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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: 7 U 163/06
Rechtsgebiete: StVG, ZPO


Vorschriften:

StVG § 7 Abs. 1
StVG § 17 Abs. 3
ZPO § 531 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 9.11.2006 - 5 O 187/06 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand (gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO).

Gründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz scheidet aus. Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegt weder eine schuldhafte Amtspflichtverletzung vor noch greift eine Haftung nach § 7 I StVG, weil sich die vorliegende Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs als unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 III StVG darstellt.

Dass das klägerische Fahrzeug durch einen von dem Mähgerät hochgeschleuderten Stein beschädigt worden ist, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest und wird auch mit der Berufung nicht mehr in Abrede gestellt.

Dies beruht aber nicht auf einer schuldhaften Amtspflichtverletzung.

Zwar ist die Gefahr, dass durch Mäharbeiten an dem zum Straßenkörper gehörenden Grünstreifen durch das Wegschleudern von Steinen eine Verletzung von Straßenbenutzern oder von deren Eigentum auftreten kann, nicht ganz fernliegend und daher möglichst weitgehend zu vermeiden. Verlangt werden können aber nur solche Sicherungsmaßnahmen, die mit vertretbarem technischem und wirtschaftlichem Aufwand erreichbar sind und nachweislich zu einem besseren Schutz führen (BGH, Urt. vom 18.1.2005 - juris -, OLG Stuttgart, Urt. vom 25.6.2003 - juris -).

Die danach zu fordernden Sicherungsmaßnahmen sind vor und bei Durchführung der Mäharbeiten eingehalten worden. Wie auch das Landgericht aufgrund der Beweisaufnahme festgestellt hat, befand sich die Mäheinrichtung in einem ordnungsgemäßen Zustand. Sie war mit einem umlaufenden Kettenschutz sowie einem Kunststofffangschutz ausgerüstet, von deren Ordnungsgemäßheit sich die zuständigen Mitarbeiter vor Arbeitsbeginn vergewissert hatten. Ferner waren der linke Fahrstreifen der N-Straße, an dessen Rand die Arbeiten ausgeführt wurden, gesperrt und durch Warnhinweise sowie Blinklicht auf die Mäharbeiten aufmerksam gemacht worden.

Weitere Sicherungsvorkehrungen zu verlangen, hieße im Streitfall angesichts der örtlichen Situation, die Anforderungen an Sicherungsmaßnahmen, die mit vertretbarem Aufwand erreichbar sein müssen, zu überspannen.

So ist es wirtschaftlich unzumutbar, weil mit einem unvertretbarem Aufwand verbunden, vom Landesbetrieb Straßenbau NRW zu verlangen, die zu mähende Fläche vor Mähbeginn auf Steine und sonstige Gegenstände zu durchsuchen, woraufhin der Senat in einem vergleichbaren Fall bereits hingewiesen hat (Sitzungsprotokoll vom 1.12.2005 in der Sache 7 U 100/05, Bl. 26 ff GA). Dies gilt nicht nur für Mäharbeiten an der Autobahn, sondern auch an einer sonstigen größeren außerörtlichen Straße wie der vorliegend betroffenen N-Straße. Auch hier liegt auf der Hand, dass das Absuchen einer derart umfänglichen Fläche, welche ein sehr langsames Vorangehen mindestens eines weiteren Mitarbeiters vor dem Mähfahrzeug erfordern würde, die Durchführung von Mäharbeiten an einer solchen Straße in einem einigermaßen vernünftigen Zeitrahmen unmöglich machen würde (ebenso OLG Stuttgart, Urt. vom 25.6.2003).

Soweit der Kläger erstmals in der Berufungserwiderung behauptet, der Randstreifen, der seinerzeit gemäht worden sei, sei deutlich sichtbar mit einer Menge von Unrat (Dosen, Flaschen, Moniereisen, Steine) übersät gewesen, stellt sich dies als nach § 531 II ZPO in der 2. Instanz nicht berücksichtigungsfähiges Vorbringen dar. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum dies nicht bereits in 1. Instanz vorgetragen worden ist. Im übrigen hat auch die bereits in erster Instanz vernommene Zeugin T (Bl. 84 GA), in deren Wissen auch die neuerlich behaupteten Umstände gestellt werden, hierzu kein Wort gesagt.

