Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 24.07.2003
Aktenzeichen: 8 U 25/03
Rechtsgebiete: ZPO, StGB, BGB


Vorschriften:

ZPO § 383
ZPO § 383 I Nr. 3
StGB § 173
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 311b V
BGB § 812 I 2, 1. Var.
BGB §§ 1754 ff.
BGB § 1755
BGB § 1755 I
BGB § 1758
BGB § 1772 I 1
BGB §§ 2067 ff.
BGB § 2078 II
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
8 U 25/03

Verkündet am 24. Juli 2003

OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 10.07.2003 durch die Richter am Oberlandesgericht Ketterle, Dr. Brenner und Schmitt

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 11.03.2003 - 1 O 543/02 - abgeändert und wie folgt neu gefasst :

Die Beklagte wird verurteilt, die Löschung der in Abteilung II unter laufender Nummer 2 des Grundbuchs von E. Blatt xxxx A zu ihren Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkung zu bewilligen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über den Fortbestand einer vertraglichen Vereinbarung, die den Kläger zugunsten der ursprünglich gemeinsamen Tochter in der Verfügung über ein Grundstück beschränkt, nach deren Adoption durch den Ehemann der Beklagten.

Die Parteien waren vom 22.09.1980 bis zum 16.06.1992 miteinander verheiratet. Am 18.02.1983 wurde die gemeinsame Tochter A.V. geboren. Im Zeitpunkt der Scheidung waren die Parteien zu je 1/2 Miteigentümer des Hausgrundstücks Dr. O.-Allee 14 in D. (Gemarkung D., Flur xx, Flurstück xx/x).

Zur Abgeltung aller Ansprüche aus der Ehe verpflichtete sich die Beklagte im gerichtlichen Vergleich vom 16.06.1992, dem Kläger ihren Miteigentumsanteil zu übertragen. Dieser verpflichtete sich wiederum, das betreffende Grundstück nicht ohne Zustimmung der Beklagten zu veräußern oder mit mehr als 60.000,00 DM zu belasten. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde die lastenfreie Rückübertragung des hälftigen Miteigentumsanteils und eine entsprechende Rückauflassungsvormerkung vereinbart. Diese Vereinbarung sollte das Grundstück der gemeinsamen Tochter erhalten. Für den Fall, dass dieser Zweck nicht mehr zu erreichen war, sollte der Kläger in seinen Verfügungen frei werden und die Beklagte in die Löschung der Vormerkung einwilligen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll des Amtsgerichts Düren vom 16.06.1992 zum Aktenzeichen 20 F 10/92 (Bl. 11 ff. AH) verwiesen.

Zur Umsetzung dieses Vergleichs schlossen die Parteien am 08.07.1992 vor Notar Dr. B.G. in D. einen entsprechenden Übertragungsvertrag. Der Miteigentumsanteil der Beklagten wurde übertragen, der Kläger gab die vereinbarte Verpflichtungserklärung ab. Für den Fall eines Verstoßes wurde jedoch in Abweichung vom gerichtlichen Vergleich die Übereignung des gesamten Grundstücks an die Beklagte vereinbart, da nur so das (gesamte) Grundstück für die gemeinsame Tochter zu sichern sei. Der Kläger bewilligte eine entsprechende Vormerkung. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 08.07.1992 (UR-Nr. xxxx/1992, Bl. 14 ff. AH) Bezug genommen.

Die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils wurde am 28.07.1992 ins Grundbuch eingetragen, die Vormerkung am 29.07.1992.

Im weiteren Verlauf nahm der Kläger seinen Wohnsitz auf dem streitgegenständlichen Grundstück und die Beklagte heiratete Herrn Dr. M.W.F.. Dieser nahm A.V. W. als sein Kind an. Der entsprechende Adoptionsbeschluss des Amtsgerichts Düren vom 22.07.2002 (4 W XVI 14/02) wurde am 26.07.2002 wirksam. Obwohl die Angenommene zu diesem Zeitpunkt bereits volljährig war, wurde die Annahme gemäß § 1772 I lit. c i.V.m. §§ 1754 bis 1756 BGB mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption ausgesprochen. Die näheren Einzelheiten ergeben sich aus dem genannten Beschluss (Bl. 23 AH), auf den verwiesen wird.

Das Landgericht hat die auf Einwilligung in die Löschung der Vormerkung gerichtete Klage abgewiesen, weil die zwischen den Parteien für die Löschung vereinbarte Bedingung nicht erfüllt sei und auch die Geschäftsgrundlage des Vertrages insoweit nicht entfallen sei. Die wechselseitigen Rechtsbeziehungen seien trotz der Adoption nicht vollständig erloschen, wie sich insbesondere aus dem fortbestehenden Aussageverweigerungsrecht gemäß § 383 I Nr. 3 ZPO ergebe.

