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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 21.11.2002
Aktenzeichen: 8 U 44/02
Rechtsgebiete: AO, FGO, BGB


Vorschriften:

AO § 42
FGO § 69
BGB § 254
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 44/02

Anlage zum Protokoll vom 21.11.2002

Verkündet am 21.11.2002

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2002 durch die Richter am Oberlandesgericht Ketterle und Dr. Brenner sowie die Richterin am Landgericht Dr. Schmitz

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 10.05.2002 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 14 O 324/00 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger, der von Beruf Bauunternehmer ist, macht gegenüber der Beklagten, die in den Jahren 1992 bis 1998 für ihn und seine Ehefrau Hilfeleistung in Steuersachen erbracht hat, aus eigenem Recht und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz in Höhe von 298.287,59 € geltend wegen Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Veräußerung eines vom Kläger errichteten Siebenfamilienhauses.

Vor der Veräußerung des Hausgrundstückes im Jahre 1994 hatte die Beklagte durch ihren damaligen Mitarbeiter, den ehemaligen Beklagten zu 2) und Zeugen H., auf eine Anfrage des Klägers mit Schreiben vom 23.06.1993 ausgeführt, dass das Haus ohne Probleme von ihm alleine gebaut und verkauft werden könne, da es sich um die erstmalige Errichtung mit anschließendem Verkauf eines Objektes handele; die Fachliteratur spreche von eventuell gewerblichem Grundstückshandel, wenn zwei solcher Objekte gebaut und verkauft würden, tendenziell würden die Grenzen jedoch immer enger zum Nachteil des Bauherrn gezogen bei bebauten Grundstücken, die mit mehr als einem Ein- oder Zweifamilienhaus bebaut seien. In dem Fall des Klägers bestünden jedoch keine Bedenken. In dem Schreiben wurde weiter darauf hingewiesen, dass seitens des Klägers im einzelnen benannte Maßnahmen unterbleiben sollten, die ihn in Zusammenhang mit späteren Erwerbern von Eigentumswohnungen bringen könnten. Am Ende des Schreibens war angegeben, dass der aus der Veräußerung erzielte Gewinn einkommenssteuerfrei bleibe, da dieses erste Objekt nicht im Rahmen des Gewerbebetriebes L. errichtet und verkauft werde, sondern im Rahmen der privaten steuerunschädlichen Vermögensverwaltung.

Das Finanzamt H. rechnete die Errichtung und Veräußerung des Siebenfamilienhauses jedoch nach einer Betriebsprüfung im Jahre 1997 der gewerblichen Tätigkeit des Kläger zu mit der Folge, dass er den Veräußerungsgewinn zu versteuern hatte. Einsprüche gegen die Festsetzungsbescheide des Finanzamtes blieben erfolglos.

Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme, wegen deren Einzelheiten auf die Beweisbeschlüsse vom 04.04.2001 (Bl. 234 f GA) und 19.12.2001 (Bl. 300 f GA) sowie die Sitzungsniederschriften vom 21.11.2001 (Bl. 277 ff GA) und 12.04.2002 (Bl. 317 ff GA) Bezug genommen wird, der Klage durch Grundurteil vom 10.05.2002 stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte auf die Möglichkeit steuerlicher Nachteile nicht ausreichend hingewiesen und damit schuldhaft eine Pflichtverletzung begangen habe, die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht nachträglich korrigiert worden sei. Diese Pflichtverletzung sei für den eingetretenen Schaden kausal geworden. Nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises sei davon auszugehen, dass der Kläger sich bei richtiger Beratung beratungsgemäß verhalten und das Objekt nicht verkauft hätte. Ein Mitverschulden sei dem Kläger nicht anzulasten.

Wegen der Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 325 - 345 GA) Bezug genommen.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil frist- und formgerecht Berufung eingelegt und hat ihr Rechtsmittel rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet.

Mit der Berufung begehrt die Beklagte Abänderung des angefochtenen Urteils und Klageabweisung.

