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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 03.07.2003
Aktenzeichen: 8 U 79/02
Rechtsgebiete: StBerG, ZPO, AO, BGB, EGBGB


Vorschriften:

StBerG § 68
ZPO § 4
ZPO §§ 257 ff.
ZPO § 287
ZPO § 288
ZPO § 142
ZPO § 308
ZPO § 424
ZPO § 529
ZPO § 531
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 538 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
AO § 171
AO § 171 Abs. 1 Nr. 2
AO § 173 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 167 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 3 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 79/02

Anlage zum Protokoll vom 03.07.2003

Verkündet am 03.07.2003

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 3. April 2003 durch die Richter am Oberlandesgericht Ketterle und Dr. Brenner sowie die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schmitz

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wird das am 10.10.2002 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 22 O 400/00 - auf die Berufung des Beklagten wie folgt teilweise abgeändert und neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 49.749,21 € nebst 11,75 % Zinsen seit dem 1. Juli 2002 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Folgeschaden zu ersetzen, der daraus entsteht, dass der gemäß Ziffer 1 zu leistende Schadensersatzbetrag für die Klägerin steuerpflichtig ist.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Klägerin zu 46 % und der Beklagte zu 54 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung der Gegenseite jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch wegen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Erledigung ihrer Steuerangelegenheiten.

Am 12.10.1995 erging gegen die 1992 gegründete Klägerin ein Körperschaftssteuerbescheid für das Jahr 1993 mit einem geschätzten Bilanzgewinn von 10.000,00 DM. Der Steuerbescheid wurde, wie auch sonstige Steuerbescheide und Schreiben des Finanzamtes, ausschließlich dem Beklagten als Zustellungsbevollmächtigter der Klägerin übersandt. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig, da kein Einspruch eingelegt wurde. Ein später vom Beklagten im Jahresabschluss 1993 ermittelter Verlust in Höhe von 117.295,00 DM konnte sich daher steuerlich nicht mehr auswirken und war durch die Bestandskraft der Körperschaftssteuerveranlagung für 1993 auf der Grundlage des geschätzten Gewinns von der Verrechnung mit Gewinn späterer Jahre ausgeschlossen.

Mit der Klage hat die Klägerin zunächst Schadensersatz in Höhe von 178.864,00 DM nebst 10,25 % Zinsen seit dem 17.09.1999 verlangt. Diesen Anspruch hat sie begründet mit im Jahr 1997 entgangener Körperschaftssteuerersparnis in Höhe von 44.394,00 DM, entgangener Gewerbesteuerersparnis in Höhe von 28.641,00 DM zuzüglich der auf die Schadensersatzforderung zu zahlende Steuer in Höhe von 89.639,00 DM sowie einem Zinsschaden von 13.690,00 DM. Darüber hinaus hat sie Erstattung von 2.500,00 DM verlangt, die sie als Bußgeld wegen verspäteter Abgabe der Steuererklärung zu zahlen gehabt habe.

Mit Schriftsatz vom 05.02.2001 (Bl. 88 ff GA), dem Beklagten am 12.02.2001 zugestellt, hat sie unter Erhöhung der Klage auf insgesamt 186.895,90 DM nebst 10,25 % Zinsen seit dem 17.09.1999 ihren Schaden neu berechnet und darüber hinaus entgangene Körperschafts- und Gewerbesteuerersparnis für das Jahr 1998 geltend gemacht. Auf dieser Grundlage hat sie neben dem weiter verfolgten Anspruch auf Ersatz des Zinsschadens von 13.690,00 DM und des Bußgeldbetrages von 2.500,00 DM weitere 170.705,90 DM für entgangene Steuerersparnis nebst darauf zu zahlender Steuer geltend gemacht. Dabei hat sie für 1997 die entgangene Körperschaftssteuerersparnis mit 44.805,00 DM und die entgangene Gewerbesteuerersparnis mit 17.595,00 DM beziffert, für 1998 entgangene Körperschaftssteuerersparnis mit 12.188,00 DM und entgangene Gewerbesteuerersparnis mit 9.023,00 DM, insgesamt also 83.611,00 DM.

Nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen M. vom 30.04.2002 zur Schadenshöhe aufgrund der entgangenen Steuerersparnis (Bl. 165 ff. GA), auf das wegen der darin festgestellten Einzelheiten Bezug genommen wird, hat die Klägerin mit weiterem Schriftsatz vom 14.06.2002 (Bl. 223 ff GA) ihre Schadensersatzforderung dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens angepasst. Als Schadensersatz für entgangene Steuerersparnis in 1997 hat sie nunmehr 62.396,00 DM verlangt, für entgangene Steuerersparnis in 1998 50.710,00 DM und für entgangene Steuerersparnis in 1999 7.067,00 DM. Darüber hinaus hat sie ihren Zinsschaden aus der entgangenen Steuerersparnis mit 41.881,00 DM neu berechnet. Den zu erstattenden Bußgeldbetrag hat sie nunmehr mit 2.000,00 DM beziffert. Als weiteren Schadensersatz hat sie zudem die auf die Summe dieser Beträge zu zahlende Steuer verlangt. Insgesamt hat sie danach von dem Beklagten Zahlung von 272.960,00 DM (139.562,23 €) nebst 11,75 % Zinsen aus 122.679,00 DM (62.722,78 €) seit dem 01.07.2002 sowie weiterer 2.000,00 DM (1.022,58 €) nebst 10,25 % Zinsen seit dem 20.05.1997 begehrt.

Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte, indem er gegen den Steuerbescheid vom 12.10.1995 keinen Einspruch einlegte, seine Pflichten aus dem mit der Klägerin bestehenden Steuerberatungsvertrag verletzt und der Klägerin dadurch den geltend gemachten Schaden zugefügt habe. Die Ansprüche seien nicht verjährt. Zwar sei die Primärverjährungsfrist gemäß § 68 StBerG spätestens Ende November 1998 abgelaufen; aufgrund einer gegebenen Sekundärhaftung des Beklagten sei die Verjährungsfrist jedoch um weitere drei Jahre verlängert und bei Eingang des Mahnbescheides am 22.12.1999 noch nicht abgelaufen gewesen.

Wegen der Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 244 - 250 GA) Bezug genommen.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet.

Mit der Berufung begehrt der Beklagte in erster Linie Abänderung des angefochtenen Urteils und Klageabweisung, hilfsweise die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Der Beklagte rügt, dass das Landgericht wesentliche Verfahrensgrundsätze zu seinen Lasten nicht berücksichtigt und mehrfach materielles Recht verletzt habe.

Im einzelnen beanstandet er, dass das Landgericht mangels ausreichenden Sachvortrages der Klägerin nach der Aktenlage schon keine Feststellungen dazu habe treffen können, dass er in der fraglichen Zeit einen Beratungsauftrag von der Klägerin gehabt habe, was nicht der Fall gewesen sei.

Weiter habe das Landgericht zu Unrecht eine Pflichtverletzung seinerseits und deren Kausalität für den eingetretenen Schaden bejaht. Dazu behauptet er nunmehr, er habe der Geschäftsführerin der Klägerin den mit Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid ausgehändigt und den Bescheid und das dagegen mögliche Rechtsmittel eingehend mit ihr besprochen mit dem Ergebnis, dass kein Rechtsmittel habe eingelegt werden sollen. Erst in der Folgezeit habe die Klägerin sich entschlossen, doch noch Steuererklärungen für 1993 abzugeben und habe ihm, dem Beklagten, Unterlagen zur Verfügung gestellt, aus denen er dann später den dem Finanzamt vorgelegten Jahresabschluss 1993 entwickelt habe. Die Klägerin sei nicht vor dem 15.11.1995, dem Ablauf der Einspruchsfrist, wegen der Erstellung des Jahresabschluss 1993 an ihn herangetreten.