Wegen der Einzelheiten der der Entscheidung zu Grunde liegenden tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 36 - 39 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil frist- und formgerecht Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter.

Er ist der Ansicht, infolge der Adoption sei A. für ihn als seine Tochter "gestorben" und der Grundbesitz könne nicht mehr der gemeinsamen Tochter erhalten werden. Zumindest sei für seine Verfügungsbeschränkung die Geschäftsgrundlage entfallen. § 383 ZPO stehe dem nicht entgegen, da auch geschiedenen Eheleuten ein gegenseitiges Zeugnisverweigerungsrecht zustehe.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 28.04.2003 (Bl. 54 ff. d.A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, die Löschung der in Abt. II unter lfd. N. 2 des Grundbuchs von E. Blatt xxxx A zu ihren Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkung zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Rechtsansichten des Klägers entgegen. Sie meint weiterhin , die vereinbarte Bedingung sei nicht erfüllt. Trotz der Adoption könne der Kläger das Grundstück im Wege der gewillkürten Erbfolge nach wie vor auf A. übertragen. Entscheidend sei, dass A. noch lebe und die leibliche Tochter des Klägers geblieben sei. Zudem sei die "blutsmäßige Verbundenheit" zwischen dem Kläger und seiner Tochter Grund genug, den Vertrag unverändert aufrecht zu erhalten.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 23.05.2003 (Bl. 76 f. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandenden Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg.

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf die begehrte Einwilligung in die Löschung der Auflassungsvormerkung aus dem notariellen Vertrag vom 08.07.1992. Dort heißt es auf Seite 4 (Bl. 18 AH):

"Die Beschränkung der Verfügungsbefugnis des F.J. W. wird vereinbart, um den Grundbesitz der gemeinsamen Tochter A. zu erhalten. Sollte dieses Ziel - gleich aus welchen Gründen - nicht mehr erreichbar sein, z.B. im Fall des Vorversterbens von A., entfällt die Verfügungsbeschränkung für die dann folgende Zeit.

S. B. ist in diesem Fall verpflichtet, dem F.J. W. unverzüglich auf ihre Kosten eine vollzugsfähige Löschungsbewilligung hinsichtlich der Vormerkung auszuhändigen."

Die im Vertrag aufgestellte Bedingung ist eingetreten, da das Vertragsziel infolge der Adoption nicht mehr erreicht werden kann.

1. Bereits aus dem Wortlaut ergibt sich, dass die Vertragsparteien eine Regelung auch für Konstellationen vorgenommen haben, an die sie bei Vertragsschluss noch nicht im einzelnen gedacht haben. Das Vorversterben von A. ist lediglich beispielhaft genannt und sollte nicht den einzigen Hinderungsgrund darstellen. Im Vertrag ist vielmehr ausdrücklich festgehalten, dass es auf die Gründe, die der Erreichung des Ziels entgegenstehen, nicht ankommen sollte.

Die Frage, ob eine der Parteien eine mögliche Adoption in ihre Vorstellung mit aufgenommen hatte oder nicht, kann offen bleiben. Auch für das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (nunmehr § 313 BGB) ist wegen der im Vertrag getroffenen Regelung kein Raum.

2. Vertragliches Ziel war es, die Tochter abzusichern und - damit verbunden - den gemeinsamen Grundbesitz auf die nächste Generation zu übertragen. Dies ergibt die Auslegung des notariellen Vertrages gemäß §§ 133, 157 BGB:

Der Vertrag diente unstreitig der Umsetzung eines gerichtlichen Vergleichs, in dem die Folgen der Scheidung der Parteien geregelt wurden. Der Kläger erhielt das Alleineigentum am Grundstück als Ausgleich für seine Ansprüche aus Unterhalt, Hausrat und Zugewinn (Ziffer 5 des Vergleichs vom 16.06.1992, Bl. 13 AH). Dabei ging es nicht lediglich darum, dem Kläger die Mieteinnahmen zukommen zu lassen, wie es das erstinstanzliche Urteil andeutet. Dieser sollte das Grundstück vielmehr als Eigentümer grundsätzlich frei nutzen können, wobei Verfügungen über die bereits vorhandene Belastung hinaus allerdings von der Zustimmung der Beklagten abhängig gemacht wurden. Die freie Nutzung findet zum Beispiel darin ihren Ausdruck, dass der Kläger das Grundstück selbst bewohnt.

