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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 28.04.2009
Aktenzeichen: 9 U 114/08
Rechtsgebiete: ARB, VRB, AktG, InsO, ZPO, VVG, BGB, GmbHG, HGB, ZPO


Vorschriften:

ARB § 4
ARB § 4 Abs. 3a
ARB § 24
VRB § 1 Nr. 1
VRB § 1 Nr. 3
VRB § 1 Abs. 1
VRB § 1 Abs. 2
VRB § 1 Abs. 3
VRB § 1 Abs. 3 Satz 1 Ziff. a
VRB § 1 Abs. 3 Satz 1 Ziff. b
VRB § 1 Abs. 3 Satz 1 Ziff. c
VRB § 1 Abs. 3 Satz 1
VRB § 1 Abs. 3 Satz 2
VRB § 1 Abs. 3 d
VRB § 1 Abs. 3 Ziff. c
VRB § 2 Abs. 1
VRB § 2 Abs. 2
VRB § 3 Nr. 1 a
VRB § 5 Abs. 1 a
VRB § 18
AktG § 93 Abs. 3 Ziff. 6
AktG § 115
AktG § 399
AktG § 400
AktG § 404
InsO § 4
ZPO § 299 Abs. 2
VVG § 61
VVG § 74 a.F.
VVG § 74 Abs. 1 a.F.
BGB § 133
BGB § 157
GmbHG § 82
HGB § 331
ZPO § 256
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.06.2008 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 355/07 - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt insgesamt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger als Mitversichertem und der N. L.mbH, S. 13 - 15, XX L als Versicherungsnehmerin bedingungsgemäßen Deckungsschutz aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag XXX zu den von Herrn Rechtsanwalt Dr. M.C. als Insolvenzverwalter der M. AG mit Sitz in O.-W. (Handelsregister des Amtsgerichts Kleve HRB 5920) gegenüber dem Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüchen aus dessen Tätigkeit als Mitglied des Aufsichtsrats der M. AG zu gewähren, sobald Dr. C. Klage gegen den Kläger erhoben hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge einschließlich der Kosten der Streithelferin trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Deckungsanspruch aus einem im Jahr 1992 zwischen der Streithelferin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossenen Vertrag "H.- Rechtsschutz für TOP- Manager (Straf- und Vermögensschaden-Rechtsschutz)" geltend.

Der Kläger war von 1998 bis zum 31.03.2004 Geschäftsführer der Streithelferin.

Im Jahre 1992 wurde die Streithelferin, die damals noch "Mittelständische Unternehmensbeteiligungsgesellschaft mbH" hieß, durch die Geschäftsführer T. und P. vertreten. Diese wandten sich an die Y Versicherungsmakler für ABC GmbH (im Folgenden: Y) wegen eines Rechtsschutzversicherungsvertrags. Die Y richtete am 02.04.1992 folgendes Schreiben (Anlage B 3, Bl. 85 GA) an die Rechtsvorgängerin der Beklagten:

(...) die beiden Geschäftsführer des zuvor genannten Unternehmens, das eine Gründung u. a. der Kreissparkasse P., der Stadtsparkasse P. und der Sparkasse Q. ist, sind an einer Strafrechtsschutz- Versicherung für Manager und an einer Vermögensschaden- Rechtschutz- Versicherung für ihre Funktion als Geschäftsführer der N. und ihre Beiratstätigkeit in Firmen, an denen die N. beteiligt ist, interessiert. Gegenwärtig ist der eine der Geschäftsführer in 5 Beiräten, der andere Geschäftsführer im Augenblick in einem Beirat, wachsend auf 3 in naher Zukunft, vertreten.