Seinem Einwand, dass das Buchhaltungswerk der Klägerin für 1993 objektiv falsch gewesen sei, sei das Landgericht ebenfalls in verfahrensfehlerhafter Weise nicht nachgegangen. Aus dem von ihm erstellten Jahresabschluss ergebe sich nicht, dass tatsächlich ein Verlust in Höhe von 117.295,00 DM entstanden sei. Er bestreite nach wie vor, dass der in dem Jahresabschluss ausgewiesene Verlust tatsächlich entstanden sei; der Vortrag der Klägerin dazu sei unsubstantiiert. Wie sich aus der ihm verfahrensfehlerhaft nicht bekannt gegebenen Anweisung an den Sachverständigen, seinen Vortrag nicht zu berücksichtigen, ergebe, habe das Landgericht im Ergebnis verkannt, dass nicht er, sondern die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig dafür sei, dass in 1993 tatsächlich ein Verlust entstanden sei.

Das Landgericht habe darüber hinaus nicht festgestellt, worin seine Untätigkeit bis zum 12.10.1995 gelegen haben solle. Er habe den Steuerbescheid vom 12.10.1995 nicht auf seine Richtigkeit überprüfen müssen. Das sei mangels Vorliegens prüffähiger Unterlagen überhaupt nicht möglich gewesen; die Buchhaltung der Klägerin habe falsche Zahlen enthalten. Er habe deshalb nur überschlägig beurteilen können, ob dem Bescheid ein zutreffendes zu versteuerndes Ergebnis zugrunde gelegt worden sei. Dass aber habe er aufgrund seiner Erkenntnisse aus seiner Controllertätigkeit überschlägig bejaht und mit der Klägerin besprochen.

Das Landgericht habe weiter nicht geprüft, wie ein pflichtgemäßer Rat auszusehen gehabt und wie die Klägerin darauf reagiert hätte. Ein pflichtgemäßer Rat habe jedenfalls nicht dahin gehen können, gegen den Schätzungsbescheid Einspruch einzulegen. Ein Einspruch wäre nur dann empfehlenswert gewesen, wenn die Klägerin ihn darüber informiert hätte, dass kein Gewinn von 10.000,00 DM entstanden sein könne. Die Klägerin habe den Schätzungsbescheid indes akzeptiert und bezahlt. Wenn aber die Klägerin davon ausgegangen sei, dass für 1992/1993 jedenfalls ein Gewinn von 10.000,00 DM zu verzeichnen gewesen sei, hätte sie im Zweifel einen Rat, gegen den Schätzungsbescheid Einspruch einzulegen, nicht befolgt, weil dann mit einer höheren Steuerlast hätte gerechnet werden müssen.

Der Klägerin sei schließlich aufgrund ihres völlig passiven Verhaltens bis Dezember 1995 ein erhebliches Mitverschulden anzulasten, abgesehen davon, dass sie auch die Steuerschuld bezahlt habe. Außerdem habe die Klägerin bis Ende Dezember 2000 die Möglichkeit gehabt, eine Änderung des Festsetzungsbescheides gemäß § 171 Abs. 1 Nr. 2 AO zu beantragen, woraufhin das Finanzamt den Bescheid gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zwingend hätte ändern müssen, sofern dem Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden vorzuwerfen gewesen wäre. Gegen einen solchen Vorwurf hätte die Klägerin sich aber wehren können und müssen.

Auch zur Höhe des angeblichen Steuerschadens habe die Klägerin nicht schlüssig vorgetragen. Es sei bereits nicht ersichtlich, wie sich die Verlustvorträge errechneten. Auch bleibe offen, ob nicht ein möglicher in 1997 entstandener Steuerschaden in Höhe der zu zahlenden Steuer von 44.805,00 DM bei einem zu versteuernden Einkommen von 92.623,00 DM mangels Vortrages von Verlusten aus 1993 nicht durch einen möglichen Verlustrücktrag aus1998 habe kompensiert werden können und zu einer Erstattung der für 1997 gezahlten Steuerbeträge nebst Zinsen geführt habe. Das Landgericht habe insoweit nicht erkannt, dass zu einem schlüssigen Klagevortrag gehöre, dass ein solcher Verlustrücktrag aus 1998 nicht stattgefunden habe und warum er nicht habe stattfinden können. Der Akteninhalt gäbe jedenfalls nichts dazu her, dass in 1998 ein Gewinn entstanden sei. Schlüssiger Vortrag zum Gewerbesteuerschaden fehle schon deshalb, weil Gewerbesteuermessbescheide weder für 1997 noch für 1998 vorgelegt worden sei. Das Gutachten des Sachverständigen M. vom 30.04.2002 sei nicht nachvollziehbar. Seine Schadensermittlung setzte voraus, dass in 1998 und 1999 Gewinne entstanden seien. Das sei aber weder für 1998 noch für 1999 feststellbar. Steuerbescheide für 1999 seien nicht vorgelegt. Darüber hinaus sei die vom Sachverständigen ermittelte Schadenssumme nicht nachvollziehbar. Schließlich habe die Klägerin bislang überhaupt keinen Schaden erlitten. Zu einem Schaden könne der angeblich nicht mehr nutzbare Verlust aus 1993 nur dann werden, wenn endgültig Körperschaftssteuerfestsetzungen ausgelöst würden, die endgültig niedriger wären, dadurch, dass ein Verlustvortrag aus 1993 - wie auch immer - verloren gegangen wäre. Der geltend gemachte Steuerschaden können allenfalls und nur teilweise 1997 entstanden sein, im übrigen könne er überhaupt erst in Zukunft ausgelöst werden, wofür sich indes nichts ergebe.

Ferner habe das Landgericht verkannt, dass der geltend gemachte Anspruch jedenfalls teilweise verjährt sei. Die Sekundärverjährungsfrist greife nicht ein, denn mangels Pflichtverletzung und eines dadurch ausgelösten Schadens habe bei späterer Ermittlung des Verlustes für 1993 keine Pflicht bestanden, auf eine Verjährung hinzuweisen. Auch die Veranlagung für 1994 habe einen solchen Anlass nicht gegeben. Zumindest habe das Landgericht verkannt, dass jedenfalls bei der Klageerhöhung von 178.864,00 DM auf 272.960,00 DM mit dem am 15.08.2002 zugestellten Schriftsatz vom 14.06.2002 auch die 6-jährige Verjährungsfrist abgelaufen gewesen sei.

Zu Unrecht habe das Landgericht schließlich die beantragten Zinsen ab dem 01.07.2002 zugesprochen. Aus den vorgelegten Zinsbescheinigungen für den vorhergehenden Zeitraum ergebe sich, dass die Klägerin zu keinem Zeitpunkt Kredite in Anspruch genommen habe, die die Höhe der Klage- oder Urteilssumme erreichen. Keine der Zinsbescheinigungen betreffe im übrigen den Zeitraum ab 01.07.2002. Auf eventuell künftig anfallende Steuern auf die Nettoschadenssumme könne die Klägerin ohnehin keine Zinsen verlangen.

Im übrigen entbehre die Verurteilung zur Zahlung von 2.000,00 DM nebst Zinsen ab dem 20.05.1999 als Schadensersatz für den an die Geschäftsführerin der Klägerin ergangenen und von dieser bezahlten Bußgeldbescheid mangels substantiierten Sachvortrages der Klägerin jeder Grundlage. Außerdem sei dieser Betrag in dem angefochtenen Urteil zu Unrecht doppelt zuerkannt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 15.01.2003 (Bl. 276 ff. GA) sowie auf die Schriftsätze vom 25.03.2003 (Bl. 335 ff. GA), vom 06.05.2003 (Bl. 353 ff. GA) sowie vom 19.05.2003 (Bl. 361 ff. GA) Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt,

1. unter Abänderung des Urteils 22 O 400/00 des Landgerichts Köln vom 10.10.2002 die Klage abzuweisen,

2. hilfsweise, die Sache unter Aufhebung des Urteils 22 O 400/00 des Landgerichts Köln vom 10.10.2002 und des diesem Urteil zugrundeliegenden Verfahrens an das Landgericht Köln zurückzuverweisen,

3. äußerst hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie tritt den Behauptungen und Rechtsansichten des Beklagten im einzelnen entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.

