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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 20.07.2000
Aktenzeichen: 7 U 218/99
Rechtsgebiete: BGB, KO, ZPO, GKG


Vorschriften:

BGB § 556 Abs. 1
BGB § 985
BGB § 959
KO § 43
KO § 1
ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 6
ZPO § 3
GKG § 16 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 218/99 4 O 304/99 LG Aachen

Anlage zum Protokoll vom 20.07.2000

Verkündet am 20.07.2000

Lingnau, JHSin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 25. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Prior sowie die Richter am Oberlandesgericht Martens und Dr. Kling

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 24.11.1999 - 4 O 304/99 - abgeändert und wie folgt neugefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 5.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch eine unbedingte, unwiderrufliche, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- oder Kreditbürgen zugelassenen Bankinstituts zu erbringen.

Tatbestand:

Die Klägerin vermietete mit Vertrag vom 06.11.1995 (Bl. 7, 8 d. GA) Herrn W. C., Inhaber der im Handelsregister eingetragenen Firma "G. Recycling W. C." (im folgenden kurz "Firma C." genannt), zu Lagerungszwecken die auf dem ehemaligen Kasernengelände "C. P." in A.-B. gelegene Halle 23. Die Höhe des Nutzungsentgelts betrug 1.200,00 DM monatlich.

Im Sommer 1997 kam die Firma C., die ein Recyclingunternehmen betrieb, mit der Zahlung der Mieten für Juli und August in Rückstand. Kurz darauf - in der Nacht vom 22. zum 23.09.1997 - brach auf dem ehemaligen Kasernengelände ein Brand aus, bei dem unter anderem die Halle 23 und das darin lagernde Recyclingmaterial (vgl. Abbildungen Bl. 42 bis 45 d. GA) stark beschädigt wurden. Die Beseitigung und Entsorgung des Recyclingmaterials kostet ca. 300.000,00 DM. Das beschädigte Hallentor hat die Klägerin (später) provisorisch zumauern lassen.

Die Klägerin forderte die Firma C. mit Schreiben vom 15.10.1997 (Bl. 11 d. GA) zur Beseitigung aller Brandreste auf und kündigte nach fruchtlosem Ablauf der von ihr gesetzten Frist mit Schreiben vom 31.10.1997 fristlos das Vertragsverhältnis wegen Zahlungsverzuges. Danach forderte sie noch mehrmals die Firma C. (erfolglos) zur Räumung der Halle 23 auf.

Am 01.04.1998 wurde über das Vermögen des Herrn W. C. das Konkursverfahren eröffnet (vgl. Beschluss Bl. 18 d. GA) Zum Konkursverwalter wurde der Beklagte bestellt.

Im Hinblick auf diese neu eingetretene Entwicklung wies die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 08.09.1998 (Bl. 20 d. GA) darauf hin, dass das Nutzungsverhältnis mit dem Gemeinschuldner am 31.10.1997 fristlos gekündigt worden sei, die Rückgabe der Mietsache jedoch immer noch nicht erfolgt sei und die Schlüssel zum Mietobjekt immer noch im Besitz der Firma C. seien. Dem Schreiben fügte sie überdies einen Schlüssel für das im Haupttor ausgewechselte Schloss bei. Diesen nebst weiteren 5 Schlüsseln sandte der Beklagte am 6.10.1998 zurück (S. 5 der Klageschrift). Mit weiterem Schreiben vom 11.11.1998 (Bl. 21 d. GA) wies die Klägerin nochmals auf die fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses hin und bat den Beklagten, die Halle zu räumen und zurückzugeben. Sie verband dies mit dem Hinweis, dass der Zutritt zur Liegenschaft jederzeit erfolgen könne. Der Beklagte übersandte daraufhin der Klägerin am 15.12.1998 die beiden noch übrigen Schlüssel der Firma C. zur Halle 23 (S. 5 der Klageschrift), was die Klägerin wiederum zum Anlass nahm, ihn mit Schreiben vom 17.12.1998 mit Fristsetzung bis zum 31.12.1998 zur Räumung der Halle aufzufordern. Zugleich teilte sie ihm mit, dass der Schlüssel zum Haupttor bei ihr abgeholt werden könne. Der Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach. Vielmehr erwiderte er mit Schreiben vom 21.12.1998, dass er sämtliche Gegenstände, die sich noch in der Halle befänden, freigebe.

Die Klägerin nimmt deshalb mit der vorstehenden Klage den Beklagten auf Räumung der Halle 23 in Anspruch.