Es bestand Einigkeit zwischen den Parteien darüber, dass das Grundstück später auf die gemeinsame Tochter A. übergehen sollte. Um es ihr weitgehend unbelastet zu übertragen, war die Verfügungsbeschränkung des Klägers vorgesehen.

Die Vertragsparteien waren sich also auch angesichts der Scheidung ihrer Elternverantwortung bewusst und wollten den gemeinsam erarbeiteten Grundbesitz ihrer Tochter zukommen lassen, um so deren Zukunft zu sichern. Es ging darum, die Tochter abzusichern und, damit verbunden, um eine Übertragung des gemeinsamen Grundbesitzes auf die nächste Generation. Dieser sollte gleichsam "in der Familie" bleiben.

Dieser Zweck findet Anklang im notariellen Vertrag im Rahmen der Formulierung "der gemeinsamen Tochter" in der Zweckbeschreibung. Zudem sollte der Rückübertragungsanspruch, der der Beklagten im Falle eines Verstoßes gegen die Verfügungsbeschränkung zusteht, nicht übertragbar, aber vererblich sein. Hierdurch wird grundsätzlich ausgeschlossen, dass sich Dritte in die Grundstücksangelegenheit einschalten können, aber für die Tochter der Parteien oder andere Erben der Beklagten wird eine Ausnahme zugelassen. Auch hierin kommt der Gedanke, den Grundbesitz in der Familie belassen zu wollen, zum Ausdruck.

3. Der Erreichung dieses Ziels steht aber die Adoption der Tochter entgegen. Dies ergibt sich aus den Wirkungen der hier vorgenommen Annahme.

Im Einzelnen:

A. war bei ihrer Annahme als Kind bereits volljährig. Eine Volljährigenadoption ist gesetzlich als "schwache" Adoption ausgestaltet (§ 1770 II BGB). Hiervon sind auf Antrag Ausnahmen möglich, etwa wenn - wie hier - eine Stiefkindadoption vorliegt (§ 1772 I 1 lit. c BGB). Davon wurde Gebrauch gemacht, wie sich aus dem Beschluss des AG Düren vom 22.07.2002 - 4 W XVI 14/02 (Bl. 23 AH) ergibt.

Es wurde eine "Volladoption" mit den Wirkungen der §§ 1754 ff. BGB vollzogen. Nach § 1755 I BGB erlöschen die bisherigen Verwandtschaftsverhältnisse des Anzunehmenden sowie alle darauf beruhenden Rechte und Pflichten. Ausgenommen sind Ansprüche, die bei der Annahme bereits entstanden sind, nicht aber Unterhaltsansprüche (§ 1755 I 2 BGB). Diese Wirkungen gelten bei der Stiefkindadoption nur für den Elternteil, der nicht mit dem Annehmenden verheiratet ist (§ 1755 II BGB), hier also für den Kläger.

Es ist einer Volladoption wesenseigen, die familiären Bindungen zur bisherigen Familie in rechtlicher wie tatsächlicher Hinsicht zu beenden. Dies gilt im Hinblick auf die elterliche Sorge und den persönlichen Umgang, die bereits vor Vollzug der Adoption suspendiert werden (vgl. § 1751 I 1 BGB), wie auch für die rechtlichen Beziehungen (Maurer, in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2002, RN 10 f. zu § 1755).

Dieses vollständige Erlöschen findet seinen Ausdruck auch im Schutz des Adoptionsgeheimnisses nach § 1758 BGB. Den Adoptiveltern steht nach dieser Vorschrift ein Recht auf Anonymität zu. In dieser Regelung kommt der gesetzgeberische Wille zum Ausdruck, dem Adoptierten einen ungestörten Neuanfang in einer neuen Familie zu gewähren.

Mit diesem gesetzgeberischen Ziel erklärt sich auch die umfassende Wirkung einer Volladoption. Sämtliche Rechte des Angenommenen und seiner bisherigen Familie gehen grundsätzlich wechselseitig unter (§ 1755 BGB). Dies gilt auch für das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht (MüKo-Maurer, RN 12 zu § 1755).

Es gibt zahlreiche Konstellationen, in denen die Parteien - wie hier - bei einer in die Zukunft gerichteten Regelung eine Adoption nicht in ihre Betrachtungen einbezogen haben. Sie werden einheitlich dahingehend behandelt, dass eine erst in der Zukunft fällig werdende Leistungspflicht entfällt. Dieser rechtliche Ansatz lässt sich auf die hier zu entscheidende Konstellation übertragen.