Gleichermaßen wirtschaftlich unzumutbar ist es, vom beklagten Land als Sicherheitsvorkehrung zu verlangen, entlang der Fahrbahn Planen anzubringen oder auf motorbetriebene Werkzeuge zu verzichten und auf handbetriebene Mähgeräte umzustellen (ebenso OLG Stuttgart). Dass derartige Vorkehrungen, die der BGH in seiner Entscheidung vom 28.11.2002 (VersR 2003, 1274) für Grasmäharbeiten im Bereich eines öffentlichen Parkplatzes auf den zwischen den einzelnen Parkbuchten befindlichen Rasenflächen als naheliegende Möglichkeiten der Sicherungsvorkehrung aufgezeigt hat, allein auf die dortige spezielle Situation bezogen waren, hat er in einer weiteren Entscheidung vom 18.1.2005 (juris), in der solche Vorkehrungen als für Grasmäharbeiten entlang einer Autobahn nicht ernsthaft in Betracht kommend erklärt worden sind, ausdrücklich klargestellt.

Für größere außerörtliche Straßen (-abschnitte) kann aufgrund der vergleichbaren Situation nichts anderes gelten (ebenso OLG Stuttgart aaO und offensichtlich OLG Celle, von der Beklagten zitiert).

Soweit das Landgericht eine vorübergehende Sperrung der N-Straße als mögliche Sicherheitsvorkehrung ernsthaft in Erwägung zieht, vermag der Senat dem ebenfalls nicht zu folgen. Der N ist eine stark befahrene Straße von zentraler Bedeutung. Eine Sperrung würde zu erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen führen, die in keinem Verhältnis steht zu der - wenn auch nicht ganz fernliegenden, aber sich allenfalls in einem geringen Umfang aktualisierenden - Gefahr des Wegschleuderns etwaiger Gegenstände während des Mähvorgangs, wenn die Mähvorrichtung selbst sich bereits in einem ausreichenden technischen Zustand befindet.

Den seinerzeit im Einsatz befindlichen Mitarbeitern der Beklagten kann auch ansonsten ein Fehlverhalten nicht angelastet werden. Ebenfalls erstmals in der Berufungserwiderung behauptet der Kläger, der Mähaufsatz des Unimogs sei über die Bordsteinkante des Grünstreifens hinaus geführt worden; der seitliche Auffangschutz habe daher seine Wirkung nicht entfalten können, da diese Schürze nicht bis zur Straßenfahrbahn gereicht habe. Es kann dahingestellt bleiben, ob bei der behaupteten Vorgehensweise von einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auszugehen ist, denn auch hier handelt es sich um nach § 531 II ZPO nicht berücksichtigungsfähiges neues Vorbringen.

Eine Haftung des beklagten Landes nach § 7 I StVG scheidet aus, weil sich die durch den hochgeschleuderten Stein verursachte Beschädigung des klägerischen Fahrzeuges für das beklagte Land als unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 III StVG darstellt. Der Begriff "unabwendbares Ereignis" gemäß § 17 III StVG (insoweit kann auf die zu § 7 II StVG a.F. ergangene Rspr. zurückgegriffen werden) meint nicht absolute Unvermeidbarkeit des Unfalls; nach dem Zweck der Norm ist der Schädiger vielmehr von Schäden freizustellen, die sich auch bei vorsichtigem Vorgehen nicht vermeiden lassen. Nur solche zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen können der Haftungsfreistellung entgegenstehen, die mit vertretbarem Aufwand erreichbar sind und zu einem besseren Schutz geführt hätten (BGH aaO). Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die durch das Wegschleudern von Steinen drohende Gefahr der Verletzung von Rechtsgütern anderer Straßenbenutzer von dem beklagten Land mit zumutbarem Aufwand nicht gänzlich verhindert werden kann. Andererseits haben die Mitarbeiter der Straßenmeisterei die erforderlichen und zumutbaren Sicherungsmaßnahmen getroffen. Im Hinblick darauf entfällt vorliegend die Haftung des beklagten Landes.

Für den Kläger stellt sich der Schadensfall als Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos dar, dem er im übrigen nicht nur durch Grasmäharbeiten, sondern stets bei der Straßenbenutzung ausgesetzt ist, da durch vorausfahrende Fahrzeuge Steine u.ä. hochgewirbelt werden können.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 II, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 996,99 €.

Ende der Entscheidung

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