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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.01.2009
Aktenzeichen: 8 W 127/08
Rechtsgebiete: ZPO, StBerG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 2
StBerG § 66 Abs. 4
BGB § 273 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 24.11.2008 gegen den Beschluss der 15. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 12.11.2008 - 15 O 421/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin hat für die Antragstellerin bis zur Kündigung des Mandates Steuerberaterleistungen erbracht hat. Die Antragstellerin verlangt im Verfahren 15 O 369/08 - LG Bonn - von der Antragsgegnerin Buchhaltungsbelege aus dem Jahr 2008 heraus, die sie dieser zuvor im Rahmen des Mandatsverhältnisses überlassen hatte und deren Herausgabe die Antragsgegnerin nunmehr bis zur Bezahlung mehrerer Gebührenrechnungen verweigert.

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit welcher die Antragsgegnerin in erster Linie zur Herausgabe der Unterlagen, hilfsweise zur Überlassung von Kopien verpflichtet werden soll. Sie - die Antragstellerin - benötige die Unterlagen dringend für die Fertigung von Abrechnungen für das II. und III. Quartal 2008. Das Landgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 12.11.2008 (Bl. 19 ff. d.A.), auf den wegen der weiteren Einzelheiten des zu Grunde liegenden Sachverhaltes Bezug genommen wird, zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde vom 24.11.2008 hat die Kammer mit Beschluss vom 22.12.2008 (Bl. 64 ff. d.A.) nicht abgeholfen.

II.

Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 07.11.2008 zu Recht zurückgewiesen.

1. Die sachliche Berechtigung des Hauptantrages auf Herausgabe der streitgegenständlichen Buchführungsunterlagen hängt in erster Linie davon ab, ob der Antragstellerin - die offenbar bisher darauf verzichtet hat, den Rechenfehler, den sie der Antragsgegnerin vorwirft, durch einfache Nachforderung bei ihren Praxispartnern zu korrigieren - ein aufrechenbarer Gegenanspruch zusteht, mit dessen Hilfe sie die Gebührenforderungen der Antragsgegnerin und das damit verbundene Zurückbehaltungsrecht aus § 66 Abs. 4 StBerG zum Erlöschen bringen konnte (§§ 387, 389 BGB). Die Frage, ob ein solcher Verfügungsanspruch trotz der vom Landgericht im angefochtenen Beschluss und in der Nichtabhilfeentscheidung vom 22.12.2008 ausführlich dargelegten Bedenken hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht worden ist, kann indes offen bleiben, weil es aus den im Nichtabhilfebeschluss zutreffend ausführten Gründen zumindest an einem Verfügungsgrund fehlt:

Die von der Antragstellerin mit dem Hauptantrag begehrte Verurteilung der Antragsgegnerin zur Herausgabe von Buchführungsunterlagen würde - sei es im Falle einer unbedingten Verurteilung, sei es im Falle einer Verurteilung Zug um Zug gegen Bezahlung der streitigen Gebührenrechnungen - die Hauptsache, über die die Parteien im Verfahren 15 O 369/08 LG Bonn streiten, vorwegnehmen. Eine solche Vorwegnahme der Hauptsache im einstweiligen Rechtsschutz durch sogenannte Leistungsverfügung ist zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, sie ist aber angesichts des grundsätzlich auf Sicherung und vorläufige Regelung abzielenden Charakters der einstweiligen Verfügung nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Voraussetzung ist, dass der Gläubiger darlegt und glaubhaft macht, dass er auf die sofortige Erfüllung des geltend gemachten Anspruches dringend angewiesen ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl. § 940 Rdn. 6 m.w.Nachw.). Hiervon vermag der Senat aber ebenso wie das Landgericht nicht auszugehen.

In Bezug auf Fälle der vorliegenden Art, in denen ein Steuerberater die Herausgabe von Buchführungsunterlagen gemäß § 66 Abs. 4 StBerG von der Befriedigung offener Gebührenforderungen abhängig macht, wird schon die Auffassung vertreten, dass der Erlass einer die Hauptsache vorwegnehmenden einstweiligen Verfügung nur dann in Betracht kommt, wenn trotz Sicherheitsleistung nach § 273 Abs. 3 BGB eine Herausgabe durch den Steuerberater nicht zu erwarten ist (vgl. etwa LG Heidelberg, MDR 1998, 188). Auf dieser Grundlage käme der Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits deshalb nicht in Frage, weil die Antragsgegnerin deutlich gemacht hat, im Falle einer Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft, deren Gestellung allerdings an der finanziellen Situation der Antragstellerin scheitert, die streitgegenständlichen Unterlagen herauszugeben.

Unabhängig davon hat die Antragstellerin aber unbestritten die Möglichkeit, Einsicht in die bei der Antragsgegnerin befindlichen Unterlagen zu nehmen und Kopien der Unterlagen zu fertigen, die für ihre (Abrechnungs-)Zwecke hinreichend wären. Auch wenn diese Vorgehensweise der Antragstellerin umständlich erscheinen mag und mit gewissen Mühen verbunden ist, hat sie auf diese Weise die Möglichkeit, die Abrechnungen, auf die sie nach eigenem Vorbringen existentiell angewiesen ist, fertigen zu lassen, ohne dass es einer Vorwegnahme der Hauptsache im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes bedarf. Es geht insoweit entgegen der Einschätzung der Antragstellerin nicht darum, welche Vorgehensweise die zeitsparendste und effektivste ist, sondern allein darum, ob sie auf die begehrte Herausgabe angewiesen ist oder ob ihr eine andere Möglichkeit zur Verfügung steht, die beabsichtigten Abrechnungen fertigen zu lassen. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin nach eigenem Bekunden nicht in der Lage ist, eine Bankbürgschaft über den vergleichsweise geringen Betrag von 4.800,00 € aufzubringen und die Antragsgegnerin deshalb befürchten muss, sich nach Herausgabe der Unterlagen erfolglos um die Durchsetzung etwa berechtigter Honorarforderungen bemühen zu müssen.

2. Bezüglich des Hilfsantrages, mit dem die Antragstellerin die Überlassung von Kopien der streitgegenständlichen Unterlagen begehrt, kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung schon deshalb nicht in Betracht, weil aus den vom Landgericht dargelegten Gründen keine rechtliche Verpflichtung der Antragsgegnerin hierzu besteht. Im Übrigen gelten die obigen Erwägungen, aufgrund derer es jedenfalls an einem Verfügungsgrund fehlt, auch in diesem Zusammenhang.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: 8.000,00 Euro.

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