Nach der gesetzlichen Regelung sollen etwa Unterhaltsansprüche mit Wirksamwerden der Annahme entfallen (§ 1755 I 2, 2. HS. BGB). Dies wird übereinstimmend auf in die Zukunft gerichtete Unterhaltsansprüche bezogen, nicht dagegen auf aufgelaufene Unterhaltsrückstände (Diederichsen, in Palandt, BGB, 62. Aufl. 2003, RN 5 zu § 1755; Liermann, in Soergel, BGB, 13. Aufl. 2000, RN 6 zu § 1755; Frank, in Staudinger, BGB, 13. Bearb. 2001, RN 7, 8, 12 zu § 1755; Dickescheid, in Reichsgerichtsrätekommentar zum BGB, 12. Aufl. 1999, RN 6 zu § 1755; Holzhauer, in Erman, BGB, 10. Aufl. 2000, RN 9 zu § 1755; MüKo-Maurer, RN 12 zu § 1755).

Früher war es auch möglich, den Unterhalt des nichtehelichen Kindes vergleichsweise endgültig zu regeln (§ 1615e BGB a.F.). Selbst in diesen Fällen wurden von der herrschenden Meinung bereits geleistete Zahlungen - auch einmalige Beträge - beim Angenommenen belassen, während die für die Zukunft fälligen Raten entfielen (RGRK-Dickescheid, RN 5 zu § 1755; Palandt-Diederichsen, RN 5 zu § 1755; Soergel-Liermann, RN 6 zu § 1755).

Für das Erbrecht des Angenommenen gilt grundsätzlich die allgemeine Regel, dass bereits entstandene Ansprüche ihre Gültigkeit behalten, während die erloschene Verwandtschaftsbeziehung sich in der Zukunft nicht auswirken soll. Es kommt also darauf an, ob der Erb- (oder Pflichtteils-) Anspruch bereits vor der Annahme entstanden war; entscheidend ist der Zeitpunkt des Erbfalls (Soergel-Liermann, RN 7 zu § 1755; Palandt-Diederichsen, RN 5 zu § 1755; Erman-Holzhauer, RN 5 zu § 1755; RGRK-Dickescheid, RN 3 zu § 1755; Staudinger-Frank, RN 8 zu § 1755).

Problematisch war allein die Behandlung des nach altem Recht möglichen vorzeitigen Erbausgleichs des nichtehelichen Kindes (§ 1934d BGB a.F.) und ist nach wie vor die vorgezogene Erbauseinandersetzung i.S.d. § 311b V BGB. In diesen Fällen entfällt ebenfalls eine erst in der Zukunft fällige Leistung, während die Behandlung bereits geleisteter Zahlungen umstritten war und ist. Eine Ansicht will sie bei dem Angenommenen belassen (Erman-Holzhauer, RN 5 zu § 1755), die andere gesteht dem künftigen Erblasser eine Rückforderung nach § 812 I 2, 1. Var. BGB zu, da der Fortbestand der Erbenstellung Rechtsgrund für die Leistung gewesen sei (Soergel-Liermann, RN 7 zu § 1755; RGRK-Dickescheid, RN 5 zu § 1755; Staudinger-Frank, RN 9 zu § 1755). Auf den Meinungsstreit kommt es hier indessen nicht an, da es um die erst in der Zukunft liegende Übertragung des Grundstücks auf die Tochter der Parteien geht, die durch die Verfügungsbeschränkung lediglich gesichert ist. Es ist nicht die Frage einer Rückerstattung bereits vorgenommener Leistungen zu behandeln. Das Entfallen von noch nicht fälligen Ansprüchen ist jedenfalls unstrittig.

Wird der Angenommene schließlich von seinen leiblichen Verwandten testamentarisch bedacht, ist diese Regelung zunächst wirksam, es kommt aber eine Anfechtung gem. § 2078 II BGB in Betracht (RGRK-Dickescheid, RN 3 zu § 1755 a.E.; Soergel-Liermann, RN 7 zu § 1755). Hierfür ist maßgebend, ob der Erblasser mehr die Person oder mehr den Verwandten bedenken wollte (Erman-Holzhauer, RN 5 zu § 1755). Nach den Auslegungsregeln der §§ 2067 ff. BGB wird der Angenommene im Zweifel nicht berücksichtigt. Umgekehrt werden Testamente der Annehmenden dahingehend ausgelegt, dass in ihnen erwähnte "Kinder" im Zweifel auch adoptierte Kinder sind. So wird dem Gedanken Rechnung getragen, dass die gesetzliche Regelung das Rechtsdenken der Bürger widerspiegelt oder zumindest prägt (MüKo-Maurer, RN 7 zu § 1755).