Im wesentlichen hat sie dazu geltend gemacht, dass zur Rückgabe der Mietsache neben der Verschaffung der tatsächlichen Gewalt auch die Räumung des Objekts gehöre. Es handele sich um einen Aussonderungsanspruch, den der Beklagte als Konkursverwalter zu erfüllen habe.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, die Halle 23 des bundeseigenen, ehemaligen Kasernengeländes in ..... A.-B., N.straße (C. P.) zu räumen und besenrein und vollständig geräumt zurückzugeben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dass er zur Räumung der Halle nicht verpflichtet sei. Vielmehr müsse sich die Klägerin an den Gemeinschuldner halten. Im übrigen habe er sämtliche Gegenstände aus der Masse freigegeben.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Räumung der Halle 23 verurteilt. Dazu hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Anspruch nach § 556 Abs. 1 BGB auf Rückgabe der Mietsache umfasse außer der Verschaffung der tatsächlichen Gewalt auch die Räumung, die solange nicht erfüllt sei, wie sich eine mehr als nur geringfügige Menge von Gegenständen des Mieters noch auf dem Grundstück befinde. Dies gelte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auch im Konkurs des Mieters. Der Inhalt der Rückgabepflicht ändere sich dadurch nicht. Bei den Räumungskosten handele es sich um Kosten, die erforderlich seien, um den Aussonderungsanspruch des Vermieters überhaupt erfüllen zu können. Derartige Kosten fielen auch der Masse zur Last, wenn es sich um die Aussonderung beweglicher Sachen handele. Die Freigabe der auf dem Grundstück liegenden Gegenstände könne die Räumung nicht ersetzen. Sie führe lediglich dazu, dass nunmehr der Gemeinschuldner die Befugnis zurückerhielte, über diese Gegenstände zu verfügen. Schuldner des Anspruchs auf Räumung und Herausgabe bliebe der Konkursverwalter. Er könne sich dieser Verpflichtung nicht entziehen, indem er dem Gemeinschuldner wieder die Verfügungsbefugnis über das Räumungsgut übertrage. Für ihn gelte nichts anderes als für einen Mieter, der sich seiner Verpflichtung zur Räumung nicht etwa dadurch entziehen könne, dass er sein Eigentum an den zurückgelassenen Sachen aufgebe oder einem Dritten übertrage.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 29.11.1999 zugestellte Urteil mit bei Gericht am 29.12.1999 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die er innerhalb der ihm bis zum 29.02.2000 gewährten Fristverlängerung mit bei Gericht am Tage des Fristablaufs eingegangenem Schriftsatz vom 29.02.2000 begründet hat.

Im wesentlichen macht er geltend, dass das von der Kammer für ihre Entscheidung herangezogene Urteil des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 05.10.1994 (ZIP 1994, 1700) einen anderen Sachverhalt betreffe. Der hier zu beurteilende Fall unterscheide sich dadurch, dass der Beklagte niemals beabsichtigt habe, die Mieträumlichkeiten zu nutzen, und er sie auch tatsächlich niemals in Besitz genommen habe. Der hier in Rede stehende Anspruch sei ebenso wie der Zahlungsanspruch vorkonkursrechtlicher Natur. Nach dem das Konkursrecht beherrschenden Stichtagsprinzip könne es sich daher grundsätzlich nur um eine Konkursforderung und nicht um einen Masseanspruch handeln. Für eine Anwendung des § 43 KO bestehe unter diesen Umständen keine Grundlage. Dies habe das Landgericht verkannt. Da er den Mietgegenstand nicht zur Masse genommen und dies auch erkennbar niemals vorgehabt habe, treffe ihn auch keine Verpflichtung, die Räumung aus der Masse zu leisten.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Landgerichts für richtig. Die vom Beklagten erhobenen Einwände änderten hieran nichts. Bei der Räumungsverpflichtung handele es sich um einen massebefangenen Anspruch. Es liege eine tatsächliche Inanspruchnahme für die Konkursmasse durch die weiterhin auf dem Gelände befindlichen, im Eigentum des Gemeinschuldners stehenden Rückstände vor. Auf eine Inbesitznahme durch den Beklagten komme es nicht an. Eine wirtschaftliche Inanspruchnahme liege im übrigen darin, dass der Beklagte von der Klägerin wegen des durch den Brand geschädigten Lagerguts Schadensersatz verlangt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseits gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die Akten 4 O 167/99 LG Aachen und 42 UJs 55/98 StA Aachen, die Gegenstand der Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist in formeller Hinsicht bedenkenfrei. In der Sache selbst hat sie auch Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein auf Herausgabe und Räumung der Halle 23 gerichtetes Aussonderungsrecht nicht zu.