Sie beanstandet die angefochtene Entscheidung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Sie ist der Auffassung, dass das Landgericht nicht in ausreichendem Maße beachtet habe, dass der Kläger von Anfang an geplant habe, das Grundstück nach der Bebauung zu veräußern. Diese Absicht folge bereits daraus, dass der Erwerb des Grundstücks, die Bebauung, die Aufteilung des Objektes in Wohnungseigentum und schließlich die Vermarktung im Zusammenwirken des Klägers, seines Bruders und des Käufers T. erfolgt sei und sie sich den Gewinn geteilt hätten, wozu sie im einzelnen vorträgt. Die von Anfang an vorhandene Veräußerungsabsicht folge zudem deutlich aus seiner Anfrage, die zu ihrem Schreiben vom 23.06.1993 geführt habe. Insbesondere dieses Schreiben zwinge zum Rückschluss auf die von vorn herein vorhandene Vermarktungsabsicht sowie auf die gleichzeitige Absicht, diese Vermarktung so zu "verschleiern", dass die Steuerbehörde nicht aufmerksam würde. Vor diesem Hintergrund und ausgehend von der im Jahre 1993 gegebenen steuerlichen Lage habe das Landgericht unter Nichtbeachtung der Vorschrift des § 42 AO ihr rechtsfehlerhaft eine Pflichtverletzung vorgeworfen. Da der Kläger schon bei Erwerb des Grundstückes die Absicht gehabt habe, das sodann bebaute Grundstück zu veräußern, sei das Grundstück schon beim Erwerb oder alsbald danach als Betriebsvermögen zu qualifizieren gewesen. Die daraus folgende zwingende Zuordnung des Grundstückes zum Betriebsvermögen führe aber zwangsläufig dazu, dass jedwede Veräußerung des Objektes immer zu einer Realisierung eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns geführt hätte. Dazu rügt die Beklagte weiter, dass das Landgericht festgestellt habe, dass der Kläger den Preis für den Erwerb des Grundstückes "aus privaten Mitteln" bestritten habe. Bei dem Kläger als Einzelkaufmann gebe es keinen Unterschied zwischen privaten und geschäftlichen Mitteln. Die Feststellung sei auch aktenwidrig, wie sich aus dem vorgelegten Betriebsprüfungsbericht und der Einrichtung eines besonderen (Unter-) Kontos ... 05 anlässlich des Erwerbs des Grundstücks ergebe, aus dem der Erwerb des Grundstückes finanziert worden sei. Ihr gegenüber habe der Kläger aus seiner Vermarktungsabsicht nie einen Hehl gemacht. Seine Fragestellung sei demgemäss auch nur dahin gegangen, unter welchen tatsächlichen Voraussetzungen das Finanzamt, wenn er seine Absicht verwirkliche, vom Tatbestand des gewerblichen Grundstückshandels ausgehen werde bzw. dies ihm nachgewiesen werden könne. Sie ist der Auffassung, dass sie diese Frage mit dem Schreiben vom 23.06.1993 zutreffend beantwortet habe. Die Aussage, dass die Errichtung und der Verkauf eines Objektes steuerlich unbedenklich sei, sei zutreffend. Zutreffend sei auch auf die "Tendenz" die Grenzen enger zu ziehen hingewiesen worden, was durch den Vorlagebeschluss des BFH vom 02.09.1992 (AZ: XI R 21/91) bestätigt werde. Der Kläger habe daraus die Alternativen ableiten können, entweder die Vermarktungsabsicht aufzugeben oder die Veräußerung so schnell wie möglich durchzuführen, bevor sich die Tendenz verschärfte. Des weiteren sei der Kläger dann noch sehr präzise und korrekt auf die Umstände hingewiesen worden, die indiziell für eine Vermarktungsabsicht sprächen und nicht vorliegen dürften. Das Schreiben vom 23.06.1993 enthalte damit keine Pflichtverletzung, sondern die deutliche und zutreffende Beurteilung, dass bei Durchführung der Vermarktung des Objektes objektiv der Tatbestand des gewerblichen Grundstückshandels angenommen werden würde. Der Kläger habe das auch richtig verstanden und erkannt, seine Vermarktungsabsicht indes nicht aufgegeben, sondern sich so auf das Besteuerungsrisiko eingerichtet, dass er das ganze Geschäft so gestaltet habe, dass, wie er gehofft habe, der Tatbestand des gewerblichen Grundstückshandels daraus nicht abgeleitet werden könne.

Das Landgericht habe ferner verkannt, dass der Schaden nicht durch sie, die Beklagte, verursacht worden sei, sondern dadurch dass der Kläger es unterlassen habe, gegen die Einspruchsentscheidung Rechtsmittel einzulegen. Ein Rechtsbehelf hätte das nach seinem eigenen Vortrag, wonach er keine Veräußerungsabsicht gehabt habe, Erfolg hätte haben müssen. Bei der vom Kläger vorgenommenen Gestaltung sei die Drei-Objekt-Grenze nicht überschritten gewesen. Die deshalb erforderliche weitere Wertung der Tätigkeit durch das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung entspreche nicht den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die in der Einspruchsentscheidung herangezogenen Indizien reichten nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, um die Gewerblichkeit zu begründen. Jedenfalls sei ihr ein Schaden nicht zurechenbar, weil der Kläger wegen seiner von Anfang an vorhandenen Veräußerungsabsicht entsprechend § 42 AO zutreffend besteuert worden sei.

Im übrigen greife zugunsten des Klägers kein Anscheinsbeweis dahingehend, dass er sich bei der Erteilung der gebotenen Hinweise beratungsgemäß verhalten hätte. Dafür könne nicht die Höhe des zu erwartenden Schadens angeführt werden, denn dazu, was zu jener Zeit festgestanden habe oder zu erwarten gewesen sei, habe das Landgericht keine Feststellungen getroffen. Weiter sei zu berücksichtigen gewesen, dass Gegenstand der Anfrage gewesen sei, aus welchen Voraussetzungen das Finanzamt die tatsächlich vorhandene Veräußerungsabsicht des Klägers erkennen könne, was zutreffend und mit dem Hinweis auf das hohe Risiko beantwortet worden sei. Wenn der Kläger dieses Risiko eingegangen sei, sei kein Raum für die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises.

