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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 20.12.2001
Aktenzeichen: 7 U 66/01
Rechtsgebiete: BGB, GG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 824
BGB § 1004
GG Art. 5
ZPO § 91a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 66/01

Verkündet am 20. Dezember 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2001 durch die Richter am Oberlandesgericht Martens, Dr. Kling und Ring

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 9.5.2001 - 4 O 222/00 - abgeändert und wie folgt neugefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von DM 40.000,00 DM abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch eine unbedingte, unwiderrufliche, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürgen zugelassenen Bankinstituts zu erbringen.

Tatbestand:

Die Beklagte war Eigentümerin des "Klosterguts L.". Es handelt sich um ein im Gewerbe- und Industriepark K. II in J. gelegenes größeres Grundstücksareal von rd. 35.000 qm. Ende 1997 stand es zum Verkauf an. Der Kläger war seit längerem an einem Erwerb dieses Grundbesitzes interessiert, um auf ihm eine Hotel- und Freizeitanlage zu errichten. Er wandte sich deshalb mit Schreiben vom 25. 11. 1997 an die Beklagte. Seinem Schreiben fügte er einen Grundriß und einen Planungsentwurf der S. Planungsgesellschaft mbH bei, aus denen sich die von ihm ins Auge gefasste Bebauung ergab. Die Beklagte zeigte sich an dem Projekt interessiert. Sie bat den Kläger, sein Nutzungskonzept in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 17. 9. 1998 vorzustellen. In einer weiteren Sitzung am 20. 10. 1998 fasste alsdann der Haupt- und Finanzausschuss den Beschluss, dem Kläger die Hofanlage "Gut L." zur Errichtung einer Hotel- und Freizeitanlage mit Restauration, Saunabetrieb und zwei Mehrzweckhallen" zu einem Preis von 44,08 DM/qm mit folgenden Maßgaben zu veräußern:

.....

3) Im Vertrag werden festgelegt:

- Rückkaufsrecht, - Ausschließen einer anderen Nutzung, - Frist, bis wann Vorhaben realisiert werden soll und Plänge vorliegen müssen, - Ausschluss und Entschädigungsmöglichkeiten, wenn die Änderung des Bebauungsplans entsprechend Ziffer 4 nicht durchzusetzen ist,

4) Die Änderungen des Bebauungsplanes sind entsprechend vorzubereiten.

Auf der Grundlage des vom Haupt- und Finanzausschuss gefassten Beschlusses übertrug die Beklagte dem Notariat Dr. P. und R. die Erarbeitung des Kaufvertrages. In dem Entwurf (Bl. 20 ff. d. GA), der dem Kläger mit Schreiben vom 11. 1. 1999 zur Kenntnisnahme und mit der Bitte um Überprüfung übermittelt wurde, ist, soweit dies hier interessiert, folgendes bestimmt:

§ 4

1. Die Nutzung des Kaufgrundstück hat sich nach gültigem Baurecht und der Baugenehmigung der Stadt J. zu richten. Die Stadt J. wird den Bebauungsplan Nr. ... Gewerbe- und Industriepark K. II ändern, um die geplante Nutzung als Hotel- und Freizeitanlage sicherzustellen. Sodann verpflichtet sich der Käufer, die Festsetzungen des geänderten Bebauungsplans Nr. ... einzuhalten.

Der Erwerb erfolgt ausschließlich zur Errichtung einer Hotel- und Freizeitanlage mit Restauration, Saunabetrieb und zwei Mehrzweckhallen auf der Grundlage der durch die S. Planungsgesellschaft mbH ... vorgelegten Planung vom 4. 6. 1998. Das Planungskonzept ist dieser Urkunde ... beigefügt...

....

Die Baupläne und spätere Erweiterungs- oder Änderungspläne bedürfen unbeschadet der Genehmigung der Baugenehmigungsbehörde der vorherigen Zustimmung der Stadt J.. Der Verkäufer ist berechtigt, dem Käufer bei der Gestaltung seines Bauvorhabens im Rahmen der baurechtlichen Vorschriften Auflagen zu machen, um die Bebauung des Kaufgrundbesitzes mit den Nachbargrundstücken in Einklang zu bringen.

2. ...