I.

1)

Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass das Mietvertragsverhältnis mit Schreiben der Klägerin vom 31.10.1997 wegen Zahlungsverzugs wirksam gekündigt worden ist. Dies wird auch von keiner Seite in Frage gestellt. Die Firma C. war deshalb verpflichtet, die Halle 23 an die Klägerin zurückzugeben. Die Rückgabe erfolgt regelmäßig dadurch, das die eingebrachten Sachen entfernt werden und dem Vermieter der unmittelbare Besitz (§ 854 BGB) eingeräumt wird (BGHZ 104, 285). Dieser Verpflichtung ist die Firma C. trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Klägerin - Schreiben vom 31.10.1997, 04.11.1997, 05.01.1998 und 09.03.1998 - nicht nachgekommen. Begründet lag dies darin, dass durch den vorangegangenen Brand in der Nacht vom 22. zum 23.09.1997 das in der Halle lagernde Recyclingmaterial stark beschädigt worden war und die Firma C. die erheblichen Beseitigungs- und Entsorgungskosten von ca. 300.000,00 DM nicht aufbringen konnte.

2)

Das Landgericht ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass dann, wenn das Mietvertragsverhältnis, wie im Streitfall, bereits vor Konkurseröffnung beendet wurde, der Mieter aber seiner Rückgabepflicht nicht nachgekommen ist, sowohl der Eigentumsherausgabeanspruch des Vermieters nach § 985 BGB als auch dessen schuldrechtlicher Rückgabeanspruch nach 556 Abs. 1 BGB grundsätzlich im Wege der Aussonderung nach - der hier noch einschlägigen Vorschrift des - § 43 KO geltend zu machen ist (BGH ZIP 1994, 1700 = MDR 1995, 687). Voraussetzung hierfür ist indessen, dass im Einzelfall ein Aussonderungsrecht überhaupt besteht. Anders als das Landgericht angenommen hat, ist dies bei den hier gegebenen besonderen Umständen zu verneinen.

3)

Ein Aussonderungsanspruch ist nur dann gegeben, wenn der auszusondernde Gegenstand massebefangen ist, der Konkursverwalter ihn also in Verwaltungsbesitz hat oder ihn für die Masse in Anspruch nimmt; anderenfalls kann sich der Berechtigte nur an den Gemeinschuldner persönlich halten (BGH a.a.O.; Jaeger/Lent, KO, 8. Auflage, § 43, Rz. 7, 60; Jaeger/Henckel, KO, 9. Auflage, § 1, Rz. 5; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Auflage, § 43, Rz. 9, 71). Massebefangen und damit aussonderungsfähig ist ein Mietgrundstück auch dann, wenn der Konkursverwalter zwar das Eigentum des Vermieters anerkennt, aber das Recht für sich in Anspruch nimmt, das Grundstück für die Masse zu nutzen und darüber zu entscheiden, ob, wann und in welcher Weise er es an den Vermieter zurückgibt. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Konkursverwalter das Grundstück auch in Besitz genommen hat (Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O., § 43 Rz. 9).

4)

Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall die Massebezogenheit der Halle 23 mit dem darin lagernden Recyclingmaterial zu verneinen.

a)

