffen noch konkret nach Bekanntmachung der Nacherhebungsergebnisse und der damit unmittelbar bevorstehenden Pfandpflicht das erforderliche Pfand- und Rückgabesystem aufgebaut, obwohl ihnen nach dem Regelungsgehalt der VerpackV a.F. diese Aufgabe zufiel. Der Vorwurf, ein solches System nicht aufgebaut zu haben, ist insofern in erster Linie an die beteiligten Wirtschaftskreise zu richten. Der damit einhergehende Vorwurf an die Beklagte, das erforderliche System nicht sichergestellt zu haben, relativiert sich angesichts dieser Umstände sehr; ein solches System nicht selbst installiert zu haben, ist der Beklagten nach dem Urteil des EuGH in der Rechtssache C-309/02 (Rdn. 80) ohnehin nicht vorwerfbar.
Der Vorwurf gegenüber der Beklagten erscheint in einem noch milderen Licht, betrachtet man deren Verhalten nach Auslösung des Mechanismus in der Folgezeit. Es erscheint der Beklagten kaum vorwerfbar, bis kurz vor dem 01.01.2003 zunächst auf dem der VerpackV a.F. entsprechenden Inkraftsetzen der Pfandregelung beharrt zu haben, denn allein dadurch konnte - im Ergebnis allerdings vergeblicher - Druck auf die beteiligten Wirtschaftskreise entstehen, das von den Klägerinnen vermisste System doch noch ins Werk zu setzen. Als sich hingegen kurz vor dem 01.01.2003 endgültig abzeichnete, dass ein solches System nicht rechtzeitig entstehen würde, ist die Beklagte in Absprache mit den beteiligten Wirtschaftskreisen und den zum Vollzug der Regelungen verpflichteten Bundesländer dazu übergegangen, hierauf in angemessener Weise zu reagieren und einen "sanften" Vollzug der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht für eine Übergangszeit zu dulden, indem die Pfanderhebungspflicht auf den Letztvertreiber beschränkt, die Rücknahmepflicht deutlich eingeschränkt und sodann der Aufbau der Insellösungen großzügig gestattet und schließlich durch Maßgaben dazu geregelt wurde. Während dieser Übergangszeit hat sich die Beklagte im Verhältnis zu den beteiligten Herstellern, Abfüllern und Vertreibern geradezu wirtschaftsfreundlich verhalten und auf eine Durchsetzung der eigentlich in Kraft getretenen Regelungen verzichtet, gegenüber den Endkunden hingegen eher verbraucherunfreundlich gezeigt, denn diese waren entgegen der eigentlich mit der VerpackV a.F. verbundenen Absicht gezwungen, mit umständlichen Pfandbon-Systemen Vorlieb zu nehmen und die Rückgabe der gekauften Getränkeverpackungen nur an bestimmten Orten vorzunehmen.
Soweit es in der Zeit bis zum 01.10.2003 sodann entgegen den Zusagen der beteiligten Wirtschaftskreise weiter nicht zum Aufbau eines einheitlichen Systems gekommen ist, mag dies zwar der Beklagten aufgrund ihrer Toleranz - insbesondere der Insellösungen - im Sinne einer Mitverursachung zuzurechnen sein, liegt aber ebenfalls in erster Linie in der Verantwortung der - gemäß EuGH zulässig - gefragten Wirtschaftskreise selbst. Statt eines bundesweit einheitlichen Systems verfestigten sich in der Folgezeit die Insellösungen und etablierten sich die P-, Vfw/Return- und Westpfand/Interseroh-Systeme, die wohl nicht als arbeitsfähiges System im Sinne der EuGH-Rechtsprechung angesehen werden können. Allerdings standen diese verschiedenen Insel-Möglichkeiten und Systeme auch den Klägerinnen offen; beide haben sie betreffend die Insellösungen auch als Teilnehmer genutzt - die Klägerin