Sollte die Änderung des Bebauungsplanes in der für das Bauvorhaben vorgesehenen Art und Weise aus Gründen scheitern, die nicht durch den Käufer zu vertreten sind, ist die Stadt J. berechtigt und verpflichtet, das Grundstück zurückzunehmen und den gezahlten Kaufpreis zinslos zurückzuzahlen. Eine Erstattung weiterer Kosten (Planungskosten, Vertragskosten usw.) durch die Stadt J. ist ausgeschlossen

Der Kläger nahm zu dem ihm übermittelten Entwurf mit Schreiben vom 5. 2. 1999 Stellung. Er hielt ihn in insgesamt 16 Punkten für änderungsbedürftig (vgl. Bl. 173/174 d. GA). Diese Änderungswünsche waren Anlass für weitere Besprechungstermine am 26. 2. 1999 und 9. 3. 1999, in denen jedoch keine abschließende Klärung über alle Punkte erzielt wurde.

Mit Schreiben vom 31. 3. 1999 (Bl. 53 d. GA) forderte alsdann die Beklagte den Kläger mit dem Hinweis, dass sie gegenüber dem Stadtrat und dem Haupt- und Finanzausschuss für die Umsetzung des Beschlusses über den Verkauf des Grundbesitzes in der Verantwortung stehe, "letztmalig" auf, sich bis zum 12. 4. 1999 mit dem Kaufvertragsentwurf (schriftlich) einverstanden zu erklären. Der Kläger erwiderte hierauf mit Schreiben vom 7. 4. 1999 (Bl. 133 d. GA): Er wies darauf hin, dass einige Punkte immer noch klärungsbedürftig seien und führte im Anschluss daran folgendes aus:

Außerdem möchten wir bereits im Grundstückskaufvertrag folgende Punkte geklärt haben:

1. zusätzliche Zufahrt zu dem Grundstück im Bereich Verlängerung der R.-E.-Straße, Plan X1,

2. Veränderung der Bebauungsgrenze zum Garten hin - durch Befreiung der Stadt - um ca. 25 m für Errichtung eines Schwimmbeckens, einer Terrasse und einer Blockhaussauna und entlang der Grundstücksgrenze überdachte Liegeplätze für Sauna - gleichzeitig als Sichtschutz zum Nachbargrundstück hin, Plan X2,

3. Genehmigung zur Errichtung eines Einfamilienhauses im Bereich X3 lt. beigefügtem Plan.

Diese - neu eingeführten - Änderungswünsche waren Gegenstand der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 15. 4. 1999. Der Ausschuss sprach sich gegen eine Ergänzung des Vertrages aus und beschloss überdies, dass das Verkaufsangebot zurückzuziehen sei, falls der Kläger "nicht bis zum 23. 4. 1999 sein Einverständnis zum vorliegenden Vertragsentwurf" einschließlich der zwischen ihm und der Verwaltung besprochenen Ergänzungen und Änderungen erklärt habe (Bl. 202 d. GA). Hierüber wurde der Kläger mit Schreiben vom 16. 4. 1999 unterrichtet. Er reagierte darauf mit Schreiben vom 19. 4. 1999, mit dem er sein nach wie vor bestehendes Interesse an einem Abschluss des Vertrages bekundete und der Beklagten zugleich einen in weiten Teilen geänderten Vertragsentwurf übermittelte (vgl. Bl. 106 ff. d. GA). Es kam daraufhin zu einem weiteren Besprechungstermin am Tage des Fristablaufs (23. 4. 1999), an dem für den Kläger dessen Ehefrau erschien. Diese überreichte schließlich den Mitarbeitern der Beklagten - nach einer mit streitigem Inhalt geführten Erörterung - eine Erklärung des Klägers, in der es wie folgt heißt:

Auf Ihr Schreiben vom 20. 4. 1999 teile ich Ihnen mit, daß ich bereit bin, den Kaufvertrag mit den besprochenen und von Ihnen zugesagten Änderungen zu unterschreiben.

Auf Veranlassung der Beklagten wurde der Haupt- und Finanzausschuss am 10. 5. 1999 nochmals mit dem Verkauf des Grundstücks befasst, nachdem bereits zuvor die in der Nähe angesiedelte Zuckerfabrik J. AG immissionsrechtliche Bedenken gegen die Errichtung einer Hotel- und Freizeitanlage vorgetragen hatte (vgl. Schreiben vom 28. 4. 199; Bl. 131 f. d.GA). Der Ausschuss entschied alsdann, das Verkaufsangebot zurückzuziehen und das Grundstück anderweitig zu veräußern. Der Kläger wurde hierüber mit Schreiben vom 11. 5. 1999 unterrichtet.

