Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.12.2008
Aktenzeichen: 8 W 109/08
Rechtsgebiete: ZPO, InsO


Vorschriften:

ZPO § 3
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 5
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 37 Abs. 1
ZPO § 281
ZPO § 281 Abs. 1 S. 1
ZPO § 281 Abs. 2 S. 2
ZPO § 281 Abs. 2 S. 4
ZPO § 850c
ZPO § 850f Abs. 2
InsO § 302 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Sachlich zuständig ist das Amtsgericht Köln.

Gründe:

Das zuständige Gericht ist nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu bestimmen, nachdem sich sowohl das Landgericht Köln mit Beschluss vom 26.08.2008 (Bl. 28 GA) als auch das Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 13.10.2008 (Bl. 37 GA) für unzuständig erklärt haben (§§ 36 Abs. 1 Ziff. 6, 37 ZPO). Sachlich zuständig ist das Amtsgericht Köln. Diese Bestimmung bindet das Amtsgericht Köln indessen nicht hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit.

I.

Mit der am 19.07.2008 beim Landgericht Köln eingereichten Klage begehrt die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Feststellung, dass es sich bei der im Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts F. vom 03.07.2001, Az. XXX1, titulierten Forderung der Klägerin gegen den Beklagten in Höhe von 75.022,53 € um eine solche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung handelt. Zugrunde liegt der Forderung eine Körperverletzung des Beklagten zum Nachteil des Geschädigten N.L. am 26.07.1998 in M.. Die Klägerin führt aus, ein Erfordernis für einen solchen Feststellungsantrag bestehe deshalb, weil beabsichtigt sei, eine Heraufsetzung des pfändbaren Teils des Einkommens des Beklagten gemäß § 850f Abs. 2 ZPO zu beantragen. Aus dem Vollstreckungsbescheid gehe aber nicht hervor, dass es sich um eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung handele. Der vorläufige Streitwert war in der Klageschrift mit 75.022,53 €, also mit dem vollen Forderungsbetrag, angegeben.

Mit Beschluss vom 05.08.2008 (Bl. 17 GA) hat das Landgericht Köln den Streitwert vorläufig auf 3.000,- € festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Streitwert sei im Hinblick darauf angemessen, dass die Klägerin lediglich die Feststellung eines Vollstreckungsprivilegs begehre. Mit Verfügung vom 06.08.2008 (Bl. 20 f. GA) hat es die Klägerin darauf hingewiesen, dass das Amtsgericht Köln sachlich zuständig sei, und ihr anheim gestellt, Verweisung zu beantragen.

Mit Schriftsatz vom 18.08.2008 ist die Klägerin dieser Streitwertfestsetzung entgegengetreten und hat nur äußerst hilfsweise die Verweisung an das Amtsgericht Köln beantragt. Der Streitwert sei mit der vollen Forderungshöhe anzusetzen; allenfalls sei ein Abschlag von 20 % vorzunehmen, weil es sich um eine Feststellungsklage handele. Über die bereits in der Klageschrift angeführte Absicht eines Antrags nach § 850f Abs. 2 ZPO hinaus bezwecke die Klägerin auch, im Falle eines Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten die im Vollstreckungsbescheid titulierte Forderung gemäß § 302 Nr. 1 InsO von einer möglichen Restschuldbefreiung ausnehmen zu lassen. Ziel der Feststellungsklage sei somit die vollständige Beitreibung der titulierten Forderung. Der Streitwert für eine solche Feststellungsklage sei mit dem vollen Forderungswert anzusetzen. Dies gelte sowohl dann, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten bereits eröffnet sei, als auch außerhalb eines anhängigen Insolvenzverfahrens. Ersteres ergebe sich aus dem Urteil des OLG Karlsruhe, JurBüro 2007, 648; zweiteres lasse sich dem Urteil des OLG Naumburg vom 20.01.2006, 4 U 22/05 entnehmen, welches die Klägerin auszugsweise beifügte.