Zur Begründung ihres Anspruches auf Erstattung von 2.000,00 DM führt sie nunmehr aus, dass der Geschäftsführerin der Klägerin eine Geldbuße in Höhe von 2.000,00 DM auferlegt worden sei, weil Unstimmigkeiten zwischen den Umsatzsteuervoranmeldungen 1992 und 1994 bestanden hätten. Es sei Aufgabe des Beklagten gewesen, die Jahreserklärungen so vorzubereiten, dass diese Unstimmigkeiten vermieden/aufgeklärt worden wären. Ihren Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten, der sich daraus ergäbe, dass die Geschäftsführerin insoweit in den Schutzbereich des Vertrages zwischen ihr und dem Beklagten einbezogen gewesen sei, habe die Geschäftsführerin an sie, die Klägerin abgetreten.

Schließlich meint sei, dass die rechtzeitige Klage die Verjährung des gesamten Anspruches unterbrochen habe, weil nicht Teilklage erhoben, sondern der Anspruch im Ganzen geltend gemacht worden sei, wobei sich nach Einholung des Sachverständigengutachtens der zunächst eingeklagte Betrag als zu niedrig erwiesen habe.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird Bezug genommen auf die Berufungserwiderung vom 21.02.2003 (Bl. 315 ff. GA) und die Schriftsätze vom 28.03.2003 (Bl. 340 ff. GA), vom 29.04.2003 (Bl. 351 f. GA), vom 19.05.2003 (Bl. 365 ff. GA) sowie vom 16.06.2003 (Bl. 376 f. GA).

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist zulässig.

Sie hat in der Sache insoweit Erfolg, als der geltend gemachte Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.000,00 DM wegen der der Geschäftsführerin der Klägerin auferlegten Geldbuße unbegründet ist. Darüber hinaus ist die mit Schriftsatz vom 14.06.2002 geltend gemachte Mehrforderung verjährt. Ferner hat die Klägerin derzeit keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz für zukünftig auf die berechtigte Schadensersatzleistung zu zahlende Steuern. Insoweit kam nur die Feststellung einer Zahlungspflicht des Beklagten in Betracht.

Im übrigen rechtfertigt das Berufungsvorbringen weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht eine weitere Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Auch die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der Sache an das Landgericht liegen gemäß § 538 Abs. 2 ZPO nicht vor.

1.

Das Landgericht hat den Beklagten mit nicht tragfähiger Begründung zur Schadensersatzleistung für die der Geschäftsführerin auferlegte Geldbuße in Höhe von 2.000,00 DM verurteilt. Diese Forderung war von der Klägerin nicht schlüssig dargelegt.

In erster Instanz hat die Klägerin die Forderung damit begründet, dass ihr wegen verspäteter Abgabe der Steuererklärung ein Bußgeld in Höhe von 2.500,00 DM bzw. 2.000,00 DM auferlegt worden sei. Dies mag zwar dem Beklagten anzulasten sein. Auch wäre er gegenüber der Geschäftsführerin haftbar, da diese, was die rechtzeitige Abgabe der Steuererklärungen anbelangt, in den Schutzbereich eines Steuerberatungsverhältnisses zwischen dem Beklagten und der Klägerin einbezogen gewesen wäre. Die Klägerin war aber nicht aktivlegitimiert, weil aus diesem Sachverhalt nur eigene Ansprüche der Geschäftsführerin resultieren könnten und außerdem nur dieser ein Schaden entstanden wäre.

Ein Anerkenntnis des Beklagten, ihr diesen Betrag zu erstatten, hat die Klägerin angesichts seines Bestreitens ebenfalls nicht schlüssig dargelegt.

Die von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgetragene Abtretung des Anspruchs und ihr neuer Sachvortrag zum Grunde führen ebenfalls nicht zu Begründetheit des Erstattungsanspruches. Denn die Klägerin hat schon nicht substantiiert dargelegt, dass der Beklagten in den Jahren 1992 bis 1994 auch mit der Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung befasst war, was er bestritten hat.

2.

Darüber hinaus ist die Klageforderung in Höhe weiterer 2.000,00 DM unbegründet. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die Klägerin in ihrem klageerhöhenden Schriftsatz vom 14.06.2002 den Schadensersatzbetrag von 2.000,00 DM zweimal geltend gemacht hat. Die Klägerin hat dem mit dem Klageantrag zu a) geltend gemachten Gesamtbetrag der entgangenen Steuerersparnis von 120.174,00 DM, wie im Gutachten des Sachverständigen M. vom 30.04.2002 ermittelt, nicht nur den Zinsschaden aus entgangener Steuerersparnis zugerechnet, sondern auch den Betrag der Geldbuße von 2.000,00 DM (vgl. Bl. 225 GA zu a) und b)). Die 2.000,00 DM sind damit zum einen in dem Betrag von 272.960,00 DM enthalten, den die Klägerin mit dem Klageantrag zu a) verlangt hat, zum anderen gesondert in ihrem Klageantrag zu b).

3.

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz wegen entgangener Steuerersparnis ist indes dem Grunde nach gerechtfertigt.

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte seine Pflichten aus einem Steuerberatungsverhältnis mit der Klägerin verletzt hat und der Klägerin dadurch ein Schaden entstanden ist.

a) Das Bestehen eines Steuerberatungsmandates zwischen der Klägerin und der Beklagten ist entsprechend den zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, unzweifelhaft.

Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang im Schriftsatz vom 25.03.2003 (Bl. 335 f. GA) nunmehr wieder bestreitet, dass ihm eine Zustellvollmacht erteilt worden sei, eine solche auch dem Finanzamt nicht vorgelegt worden und ihm seine Benennung als Zustellungsbevollmächtigter in dem Fragebogen zur Gründung einer Kapitalgesellschaft nicht bekannt gewesen sei, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Für die wirksame Erteilung einer Vollmacht reicht die einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Vollmachtgebers gegenüber dem Bevollmächtigtem, aber auch gegenüber dem Geschäftsgegner aus, § 167 Abs. 1 BGB. Eine solche Willenserklärung liegt in der Benennung des Beklagten als Zustellungsbevollmächtigten in dem Fragebogen gegenüber dem Finanzamt. Darauf, dass ihm seine Benennung als Zustellungsbevollmächtigten nicht bekannt gewesen sei, kann sich der Beklagte nicht berufen, denn er selbst hat mit Schreiben vom 15.03.1993 (Bl. 85 GA) den ausgefüllten Fragebogen beim Finanzamt eingereicht.

Außerdem hat der Beklagte tatsächlich Steuerberatungsleistungen für die Klägerin erbracht. Er hat unstreitig die Eröffnungsbilanz erstellt, entsprechend seiner Zustellungsvollmacht den Schätzungsbescheid von 12.10.1995 in Empfang genommen und sich damit seinem Vortag nach befasst; er hat den Jahresabschluss für 1993 und die Steuererklärungen für 1992 und 1993 erstellt, insoweit mit dem Finanzamt korrespondiert (vgl. Bl. 25 GA), und auch den Jahresabschluss für 1996 gefertigt. Daraus folgt zwanglos, dass zwischen den Parteien auch ein Steuerberatungsverhältnis bestand, so dass es nicht darauf ankommt, wann, wie und wo die Klägerin ihm die entsprechenden Aufträge erteilte und ihrerseits die erforderlichen Unterlagen erstellte oder den Beklagten mahnte.

Daran ändert auch nichts allein der Umstand, dass der Beklagte seine Leistungen gegenüber der Klägerin nicht, jedenfalls nicht nach der StBGebVO, berechnete. Denn aus der Unentgeltlichkeit kann noch nicht geschlossen werden, dass der Beklagte der Klägerin nur eine persönliche Gefälligkeit ohne Rechtsbindungswillen erbrachte, für die er nicht einzustehen hat (vgl. auch KG GI 2003, 19 f.). Das ist schon angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung seiner Tätigkeit für die Klägerin ausgeschlossen. Eine weitere Aufklärungspflicht ergab sich daraus weder für das Landgericht noch für den Senat.

b) Weiter hat das Landgericht eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten zutreffend darin gesehen, dass er gegen den Bescheid vom 12.10.1995 - ohne Rücksprache mit der Klägerin - keinen Einspruch einlegte.