Mit der vorstehenden Klage nimmt er nunmehr die Beklagte wegen des Abbruchs der Vertragsverhandlungen auf Schadensersatz in Anspruch und macht dazu im einzelnen geltend, dass er berechtigterweise mit dem Abschluss des Kaufvertrages habe rechnen dürfen und die Beklagte deshalb verpflichtet sei, ihm die Aufwendungen zu ersetzen, die er im Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages vorgenommen habe. Dazu zählten (neben den Angebotskosten) insbesondere seine Zahlungsverpflichtungen aus dem Architektenvertrag, den er am 15. 1. 1999 mit der S. Planungsgesellschaft mbH abgeschlossen habe (vgl. Bl. 44 ff. d. GA). Diese beliefen sich gemäß Honorarschlussrechnung vom 14. 9. 1999 auf insgesamt (netto) 1.180.172,13 DM (vgl. Bl. 62 ff. d. GA).

Demgemäß hat der Kläger unter Berücksichtigung der bisher auf das Honorar geleisteten Zahlungen (zuletzt) beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1) an ihn 6.080,00 DM zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer nebst 4 % Zinsen seit dem 13. 6. 2000 zu zahlen,

2) ihn von den Honoraransprüchen der S. Planungsgesellschaft mbH gemäß deren Schlussrechnung vom 14. 9. 1999 freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im wesentlichen geltend gemacht, dass der Kläger es sich selbst zuzuschreiben habe, wenn die Vertragsverhandlungen gescheitert seien. Sie hat überdies die Berechtigung der Honorarforderung nach Grund und Höhe in Zweifel gezogen und insbesondere darauf verwiesen, dass überhaupt keine Veranlassung bestanden habe, einen (alle Leistungsphasen umfassenden) Architektenvertrag vor der endgültigen Beurkundung des Kaufvertrages abzuschließen.

Das Landgericht hat angenommen, dass sich die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo schadensersatzpflichtig gemacht habe, und hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat lediglich die Einwände der Beklagten zur Höhe des Anspruchs teilweise durchgreifen lassen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 11. 5. 2001 zugestellte Urteil mit bei Gericht am 7. 6. 2001 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie innerhalb der ihr gewährten Fristverlängerung mit bei Gericht am 7. 9. 2001 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verweist insbesondere darauf, dass (jedenfalls) im Hinblick auf den hier zu beachtenden Formzwang nach § 313 BGB eine Haftung aus culpa in contrahendo auszuschließen sei.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die Feststellungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseits gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung hat in der Sache selbst auch Erfolg. Entgegen dem Landgericht steht dem Kläger gegenüber der Beklagten der mit der Klage verfolgte Schadensersatzanspruch nicht zu.

I.

Das Landgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Beklagte dem Kläger unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen zum Schadensersatz verpflichtet sei. Die Voraussetzungen für diesen Anspruch liegen nicht vor.

1. Im Rahmen der Vertragsfreiheit hat jeder Vertragspartner bis zum Vertragsabschluss das Recht, von dem in Aussicht genommenen Vertragsabschluss Abstand zu nehmen. Aufwand, der in Erwartung des Vertragsabschlusses gemacht wird, erfolgt daher grundsätzlich auf eigene Gefahr (BGH NJW 1996, 1884 (1985); BGH, NJW-RR 1989, 627; MünchKomm-Emmerich, BGB, 3. Aufl., Vorb. § 275 Rdnr. 160; Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., Vorb. § 275, Rdnr. 136).

Nur wenn der Vertragsabschluss nach dem Inhalt der Verhandlungen zwischen den Parteien als sicher anzunehmen ist und in dem hierdurch begründeten Vertrauen Aufwendungen zur Durchführung des Vertrages vor dessen Abschluss gemacht worden sind, so können diese vom Verhandlungspartner unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen zu erstatten sein, wenn er den Vertragsabschluss später ohne triftigen Grund ablehnt (BGH NJW 1996, 1884 (1885); BGHZ 76, 343 (349) = NJW 1980, 1683; BGH NJW 1975, 1774 = WM 1975, 923; BGH WM 1969, 595 (597)).