Schließlich beanstandet die Beklagte die Beweiswürdigung des Landgerichts zu der Frage, ob und mit welchem Ergebnis weitere Beratungsgespräche stattgefunden hätten, und meint, dass das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu ihrem Nachteil hätte gewertet werden dürfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 14.08.2002 (Bl. 375 ff GA) und den Schriftsatz vom 28.10.2002 (Bl. 421 ff GA) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Grundurteils des Landgerichts Köln vom 10.05.2002 - 14 O 324/00 - die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Sache unter Aufhebung des Grundurteils des Landgerichts Köln vom 10.05.2002 - 14 O 324/00 - und des zugrunde liegenden Verfahrens an das Landgericht Köln zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen, er tritt den Behauptungen und Rechtsansichten der Beklagten im einzelnen entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird Bezug genommen auf die Berufungserwiderung vom 25.09.2002 (Bl 412 GA).

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat durch ein zulässiges Grundurteil (§ 304 ZPO) den Klageanspruch zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht eine andere Entscheidung. Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der Sache an das Landgericht liegen gemäß § 538 Abs. 2 ZPO nicht vor.

1.

Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte mit der Auskunft im Schreiben vom 23.06.1993 zu den steuerlichen Auswirkungen einer Veräußerung des vom Kläger errichteten Siebenfamilienhauses eine Pflichtverletzung begangen hat.

a) Nach der Rechtslage im Jahre 1993, auf die für die Beurteilung der Fehlerhaftigkeit der Auskunft abzustellen ist (vgl. BGH NJW 1993, 2799, 2800; Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 3. Aufl. 1998, Rn. 449), war die von der Beklagten im Schreiben vom 23.06.1993 erteilte maßgebliche Auskunft fehlerhaft, wonach das (Mehrfamilien-) Haus vom Kläger "ohne Probleme" alleine gebaut und verkauft werden könne und - trotz der Tendenz, die Grenzen zum Nachteil des Bauherren immer enger zu ziehen - im Falle des Kläger "keine Bedenken" bestünden und der daraus erzielte Gewinn einkommenssteuerfrei bleibe, da dieses eine erste Objekt nicht im Rahmen des Gewerbebetriebes L. errichtet und verkauft werde, sondern im Rahmen der privaten steuerunschädlichen Vermögensverwaltung. Entgegen der damals bestehenden Sach- und Rechtslage hatte die Beklagte bei ihrer Auskunft allein auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Drei-Objekt-Grenze abgestellt, ohne zu berücksichtigen, dass die Anwendung dieser Grundsätze im Falle der Veräußerung eines Mehrfamilienhauses in der Rechtssprechung ungeklärt war und insbesondere von der Finanzverwaltung nicht angewendet wurden. Damit hat die Beklagte gegen ihre Pflicht als Steuerberaterin aus dem damals zwischen den Parteien bestehenden umfassenden Steuerberatungsverhältnis verstoßen, die Interessen ihres Mandanten bestmöglich zu wahren, ihn umfassend steuerlich zu beraten, dabei den relativ sichersten Weg aufzuzeigen und ihn vor Schaden zu bewahren. Diese Pflicht des Steuerberaters beinhaltet, dass eine Auskunft oder ein Rat richtig sein muss; dazu müssen bestehende Erkenntnisquellen genutzt werden, und wenn diese keinen hinlänglich sicheren Schluss zulassen, muss der Steuerberater bei seiner Auskunft oder Empfehlung kenntlich machen, dass er nichts als eine unbestätigte Meinung zu einer offenen Frage bieten kann (vgl. BGH WM 1962, 932, 933; Gräfe/Lenzen/Schmeer, a.a.O., Rn. 340). Diese Grundsätze hat die Beklagte bei ihrer Auskunft nicht beachtet.