Wenn auch ein Steuerberater grundsätzlich nicht gehalten ist, gegen einen nachteiligen Steuerbescheid Einspruch einzulegen, so folgt hier gleichwohl eine Pflicht des Beklagten, gegen den Schätzungsbescheid des Finanzamtes vom 12.10.1995 wenigstens vorsorglich Einspruch einzulegen, aus dem allgemeinen Grundsatz, dass der Steuerberater seinen Auftrag so zu erledigen hat, dass die Belange des Auftraggebers in jeder Hinsicht berücksichtigt und Schäden für ihn möglichst vermieden werden. An die zu beachtende Sorgfalt ist in dieser Hinsicht ein strenger Maßstab zu legen. Der Beklagte hätte deshalb den Bescheid prüfen müssen und ihn und die weitere Vorgehensweise innerhalb der Rechtsbehelfsfrist entweder mit der Klägerin besprechen oder wenn er dies unterlässt, vorsorglich Einspruch einlegen müssen. Das ist hier nicht geschehen.

aa) Seine - neuen - Behauptungen im Berufungsverfahren, dass er den Bescheid mit der Klägerin besprochen habe und verabredet worden sei, keinen Einspruch einzulegen, sind gemäß § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich. Die in § 531 Abs. 2 Nr. 1 - 3 ZPO genannten Gründe, unter denen im Berufungsverfahren neuer Vortrag zulässig ist, liegen nicht vor. Insbesondere ist nicht dargetan, dass das neue Vorbringen im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden ist, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit des Beklagten beruhte. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass zur Entschuldigung nicht ausreicht, dass er die Klägerin in erster Instanz "schonen" wollte. Angesichts seines in erster Instanz klaren und eindeutigen Sachvortrages, nach dem er "jegliche Aktivitäten gegen den Bescheid vom 12.10.1995 in der Erwägung, dass mit ihm die Berechnung der Steuerbelastung materiell richtig war" (vgl. Bl. 42 GA), unterließ, bestand für das Landgericht auch keine Pflicht zu einer weiteren Aufklärung. Sie war zudem nicht deshalb geboten, weil sich aus weiteren in erster Instanz vorgelegten Steuerbescheiden ergab, dass die Klägerin die Steuerschuld aus dem Schätzungsbescheid im Januar 1996 beglichen hatte. Die Zahlung bleibt entsprechend dem zutreffendem Hinweis der Klägerin, dass festgesetzte Steuern zu zahlen sind, auch dann nachvollziehbar, wenn über die Frage, ob gegen den Schätzungsbescheid Rechtsmittel eingelegt werden sollte, zwischen den Parteien nicht gesprochen wurde. Die Richtigkeit der Tatsachenfeststellung des Landgerichts wird deshalb von der unstreitigen Zahlung nicht berührt.

bb) Unbeachtlich ist weiter die Behauptung des Beklagten, dass der Schätzungsbescheid materiell zutreffend gewesen sei, wohingegen seine Feststellung eines Verlustes in dem Jahresabschluss 1993 auf unrichtigen Buchführungsunterlagen beruht habe.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Steuerberater den Mandanten nicht zu einem Vorteil zu verhelfen braucht, der rechtswidrig ist (vgl. BGH NJW 1996, 48, 49; Ganter NJW 196, 1310, 1311). Davon ist hier aber nicht auszugehen. Denn der Beklagte muss sich an seine Feststellungen in dem Jahresabschluss 1993, der auch vom Finanzamt nicht beanstandet wurde, festhalten lassen.

Für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Folge von Schätzungsbescheiden muss grundsätzlich der Mandant darlegen, welche Gewinne oder - wie hier - Verluste abweichend von den Besteuerungsgrundlagen der Schätzungsveranlagung tatsächlich entstanden sind. Für diesen Zweck muss regelmäßig eine Gewinn- bzw. Verlustermittlung vorgelegt werden, die im Falle des Bestreitens von einem Sachverständigen überprüft werden kann. Stützt sich der Mandant, wie hier die Klägerin, indes auf einen von dem Steuerberater selbst aufgestellten Jahresabschluss, reicht dies zum Nachweis der Fehlerhaftigkeit des Schätzungsbescheides aus, solange nicht der Steuerberater die Richtigkeit dieses Jahresabschlusses substantiiert angreift. Fehlt es daran, muss davon ausgegangen werden, dass der von ihm selbst angefertigte Jahresabschluss zutreffend ist (vgl. BGH NJW 1982, 2238, 2241; Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 3. Aufl. 1997, Rn. 575).

An substantiierten Angriffen des Beklagten gegen die Richtigkeit des Jahresabschlusses 1993 fehlt es jedoch. Der Hinweis des Beklagten auf das Steuerstrafverfahren gegen die Geschäftsführerin der Klägerin verfängt nicht, weil letztlich unklar bleibt, weshalb dieses Ermittlungsverfahren überhaupt geführt worden ist. Der Beklagte selbst trägt dazu nichts konkretes vor. Im Gegenteil hat er die Angaben der Klägerin zum Grund dieses Verfahrens, die nichts dazu besagen, dass das Steuerstrafverfahren wegen einer Unrichtigkeit des Jahresabschlusses 1993 eingeleitet wurde, nicht bestritten. Dagegen spricht auch, dass das Steuerstrafverfahren schon im Jahre 1995 begann, während der Jahresabschluss 1993 erst Ende 1996 erstellt und dem Finanzamt eingereicht wurde. Zudem sind in dem Schreiben des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Bonn vom 07.03.1997 (Bl. 345 GA), das das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die Geschäftsführerin der Klägerin betrifft, nur Unstimmigkeiten zwischen den Umsatzsteuervoranmeldungen 1992 und 1994 sowie die entsprechenden Umsatzsteuererklärungen erwähnt, nicht aber Erklärungen für 1993. Dies spricht ebenfalls gegen einen Zusammenhang des Steuerstrafverfahrens mit dem Jahresabschluss 1993. Damit hatte der Senat auch keine Veranlassung, zur Aufklärung die Steuerstrafakten beizuziehen, da dies mangels konkreter Angaben des Beklagten und sonstiger Anhaltspunkte für einen Zusammenhang mit einer Unrichtigkeit des Jahresabschlusses auf eine unzulässige Ausforschung hinauslaufen würde. Die vom Beklagten weiter behaupteten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des Jahresabschlusses sind ebenfalls unsubstantiiert. Im Berufungsverfahren hat er dazu lediglich behauptet, dass die Klägerin keineswegs sämtliche Betriebsausgaben aufgezeichnet habe und darüber hinaus Ausgaben verbucht worden seien, die keine Betriebsausgaben der Klägerin gewesen seien. Seine Behauptungen belegt er indes nicht anhand des Jahresabschlusses, für den er angeblich die zugrundegelegten Unterlagen schon nicht auf inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft hat; konsequenterweise bezeichnet der Beklagte die Aufzeichnungen der Klägerin im Folgenden auch nicht mehr als falsch, sondern nur als "sehr zweifelhaft" (Bl. 308 GA). Die Unrichtigkeit des Abschlusses folgert der Beklagte vielmehr nur aus seiner "Controllertätigkeit", ohne diese Tätigkeit auch nur im Ansatz näher zu beschreiben. Der Senat vermag deshalb schon nicht nachzuvollziehen, wieso der Beklagte aufgrund dieser "Controllertätigkeit" überhaupt in der Lage war, Unrichtigkeiten und Unregelmäßigkeiten im Buchhaltungswerk der Klägerin zu erkennen. Sein darauf gestütztes Bestreiten der Richtigkeit des Jahresabschlusses mit Nichtwissen genügt deshalb für einen substantiierten Angriff gegen die Richtigkeit des Jahresabschlusses nicht. Substantiierte Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit des Jahresabschlusses 1993 ergeben sich darüber hinaus auch nicht unter Berücksichtigung seines erstinstanzlichen Sachvortrages. Soweit er in erster Instanz behauptet hat, dass die Klägerin für die Überlassung eines Teils der Geschäftsräume an den Ehemann der Geschäftsführerin Einnahmen in Höhe von ca. 40.000,00 DM hätte verbuchen müssen sowie für Hilfeleistungen durch Mitarbeiter der Klägerin 18.000,00 DM und außerdem Provisionen für den Verkauf von Gartenmöbeln hätte beanspruchen können, bleiben seine Behauptungen inhaltsleer und nicht nachvollziehbar. Da seine Erkenntnisse nach dem zweitinstanzlichen Sachvortrag nur auf seiner "Controllertätigkeit" beruht haben können, hätte er auch hierzu schon näher darlegen müssen, wie sich diese "Controllertätigkeit" gestaltete und wie er im Rahmen dessen zu seinen Erkenntnissen gelangte. Für die Unrichtigkeit des Jahresabschlusses spricht erst Recht nicht, dass die Klägerin bei Geschäftsgründung den erwarteten Umsatz mit 3 Mio. DM und mehr bezifferte. Zum einen besagt der Umsatz nichts über den zu versteuernden Gewinn und zum anderen ist es nicht ungewöhnlich, dass sich bei Geschäftsbeginn erwartete Umsätze in Zukunft nicht bestätigen.