Eine so begründete Verpflichtung zum Ersatz des Vertrauensschadens bedeutet indessen im Bereich nach § 313 S. 1 BGB zu beurkundender Rechtsgeschäfte einen indirekten Zwang zum Vertragsabschluss. Dieser Zwang läuft dem Zweck der Formvorschrift des § 313 S. 1 BGB zuwider, nach der wegen der objektiven Eigenart des Vertragsgegenstandes eine Bindung ohne Einhaltung der Form gerade verhindert werden soll (BGHZ 116, 251 (257); BGH NJW 1996, 1884 (1885)). Im Fall zu beurkundender Rechtsgeschäfte löst deshalb der Abbruch von Vertragsverhandlungen, deren Erfolg als sicher anzunehmen war, nach zutreffender Ansicht auch dann keine Schadensersatzansprüche aus, wenn es an einem triftigen Grund für den Abbruch fehlt (BGH NJW 2001, 2713 (2714); BGH NJW 1996, 1884 (1885); BGHZ 116, 251 (257 f.); BGH DNotZ 1983, 621 (623); BGH WM 1982, 1436, (1437); OLG Hamm NJW-RR, 1991, 1043; OLG Köln NJW-RR 1987, 801; OLG Koblenz MDR 1997, 811; Reinicke/Tiedtke, ZIP 1989, 1093, 1101).

Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die Berufung auf die Formbedürftigkeit bei Würdigung der gesamten Umstände mit den Grundsätzen von Treu und Glauben schlechthin nicht zu vereinbaren ist, etwa weil sie die Existenz des anderen Vertragsteils gefährdet (BGHZ 12, 286 (302 ff.) = NJW 1954, 1241; BGHZ 23, 249 (254 ff.) = NJW 1957, 789; BGH NJW 1996, 1884 (1885)) oder ihre Geltendmachung eine besonders schwerwiegende Treupflichtverletzung bedeutet (BGH NJW 1996, 1884 (1885); BGHZ 29, 6, 10 f.; BGHZ 48, 396 (397 ff.); BGHZ 85, 315 (318)). Dabei kommt in der Regel nur eine vorsätzliche Treupflichtverletzung als Grundlage für einen Schadensersatzanspruch in Betracht, wie sie im Vorspiegeln tatsächlich nicht vorhandener Abschlussbereitschaft liegt (BGH NJW 1996, 1884 (1885); BGH NJW 1975, 43; Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., Vorb. § 275, Rdnr. 135; Reinicke/Tiedtke, ZIP 1989, 1093 (1096)).

Die Annahme eines derartigen Ausnahmefalles ist an strenge Anforderungen gebunden. Eine besonders schwerwiegende Treupflichtverletzung kann nicht schon darin gesehen werden, dass der Verkaufswillige zunächst feste Verkaufsabsichten äußert und es sich später dann doch anders überlegt und von einem Abschluss des Vertrages dann doch Abstand nimmt. Es entspricht dem typischen und auch organisatorisch notwendigen Verhandlungsabläufen, dass vor dem Beurkundungstermin feste Verkaufs- bzw. Kaufabsichten geäußert und die Vertragsbedingungen ausgehandelt werden. Gleichwohl behält das Gesetz den Vertragsparteien im Rahmen der Vertragsautonomie bis zur Beurkundung die volle Entscheidungsfreiheit vor.