Die Frage, ob die Veräußerung bebauter Grundstücke der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen war oder eine gewerbliche Tätigkeit darstellte, die Einkommens- und Gewerbesteuer auslöste, richtete sich grundsätzlich nach der Gesamtheit der Verhältnisse und der Verkehrsanschauung (BFH BFHE 141, 405, 428; Schmidt, EStG, 11. Aufl. 1992, § 15 Anmerkung 10 a). Zur deren Beurteilung unterschieden die finanzgerichtliche Rechtsprechung und ihr folgend die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen beim Verkauf von Grundstücken private Vermögensverwaltung von gewerblichem Grundstückshandel durch eine zahlenmäßige und durch eine zeitliche Begrenzung, wobei grundsätzlich höchstens drei "Objekte" in einem Zeitraum von fünf Jahren als private Vermögensverwaltung und eine darüber hinausgehende Veräußerung als gewerbliches Handeln eingestuft wurde (sog. Drei-Objekt-Grenze; vgl. nur Schmidt a. a. O., § 15 Anmerkung 12 b m. w. N.), unabhängig davon, ob ein bereits bebaut erworbenes Objekt veräußert wurde oder ob die Veräußerung nach Erwerb eines unbebauten Grundstückes und dessen anschließender Bebauung erfolgte (vgl. die Hinweise im Beschluss des BFH vom 10.12.2001 - GrS 1/98 - zu Ziffer B III. 3., BStBl II 2002, 291, 293; BMF-Schreiben vom 20.12.1990, Tz. 17, BStBl I 1990, 884, 887). Entgegen der Aussage der Beklagten in ihrem Schreiben vom 23.06.1993 konnte nach der damaligen Sach- und Rechtslage nicht verlässlich davon ausgegangen werden, dass das vom Kläger errichtete Siebenfamilienhaus als "1 Objekt" im Sinne der Drei-Objekt-Grenze anzusehen war. Höchstrichterliche Entscheidungen zu dieser Frage lagen nicht vor. Unzweifelhaft als ein Objekt im Sinne der Drei-Objekt-Grenze wurden lediglich einzelne Eigentumswohnungen, Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Reihenhäuser angesehen. Soweit ersichtlich hatte lediglich das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 13.03.1990 (Az. 5 K 473/84 E, EFG 1990, 467) entschieden, dass ein Objekt im Sinne der Drei-Objekt-Grenze auch ein Gebäude mit mehreren Wohnungen (dort einheitlich veräußerte Eigentumswohnungen) sein könne. Der BFH äußerte im Beschluss vom 20.11.1990 (Az. VIII B 102/98, BFH/NV 1991, 304) für diese Fälle ernstliche Zweifel an einer gewerblichen Tätigkeit, was indessen nur bedeutete, dass den Gründen, die gegen die Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechen, ein solches Gewicht zukommt, dass sie - unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfes - die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (§ 69 Abs. 2 Satz 1 FGO; BFH, Beschluss vom 22.04.1998, BStBl II 1999, 295). Darüber hinaus blieb die Frage ausdrücklich offen (vgl. BFH, Urteil vom 12.07.1991, Az. III R 47/88, BStBl II 1992, 143, 145). Die Finanzverwaltung hingegen wandte die "Drei-Objekt-Grenze" bei Mehrfamilienhäusern nicht an. Im Schreiben des BMF vom 20.12.1990 ist dazu (a.a.O., S. 885, Tz. 9) ausgeführt, dass der vom BFH als Begründung für die Rechtfertigung der "Drei-Objekt-Grenze" herangezogene Vereinfachungsgedanke nur ausreiche, soweit es um Objekte gehe, die im Regelfall Wohnzwecken dienten und die auch regelmäßig eine bestimmte Größe nicht überschritten. Bei anderen Objekten (z. B. Mehrfamilienhäusern, Büro-, Hotel-, Fabrik- oder Lagergrundstücken) könnten deshalb - sofern die übrigen Voraussetzungen vorlägen - auch weniger als vier Veräußerungsvorgänge einen gewerblichen Grundstückshandel begründen. In derartigen Fällen sei die Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und privater Vermögensverwaltung ohne Rücksicht auf die "Drei-Objekt-Grenze" nach den allgemeinen Grundsätzen vorzunehmen. Die Finanzverwaltung wendet die "Drei-Objekt-Grenze" auf die Veräußerung selbst errichteter Mehrfamilienhäuser bis heute nicht an (vgl. BMF-Schreiben vom 09.07.2001, BStBl I 2001, 512). Eine Einschränkung dieser Verwaltungspraxis in Bezug auf Mehrfamilienhäuser konnte die Beklagte auch nicht aus den im BMF-Schreiben vom 20.12.1990 zu Tz. 9 angeführten Beispielsfällen schließen, da diese beispielhafte Aufzählung schon dem Wortlaut nach offensichtlich nicht abschließend war. Die Aussage der Beklagten in ihrem Schreiben vom 23.06.1993, dass das Haus ohne Probleme, d. h. ohne steuerliche Auswirkungen, vom Kläger gebaut und verkauft werden könne, da es sich um die erstmalige Errichtung mit anschließendem Verkauf eines Objektes handele, stand demzufolge mit der damaligen Sach- und Rechtslage nicht in Einklang, weil sie die offenen Fragen in der Rechtsprechung und insbesondere die gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung nicht berücksichtigte; sie war unzutreffend. Daran änderte auch nichts der Hinweis der Beklagten, dass der Kläger alles vermeiden müsse, was ihn in Zusammenhang mit der Schaffung und Veräußerung von Eigentumswohnungen bringen könnte. Darauf kam es nicht entscheidend an, weil jedenfalls nach der Praxis der Finanzverwaltung die Drei-Objekt-Grenze ohnehin nicht anwendbar war und anders lautende höchstrichterliche und bindende Entscheidungen nicht vorlagen. Den weiteren Ausführungen, dass die Tendenz in Richtung immer enger gezogener Grenzen zum Nachteil des Bauherrn ginge bei bebauten Grundstücken, die mit mehr als einem Ein- oder Zweifamilienhaus bebaut würden, ist ein Hinweis auf die ungeklärte Rechtslage und gegenteilige Verwaltungspraxis ebenfalls nicht zu entnehmen. Aus dem Hinweis auf eine sich verschärfende Tendenz konnte der Kläger nicht schließen, dass die Qualifizierung eines Mehrfamilienhauses als Objekt im Sinne der Drei-Objekt-Grenze bereits zur Zeit des Schreibens vom 23.06.1993 in der Rechtsprechung unklar war und von der Finanzverwaltung abgelehnt wurde. Zum anderen lagen für eine Verschärfung der Beurteilung von Veräußerungsgeschäften über Grundstücke, die mit mehr als einem Ein- oder Zweifamilienhaus bebaut waren, keine Anhaltspunkte vor. Aus dem im Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens vom 23.06.1993 vorliegenden und veröffentlichten Rechtsprechung lässt sich eine solche Tendenz zur Verschärfung nicht entnehmen. In einem im September 1993 veröffentlichten Vorlagebeschluss vom 02.09.1992 (Az. XI R 21/91, BStBl II 1993, 668, 669) vertrat der BFH für den Fall der Veräußerung eines bebaut erworbenen Grundstückes - ohne die Vorlage indes darauf zu erstrecken - vielmehr die Auffassung, dass es auf Wert, Größe und insbesondere Nutzungsart des jeweiligen Grundbesitzes nicht ankomme. Für die Abgrenzung der Tätigkeiten (Gewerbe oder Verwaltung privaten Vermögens) sei es ohne Bedeutung, ob sie auf die Veräußerung eines gemischt genutzten Grundstückes oder etwa eines Zweifamilienhauses gerichtet seien. Art und Umfang der Nutzung ließen keinen Schluss auf die Intensität und den Umfang der Tätigkeiten des Veräußerers zu, die für die Feststellung der Einkunftsart von Bedeutung sei. Nach dieser Entscheidung ging die Tendenz eher dahin, die Anwendung der Drei-Objekt-Grenze auch auf andere, größere Wohneinheiten als Eigentumswohnungen, Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Reihenhäuser auszuweiten. Letztlich spricht aber auch diese Entscheidung nicht für die Richtigkeit der von der Beklagten erteilten Auskunft. Die Entscheidung entfaltete hinsichtlich dieser Frage nämlich weder Bindungswirkung noch betraf sie die hier maßgebliche Veräußerung eines selbst errichteten Mehrfamilienhauses.