In einem Gespräch mit einem der Geschäftsführer (Herr T.) am 31.03.1992 mit dem Unterzeichner kam zum Ausdruck, dass man - zumindest den Beitrag, der auf die Beiratstätigkeit entfällt, gern den anderen Gesellschaftern in Rechnung stellen möchte. Es ist daher Ihrerseits zu überlegen, ob es möglich ist, eine solche Police in der Form zu gestalten, dass mehrere Rechnungen erstellt werden können. Es ist dies natürlich auch ein Problem der Größe der Prämie, man kann sich auch vorstellen, dass die Prämie insgesamt von der N. für ihre beiden Geschäftsführer übernommen wird.

Der Unterzeichner versteht die Haupttätigkeit der N. so, dass diese Gesellschaft Beteiligungskapital für mittelständische Firmen beschafft, an denen sie sich dann beteiligt. (...)

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten antwortete der Y mit Schreiben vom 24.04.1992 (Anlage B 4, Bl. 86 GA):

"Namens und im Auftrage der H.- Konzern Rechtsschutzversicherungs-AG, P., senden wir Ihnen beiliegend das gewünschte Angebot für die beiden Geschäftsführer der N.. Eine Aufteilung mit Einzelrechnungen für die jeweilige Beiratstätigkeit der beiden Geschäftsführer ist nicht möglich. Wir bieten die genannte Jahresprämie bei zwei Geschäftsführern unabhängig der Anzahl der Beiratstätigkeiten an."

Mit Schreiben vom 22.05.1992 (Anlage K2, Bl. 19 GA) teilte die Y der Streithelferin unter Beifügung eines Angebots der Rechtsvorgängerin der Beklagten (Anlage K3, Bl. 20 ff GA) folgendes mit:

(...) Wir hatten dem von uns als Versicherer in Aussicht genommenen H.- Konzern auch Ihre Überlegung mitgeteilt, für Ihre jeweilige Beiratstätigkeit separat Deckungen mit sich daraus ergebenden separaten Rechnungen zu konzipieren, die man den jeweiligen Unternehmen hätte weiterreichen können. Die interne Diskussion hat allerdings ergeben, dass eine Aufteilung mit Einzelrechnungen für die jeweilige Beiratstätigkeit nicht möglich ist, da sich Ihre Geschäftsführertätigkeit als ein einheitliches Risiko darstellt, mit der daraus resultierenden Beiratstätigkeit als typische Tätigkeit eines Geschäftsführers einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft. (...)

Es kam dann auf Grundlage eines weiteren Schreibens der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 06.08.1992 (Anlage B 5, Bl. 93 ff GA) ein Versicherungsvertrag zustande. Als Vertragsbestandteile wurden vereinbart:

R 36:01 Versicherungsbedingungen für den Vermögensschaden- Rechtsschutz der Aufsichtsräte, Beiräte, Vorstände, Unternehmensleiter und Geschäftsführer (VRB)

R 390:01 Sonderbedingungen zu § 24 ARB - Spezial-Straf-Rechtsschutz für Unternehmen

Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB)

R 388:01 Klausel zu § 1 Nr. 1 und 3 sowie § 3 Nr. 1 a) und § 4 VRB -

Möglichkeit besonderer Vereinbarungen

R 407:01 Klausel zu § 4 Abs. 3a ARB - Vorläufiger Rechtsschutz bei Vorsatzanklagen

Unter Ziffer 1 und 2 des Versicherungsvertrages (Anlage K 4, Bl. 26 ff GA = Anlage B 2, Bl. 80 ff GA) heißt es:

1. Versicherte Personen / Funktionen

Der Versicherungsschutz gilt für die beiden Geschäftsführer Herrn T. und Herrn P. der Mittelständische Unternehmensbeteiligungsgesellschaft mbH.

Der Versicherungsschutz erstreckt sich auch auf alle weiteren Funktionen als Beirat in Unternehmen an denen die Mittelständische Unternehmensbeteiligungsgesellschaft mbH beteiligt ist.

Versicherungsschutz erhalten auch die aus den Diensten des Versicherungsnehmers ausgeschiedenen - ehemaligen - versicherten Personen für Versicherungsfälle, die sich aus ihrer früheren Tätigkeit für den Versicherungsnehmer ergeben, sofern dieser schriftlich sein Einverständnis erklärt.