Mit Beschluss vom 26.08.2008 hat das Landgericht Köln sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Köln verwiesen. Zur Begründung hat es auf den Beschluss vom 05.08.2008 verwiesen und ergänzend ausgeführt, die zitierte Entscheidung des OLG Karlsruhe sei nicht einschlägig, weil dort das Insolvenzverfahren bereits eingeleitet gewesen sei. Die Entscheidung des OLG Naumburg enthalte keine Ausführungen dazu, aus welchen Gründen der Streitwert auf die volle Forderungshöhe bestimmt worden sei.

Das Amtsgericht Köln hat mit Beschluss vom 13.10.2008 (Bl. 34 GA) den Streitwert des Verfahrens auf 37.500 € festgesetzt. Mit weiterem Beschluss vom gleichen Tage (Bl. 37 GA) hat es die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und dieses dem Oberlandesgericht Köln zur Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit vorgelegt. Zu dessen Begründung hat es ausgeführt, der Verweisungsbeschluss sei willkürlich ergangen. Die Kammer habe keine Ausführungen dazu gemacht, warum sie einen Streitwert von 3.000,- € für angemessen halte. Der Streitwert sei richtigerweise bei der vollen Summe der titulierten Forderung anzusetzen abzüglich eines Abschlags von 50 % im Hinblick darauf, dass es sich um eine Feststellungsklage handele. Es sei dabei völlig unerheblich, ob das Verbraucherinsolvenzverfahren gegen den Beklagten bereits eingeleitet sei.

II.

1. Das Oberlandesgericht Köln ist als nächst höheres gemeinschaftliches Gericht des Land- und Amtsgerichts Köln zur Entscheidung des zwischen diesen Gerichten bestehenden Zuständigkeitsstreits berufen (§ 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO).

2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind gegeben.

a) Dass weder die Klägerin noch der Beklagte um die Bestimmung des zuständigen Gerichts nachgesucht haben, ist trotz des Wortlauts des § 37 Abs. 1 ZPO ("Gesuch") unschädlich. Der Senat hat sich in ständiger Rechtsprechung der u. a. vom Bundesgerichtshof geteilten Auffassung angeschlossen, wonach im Falle des Kompetenzkonflikts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 5 oder 6 ZPO - wie er auch hier gegeben ist - die Antragstellung einer Partei entbehrlich ist und die Vorlage durch eines der beteiligten Gerichte ausreicht (Nachweise bei Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 37 Rn 2).

b) Gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO wird das zuständige Gericht bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

Solche Unzuständigerklärungen liegen hier vor, durch das Landgericht Köln ausdrücklich im Beschluss vom 26.08.2008, durch das Amtsgericht Köln dadurch, dass es mit Beschluss vom 13.10.2008 die Übernahme des Verfahrens mit der Begründung abgelehnt hat, es sei sachlich nicht zuständig. Die Unzuständigkeitserklärung muss nicht ausdrücklich sein, soweit Zweifel nicht bestehen (Vollkommer, a. a. O., § 36 Rn 24). Ausreichend ist jedenfalls die einem Verweisungsbeschluss nachfolgende Ablehnung der Übernahme eines Verfahrens (BGH FamRZ 1991, 1172; R. Hausmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl. 1994, § 36 Rn 61 m. w. N.).

Beide Unzuständigerklärungen sind auch "rechtskräftig" im Sinne des § 36 Nr. 6 ZPO. Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts ist nach § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO unanfechtbar. Gegen den Nichtannahmebeschluss des Amtsgerichts ist kein Rechtsmittel statthaft.

3. Zum sachlich zuständigen Gericht wird das Amtsgericht Köln bestimmt.

a) Bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind nicht nur allgemeine Zuständigkeitsvorschriften, sondern auch die verfahrensrechtlichen Bindungswirkungen (§ 281 Abs. 2 S. 4 ZPO) und Zuständigkeitsverfestigungen (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) zu beachten (ständige Rechtsprechung, Nachweise bei Vollkommer, a. a. O., § 36 Rn 28 m. w. N.; ebenso BayObLG, Beschluss vom 09.05.1990 - 1 ZR 45/90, NJW-RR 1991, 187). Die Bindungswirkung des ersten Verweisungsbeschlusses wirkt daher auch im Bestimmungsverfahren fort (Vollkommer a. a. O. m. w. N.), weshalb regelmäßig das Gericht als zuständig zu bestimmen ist, an das die Sache durch den ersten - bindenden - Verweisungsbeschluss gelangt ist (BayObLG, Beschluss vom 09.05.1990 - 1 ZR 45/90, NJW-RR 1991, 187). Das ist hier das Amtsgericht Köln, an das der Rechtsstreit durch Beschluss des Landgerichts Köln vom 26.08.2008 verwiesen worden ist.

b) Die Bindungswirkung gemäß § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO entfällt hier nicht ausnahmsweise wegen objektiver Willkür.