b) Die Beklagte entlastet nicht, dass der Kläger ihrer Behauptung zufolge von Anfang an vor hatte, dass von ihm bebaute Grundstück zu veräußern. Bestand eine solche Absicht und war ihr dies bekannt, war die Auskunft erst recht unzutreffend. Denn steht fest, dass schon der Erwerb oder wenigstens die Errichtung mit zumindest bedingter Veräußerungsabsicht erfolgte und damit die "Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung" im Vordergrund stand, kommt es auf die Drei-Objekt-Grenze, die grundsätzlich nur indizielle Bedeutung hat, nicht an. In diesem Fall hätte die Beklagte den Kläger zumindest darauf hinweisen müssen, dass sein Vorhaben, gleich wie er es gestaltete, als Umgehungsgeschäft im Sinne des § 42 AO angesehen werden könnte und er deshalb bei einer zeitnahen Veräußerung Gefahr liefe, dass der Gewinn besteuert würde. Auf ein solches Risiko hat die Beklagte jedoch nicht hingewiesen. Unerheblich ist deshalb auch, dass das Landgericht im Tatbestand des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass der Kläger das Grundstück aus privaten Mitteln erworben habe. Selbst wenn diese Feststellung unzutreffend wäre, rechtfertigt dies im Ergebnis keine andere Entscheidung. Im übrigen hätte eine von vorn herein bestehende Veräußerungsabsicht nicht unbedingt dazu geführt, dass der Veräußerungsgewinn unabhängig vom Zeitpunkt des Verkaufes stets zu versteuern gewesen wäre. Kam die von der Beklagten behauptete Veräußerungsabsicht des Klägers nämlich nicht zum Ausdruck und hätte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, hätte für eine Einstellung in das Betriebsvermögen kein Anlass bestanden und er hätte er das Grundstück nach Ablauf einer zehnjährigen Haltefrist steuerfrei veräußern können (vgl. Schreiben des BMF vom 20.12.1990, a.a.O., s. 884, zu Tz. 2).

c) Auch vor dem in der Berufungsbegründung weiter vorgetragenen Hintergrund war die im Schreiben vom 23.06.1993 erteilte Auskunft unrichtig. Ging die Fragestellung des Klägers dahin, unter welchen tatsächlichen Voraussetzungen ihm der gewerbliche Grundstückshandel nachgewiesen werden könne, reichte der Hinweis auf die Vermeidung von Maßnahmen zur Schaffung oder Veräußerung von Eigentumswohnungen nicht aus. Denn die Beklagte hat ganz offensichtlich übersehen, dass die Finanzverwaltung die Drei-Objekt-Grenze bei der Veräußerung von Mehrfamilienhäusern nicht anwendete, die Rechtsprechung zu dieser Frage offen war und aus diesem Grunde die Veräußerung steuerrechtlich nicht "ohne Probleme" war und "Bedenken" durchaus bestanden, vor allem, wenn der Kläger, wie ihr nach ihrem Vortrag bekannt war, das Grundstück schon mit Veräußerungsabsicht erworben und bebaut hatte.