Nach § 1 KO umfasst das Konkursverfahren das gesamte, einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners, welches ihm zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens gehört. Bei den hier gegebenen Umständen ist indessen davon auszugehen, dass das (wertlose) Recyclingmaterial zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt dem Gemeinschuldner nicht mehr gehört hat. Den mehrmaligen, nachhaltigen Aufforderungen der Klägerin, das Recyclingmaterial von dem Grundstück zu entfernen, war nämlich die Firma C. nicht nachgekommen. Bei einem Ortstermin am 05.02.1998 auf dem Betriebsgelände hat der Gemeinschuldner erklärt, dass er sich außerstande sehe, die Kosten für die Entfernung und Entsorgung des Recyclingmaterials in Höhe von ca. 300.000,00 DM zu übernehmen. Dies lag auch auf der Hand, da er bereits zuvor die Mieten von monatlich 1.200,00 DM schuldig geblieben war. Auf die letzte Aufforderung der Klägerin vom 09.03.1998 hat er dann auch überhaupt nicht mehr reagiert. Hieran zeigt sich, dass dem Gemeinschuldner das rechtliche Schicksal des Recyclingmaterials gleichgültig war. Eine wirtschaftliche Verwertung schied angesichts des Brandschadens aus. Der Gemeinschuldner konnte und wollte sich um die Beseitigung und Entsorgung des Recyclingmaterials nicht kümmern. Angesichts seiner finanziellen Verhältnisse, die kurz darauf zum Konkurs führten, war hieran nicht zu denken. Mit dem Recyclingmaterial wollte er deshalb nichts mehr zu tun haben. Ausweislich S. 2 des Schreibens der Klägerin vom 9.3.1998 (Bl. 17 GA) hatte der von Herrn C. beauftragte Rechtsanwalt vorher auch schon erklärt, dass "Herr C. die Abfälle unentgeltlich zur Verfügung stellt und keine Besitz- und Eigentumsrechte mehr geltend macht". Damit hat der Gemeinschuldner schon vor Konkurseröffnung ausdrücklich, zumindest aber konkludent erklärt, auf das Eigentum an dem Recyclingmaterial zu verzichten. Zugleich kann aus dem in dieser Weise geäußerten Verzichtswillen entnommen werden, dass er den Besitz an dem Recyclingmaterial aufgeben wollte (vgl. dazu Palandt-Bassenge, BGB, 59. Auflage, § 959, Rz. 1). Die Klägerin hat hierauf in der Weise reagiert, dass sie die Torzufahrt zugemauert und das Schloss im Haupttor ausgewechselt hat. Beide Maßnahmen zielten ersichtlich darauf ab, den Zugriff von außen zu verhindern. Hatte damit aber die Firma C. Eigentum und Besitz an dem Recyclingmaterial aufgegeben, so ist dieses gemäss § 959 BGB herrenlos geworden und schied damit als massefähiger Vermögensgegenstand aus. Der Eigentumsaufgabe steht nicht entgegen, dass sich die Firma C. dadurch möglicherweise öffentlichrechtlichen Verpflichtungen entzogen hat (Palandt-Bassenge, a.a.O. m.w.N.). Bei Eröffnung des Konkursverfahrens am 01.04.1998 war damit das Recyclingmaterial nicht massebefangen. Der Umstand, dass ein Mieter den gegen ihn gerichteten Räumungsanspruch nicht dadurch unterlaufen kann, dass er Eigentum und Besitz an den eingebrachten Sachen aufgibt, ändert nichts daran, dass nicht mehr in seinem Eigentum stehende Sachen nicht zur sog. Soll-Masse i. S. des § 1 KO gehören. Zur - für § 43 KO maßgebenden - Ist-Masse werden sie nur, wenn der Konkursverwalter sie in Verwaltungsbesitz hat oder für die Masse in Anspruch nimmt. Daran fehlt es hier, wie sich aus nachfolgenden Ausführungen ergibt.

b)

An einer die Aussonderung rechtfertigenden Massebefangenheit würde es auch dann fehlen, wenn das Recycling-Material z. Zt. der Konkurseröffnung dem Gemeinschuldner noch gehört hätte.

Die Annahme, der Beklagte könnte das durch den Brand total geschädigte und damit wertlose Recyclingmaterial in Verwaltungsbesitz oder für die Konkursmasse in Anspruch genommen haben, ist völlig lebensfremd. Zwar können im Fall der Aussonderung nach der vom Bundesgerichtshof und Teilen der Literatur vertretenen Ansicht (BGH a.a.O., Jaeger/Henckel, a.a.O., § 6, Rz. 62) auch solche Gegenstände zum Betriebsvermögen gehören, die unverwertbar sind, und erst die Freigabe löst sie aus dem Konkursbeschlag (BGH a.a.O.). Im Streitfall ging es aber nicht - neben anderen verwertbaren Gegenständen - um Baumaterial, Schutt und sonstige Hinterlassenschaften, die auf dem Betriebsgelände lagerten. Vielmehr war die Halle 23 angefüllt mit verbranntem und damit verwendungsunfähig gewordenem Recyclingmaterial, dessen Beseitigung und Entsorgung mehrere 100.000,00 DM kostete, und das deshalb, wie die Erörterung vor dem Senat ergab, die Durchführung des Konkurses bei Übernahme dieser Kosten insgesamt in Frage gestellt hätte. Die Zuweisung des völlig wertlosen Recyclingmaterials zur Masse würde deshalb mit dem Ziel des Konkursrechts, den Konkursgläubigern eine möglichst gleichmäßige Befriedigung zu bieten, nicht zu vereinbaren sein. Für die Einzelzwangsvollstreckung bestimmt deshalb auch § 803 Abs. 2 ZPO mit gutem Grund, dass die Pfändung zu unterbleiben hat, wenn die Verwertung der zu pfändenden Gegenstände einen Überschuss über die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht erwarten lässt. Ob die § 803 Abs. 2 ZPO unterfallenden Gegenstände generell nicht zur Soll-Masse i. S. des § 1 KO ("das gesamte, einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen") gehören, kann unentschieden bleiben. Dagegen wird eingewandt, die Beschlagsfähigkeit sei nicht auf tatsächliche Verwertbarkeit abgestellt; da die Verwertbarkeit häufig sehr zweifelhaft sei, würde die Verkehrssicherheit ernstlich bedroht werden durch einen Rechtssatz, der die Massezugehörigkeit auf die Verwertbarkeit abstelle (Jaeger-Henckel aaO § 1 Rn. 62).