Es ist zwar anerkannt, dass offenbar gesetzeswidrige oder offensichtlich unrichtige Verweisungsbeschlüsse keine Bindungswirkung entfalten (Vollkommer a. a. O., § 36 Rn 28, m. w. N.). Hierunter fallen insbesondere Verweisungsbeschlüsse, die auf objektiver Willkür beruhen. Dies sind solche, die schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden können, also nicht etwa nur auf unrichtiger Rechtsanwendung beruhen, sondern jeder gesetzlichen Grundlage entbehren (ständige Rechtsprechung, BGH, Beschluss vom 06.10.1993 - XII ARZ 22/93, NJW-RR 1994, 126 m. w. N.; BGH NJW 2002, 3634 ff.; Vollkommer, a. a. O., § 36 Rn 28 m. w. N.). Ein Verweisungsbeschluss kann auch dann als willkürlich angesehen werden, wenn jegliche Begründung fehlt (Vollkommer a. a. O. § 36 Rn 28 m. w. N.).

Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Köln vom 26.08.2008 ist jedoch nicht in diesem Sinne willkürlich.

aa) Zunächst ist er nicht bereits deshalb willkürlich, weil er nicht ausreichend begründet wäre.

Verweisungsbeschlüsse nach § 281 Abs. 1 S. 1 ZPO bedürfen keiner ausführlichen Begründung, weil dies im Gesetz nicht vorgesehen ist und sie außerdem gemäß § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO unanfechtbar sind (KG MDR 1993, 176; OLG München FamRZ 1982, 943). Insofern ist Willkür nur dann anzunehmen, wenn die Begründung ganz fehlt, so dass die gesetzliche Grundlage der Verweisung nicht erkennbar ist (OLG Hamburg FamRZ 1978, 906; OLG München, FamRZ 1982, 942, 943). So liegt es hier nicht. Der Verweisungsbeschluss vom 26.08.2008 enthält eine knappe, aber ausreichende Begründung. Aus dem Verweis auf den vorangegangenen Streitwertbeschluss folgt, dass die Kammer sich aufgrund des angenommenen Streitwerts von 3.000 € für sachlich unzuständig hält. Die erhebliche Abweichung von der Einschätzung des Streitwerts durch die Klägerin erklärt sie einerseits damit, dass es der Klägerin nur um ein Vollstreckungsprivileg gehe. Andererseits grenzt sie den vorliegenden Fall von der Entscheidung des OLG Karlsruhe, JurBüro 2007, 648 - dort wurde der Streitwert mit 100 % der titulierten Forderung angesetzt - dadurch ab, dass dort das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners bereits eröffnet war. Dass die Kammer den genauen Betrag von 3.000 € (dies entspricht etwa 4 % des Forderungswerts) nicht eingehend begründet, ist unschädlich. Der genaue Abschlag, den das Gericht aufgrund der vorgenannten Erwägungen vornimmt, liegt gemäß § 3 ZPO in dessen freiem Ermessen; gerade aufgrund der geringen Anforderungen an die Begründung von Beschlüssen nach § 281 Abs. 1 S. 1 ZPO kann man eine mathematisch genaue Berechnung hier nicht fordern.

bb) Die Annahme eines Zuständigkeitsstreitwerts von 3.000 €, also etwa 4% des Werts der titulierten Forderung, ist auch nicht offenbar gesetzeswidrig oder offensichtlich unrichtig. Vielmehr ist die Annahme dieses Streitwerts zumindest vertretbar.

Nach § 3 ZPO setzt das Gericht den Streitwert nach freiem Ermessen fest. Es hat sich dabei am wirtschaftlichen Interesse des Klägers am Erfolg seines Antrags zu orientieren.