d) Das Landgericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre unzutreffende Auskunft im Schreiben vom 23.06.1993 nicht nachträglich korrigiert hat. Die Wertung der Aussagen der Zeugen L. und T. einerseits und der des Zeugen H. andererseits durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte setzt hierzu lediglich in unzulässiger Weise ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des erkennenden Gerichts. Damit sind jedoch Fehler an der angefochtenen Entscheidung nicht schlüssig aufgezeigt. Es ist nicht erkennbar, dass das Landgericht bei seiner Beweiswürdigung gesetzliche oder allgemein anerkannte Regeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hätte oder aufgrund von Verfahrensfehlern zu dem beanstandeten Ergebnis gekommen ist, etwa in dem unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften wesentliche tatsächliche Gegebenheiten außer Acht gelassen wurden.

2.

Die mit Schreiben vom 23.06.1993 begangene Pflichtverletzung der Beklagten war schuldhaft, denn sie hätte wissen müssen, dass ihre Auskunft mit der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht in Einklang stand. Das Verhalten des Zeugen H. ist ihr insoweit gemäß § 278 BGB zuzurechnen.

3.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist dem Kläger selbst unter Berücksichtigung von Vorteilen, die der Verkauf mit sich brachte, durch die Zahlung der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuern, Zinsen und sonstigen damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen ein Schaden entstanden.

4.

Die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung der Beklagten für den mit hoher Wahrscheinlichkeit eingetretenen Schaden hat der Kläger unter Berücksichtigung der ihm zukommenden Beweiserleichterungen zur Überzeugung des Senats nachgewiesen.

Den Ursachenzusammenhang zwischen der pflichtwidrigen Beratung und dem beim Auftraggeber eingetretenen Schaden hat dieser zu beweisen. Das gilt auch für die Frage, wie sich der Auftraggeber bei richtiger Beratung verhalten hätte (vgl. BGH NJW-RR 2001, 1351, 1353). Dabei kann dem Mandanten die Beweisführung nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises erleichtert sein. Dies gilt insbesondere, wenn ein bestimmter Rat geschuldet war und es in der gegebenen Situation unvernünftig gewesen wäre, diesen Rat nicht zu befolgen. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises sind aber auch dann anwendbar, wenn sich die Aufgabe des Beraters - wie hier - darauf beschränkte, die Rechtslage zu erläutern bzw. die steuerlichen Informationen zu liefern, die der Mandant für eine sachgerechte Abwägung bei der von ihm zu treffenden freien Entscheidung benötigte und bei zutreffender rechtlicher Auskunft vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus allein eine Entscheidung möglich oder sinnvoll ist (vgl. BGH NJW 1993, 3259, 326). Andererseits sind in diesen Fällen die Regeln des Anscheinsbeweises unanwendbar, wenn unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten verschiedene Verhaltensweisen ernsthaft in Betracht kommen (BGH NJW-RR 2001, 1351, 1353; BGH NJW-RR 1999, 641, 642).