zu 1) etwa bei der Handelskette X und die Klägerin zu 2) bei der Discountkette B. Schon diese jeweilige Nutzung zeigt, dass die Klägerinnen eben nicht vom Markt ausgeschlossen waren, wie sie teilweise geltend machen wollen, sondern genau die Marktchancen hatten wie jeder andere Mitwettbewerber, zeigt insbesondere auch, dass sie als Ausländer eben gerade nicht mehr oder in anderer Weise besonders betroffen waren als jeder inländische Hersteller. Diese Umstände zeigen aber vor allem, dass ein etwaiger Verstoß nicht im Sinne einer hinreichenden Qualifizierung erheblich war, denn bei entsprechender Marktanpassung, wie sie für jeden anderen (inländischen) Mitwettbewerber ebenso nötig war, wirkte sich der Verstoß eben nicht erheblich aus. Diese Notwendigkeit der Anpassung, die von der VerpackRL und der VerpackV a.F. als Lenkungsziel zum Zwecke der Verpackungsabfallbewirtschaftung beabsichtigt war, hat der EuGH als den beteiligten Wirtschaftskreisen zumutbar und hinzunehmen in seinen beiden genannten Entscheidungen ausdrücklich gebilligt.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass den beiden (österreichischen) Klägerinnen nicht gefolgt werden kann, soweit sie im Hinblick auf die Grundsätze des Binnenmarktes geltend machen, sie wären als Ausländer durch die VerpackV a.F. behindert worden. Dies ist jedenfalls insoweit nicht der Fall, als weder die VerpackV a.F. selbst noch eine einzige Maßnahme bei deren Umsetzung Ausländer in irgendeiner Weise besonders ansprach, behandelte oder gar benachteiligte; sämtliche Maßnahmen galten völlig unterschiedslos für Inländer, Importeure und Ausländer. Eine nicht durch die Regelungen der VerpackV a.F. oder sonstige hoheitliche Maßnahmen, sondern nur durch die tatsächlichen Umstände begründete mittelbare Auswirkung für Ausländer ergab sich lediglich daraus, dass ein Teil der Problematik für Hersteller - vor allem im Hinblick auf die alternative Nutzung eines Mehrwegsystems - mit der Entfernung zum Abnehmer zusammenhängt, die für Ausländer je nach Abnehmerort in Deutschland größer ist als für Inländer. Auch Inländer waren und sind von dieser Problematik aber ebenso und entscheidend betroffen; ein Hersteller in Hamburg etwa hat in Bezug auf Abnehmer in München insoweit eher größere Schwierigkeiten als ein solcher aus Österreich. Insofern handelt es sich nicht um eine Ausländer-, sondern um ein Entfernungsproblematik. Mittelbar anders betroffen als Inländer waren Ausländer lediglich allenfalls insoweit, als sie zum einen nicht eine solche Mehrwegpfandtradition aufweisen wie deutsche Hersteller und Vertreiber von Getränken, und es deshalb auf dem deutschen Markt insoweit ggf. schwerer hatten und haben, und sie zum anderen bei dem Aufbau eines Pfanderhebungs- und Rücknahmesystems, welches die Beklagte den beteiligten Wirtschaftskreisen überlassen hat, als ausländische Unternehmen unter Umständen nicht beteiligt wurden und dementsprechend keinen solchen Einfluss auf die Ausgestaltung hatten etwa wie die deutsche Getränke- und Handelswirtschaft. Auch dieser Gesichtspunkt greift jedoch nicht im Sinne einer Erheblichkeit durch, denn tatsächlich waren an den Arbeitskreisen und Verhandlungen zum Aufbau eines einheitlichen Pfanderhebungs- und Rücknahmesystems auch ausländische Hersteller und Vertreiber wie etwa die Unternehmen E und O beteiligt.