2. Versichertes Risiko

Versicherungsschutz wird geboten im Rahmen der Sonderbedingung für die Straf- Rechtsschutz- Versicherung (R 390), der Klausel R 407, der Versicherungsbedingungen für den Vermögensschaden- Rechtsschutz der Aufsichtsräte, Beiräte, Vorstände, Unternehmensleiter und Geschäftsführer (VRB R 36), der hierzu genehmigten Klausel R 388 sowie den folgenden Bestimmungen.(...)

Wegen des näheren Inhalts wird auf den Versicherungsschein (Anlage StV2, Bl. 233 ff GA), den Vertrag (Anlage K 4, Bl. 26 ff GA) sowie die Versicherungsbedingungen und Klauseln (Anlage B1, Bl. 68 ff GA) Bezug genommen.

Nachdem der Kläger am 01.01.1998 die Alleingeschäftsführung der Streithelferin übernommen hatte, wurde die erste Seite des Versicherungsvertrags ausgetauscht und anstelle der bisherigen Geschäftsführer wurde der Kläger eingesetzt (Bl. 61 sowie Anlage B 6, Bl. 94 GA). Er fand diverse Beteiligungen vor, die die Streithelferin bis dahin eingegangen war. Während seiner Geschäftsführertätigkeit kam es zu weiteren Beteiligungen, u. a. an der M. AG. Im Zuge dessen wurde der Kläger Mitglied des Aufsichtsrats der M. AG. Die M. AG musste im Juli 2004 Insolvenz anmelden, Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. C.. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt bereits sein Amt als Geschäftsführer der Streithelferin zum 31.03.2004 niedergelegt, gleichzeitig endete auch seine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der M. AG.

Mit Schreiben vom 22.06.2007 (Anlage K 5, Bl. 41 ff GA) machte der Insolvenzverwalter der Fa. M. AG gegen den Kläger Schadensersatzansprüche gem. §§ 115, 93 Abs. 3 Ziff.6 AktG wegen Verletzung von Aufsichtsratspflichten geltend. Der Insolvenzverwalter stellte sich auf den Standpunkt, die AG sei bereits ab November 2003 zahlungsunfähig gewesen, es sei ein Schaden von 1.944.448,44 € entstanden, da von November 2003 bis zur Insolvenzantragstellung noch Zahlungen in dieser Höhe erfolgt seien. Wegen dieser Ansprüche bat der Kläger die Beklagte um Gewährung von Deckungsschutz aus der Rechtsschutzversicherung, was die Beklagte mit Schreiben vom 05.11.2006 (Anlage K 6, Bl. 44 f GA) mit der Begründung ablehnte, dass eine Aufsichtsratstätigkeit nicht versichert sei. Mit Schreiben vom 21.08. vom 31.08.2007 (Anlage K 8, 9, Bl. 48 f GA) erfolgten weitere Ablehnungen.