Bei vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist nach den vom Kläger dargelegten Umständen davon auszugehen, dass für ihn, wäre er von der Beklagten richtig und vollständig beraten worden, seinerzeit eine Veräußerung des Grundstückes nicht in Betracht gekommen wäre. Ersichtlich wollte der Kläger im Falle einer Veräußerung eine drohende Besteuerung des Veräußerungsgewinns vermeiden. Anderenfalls hätte er in der Tat, wie die Beklagte vorgetragen hat, sie nicht nach den möglichen steuerlichen Auswirkungen fragen müssen. Die Anfrage deutet aber auch darauf hin, dass der Kläger das Grundstück nicht unter allen Umständen veräußern wollte. Dass es ihm hingegen nur darum ging zu erfahren, unter welchen Umständen er eine von vorn herein bestehende Veräußerungsabsicht hätte verschleiern können, und er auch dann veräußert hätte, wenn er gewusst hätte, dass ihm dies nicht gelingt, kann entgegen der Auffassung der Beklagten allein aus der Anfrage und der darauf gegebenen Antwort im Schreiben vom 23.06.1993 nicht geschlossen werden. Ein solcher Schluss wäre nur dann zwingend, wenn die Beklagte den Kläger in ihrem Schreiben - richtigerweise - darauf hingewiesen hätte, dass die Veräußerung des Mehrfamilienhauses innerhalb von fünf Jahren nach der Errichtung grundsätzlich steuerrechtlich problematisch war und der Kläger dennoch veräußert hätte. Wenn auch der Kläger durch die Veräußerung nach Abzug der Steuern noch einen beachtlichen Gewinn von ca. 500.000 DM erzielt hat, wäre es, wie er selbst in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 10.10.2002 überzeugend ausgeführt hat, in seiner Situation wirtschaftlich unvernünftig gewesen, auf einen der Steuerlast entsprechenden höheren Gewinn zu verzichten, den er erzielt hätte, wenn er das Grundstück steuerfrei erst nach Ablauf von fünf bis zehn Jahren veräußert hätte. Weitere Feststellungen, in welcher Höhe eine Steuerlast bei der Veräußerung 1994 zu erwarten war, waren dazu nicht geboten. Dies war anhand der den Parteien bekannten Vermögenssituation des Klägers sowohl für ihn selbst als auch für die Beklagte abschätzbar und danach, wie sich später tatsächlich zeigte, nicht unerheblich. Selbst wenn das Grundstück in der Zwischenzeit bis zu einer steuerfreien späteren Veräußerung an Wert verloren hätte, wäre dieser - mögliche - Nachteil dadurch kompensiert, dass der Kläger in diesem Zeitraum Rendite aus der Vermietung der Wohnungen hätte erzielen können. Dafür, dass der Kläger das Hausgrundstück behalten hätte, spricht weiter, dass der Kläger bereits zwei Mehrfamilienhäuser besaß, die er vermietet hatte und die nicht seinem Betriebsvermögen zugeordnet waren. Sie dienten vielmehr unstreitig der (privaten) Vermögensbildung und Alterssicherung. Diese Art der Vermögensbildung ist gerade im Kreis selbständiger Kleinunternehmer und Handwerker nicht unüblich. Es ist deshalb auch vor diesem Hintergrund nachvollziehbar, dass der Kläger auch dieses dritte Mehrfamilienhaus behalten, daraus Rendite durch Vermietung erzielt und sein privates Vermögen, auch zur Alterssicherung, vermehrt hätte. Hinzu kommt, dass zum damaligen Zeitpunkt die Situation auf dem Mietmarkt vermietergünstig war und relativ hohe Mieterträge zu erzielen waren. Dass der Kläger sich diese mit dem Behalten des Hauses verbundenen Vorteile hätte entgehen lassen, wenn er gewusst hätte oder zumindest damit rechnen müssen, dass der Veräußerungsgewinn zu versteuern war, kann vernünftigerweise nicht angenommen werden.

Den vom Kläger danach geführten Anscheinsbeweis hat die Beklagte nicht erschüttert. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger trotz der drohenden Steuerpflicht zu einer Veräußerung gezwungen gewesen wäre, liegen nicht vor. Der von der Beklagten behauptete Umstand, dass auch der Bruder des Klägers und der Käufer T. an dem Projekt beteiligt gewesen seien und davon mit profitieren sollten, zieht eine Entscheidung des Klägers, nicht zu verkaufen, nicht ernstlich in Zweifel. Denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Bruder des Klägers und T. auf eine schnelle Auszahlung ihres Anteils bestanden hätten, der Kläger also aus diesem Grunde gezwungen war alsbald zu verkaufen. Auch die von der Beklagten erwähnte Bauplanung deutet nicht zwingend auf einen Verkauf unter Inkaufnahme der Besteuerung. Die Beklagte hat dazu schon nicht dargelegt, was dabei konkret auf die Errichtung von Eigentumswohnungen, die alsbald veräußert werden sollten, hinzielte; nach der Bauplanung dürften sich Eigentums- und Mietwohnungen nicht wesentlich unterscheiden. Unsubstantiiert ist auch ihr Vortrag dazu, dass der Kläger selbst schon vor der Veräußerung an T. an mögliche Kaufinteressenten für die noch zu teilenden Wohneinheiten herangetreten war. Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger aus finanziellen Gründen gehalten war, das Hausgrundstück zu veräußern, liegen ebenfalls nicht vor. Das hat die Beklagte im Berufungsverfahren auch nicht mehr konkret geltend gemacht.

5.

Der Kläger muss sich schließlich kein Mitverschulden zurechnen lassen. Insbesondere hätte seine Schadensabwendungs- oder -minderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB die Einlegung von Rechtsmitteln gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamtes nicht geboten. Denn einer Klage gegen die Einspruchsentscheidung wäre nach dem Stand der Rechtsprechung im maßgeblichen Zeitraum des Erlasses der Einspruchsentscheidung bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist im Oktober/November 1998 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg beizumessen gewesen.

a) Eine mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbare und zugunsten des Klägers sprechende Entscheidung liegt bis heute nicht vor. Soweit ersichtlich hat bislang nur das Finanzgericht Niedersachsen mit Urteil vom 27.05.1999 (EFG 2000, 503) entschieden, dass kein gewerblicher Grundstückshandel eines Zimmermeisters anzunehmen sei, wenn er innerhalb von drei Jahren ein Einfamilienhaus und ein Vierfamilienhaus auf zuvor erworbenen Grundstücksflächen errichtet und veräußert. Dieses Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig; die Entscheidung des BFH in dieser Sache (AZ: X R 5/00) steht noch aus.