Die vorliegende Klage verfolgt als Ziel die Feststellung, dass die bereits in einem Vollstreckungsbescheid titulierte Forderung der Klägerin gegen den Beklagten in Höhe von 75.022,53 € aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung herrührt (sogenannte titelergänzende Feststellungsklage). Für diese Klage besteht ein wirtschaftliches Interesse in zweierlei Hinsicht: Zum einen ermöglicht sie es, den unpfändbaren Teil des Einkommens des Schuldners gemäß § 850f Abs. 2 ZPO gegenüber den in § 850c ZPO genannten Pfändungsgrenzen herabsetzen zu lassen, nämlich auf einen Betrag, der dem Schuldner gerade noch so viel belässt, dass er weiterhin für seinen notwendigen Unterhalt und laufende gesetzliche Unterhaltspflichten aufkommen kann. Zum anderen eröffnet eine solche Feststellung die Aussicht, im Falle eines Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung aus der titulierten Forderung weiter vollstrecken zu können (§ 302 Nr. 1 InsO).

Zur zahlenmäßigen Bewertung dieser Interessen werden verschiedene Ansätze vertreten.

Der erste Ansatz besteht darin, den vollen Wert der titulierten Forderung anzusetzen. Er wird vertreten vom OLG Karlsruhe (Beschluss vom 01.10.2007, 12 W 70/07, JurBüro 2007, 648), vom OLG Hamm (Beschluss vom 08.08.2006, 27 W 41/06, juris), vom OLG Brandenburg (Urteil vom 16.11.2005. 4 U 72/05, juris), vom 6. Zivilsenat des OLG Celle (Urteil vom 07.09.2006, 6 U 66/06, juris) und vom LG Mühlhausen (Beschluss vom 14.04.2004, 2 T 77/04, juris). In all diesen Fällen war das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners bereits eröffnet. Die Begründungen dieser Entscheidungen fokussieren sich auf § 302 Nr. 1 InsO. Aufgrund des Insolvenzverfahrens und der zu erwartenden Restschuldbefreiung sei der materielle Verlust der titulierten Forderung zu befürchten. Die Vollstreckungsmöglichkeit werde durch die begehrte Feststellung hinsichtlich der gesamten Forderung erhalten. Die Vermögensverhältnisse des Beklagten seien nach allgemeinen Grundsätzen bei der Berechnung des Streitwerts nicht zu berücksichtigen.

Der zweite Ansatz unterscheidet sich vom ersten nur dadurch, dass von dem Forderungswert ein prozentualer Abschlag gemacht wird, der zum einen mit den auch nach Beendigung des Insolvenzverfahrens eingeschränkten Vollstreckungsmöglichkeiten und zum anderen mit dem bei Feststellungsklagen üblichen Abschlag begründet wird. Dieser Ansatz wird vertreten vom 7. und 4. Zivilsenat des OLG Celle (Beschluss vom 21.05.2007, 7 W 38/07, juris; Beschluss vom 26.09.2006, 4 W 178/06, OLGR 2007, 234) sowie vom OLG Saarbrücken (Urteil vom 21.06.2007, 8 U 118/06) und vom OLG Rostock (Urteil vom 19.02.2007). Je nach den konkreten Vollstreckungsaussichten, die sich am Alter des Schuldners und den zu erwartenden Vermögenszuwächsen (z. B. Ruhestandsbezügen) orientieren, wurde der Streitwert zwischen 10 % (OLG Saarbrücken a. a. O.) und 80 % (OLG Rostock a. a. O) festgesetzt. Auch diesen Entscheidungen lagen sämtlich Fälle zugrunde, in denen das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners bereits eröffnet war.

Würde man diese beiden Ansätze zugrunde legen, würde die Festsetzung des Streitwerts auf lediglich ca. 4% der titulierten Forderung außerordentlich niedrig anmuten.

Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten noch nicht eröffnet ist. Deshalb lassen sich die zitierten Urteile auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Die Aussicht, dass die titulierte Forderung aufgrund einer Restschuldbefreiung vollständig untergehen könnte, ist derzeit noch vage. Bei der Bewertung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers ist daher vorrangig auf sein Interesse an einer Herabsetzung der unpfändbaren Beträge nach § 850f Abs. 2 ZPO abzustellen. Dieses ist wesentlich niedriger als die vorgenannten Beträge anzusetzen, weil es sich um eine bloße Vollstreckungserleichterung handelt.