Vor diesem Hintergrund war der Senat nicht gehalten, der Klägerin aufzugeben, den inhaltlich unstreitigen Jahresabschluss vorzulegen. Ein Antrag gemäß § 424 ZPO ist dem Vorbringen des Beklagten, dass, wenn die Klägerin den Jahresabschluss vorlege, er sofort die Fehler aufzeigen könne, nicht zu entnehmen. Ob ein solcher Antrag im übrigen angesichts der eigenen Aufbewahrungspflicht zulässig und begründet wäre, brauchte deshalb nicht entschieden zu werden. Zu einer Anordnung der Vorlage von Amts wegen gemäß § 142 ZPO bestand kein Anlass, solange sie nur dazu dienen würde, dem Beklagten zu ermöglichen, seinen Vortrag zu substantiieren.

cc) Nach den der Entscheidung zugrunde zu legenden Feststellungen ist ferner davon auszugehen, dass der Beklagte die Pflichtverletzung schuldhaft begangen hat (§ 282 BGB a.F.). Den Beklagten entlastet es nicht, wenn er aufgrund seiner "Controllertätigkeit" angenommen hatte, dass der Schätzungsbescheid materiell zutreffend gewesen sei. Das entbindet ihn nicht von der Prüfung des Bescheides, bei der er hätte feststellen können, dass er nicht mit den Buchführungsunterlagen der Klägerin, aufgrund deren er später den Jahresabschluss für 1993 erstellte, übereinstimmte. Für die Beurteilung seines Verhaltens hat der Senat davon auszugehen, dass dem Beklagten zum Zeitpunkt des Zugangs des Schätzungsbescheides vom 12.10.1995 diese Buchführungsunterlagen der Klägerin vorlagen. Der Beklagte hat das in erster Instanz eingeräumt. Im Schriftsatz vom 27.11.2000 hat er auf S. 3 (Bl. 77 GA) vorgetragen, dass er lange gezögert habe, bei der Unrichtigkeit des zur Verfügung stehenden Buchführungsmaterials eine Bilanz zu erstellen. Dies habe er erst gemacht, nachdem der Steuerbescheid eingetroffen und eine Hinzuschätzung erfolgt sei, die die wirklich zu zahlenden Steuern sehr genau getroffen habe. Daraus folgt zwanglos, dass der Beklagte jedenfalls im Zeitpunkt des Zugangs des Schätzungsbescheides im Besitz der Unterlagen war, nach denen er später den Jahresabschluss 1993 darstellte. An dieses Zugeständnis ist er zum einen nach § 288 ZPO gebunden; zum anderen ist er mit seiner im Berufungsverfahren ohne nähere Erläuterung neu aufgestellten Behauptung, dass er die Unterlagen erst in der Folgezeit nach Bestandskraft des Schätzungsbescheides erhalten habe, gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.

c) Gegen die Kausalität der Pflichtverletzung des Beklagten für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden bestehen keine Bedenken. Mangels Einlegung eines Einspruches ist der Schätzungsbescheid bestandskräftig geworden. Das hatte zur Folge, dass der später festgestellte Verlust in Höhe von 117.295,00 DM in den Folgejahren, in denen Gewinne erzielt wurden, nicht mehr berücksichtigt wurde, so dass der Klägerin Steuerentlastungen entgingen. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin das Einspruchsverfahren gegen den Schätzungsbescheid nicht mitgetragen hätte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nichts konkretes dafür dargetan, dass im Falle der Durchführung eines Einspruchsverfahrens mit einer Betriebsprüfung zu rechnen war; dazu hatte das Finanzamt offensichtlich aufgrund des Jahresabschlusses 1993 auch keine Veranlassung gesehen. Angesichts des im Jahresabschluss 1993 festgestellten Verlustes war ferner nicht damit zu rechnen, dass die Klägerin im Falle der Durchführung des Einspruchsverfahrens höhere Steuern hätte zahlen müssen.

d) Der Verlust dieser steuerrechtlich vorteilhaften Position der Klägerin führt auch bei wertender Betrachtungsweise zu einem ersatzfähigen Schaden. Nach der zugrunde zu legenden Sach- und Rechtslage ist der Anspruch der Klägerin nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin darauf keinen Anspruch gehabt hätte (vgl. BGH GI 2003, 135, 136 m. w. N.; Ganter, a. a. O., S. 1312; Gräfe/Lenzen/Schmeer, a. a. O., Rn. 569). Denn das würde voraussetzen, dass der Schätzungsbescheid materiell richtig, die Feststellungen im Jahresabschluss 1993 dagegen unrichtig waren. Insoweit gilt aber ebenfalls, dass der Beklagte entsprechend den Ausführungen oben zu 3. b) bb) (Seite 13 ff) die Darlegungslast dafür trägt, dass der von ihm erstelle Jahresabschluss unrichtig ist. Dem genügt, wie oben ebenfalls ausgeführt, sein Sachvortrag indessen nicht.

Bei der Ermittlung der Schadenshöhe durch Einholung eines Sachverständigengutachtens waren die Einwände des Beklagten gegen die Richtigkeit des Abschlusses aus diesem Grunde auch nicht zu berücksichtigen, so dass, wenn dem Landgericht mangels ausreichender Information des Beklagten über die gegenüber dem Sachverständigen angeordnete Vorgehensweise insoweit ein Verfahrensfehler unterlaufen wäre, das Urteil darauf jedenfalls nicht beruhte.

e) Ein Mitverschulden ist der Klägerin nicht anzulasten.

Passivität in Steuerangelegenheiten sowie die Bezahlung bestandskräftiger Steuerschulden begründen bei einem bestehenden Steuerberatungsmandat grundsätzlich nicht den Einwand des Mitverschuldens. Der Steuerpflichtige darf sich zwar nicht blindlings auf seinen Steuerberater verlassen, sondern muss sich, soweit es ihm möglich ist, ein eigenes Bild über die steuerliche Behandlung machen und seinen Betrater entsprechend seinen Kenntnissen sowie, je nach dem ob dazu für ihn ein konkreter Anlass besteht, bei der Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben überwachen (vgl. BGH NJW 1992, 307, 309; BGH NJW 1997, 518, 519; OLG Düsseldorf GI 2002, 65 ff.). Dennoch bleibt es alleinige Aufgabe des Steuerberaters, die ihm überreichten Unterlagen auszuwerten und dafür Sorge zu tragen, dass die Steuerschuld seines Auftraggebers möglichst gering gehalten wird. Der Mandant kann sich darauf verlassen, dass der Steuerberater die dazu erforderlichen Feststellungen gewissenhaft trifft (vgl. OLG Düsseldorf, a. a. O.). Nachdem die Klägerin dem Beklagten - wovon hier gemäß §§ 529, 531 ZPO auszugehen ist (s.o. zu 3. b) cc), Seite 16) - die Buchführungsunterlagen für die Erstellung des Jahresabschlusses vor dem Erlass des Schätzungsbescheides überlassen hatte, konnte sie sich darauf verlassen, dass der Beklagte ihre Steuerangelegenheiten ordnungsgemäß erledigt. Sie brauchte ihn nicht überwachen, denn die Einhaltung von Fristen und gegebenenfalls Einlegung von Rechtsbehelfen war seine Aufgabe, die er zu erfüllen hatte, um Schaden für seine Auftraggeberin zu vermeiden.