Auch wenn man dies im Grundsatz anerkennt, so ist nach Ansicht des Senats doch jedenfalls dann eine Ausnahme zu machen, wenn - wie hier - kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, dass die betreffenden Sachen völlig wertlos sind, im Gegenteil wegen der notwendigen Entsorgung nur noch einen (hier ganz erheblichen) Kostenfaktor darstellen. Die maßgebenden Umstände lagen von vornherein auf der Hand, waren also auch dem Beklagten bekannt. Es wäre daher verfehlt gewesen, die in der Halle liegenden Materialien in Verwaltungsbesitz oder für die Masse in Anspruch zu nehmen, erst recht nicht die im Eigentum der Klägerin stehende Halle als solche. Der Beklagte hat das auch nicht getan, sondern von vornherein zu erkennen gegeben, dass er mit der Halle 23 und dem darin gelagerten Recyclingmaterial nichts zu schaffen haben wolle und dass er die Übernahme des Recyclingmaterials und die rechtliche Verantwortung hierfür ablehne. Befasst wurde der Beklagte mit dem Vorgang überhaupt erst Monate nach der Konkurseröffnung, als er von der Klägerin, die zuvor das Hallentor zugemauert und das Schloss zum Haupttor ausgewechselt hatte, mit Schreiben vom 08.09.1998 den Hinweis erhielt, dass die Firma die Halle immer noch nicht geräumt und die Schlüssel zur Halle noch im Besitz habe. Den ihm mit dem Schreiben übersandten Schlüssel schickte er alsbald - 6.10.1998 - zurück. Erst mit Schreiben vom 11.11.1998 forderte die Klägerin alsdann den Beklagten zur Räumung der Halle 23 auf. Der Beklagte reagierte hierauf in der Weise, dass er am 15.12.1998 weitere Schlüssel, die er inzwischen offenbar vom Gemeinschuldner erhalten hatte, zurücksandte. Hieran wird deutlich, dass es der Beklagte abgelehnt hat, die Halle 23 überhaupt in Besitz zu nehmen und sich mit dem darin lagernden Recyclingmaterial in irgendeiner Weise zu befassen. Damit stimmt überein, dass er wenig später - mit Schreiben vom 21.12.1998 - auf eine weitere Aufforderung der Klägerin zur Räumung der Halle das Recyclingmaterial "freigegeben" und damit zu erkennen gegeben hat, das er dieses nicht als massebefangen betrachte. Eine Inbesitznahme bzw. Inanspruchnahme für die Masse ist auch nicht darin zu sehen, dass der Beklagte die Klägerin im Verfahren 4 O 167/99 LG Aachen wegen der Brandschäden auf Schadensersatz in Anspruch genommen hat. Der geltend gemachte Ersatzanspruch hatte keinen Bezug zur Örtlichkeit. Verlangt wurde wegen angeblicher Mitverantwortung der Klägerin für den Brand Ersatz des eingetretenen Wertverlustes. Dafür spielte es keine Rolle, ob die Sachen so vernichtet waren, dass sie gar nicht mehr vorhanden, oder ob sie als Brandschutt noch vorhanden waren.

Bei dieser Sachlage besteht der mit der Klage verfolgte Räumungsanspruch nicht. Zur Räumung verpflichtet ist vielmehr der Gemeinschuldner. Dass er Eigentum und Besitz an dem Recyclingmaterial aufgegeben hat, steht der Verpflichtung nicht entgegen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für die Gebühren richtet sich nach der (zwingenden) Vorschrift des § 16 Abs. 2 GKG und beträgt danach im Hinblick auf das zuletzt gezahlte Nutzungsentgelt 14.400,00 DM. Unerheblich ist dabei die (mittelbare) Belastung mit den Kosten der Räumung (vgl. BGH ZMR 1994, 65).

Der Rechtsmittelstreitwert richtet sich hingegen nach den §§ 6, 3 ZPO und wird auf 120.000,00 DM festgesetzt. Dies ist die Beschwer der Klägerin.

Ende der Entscheidung

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