In Übereinstimmung hiermit sind in vergleichbaren Fällen titelergänzender Feststellungsklagen, bei denen das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners noch nicht eröffnet war und der Fokus somit auf der Möglichkeit der Herabsetzung der unpfändbaren Beträge nach § 850f Abs. 2 ZPO lag, Streitwerte festgesetzt worden, die den hier festgesetzten nicht oder nicht wesentlich übersteigen.

Das OLG Karlsruhe sieht insoweit eine Berechnung als gerechtfertigt an, die sich an dem Betrag orientiert, der aufgrund der Herabsetzung des unpfändbaren Betrags jährlich mehr zu pfänden wäre, und kommt so aufgrund einer Schätzung zu einem Betrag von 2.000 € (Beschluss vom 28.03.2003, 1 W 10/03, juris). Den grundsätzlich selben Ansatz verfolgen Entscheidungen des LG Saarbrücken (Beschluss vom 21.03.2006, 5 T 59/06, juris) und des AG Leipzig (ZMR 2005, 131), die jeweils zu dem Ergebnis kommen, der Streitwert sei auf die niedrigste Gebührenstufe von 300 € festzusetzen. Eine jüngere Entscheidung des OLG Dresden (Beschluss vom 26.10.2007, 8 W 1224/07, juris) bewertet einen zusätzlich zu einem Leistungsantrag gestellten Antrag auf Feststellung, dass der Zahlungsanspruch auf vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung beruht, mit allenfalls 5 % der Klageforderung. Es besteht kein Grund, die nachträgliche titelergänzende Feststellungsklage insoweit anders zu bewerten als einen von vornherein mit einer Leistungsklage verbundenen Feststellungsantrag.

Dieser Betrachtungsweise, die außerhalb eines Verbraucherinsolvenzverfahrens den Streitwert wesentlich niedriger und jedenfalls nicht mit dem vollen Forderungswert ansetzt, steht auch nicht das von der Klägerin zitierte Urteil des OLG Naumburg vom 20.01.2006, 4 U 22/05 entgegen. Die Klägerin hat nur einen Auszug dieses unveröffentlichen Urteils vorgelegt (Bl. 26 GA). Diesem lässt sich nicht entnehmen, warum der Senat den Streitwert auf den vollen im Vollstreckungsbescheid titulierten Betrag festgesetzt hat. Aus dem Auszug geht auch nicht hervor, ob das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten bereits eröffnet war. Im Übrigen würde selbst dann, wenn das OLG Naumburg die Auffassung vertreten hätte, dass auch außerhalb des Insolvenzverfahrens der Streitwert mit 100 % der titulierten Forderung anzusetzen sei, diese einzelne Entscheidung nichts daran ändern, dass bei zusammenfassender Betrachtung der oben zitierten Rechtsprechung zu § 850f Abs. 2 ZPO eine Festsetzung des Streitwerts auf etwa 4% der titulierten Forderung jedenfalls vertretbar und daher nicht willkürlich ist.

4. Die hier vorgenommene Bestimmung des Amtsgerichts Köln zum sachlich zuständigen Gericht bindet dieses Gericht allerdings nicht hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit. Da nicht erkennbar ist, dass das Landgericht Köln bei seiner Verweisungsentscheidung die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Köln geprüft sowie bei seiner Entscheidung bedacht hat, dass der Beklagte seinen Wohnsitz in M. hat und sich die tätliche Handlung am 26.07.1998 in M. zugetragen hat, erstreckt sich die Bindungswirkung des Beschlusses des Landgerichts Köln vom 05.08.2008 von vornherein nur auf die sachliche und nicht auch auf die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Köln, an das verwiesen worden war. Das Amtsgericht Köln wäre daher nicht gehindert, den Rechtsstreit nach Anhörung der Parteien gegebenenfalls zu verweisen (vgl. grundsätzlich Greger in Zöller, § 281 Rn. 16a).

Ende der Entscheidung

Zurück