Soweit die Klägerinnen bei verschiedenen Abnehmern ausgelistet wurden, sie eine beabsichtigte Listung nicht erreichten oder ihnen eine Teilnahme an den offenen P-, Vfw/Return- und Westpfand/Interseroh-Systemen nicht möglich war, weil sie den Vertrieb ihrer Produkte nicht auf die an diese Systeme angeschlossenen Abnehmer erstreckten, begründet auch dies nicht die Erheblichkeit eines etwaigen Verstoßes. Kein Hersteller hat Anspruch auf einen bestimmten Markt oder eine bestimmte Marktsituation, auch gemeinschaftsrechtlich im Rahmen von Artikel 28 EG nicht, schon gar nicht darauf, ein Getränk in einer bestimmten (schon immer so geführten) Verpackung an einen bestimmten Abnehmer (weiter) zu verkaufen. Entsprechend den Ausführungen des EuGH in der Rechtssache C- 309/02, Rdn. 50, 80, gibt Artikel 7 VerpackRL den betroffenen Herstellern und Vertreibern keinen Anspruch darauf, weiterhin an einem bestimmten System der Bewirtschaftung von Verpackungsabfall teilzunehmen, weshalb es eben auch keinen Anspruch darauf geben kann, Produkte weiter in solchen Verpackungen zu vertreiben, deren Entsorgungsmöglichkeiten von dem bisherigen System der Verpackungsabfallbewirtschaftung abhängen. Vielmehr ist es den betroffenen Herstellern und Vertreibern nach den Ausführungen des EuGH zuzumuten, ihre Produktionsmethoden und die Bewirtschaftung der Einwegverpackungsabfälle den Anforderungen des neuen Systems anzupassen, um ihre Marktchancen zu wahren. Die Wahrung dieser Marktchancen war hier zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht zu Lasten der Klägerinnen zwar eingeschränkt, da die Beklagte ein einheitliches arbeitsfähiges System nicht sichergestellt hatte, aber eben nur eingeschränkt und nicht ausgeschlossen, denn den Klägerinnen standen neben der Produktionsumstellung für einzelne große Abnehmer die sich etablierenden Insellösungen und offenen Systeme zur Verfügung. Diese Möglichkeiten aus Kostengründen oder mangels Abnehmern nicht genutzt zu haben, unterfällt - wie damals auch bei jedem anderen (in- und ausländischem) Hersteller und Abfüller - dem unternehmerischen Risiko der Klägerinnen.
Soweit wegen der seitens der Beklagten nicht erfolgten Sicherstellung eines arbeitsfähigen Systems ihr ein Verstoß anzulasten wäre, wiegt dieser gering, ist jedenfalls nicht hinreichend qualifiziert, da die Beklagte nach Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen durch Normierung der Pfand- und Rücknahmepflicht mit entsprechender Bußgeldbewehrung zunächst ihren Pflichten Genüge getan hatte und davon ausgehen durfte, die beteiligten Wirtschaftskreise würden - auch gerade in deren Interesse erforderlich - wie in der VerpackV a.F. vorgesehen und zunächst in Zusammenarbeit mit der Beklagten auch versucht ein einheitliches System aufbauen. Nach Scheitern dieses in der VerpackV a.F. vorgegebenen Weges hat sich die Beklagte sodann angemessen bemüht, Übergangslösungen zu finden und zu tolerieren, um die Belastungen insbesondere der Wirtschaft zu reduzieren. Nach dem allseits unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 2) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gingen im damaligen Zeitraum die beteiligten Wirtschaftskreise wohl davon aus, die Schaffung eines arbeitsfähigen einheitlichen Systems innerhalb von 9 Monaten bewerkstelligen zu können; auf diesen zeitlichen Angaben gegenüber der Beklagten beruhte damals deren Bekanntgabe des Kabinettsbeschlusses vom 20.03.2002, der bis zum Ende des Jahres 2002 eine solche Frist berücksichtigte, und nach Scheitern der Errichtung eines einheitlichen Pfandsystems die Dauer der Duldung einer nur beschränkten Erfüllung der Pfandpflicht bis zum 01.10.2003, die damit ebenfalls wiederum 9 Monaten entsprach. Auch hinsichtlich der vom EuGH in seinen Entscheidungen geforderten angemessene Übergangsfrist für die betroffenen Hersteller und Vertreiber ist der Beklagten somit unbeschadet des Umstandes, dass diese Entscheidungen damals noch nicht ergangen und von der Beklagten daher ohnehin nicht konkret zu berücksichtigen waren, demzufolge allenfalls ein geringer Vorwurf zu machen, da sie entsprechend den ihr von den beteiligten Wirtschaftskreisen genannten zeitlichen Vorgaben gehandelt hat.