Aufgrund der im übrigen bis Ende 1998 in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen und für die Folgezeit absehbaren Entscheidungen war mit einem Erfolg eines Rechtsmittels gegen die Einspruchsentscheidung nicht zu rechnen. Zwar sprach nach der Entscheidung des BFH im Vorlagebeschluss vom 02.09.1992 (Az. XI R 21/91, BStBl II 1993, 668, 669), dass es auf Wert, Größe und insbesondere die Nutzungsart der Objekte nicht ankomme, einiges dafür, dass die Rechtsprechung die Drei-Objekt-Grenze auch auf Mehrfamilienhäuser anwenden würde. Diese Auffassung des BFH wurde zudem vom Großen Senat im Beschluss vom 03.07.1995 (Az. GrS 1/93, BStBl II 195, 617 ff.) nicht beanstandet und auch nachfolgend vertreten (vgl. BFH, Urteil v. 23.04.1996, Az. VIII R 27/94, BFH/NV 1997, 170; FG Berlin, EFG 1997, 533: ausdrücklich zu Mehrfamilienhaus). Auch das FG Köln hatte es im Beschluss vom 05.12.1997 (Az. 10 V 5576/97, EFG 1998, 366) als ernstlich zweifelhaft im Sinne des § 69 Abs. 2 FGO angesehen, ob die einmalige Errichtung und Veräußerung eines gewerblichen Großobjektes - ohne erkennbare Wiederholungsabsicht - die Annahme einer nachhaltigen gewerblichen Tätigkeit rechtfertige, wenn eine bereits während der Errichtung des Bauwerkes bestehende unbedingte Veräußerungsabsicht nicht nachgewiesen sei. Maßgebliche Urteile des BFH betrafen indessen nicht konkret Mehrfamilienhäuser bzw. war die Frage, ob auch solche Gebäude unter die Drei-Objekt-Grenze fielen, konkret nicht entscheidungserheblich. Ausdrücklich klargestellt und bejaht wurde die Frage im Falle der Veräußerung eines mit einem Mehrfamilienhaus bebaut erwordenen Grundstückes höchstrichterlich erstmals im Urteil des BFH vom 18.05.1999 (Az. I R 118/97, BStBl II 2000, 28, 30). Abgesehen davon, dass diese Entscheidung erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erging, kam es darauf im Falle des Klägers aus damaliger Sicht freilich nicht mehr an, da der BFH unter Berufung auf die Entscheidung des Großen Senats vom 03.07.1995 (a.a.O.) zuvor in seinen Entscheidungen vom 24.01.1996 (Az. X R 255/93, BStBl II 1996, 303 ff.) und vom 14.01.1998 (Az. X R 1/96, BStBl. II 1998, 346 ff.) in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung, die nicht differenzierte zwischen der Veräußerung bebaut erworbener Grundstücke und der Veräußerung selbst bebauter Grundstücke (s.o. unter 1.a), Seite 9), entschieden hatte, dass die Veräußerung gewerblicher Objekte und Mehrfamilienhäuser schon deshalb als gewerbliche Tätigkeit anzusehen sei, weil in diesen Fällen der Errichtung von "Großobjekten" sich die Zuordnung zum "Bild des Gewerbebetriebes" bereits unter dem Gesichtspunkt der "Produktion am Markt" ergebe und dieses Ergebnis aufgrund der Indizwirkung einer geringen Zahl von "Objekten" nicht mehr korrigiert werden könne. Damit wurde auf die Drei-Objekt-Grenze in dem dem vorliegenden vergleichbaren Fall nicht mehr abgestellt. Dass der BFH die Ansicht des Großen Senats, wie dieser nachträglich klarstellte (vgl. Beschluss vom 10.12.2001 - GrS 1/98 -, BStBl II 2002, 291, 2993) falsch interpretiert, war seinerzeit nicht erkennbar. Damit musste auch nicht gerechnet werden. Aus der Literatur ergaben sich ebenfalls keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass eine Klage des Klägers gegen die Einspruchsentscheidung Erfolg hätte haben können. Zwar wurde in der üblicherweise zu berücksichtigenden Literatur die grundsätzliche Beibehaltung der Drei-Objekt-Grenze bei Errichtung und Veräußerung von Großobjekten befürwortet, eine Ausnahme jedoch z. B. bei Nähe zum Baugewerbe, wie hier bei dem Kläger, gesehen (vgl. Schmidt, a. a. O., 17. Aufl. 1998, § 15 Rn. 67).

b) Ein Rechtsmittel hätte auch nicht deshalb hinreichende Erfolgsaussichten gehabt, weil, den Vortrag des Klägers zugrunde gelegt, er zunächst keine Veräußerungsabsicht hatte. Dem stehen schon die Schwierigkeiten eines Beweises dieser inneren Tatsache entgegen. Die Beklagte hat nichts dazu vorgetragen, wie der Kläger diese Beweisschwierigkeiten hätte vermeiden können. Bei der nach der damaligen Rechtsprechung typisierenden und objektivierten Betrachtungsweise, abgestellt auf den Gesichtspunkt der Branchennähe und der Produktion am Markt, ist auch nicht erkennbar, wie dem Kläger dieser Beweis hätte gelingen sollen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1, Abs. 2 ZPO). Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits waren überwiegend Tatsachenfragen. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 298.287,59 €

Ende der Entscheidung

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