Aus den genannten Konstellationen ergibt sich die allgemeine Regel, dass jedenfalls diejenigen Ansprüche, die erst in der Zukunft fällig werden, dem Angenommenen vorenthalten bleiben sollen. Dies rechtfertigt sich im Hinblick darauf, dass der Angenommene durch die Adoption eine neue Familie erhält, in der ihm die entsprechenden Ansprüche - etwa Erbrecht, Unterhalt - zustehen (MüKo-Maurer, RN 1 zu § 1755; RGRK-Dickescheid, RN 4 zu § 1755).

Dieser Wertung steht nicht entgegen, dass einige Rechtsvorschriften trotz Adoption unverändert anwendbar bleiben. Dies sind insbesondere Zeugnisverweigerungrechte und Eheverbote sowie der Tatbestand des § 173 StGB. Diese Vorschriften stellen nach ihrem spezifischen Normzweck die Blutsverwandtschaft in den Vordergrund. Die Zeugnisverweigerungsrechte stellen auf das in der Vergangenheit bestehende Näheverhältnis ab; dies kommt etwa darin zum Ausdruck, dass auch geschiedene Eheleute das Zeugnis verweigern dürfen (z. B. § 383 I Nr. 2 ZPO). Soweit das Näheverhältnis im Einzelfall nicht mehr besteht, bleibt es dem Zeugen unbenommen, trotz des Weigerungsrechts auszusagen. Für die hier zu beurteilende ausschließlich zivilrechtliche Frage, ob die Verfügungsbeschränkung des Klägers fortbesteht, ist nicht jener spezifische Normzweck, sondern die allgemeine zivilrechtliche Wertung ausschlaggebend, die in § 1755 BGB zum Ausdruck kommt.

In Anbetracht der umfassenden Wirkungen der (Voll-) Adoption gehört die Angenommene nicht mehr zur Familie des Klägers, das Grundstück kann nicht mehr an die nächste Generation weitergegeben werden.

Auch der weitere Vertragszweck, der Tochter die Zukunft zu sichern, zwingt nicht zu einer anderen Auslegung. Durch die Adoption erhält die Angenommene eine neue Familie, die ihr Unterhalt schuldet und eine neue Zukunft bieten kann. Hier kommt hinzu, dass die Tochter der Parteien sich bewusst für eine Volladoption entschieden hat, als sie den nach § 1772 I 1 BGB erforderlichen Antrag stellte. Damit hat sie sich in freier Entscheidung ihrer Bindungen zum Kläger in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht begeben.

Auch das im Vertragstext genannte Beispiel führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Hinderungsgrund muss nicht dem Versterben von A. gleichstehen, vielmehr sollte lediglich einer von vielen denkbaren Fällen zur Veranschaulichung dargestellt werden. Es ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des Vertrags, dass dem Beispiel keine maßgebliche Bedeutung zukommen sollte. Der Vertrag diente der Umsetzung des gerichtlichen Scheidungsfolgenvergleichs vom 16.06.1992 (Bl. 12 f. AH). In diesem Vergleich waren der Zweck der Vereinbarung bereits bestimmt und die Folgen eines Verstoßes geregelt. Auch die auszulegende Vereinbarung über eine zukünftige Zweckverfehlung war bereits enthalten. Diese Regelung enthielt aber noch nicht das in den notariellen Vertrag aufgenommene Beispiel. Da der Vertrag lediglich der Umsetzung des Vergleichs dienen sollte, kann der Aufnahme eines Beispiels keine einschränkende Wirkung beigemessen werden.

Die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 21.07.2003 geben zu einer abweichenden und ihr günstigeren Beurteilung der Sach- und Rechtslage keine Veranlassung, so dass auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht in Betracht kam.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Das Verfahren betrifft im Wesentlichen die Vertragsauslegung; es ist nicht ersichtlich, dass derartige Vereinbarungen häufiger vorkämen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 100.000,00 Euro (§ 3 ZPO). Der Senat hat sich bei der Wertfestsetzung von dem Interesse des Klägers an der freien Verfügung über sein Grundstück leiten lassen und hat das im Hinblick die Verfügungsbeschränkung mit 50 % des von den Parteien vorgetragenen Grundstückswertes bemessen. Zu der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 21.07.2003 begehrten anderweitigen niedrigeren Wertfestsetzung besteht daher keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

Zurück