2. Nach diesen Grundsätzen haftet die Beklagte schon dem Grunde nach nicht.

a) Es steht außer Frage, dass es zunächst den Absichten der Beklagten entsprach, den hier in Rede stehenden Grundbesitz an den Kläger zum Zwecke der Errichtung einer Hotel- und Freizeitanlage zu verkaufen. Der Kläger hatte das von ihm ins Auge gefasste Projekt in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 17. 9. 1997 vorgestellt. Es ist dort positiv aufgenommen worden. Nachdem die Parteien im weiteren Verhandlungsablauf auch über den Kaufpreis Einigkeit erzielt hatten, hat der Haupt- und Finanzausschuss in der Sitzung am 20. 10. 1998 schließlich entschieden, die Hofanlage Gut L. mit den festgelegten Vorgaben, die sich u.a. über ein Rückkaufsrecht und über die Ausschließung einer anderen Nutzung verhielten, an den Kläger zu veräußern. Die Beklagte ließ alsdann auf der Grundlage der von der S. Planungsgesellschaft mbH vorgelegten Planung vom 4. 6. 1998 und der vom Haupt- und Finanzausschuss getroffenen Festlegungen einen Vertragsentwurf erarbeiten, den sie dem Kläger mit Schreiben vom 11. 1. 1999 zur Kenntnisnahme und Überprüfung übermittelte. Es deutet nichts darauf hin und wird von dem Kläger auch nicht behauptet, dass es der Beklagten nicht ernst war mit dem Abschluss des Kaufvertrages. Vielmehr hat sie auch danach noch ihre Bereitschaft bekundet, den Kaufvertrag auf der Grundlage des übermittelten Entwurfs und einigen im Nachhinein getroffenen Änderungen abzuschließen. Der Kläger konnte danach zwar als sicher davon ausgehen, dass es zum Vertragsabschluss kommen werde. Nach den ober dargelegten Grundsätzen reicht dies aber nicht aus, Schadensersatzansprüche wegen eines enttäuschten Vertrauens auszulösen. Erforderlich ist vielmehr, dass der spätere Vertragsabbruch auf einer besonders schweren Treupflichtverletzung beruht. Darauf hinweisende Umstände hat der Kläger jedoch weder dargetan noch sind sie sonst ersichtlich. Der weitere Verhandlungsverlauf - ab Februar 1999 - zeigt vielmehr, dass es vor allem nachträglich erhobenen Forderungen und Wünsche des Klägers waren, die zu einer Verhärtung des Verhandlungsklimas geführt haben. Bereits mit Schreiben vom 5. 2. 1999 hat er Nachforderungen hinsichtlich des Nutzungszwecks gestellt. Dieser sollte nach den Vorstellungen des Klägers um die Bereiche "Beauty/Wellness-Anlage, Fitness, Tanzlokal, Sportanlagen und alle artverwandten Unternehmungen erweitert werden. Mit Schreiben vom 7. 4. 1999 unterbreitete der Kläger der Beklagten weitere Änderungsvorschläge, die bereits in den Kaufvertrag Aufnahme finden sollten. Diese bezogen sich auf eine zusätzliche Zufahrt zum Grundstück, auf eine Veränderung der Bebauungsgrenze von ca. 25 Meter zum Garten hin sowie auf die Genehmigung zur Errichtung eines Einfamilienhauses. Zum Teil einschneidende Änderungen enthielt darüber hinaus der vom Kläger überarbeitete - der Beklagten mit Schreiben vom 19. 4. 1999 überreichte - Vertragsentwurf. Entgegen dem ursprünglichen Planungskonzept, das ein Hotel mit 140 Betten vorsah, sollte nur noch ein Hotel mit "mindestens 20 Betten" errichtet werden. Die Beklagte sollte für die "beschriebenen" (sachlich erweiterten) Zwecke nunmehr die Gewähr übernehmen. Die Bestimmung, wonach Baupläne und spätere Erweiterungs- oder Änderungspläne unbeschadet der Genehmigung der Baugenehmigungsbehörde der vorherigen Zustimmung der Beklagten bedurfte, sowie die Berechtigung der Beklagten, dem Kläger bei der Gestaltung seines Bauvorhabens im Rahmen der baurechtlichen Vorschriften Auflagen zu machen, um die Bebauung des Kaufgrundstücks in Einklang mit den Nachbargrundstücken zu bringen, wurde ersatzlos gestrichen. Im Falle des Scheiterns der Bebauung sollte der Kaufpreis im Rahmen der Rückabwicklung nunmehr mit 8 % verzinst werden. Außerdem sollte die Beklagte verpflichtet sein, dem Kläger sämtliche Kosten (mit Ausnahme der Planungskosten) zu ersetzen. Die Ausübung des Wiederkaufsrechts sollte an engere Voraussetzungen geknüpft sein; außerdem war für den (zurückzuzahlenden) Kaufpreis eine Verzinsung von 8 % vorgesehen.

Dem Kläger war es unbenommen, auf ein für ihn günstiges Verhandlungsergebnis hinzuwirken. Die Beklagte verletzte andererseits aber auch nicht ihr obliegende Treupflichten, schon gar nicht in besonders schwerwiegender Weise, wenn sie hierauf nicht einging und dem Kläger Fristen zur Vertragsannahme setzte, um eine abschließende Entscheidung herbeizuführen.