Ebenso wenig war die Klägerin verpflichtet, eine Änderung des Schätzungsbescheides gemäß § 171 AO zu beantragen. Abgesehen davon, dass dem wegen der schuldhaft verzögerten Abgabe der Steuererklärungen voraussichtlich nicht stattgegeben worden wäre, wäre dies vielmehr - gegebenenfalls in Absprache mit der Klägerin - Aufgabe des Beklagten gewesen, nachdem das Finanzamt in dem an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 12.12.1996 (Bl. 330 f. GA) zu erkennen gegeben hatte, dass die Abgabe der Steuererklärung nur als Erfüllung der Steuererklärungspflicht gewertet würde, also keinen Anlass zu einer für die Klägerin günstigeren Festsetzung der Steuern gab.

4.

Die Berufung des Beklagten hat aber insoweit Erfolg, als Ansprüche der Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts zum Teil und zwar in Höhe von 64.753,00 DM (33.107,68 €) verjährt sind.

a) Nach § 68 StBerG lief die Primärverjährung am 15.11.1998 ab, drei Jahre nach Bestandskraft des am 15.10.1995 zugegangenen (vgl. § 122 Abs. 2 AO) Schätzungsbescheides vom 12.10.1995. Im Anschluss an den Ablauf der Primärverjährung ist hier jedoch, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, die sog. sekundäre Verjährungsfrist in Gang gesetzt worden, mit der Folge, dass der Beklagte sich bis zum 15.11.2001 nicht auf den Ablauf der Verjährungsfrist berufen konnte. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der entsprechenden Einrede liegen vor. Eine neue schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten, die über das den Primäranspruch auslösende Verhalten hinaus geht, liegt darin, dass der Beklagte die Klägerin nicht auf die Möglichkeit einer eigenen Regresshaftung und die dafür geltende kurze Verjährungsfrist hingewiesen hat. Dazu hatte er einen begründeten Anlass, nachdem er den Jahresabschluss 1993 fertiggestellt hatte und das Finanzamt mit dem an ihn gerichteten Schreiben vom 12.12.1996 (Bl. 330 f. GA) zu erkennen gab, dass eine Abänderung des Schätzungsbescheides zugunsten der Klägerin nicht in Betracht kam. Zu dem Zeitpunkt bestand das Mandatsverhältnis unzweifelhaft auch noch fort.

b) Durch die Zustellung des Mahnbescheides am 06.01.2000 (Bl. 8 GA) und des klageerhöhenden Schriftsatzes vom 05.02.2001 (Bl. 88 ff. GA) am 12.02.2001 ist der Ablauf der sekundären Verjährungsfirst nach den hier gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 EGBGB anzuwendenden Verjährungsvorschriften in der Fassung bis zum 31.12.2001 jedenfalls für einen Schadensersatzbetrag von 184.395,90 DM (186.895,90 DM abzüglich des unbegründeten, seinerzeit noch in Höhe von 2.500,00 geltend gemachten Schadensersatzes für die gezahlte Geldbuße) unterbrochen worden.

Hingegen ist die erst mit Schriftsatz vom 14.06.2002 (Blatt 223 ff. GA) nach Ablauf auch der Sekundärverjährungsfrist erhobene Mehrforderung bis 272.960,00 DM von der verjährungsunterbrechenden Wirkung der vorangegangenen Prozesshandlungen nicht mehr umfasst.

In dem hier vorliegenden Fall der Schadenseinheit und der daraus folgenden einheitlichen Verjährung bestimmt sich die Frage, ob und in welchem Umfang eine erhobene Leistungsklage die Unterbrechung der Verjährung des Anspruches herbeiführt, allein danach, was der nach prozessualen Grundsätzen zu ermittelnde Streitgegenstand der Klage ist (vgl. BGH NJW 1998, 1303, 1304); die Grenzen der Verjährungsunterbrechung sind mit denen der Rechtskraft kongruent. Dem entspricht es, dass bei einer verdeckten Teilklage, bei der - wie hier - weder für den Beklagten noch für das Gericht erkennbar ist, dass die bezifferte Forderung nicht den Gesamtschaden abdeckt, die Rechtskraft des Urteils nur den geltend gemachten Anspruch im beantragten Umfange ergreift und eine nachträgliche Mehrforderung verjährungsrechtlich selbständig beurteilt wird (vgl. BGHZ 66, 142, 147 f.; BGHZ 135, 178; BGH NJW 2002, 2167 f.; BGH NJW 2002, 3769). Das gilt nur dann nicht, wenn mit der Klage von Anfang an ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch in vollem Umfange geltend gemacht wird und sich nur Umfang und Ausprägung des Klageanspruches ändern, etwa durch veränderte wirtschaftliche Verhältnisse oder eine fortschreitende Schadensentwicklung, der Anspruchsgrund aber gleich bleibt (vgl. BGHZ 66, 142, 147 f.; BGH NJW 1982, 1809 f.; BGH WM 1984, 1131 ff.; BGH NJW 1988, 965 f.). Dann klagt der Schadensersatzkläger nicht eine Geldsumme ein, sondern den Schaden und unterbricht damit die Verjährung der Ersatzforderung in ihrem betragsmäßig wechselnden Bestand. Andererseits geht es zu Lasten des Klägers, wenn seine Forderung insgesamt feststeht, und er sie nur betragsmäßig nicht überschaut (BGH NJW 2002, 2167, 2168 m. w. N.).

Danach ist hier für die geltend gemachte Mehrforderung zu differenzieren.

aa) Mit der Geltendmachung der entgangenen Steuerersparnis in 1999 nebst darauf zu zahlender Steuern hat die Klägerin einen neuen Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt, so dass die Mehrforderung in Höhe von 7.067,00 DM aufgrund der entgangenen Steuerersparnis in 1999 verjährt ist. Zwar beruht auch diese Forderung auf der gleichen Pflichtverletzung des Beklagten und dem Umstand, dass die Klägerin in den Jahren nach 1993 Verluste aus diesem Jahr nicht verrechnen konnte. Zur Präzisierung des Streitgegenstandes kommt es aber auch darauf an, in welchem Jahr die Klägerin in welcher Höhe Gewinne erzielt hat, da sich der geltend gemachte Schaden nur so von späteren, nicht von der Rechtskraft dieses Urteils erfassten (Folge-) Schäden abgrenzen lässt. Die Mehrforderung beruht indes nicht darauf, dass in diesem Rahmen, d. h. bezogen auf die entgangene Steuerersparnis in einem bestimmten Jahr, eine aufgrund veränderter wirtschaftlicher Verhältnisse sachgerechte Anpassung des bereits geltend gemachten Anspruches an die ihm zugrundeliegenden Verhältnisse erfolgt ist - etwa wenn sich die auf den Schadensersatzbetrag zu zahlende Steuer erhöht hätte -, sondern es wird ein weiterer, später entstandener Schaden verfolgt, der bisher nicht in die Klage einbezogen war. Es handelt sich damit nicht nur um eine ziffernmäßige Erhöhung desselben Schadensersatzanspruches, sondern um einen weiteren prozessualen Anspruch.

bb) Die Klägerin hat des weiteren durch ihre Mehrforderung den in 1997 und 1998 entstandenen Schaden an die Feststellungen des Sachverständigen M. angepasst. Nach den Feststellungen des Sachverständigen M. beträgt die entgangene Steuerersparnis für 1997 und 1998 113.106,00 DM (62.396,00 DM + 50.710,00 DM). Er übersteigt damit den von der Klägerin in unverjährter Zeit geltend gemachten Schaden aus entgangener Steuerersparnis, den sie im Schriftsatz vom 05.02.2001 mit insgesamt 83.611,00 DM beziffert hatte. Insoweit bezieht sich die betragsmäßige Änderung zwar auf einen in unverjährter Zeit geltend gemachten Schadensersatzanspruch. Dennoch ist diese Mehrforderung in Höhe von 29.495,00 DM verjährt, denn sie beruhte nicht auf veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen oder einer fortschreitenden Schadensentwicklung des geltend gemachten Anspruches, sondern lediglich darauf, dass die Klägerin ihren Schaden betragsmäßig nicht überschaute bzw. falsch berechnet hatte.

cc) Das vorstehend Ausgeführte gilt im wesentlichen auch für den mit Schriftsatz vom 14.06.2002 geltend gemachten Zinsschadensersatzanspruch, soweit er einen Betrag von 13.690,00 DM übersteigt. Folglich ist der Zinsschadensersatzanspruch in Höhe von 28.191,00 DM ebenfalls verjährt.

