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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 24.03.2009
Aktenzeichen: 83 Ss 22/09
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 243 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Köln zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Durch das angefochtene Urteil ist der Angeklagte wegen "besonders schweren Diebstahls in 13 Fällen, davon zweimal Versuch," zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden.

Zu den persönlichen Verhältnissen ist festgestellt:

"Der Angeklagte zu 2. lebt seit Beendigung der Schulzeit von Gelegenheitsarbeiten. Zuletzt hat er bei seinem Vater gearbeitet und dort nach eigenen Angaben ein monatliches Nettoeinkommen von 1.000,00 Euro erzielt."

Zur Bemessung der Einzelstrafen heißt es:

"Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen strafrechtlichen Vorbelastungen hielt das Gericht ausgehend vom Strafrahmen des § 243 Abs. 1 StGB von drei Monaten bis zu 10 Jahren hinsichtlich des Bäckereieinbruchs am 18.03.2008 folgende Strafen für die vier Angeklagten für schuldangemessen und notwendig:

...

Angeklagter zu 2. T. 1 Jahr 6 Monate Freiheitsstrafe

...

Weiterhin hielt das Gericht hinsichtlich der Taten in der Zeit vom 15.06.2007 bis zum 31.07.2007 aus dem Verfahren 612 Ls 48/08 . 80 Js 387/07 folgende Einzelstrafen für schuldangemessen und erforderlich

...

Angeklagter zu 2. T.:

Fälle 1),2),4),6),7),9),10),12),13) jeweils 10 Monate Freiheitsstrafe und für die Fälle 5),11) und 14), bei denen es beim Versuch blieb, jeweils 8 Monate Freiheitsstrafe"

Die auf die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs beschränkte Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts.

II.

Das in formeller Hinsicht unbedenkliche Rechtsmittel hat (zumindest vorläufigen) Erfolg; es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung im Rechtsfolgenausspruch und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

1. Das Urteil hält materiell-rechtlicher Nachprüfung in mehrfacher Hinsicht nicht stand.

a)

Seine Gründe sind zunächst deswegen materiell-rechtlich unvollständig, weil sich ihnen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten nichts Zureichendes entnehmen lässt.

Aussagekräftige Feststellungen zum Lebensweg sowie zu den familiären und wirtschaftlichen Verhältnissen bilden die Grundlage der für den Rechtsfolgenausspruch unerlässlichen Würdigung der Persönlichkeit eines Angeklagten (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 10). Sie sind in dem Umfang zu treffen, in dem sie von bestimmendem Einfluss auf die Rechtsfolgenseite sind (BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 8, 15, 20). Dabei kann ein relativ kurz zusammengefasster Lebenslauf genügen (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 66 [Becker]; Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., § 267 Rn. 4). Es bedeutet aber grundsätzlich einen Sachmangel, wenn der Tatrichter bei der Rechtsfolgenentscheidung die persönlichen Verhältnisse des Täters überhaupt nicht oder nur unzureichend darstellt (BGH NStZ 1993, 30; BGH NStZ 1995, 200; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. zuletzt SenE v. 20.03.2009 - 83 Ss 96/06 -; SenE v. 24.03.2009 - 83 Ss 13/09 -).

Diesen Anforderungen genügen die Feststellungen des Amtsgerichts insbesondere in Bezug auf die Darstellung des Werdegangs des Angeklagten nicht. Sie enthalten allenfalls eine kurze Beschreibung seiner gegenwärtigen Lebenssituation, wobei sich den Urteilsgründen noch nicht einmal entnehmen lässt, welche Ausbildung der Angeklagte absolviert und wie seine familiären und Wohnverhältnisse sind. Da die getroffenen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen auf den Angaben des Angeklagten beruhen, ist auch nicht zu ersehen, dass weitergehende Feststellungen nicht möglich gewesen wären.

b)

Darüber hinaus sind die Ausführungen des Amtsgerichts zur Bemessung der Einzelstrafen unzureichend und lassen eine revisionsrechtliche Überprüfung nicht zu.

Die Urteilsgründe müssen eine Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte erkennen lassen (SenE v. 29.12.2006 - 81 Ss 174/06 -; SenE v. 27.03.2007 - 83 Ss 17/07 -; SenE v. 27.04.2007 - 81 Ss 68/07 -). Es ist rechtsfehlerhaft, wenn das Urteil überhaupt keine oder jedenfalls keine aussagekräftigen Strafzumessungserwägungen enthält, sondern sich auf nichtssagende Wendungen, wie z.B. auf die Behauptung der Angemessenheit und Erforderlichkeit, beschränkt (BayObLG NJW 1954, 1211 [1212]; OLG Frankfurt VRS 37, 60; OLG Zweibrücken NJW 1967, 364; Engelhardt, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., § 267 Rdnr. 24; SenE v. 19.12.2000 - Ss 488/00 -; SenE v. 10.09.2002 - Ss 377/02 -).

Die Gründe des angefochtenen Urteils enthalten vorliegend überhaupt keine Abwägung in dem genannten Sinn.

Ende der Entscheidung

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