Der Kläger hat sich dann zwar am Tage des Fristablaufs bereit erklärt, den "Kaufvertrag mit den besprochenen und .... zugesagten Änderungen" zu unterschreiben. Das hinderte die Beklagten nach den eingangs dargelegten Maßstäben indessen nicht daran, von dem Vertragsabschluss - auch ohne Vorliegen eines triftigen Grundes - Abstand zu nehmen. Allein der Umstand, dass dem (vorgesehenen) Käufer im Zuge der Vertragsanbahnung Aufwendungen erwachsen sind, begründet für sich genommen noch nicht die Verpflichtung des Verkäufers zum Abschluss des Kaufvertrages. Das Risiko, dass sich der Aufwand als nutzlos erweist, hat der Käufer zu tragen. Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht etwa deshalb geboten, weil an dem ins Auge gefassten Kaufvertrag die öffentliche Hand beteiligt war. Beide Beteiligten begegneten sich hier auf privatrechtlicher Ebene. Es besteht deshalb kein Anlass, der Beklagten den Schutz des § 313 BGB zu versagen. Dies gilt umso mehr, als für die Wirksamkeit des abzuschließenden Verpflichtungsgeschäftes, soweit es um die beklagte Gemeinde geht, noch weitere Förmlichkeiten (vgl. § 64 GO NW) zu beachten waren.

Unerheblich ist auch, welche Gründe zu der Entschließung der Beklagten geführt haben, von dem - zunächst beabsichtigten - Vertragsabschluss Abstand zu nehmen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die von der Zuckerfabrik J. AG mit Schreiben vom 28. 4. 1999 vorgetragenen Bedenken einen realen Hintergrund hatten. Ebensowenig ist von Bedeutung, ob der Kläger bzw. seine Ehefrau Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Projekts in der vorgesehenen Form geäußert haben.

b) Eine Haftung der Beklagten kommt schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass ein Verhandlungspartner zunächst tatsächlich verkaufsbereit war und dies gegenüber dem anderem Verhandlungspartner auch erklärt hat, im Verlaufe der Verhandlungen aber innerlich hiervon abgerückt ist, ohne dies zu offenbaren (vgl. dazu: BGH LM § 313 BGB, Nr. 80, Bl. 5/6; Reinicke/Tiedtke, a.a.O., S. 1096). Nachdem nämlich der Kläger - wie die Beklagte behauptet, für sie überraschend - seine Abschlussbereitschaft mit Überreichung des Schriftstücks am 23. 4. 1999 erklärt hatte, hat sich der Haupt- und Finanzausschuss alsbald erneut mit dem Verkauf des Grundstücks befasst und dessen abschlägige Entscheidung wurde dem Kläger mit Schreiben vom 11. 5. 1999 mitgeteilt. Es tritt hinzu, dass der in seinem Vertrauen enttäuschte Verhandlungspartner unter diesem Gesichtspunkt nur Ersatz derjenigen Aufwendungen verlangen kann, die ihm nach dem nicht offenbarten Sinnungswandel entstanden sind. Die S. Planungsgesellschaft mbH hat jedoch nach ihren Angaben in der Honorarschlussrechnung ihre letzten Arbeiten, die Entwurfsplanung, schon Ende Februar 1999, also lange vor Abbruch der Vertragsverhandlungen, erbracht .

3) Auf den Gesichtspunkt des mitwirkenden Verschuldens kommt es hiernach nicht mehr an. Angemerkt wird lediglich, dass der Kläger in grobem Maße unvernünftig handelte, wenn er die S. Planungsgesellschaft mbH, folgt man seinem Vorbringen, bereits am 15. 1. 1999 damit betraute, sämtliche Leistungsphasen zu erbringen, und damit die - von ihm behaupteten - immensen Honoraransprüche auslöste. Zu diesem Zeitpunkt war der Vertrag noch nicht unter Dach und Fach, und von der Sache her war es allenfalls erforderlich, der Planungsgesellschaft die Leistungsphasen bis zur Entwurfsplanung (Leistungsphasen 1 - 3 gem. § 15 HOAI) zu übertragen, falls dies nicht schon zuvor geschehen war.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens und zugleich Wert der Beschwer des Klägers: 666.595,12 DM

Ende der Entscheidung

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