Die Klägerin hat in unverjährter Zeit einen Zinsschaden geltend gemacht, den sie mit 13.690,00 DM bezifferte. Ferner hat sie 10,25 % aus 186.895,90 DM seit dem 17.09.1999 als Verzugszins auf die gesamte Klageforderung verlangt. Mit Schriftsatz vom 14.06.2002 hat sie sodann einen Zinsschaden für die Zeit vom 01.08.1998 bis zum 31.07.1999 in Höhe von 6.395,59 DM, vom 01.08.1999 bis zum 31.07.2000 in Höhe von weiteren 11.876,13 DM sowie vom 01.08.2000 bis zum 31.07.2001 in Höhe weiterer 12.317,84 DM und bis zum 30.06.2002 insgesamt 41.881,91 DM geltend gemacht. Diesen Zinsschaden hat sie damit begründet, dass sie mangels ausreichender Liquidität wegen der Steuerzahlungen ihre Kredite nicht in entsprechender Höhe zurückführen konnte und deshalb in der geltend gemachten Höhe Sollzinsen zahlen musste. Der darauf basierende Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten rechtfertigt sich damit ebenfalls aus positiver Vertragsverletzung des Steuerberatungsvertrages. Der geltend gemachte Betrag ist somit Hauptforderung und, anders als der ursprünglich geltend gemachte Verzugszins von 10,25 % seit dem 17.09.1999 auf die Klageforderung, keine Nebenforderung im Sinne des § 4 ZPO. Die Verjährung dieser Zinsschadensforderung in Höhe von 41.881,91 DM beurteilt sich daher selbständig (vgl. BGH NJW 1987, 3137, 3138). Das führt dazu, dass die mit Schriftsatz vom 14.06.2002 geltend gemachte Mehrforderung bezüglich des Zinsschadens ebenfalls verjährt ist. Den Zinsschaden hat die Klägerin im Schriftsatz vom 14.06.2002 neu berechnet, was verjährungsunschädlich ist, soweit der innerhalb der Sekundärverjährungsfrist geltend gemachte Betrag von 13.690,00 DM nicht überschritten ist. Im übrigen beruht die Erhöhung jedoch entweder darauf, dass weitere Zeiträume einbezogen sind, was indes zu einer Änderung des Streitgegenstandes führt, oder sie hat ihren Schaden insoweit wiederum betragsmäßig nicht überschaut. Beides ist von einer verjährungsunterbrechenden Wirkung früherer Prozesshandlungen nicht erfasst.

Die Mehrforderung kann auch nicht mit dem ursprünglich geltend gemachten Verzugszins begründet werden. Denn beiden Forderungen liegen ebenfalls unzweifelhaft unterschiedliche Sachverhalte zugrunde.

5.

Die Klägerin hat nach alledem einen durchsetzbaren Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von insgesamt 97.301,00 DM (49.749,21 €).

a) Der durchsetzbare Anspruch auf Schadensersatz wegen der entgangenen Steuerersparnis aus den Jahren 1997 und 1998 beträgt 83.611,00 DM, so wie die Klägerin ihn mit Schriftsatz vom 05.02.2001 geltend gemacht hat.

Diese Forderung ist nach den Feststellungen des Sachverständigen M., der zu einem noch höheren Steuerschaden gelangt ist, der Höhe nach ohne weiteres gerechtfertigt. Die entgangene Steuerersparnisse für 1997 und 1998 hat die Klägerin anhand der vorgelegten Gewerbe- und Körperschaftssteuerbescheide für 1997 und 1998, aus denen sich die jeweiligen, vom Sachverständigen demnach zutreffend berücksichtigten Gewinne ergeben, schlüssig dargelegt. Soweit der Beklagte im Berufungsverfahren das Fehlen einige dieser Bescheide beanstandet, ist sein Einwand nicht nachvollziehbar; die maßgeblichen Steuerbescheide für 1997 und 1998 hat die Klägerin allesamt in erster Instanz vorgelegt. Seine Ausführungen, die auf dem Fehlen von Bescheiden aus 1997 und 1998 gründen, liegen insoweit neben der Sache.

Auf die Steuerbescheide für 1999 und die Frage, ob auch in diesem Jahr Gewinne erzielt wurden, gegen die frühere Verluste noch hätten verrechnet werden können, kommt es hingegen nicht an, weil daraus folgende Ansprüche verjährt sind.

Da in erster Instanz zudem unstreitig geblieben ist, dass die Klägerin, die sich die Feststellungen des Sachverständigen M. in ihrem Schriftsatz vom 14.06.2002 zu eigen gemacht hat, auch 1999 Gewinne erzielt hatte, war die Vorlage dieser Steuerbescheide auch nicht deshalb zu verlangen, um zu überprüfen, ob die Klägerin möglicherweise in 1999 Verluste erzielt hatte, die sie nach 1998 rücktragen konnte und die den in 1999 entstandenen Schaden hätten vermindern können. Soweit dem Berufungsvorbringen des Beklagten überhaupt ein erhebliches Bestreiten eines Gewinns im Jahre 1999 zu entnehmen sein sollte, wäre dieses Bestreiten wiederum gemäß § 531 Abs. 2 ZPO unzulässig. Im übrigen deutet auch der Gewerbesteuerbescheid vom 09.06.2000 (Blatt 113 GA), in dem nicht nur die Gewerbesteuer für 1998, sondern auch für 1999 festgesetzt wurde, darauf hin, dass die Klägerin in 1999 tatsächlich Gewinne erzielt hatte.

Der Schaden aufgrund der entgangenen Steuerersparnis in 1997 und 1998 ist der Klägerin heute bereits entgültig entstanden, weil sie unstreitig Steuern in Höhe der entgangenen Steuerersparnis gezahlt hat. Das die Klägerin in Zukunft ihren - eingetretenen Schaden - durch Verlustrückträge aus zukünftigen Steuerjahren möglicherweise kompensieren könnte, ist unbeachtlich. Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung entpflichtet eine solche Hypothese den Beklagten nicht.

b) Die nicht verjährte Zinsschadensforderung ist in Höhe von 13.690,00 DM ebenfalls der Höhe nach gerechtfertigt.

Aus den von ihr vorgelegten Bankbescheinigungen ergibt sich, dass die Klägerin jedenfalls mit ihrem Konto bei der S-Bank am 30.09.1998 mit 86.996,24 DM im Soll war und seit dem 31.12.1998 bis zum 31.03.2002 stets mit mehr als 130.000,00 DM (vgl. Anlage K 2, K 4, K6, K 8, K 10 AH). Für diese Kredite zahlte sie jeweils zwischen 10,25 % und 12 % Zinsen. Der geltend gemachte Zinsschaden von 10,25 % in der Zeit vom 01.08.1998 bis zum 30.07.1999 aus 62.396,00 DM für entgangene Steuerersparnis in 1997 (= 6.395,59 DM) und in der Zeit ab dem 01.08.1999 aus 113.106,00 DM (= 11.876,13 DM p. a.) für entgangene Steuerersparnis in 1997 und 1998 ist deshalb schlüssig dargelegt. Dass die Klägerin bereits in der Zeit vom 01.08.1998 bis zum 30.09.1998 Sollzinsen zahlen musste, vermag der Senat aufgrund des Rechnungsabschlusses der S-Bank vom 30.09.1998 (Anlage K 2 AH) gemäß § 287 ZPO zu schätzen.