Die Erheblichkeit eines etwaigen Verstoßes ist auch deshalb zu verneinen, weil der Wortlaut der in Rede stehenden gemeinschaftsrechtlichen Normen - VerpackRL und Artikel 28 EG - nicht eindeutig ist; mit der erforderlichen Klarheit und Genauigkeit lassen sich die aufgeworfenen Fragen nicht ohne weiteres eindeutig beantworten. Bis zu den Entscheidungen des EuGH war es damals vielmehr so, dass Inhalt und Ausgestaltung der in der VerpacKV a.F. enthaltenen Regelungen sowie deren Inkraftsetzung sowohl national als auch in der Gemeinschaft zwischen der Beklagten, einzelnen betroffenen Herstellern, Abfüllern und Vertreibern sowie deren Verbänden, der Kommission und dem Generalanwalt überwiegend streitig waren; die notwendige Klarheit wurde erst durch die Entscheidungen des EuGH geschaffen, der die Regelungen insgesamt gebilligt, lediglich einen bruchlosen Übergang beim Systemwechsel gefordert und die nicht ausreichende Übergangsfrist bemängelt hat. In diesem Zusammenhang gilt es auch zu berücksichtigen, dass es soweit ersichtlich bis zu den Entscheidungen des EuGH zur deutschen VerpackV a.F. überhaupt nur ein Urteil des EuGH zu Pfand- und Rücknahmesystemen gab (Rechtssache C-302/86, NVwZ 1989, 849), mit dem die damalige ausschließliche Mehrwegregelung in Dänemark grundsätzlich gebilligt und lediglich beanstandet worden war, dass dabei nur von dänischen Behörden genehmigte Verpackungen verwendet werden durften bzw. für Importe von Bier und Erfrischungsgetränken die Menge, die in nicht genehmigten Verpackungen in den Handel gebracht werden durfte, auf 3000 hl je Hersteller und Jahr begrenzt war. Im Lichte dieser Umstände und der nur sehr eingeschränkt vorhandenen einschlägigen EuGH-Rechtsprechung war es für die Beklagte zumindest vertretbar, von einer Übereinstimmung der in der VerpackV a.F. getroffenen Regelungen und deren Inkraftsetzung mit dem Gemeinschaftsrecht auszugehen.
Schließlich bleibt noch zu erwähnen, dass entgegen der Ansicht der Klägerinnen der Beklagten bei die Umsetzung der VerpackRL ein weiter Ermessensspielraum (besser Gestaltungsspielraum) zustand. Entsprechend den Ausführungen des EuGH in der Rechtssache C- 309/02, Rdn. 42, überlässt es Artikel 7 VerpackRL den Mitgliedstaaten, im Hinblick auf Einwegverpackungen zwischen einem Pfand- und Rücknahmesystem und einem flächendeckenden System der Sammlung von Verpackungen zu wählen oder sich für eine Kombination der beiden Systeme nach der Art der Erzeugnisse zu entscheiden, vorausgesetzt, die gewählten Systeme bezwecken, die Verpackungen der bestmöglichen Entsorgung zuzuführen, und sind Teil einer für alle Verpackungen und Verpackungsabfälle geltenden Politik. Im Rahmen dieses weiten Gestaltungsspielraums mag es der Beklagten bei Inkraftsetzung der in der VerpackV a.F. enthaltenen Regelungen gemäß den später vom EuGH aufgestellten Anforderungen zum Vorwurf gereichen, einen bruchlosen Übergang und eine ausreichende Übergangsfrist nicht sichergestellt zu haben; einen hinreichend qualifizierten Verstoß im Sinne des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs begründet dieses Verhalten in einer Gesamtschau der maßgeblichen Umstände aus den dargestellten Gründen nicht.
III.
Die prozessualen Nebenfolgen bestimmen sich nach § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 2, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision war zuzulassen, denn die Rechtssache hat im Hinblick auf den in Rede stehenden gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch grundsätzliche Bedeutung.
Streitwert für das Berufungsverfahren:
1. Berufung der Klägerin zu 1): 7.677.999 Euro
2. Berufung der Klägerin zu 2): 1.857.107,50 Euro
Wert der Beschwer für die Klägerin zu 1): 7.677.999 Euro
Wert der Beschwer für die Klägerin zu 2): 1.857.107,50 €
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.