Darauf, ob die Klägerin den Zinsschaden auch wegen einer entgangenen Steuerersparnis in 1999 verlangen kann, obwohl der damit korrespondierende Schadensersatzanspruch verjährt ist, kommt es nicht an, nachdem über 13.690,00 DM hinausgehende Zinsschadensersatzansprüche ebenfalls verjährt sind.

Entgegen der Auffassung der Beklagten rechtfertigt sich dieser Zinsschadensersatzanspruch nicht erst ab dem Datum der die Steuer jeweils festsetzenden Steuerbescheide bzw. den dort genannten Fälligkeitstermin. Der Beklagte verkennt, dass die Klägerin für die jeweiligen Steuerjahre in nicht unerheblichem Umfange Vorauszahlungen geleistet hatte und aufgrund der Steuerbescheide letztlich nur noch Restforderungen zu zahlen waren bzw. sogar Rückzahlungen erfolgten. Auch der Sachverständige M. hat in seinem Gutachten unter Ziffer II zu Rz. 27 (Seite 11 des Gutachtens, Bl. 175 GA) den Beginn der Zinspflicht aufgrund der Abgabefrist für die Ertragssteuererklärungen, der Bearbeitungszeit sowie einer Zahlungsfristsetzung mit dem 30.07. eines jeden Geschäftsjahres angegeben. In erster Instanz ist dies vom Beklagten nicht beanstandet worden, auch nicht nachdem die Klägerin darauf ihre neue Zinsschadensberechnung gestützt hat. Der Senat schließt sich im Ergebnis den Feststellungen des Sachverständigen M. an und schätzt mangels konkreter Anhaltspunkte über Zeitpunkt und Höhe der jeweils geleisteten Vorauszahlungen, die aber jedenfalls seit Anfang 1997 erfolgt sein mussten, gemäß § 287 ZPO den Beginn des Schadenszeitraumes auf den 01.08.1998 für den Zinsschaden wegen entgangener Steuerersparnis in 1997 und auf den 01.08.1999 für den Zinsschaden wegen entgangener Steuerersparnis in 1998.

6.

Die Ersatzpflicht des Beklagten erstreckt sich schließlich auch auf den Nachteil, der sich für die Klägerin daraus ergibt, dass nach fester Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (vgl. Ziffer II Rz. 29 des Gutachtens des Sachverständigen M. (Seite 12 des Gutachtens, Bl. 176 GA); Graefe/Lenzen/Schmer, a.a.O., Rdn. 614 ff. mit Nachweisen aus der BFH-Rechtsprechung) eine Schadensersatzleistung des Steuerberaters als Betriebseinnahme zu behandeln ist und deswegen das zu versteuernde Einkommen erhöht, so dass auch insoweit Körperschaftssteuer anfällt (vgl. BGH NJW 1998, 1486, 1488).

Die darauf gestützte Leistungsklage der Klägerin ist gleichwohl unbegründet, da ihr dieser Steuerschaden noch nicht entstanden ist. Er entsteht erst dann, wenn Steuern in entsprechender Höhe wegen der Schadensersatzleistung festgesetzt und von ihr gezahlt werden, was zwangsläufig erst in Zukunft der Fall sein kann. Da für eine zukünftige Forderung dieser Art die Voraussetzung für eine Klage auf zukünftige Leistung gemäß §§ 257 ff. ZPO nicht vorliegen, bleibt die von der Klägerin erhobene Leistungsklage insoweit ohne Erfolg.

Das Begehren der Klägerin rechtfertigt sich indessen als Feststellungsantrag, auch ohne dass die Klägerin wegen dieses zukünftigen Schadens wenigstens hilfsweise eine Feststellungsklage erhoben hätte. Eine Feststellung ist im Vergleich zu einem Leistungsgebot ein Weniger. In dem weitergehenden Zahlungsantrag der Klägerin ist deshalb sinngemäß ein Feststellungsantrag inbegriffen. Erweist sich die erhobene Leistungsklage als unbegründet, entspricht aber der Erlass eines Feststellungsurteils dem Interesse der Klägerin, wovon hier ohne weiteres auszugehen ist, so kann der Senat - ohne Verstoß gegen die Vorschrift des § 308 ZPO - dem in dem Leistungsbegehren enthaltenen Antrag auf Feststellung des Rechtsverhältnisses auch dann stattgeben, wenn dieser Antrag nicht ausdrücklich hilfsweise gestellt ist (vgl. BGHZ 118, 70 ff. = BGH NJW 1992, 1834, 1837 m . w. N.).

Der Feststellung einer Ersatzpflicht des Beklagten für die zukünftigen Steuerschäden steht nicht entgegen, dass die Klägerin in den Jahren 2000 bis 2002 Verluste erwirtschaftet hat, und sich die Schadenersatzleistung der Beklagten möglicherweise steuerlich in dem Steuerjahr, in dem die Leistung erfolgt, nicht auswirkt. Denn der ersatzpflichtige Folgeschaden erstreckt sich auch auf höhere Steuerzahlungen in späteren Jahren, wenn die Klägerin die Schadensersatzleistung wegen erwirtschafteter höherer Verluste (zunächst) nicht versteuern muss, sie möglicherweise in späteren Jahren jedoch durch diese Einnahme um die Schadensersatzleistung verringerte Verlustvorträge geltend machen kann, was wiederum zu höheren Steuerzahlungen führen kann. Diese, dann durch die Verringerung möglicher Verlustvorträge entgangene Steuerersparnis steht als weiterer Folgeschaden ebenfalls noch im kausalen Zusammenhang zu dem Schadensereignis. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in Zukunft bis zur Beendigung ihrer Geschäftstätigkeit dauerhaft Verluste machen wird, die die Schadensersatzleistung übersteigen, sind nicht ersichtlich.

Zudem umfasst der von der Beklagten zu ersetzende Folgeschaden auch die Beträge, um die sich die möglicherweise zukünftig zu zahlende Steuer wegen etwaiger Steueränderungen gegenüber den im Verfahren geltend gemachten Beträgen erhöhen könnte. Denn derartige, nur in ihrem Umfang geänderte Folgeschäden der Klägerin wären ebenfalls nicht verjährt.

7.

Der Verzugszinsanspruch in Höhe von 11,75 % auf die begründete Klageforderung von insgesamt 97.301,00 DM seit dem 01.07.2002 rechtfertigt sich gemäß § 286 Abs. 1 BGB.

Der Zinsforderung steht nicht entgegen, dass die Klägerin für die Zeit ab dem 01.04.2002 Bankbescheinigungen nicht mehr vorgelegt hat. Sowohl die Kreditinanspruchnahme als auch der jeweilige Zinssatz, wie mit Schriftsatz vom 14.06.2002 geltend gemacht, sind in erster Instanz vom Beklagten zuletzt nicht mehr bestritten worden, so dass es der Vorlage weiterer Bankbescheinigungen nicht mehr bedurfte. Soweit der Beklagte nunmehr im Berufungsverfahren die Inanspruchnahme der Kreditlinie für den Zeitraum bis zum 30.06.2002 bestritten und darauf hingewiesen hat, dass die vorgelegten Zinsbescheinigungen nicht den Zeitraum ab dem 01.07.2002 betreffen, ist er damit ebenfalls wieder gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 140.584,81 €

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1, Abs. 2 ZPO). Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits waren überwiegend Tatsachenfragen. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten und vom Senat abweichend zur sonstigen Rechtsprechung beurteilt worden wären, haben sich nicht gestellt.

Ende der Entscheidung

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