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger zunächst Verurteilung zur Gewährung von Deckung zu den von dem Insolvenzverwalter geltend gemachten Schadensersatzansprüchen in Höhe von 1.994.448,44 € begehrt. Nach Klageerhebung hat der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 29.02.2008 die Schadensersatzansprüche auf 1.499.502,01 € beziffert (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 07.03.2008, Bl. 104 GA) und laut Mitteilung des Klägers vom 23.05.2008 (Bl. 125 GA) zuletzt noch die Geltendmachung von 926.000,- € angekündigt.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, auch die Tätigkeit als Aufsichtsrat sei vom Versicherungsschutz umfasst gewesen. Aufgrund § 6 der Geschäftsordnung der Streithelferin für ihre Geschäftsführer sowie aufgrund seines Geschäftsführervertrags habe eine Verpflichtung für ihn bestanden, Mitglied von Aufsichtsräten zu werden, sofern dies im Zusammenhang mit Beteiligungen der Streithelferin erforderlich wurde. Die Mitgliedschaft in Aufsichtsgremien habe eine der wesentlichen Aufgaben als Geschäftsführer einer Kapitalbeteiligungsgesellschaft dargestellt. Der Kläger hat vorgetragen, die damaligen Geschäftsführer hätten die sich aus der gesamten Tätigkeit als Geschäftsführer ergebenden Risiken versichern wollen, einschließlich der sich aus der Übernahme von Aufsichtsratsmandaten ergebenden Risiken. Das Wort "Beirat" in Ziffer 1 des Angebots der Beklagten sei lediglich als beschreibendes Beispiel aufgetaucht, nicht aber als ausschließlich versicherte Tätigkeit. Der Kläger hat insbesondere auf den Wortlaut der R 388 verwiesen und auf die Tatsache, dass individualvertraglich auf Aktienrecht Bezug genommen worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger als Mitversichertem und der N. L.mbH, S. 13 - 15, XX L als Versicherungsnehmerin Deckungsschutz zu den von Herrn Rechtsanwalt Dr. M.C. als Insolvenzverwalter der M. AG mit Sitz in O.-W. (Handelsregister des Amtsgerichts Kleve HRB 5920) gegenüber dem Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüchen aus dessen Tätigkeit als Mitglied des Aufsichtsrats der M. AG zu gewähren, sobald Dr. C. Klage gegen den Kläger erhoben hat.

2. sowie festzustellen, dass sich der Deckungsschutz auch auf einen Antrag des Klägers an das Insolvenzgericht München in obiger Sache erstreckt, Einsicht in die Akten des Insolvenzverfahrens und die Bücher und Schriften der M. AG nach den §§ 4 InsO, 299 Abs. 2 ZPO und notfalls die gerichtliche Durchsetzung dieser Einsichtsrechte erstreckt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ausgeführt, es seien lediglich Tätigkeiten von Beiräten versichert gewesen, nicht aber Tätigkeiten von Aufsichtsräten. In der Tätigkeit als Aufsichtsrat verwirkliche sich ein anderes Risiko als bei der Wahrnehmung von Beiratsfunktionen. Versichert sei nur das Risiko, das beantragt sei. Die versicherte Eigenschaft sei gemäß 1 Abs. 3 VRB im Versicherungsschein zu bezeichnen. Der Kläger könne sich nicht auf die Geschäftsordnung oder seinen Geschäftsführervertrag berufen, da dem Versicherer diese Dokumente nicht vorgelegen hätten. Schließlich greife § 5 Abs. 1 a VRB, wonach sich der Versicherungsschutz nicht auf die Abwehr von Haftpflichtansprüchen wegen wissentlicher oder vorsätzlicher Herbeiführung des Vermögensschadens erstrecke. Der Kläger habe die ihm obliegende Überwachungstätigkeit als Aufsichtsrat nicht ordnungsgemäß wahrgenommen, insofern habe er zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Gesellschaft ein Vermögensschaden wegen Insolvenzverschleppung entstanden sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, die Tätigkeit des Klägers als Aufsichtsratsmitglied sei nicht von der Rechtsschutzversicherung umfasst gewesen. Das folge im Umkehrschluss aus Ziffer 1 Abs. 2 des Versicherungsvertrags, wonach nur die Beiratstätigkeit versichert sei. Aus der Klausel R 388 ergebe sich nichts anderes, es sei nicht die danach erforderliche zusätzliche Vereinbarung geschlossen worden. Auch in der vorvertraglichen Korrespondenz sei lediglich die Beiratstätigkeit erwähnt worden. Schließlich ergebe sich aus Ziffer 2.1 des Vertrags durch die Erwähnung der Straftatbestände der §§ 399, 400 und 404 AktG nicht die Versicherung von Aufsichtsratsmandaten. Insoweit bestimme sich der Umfang des Versicherungsschutzes ausschließlich durch die speziellen Regelungen der Ziffer 1 und der Klausel R 388.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil und die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er rügt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags eine fehlerhafte Auslegung des Versicherungsvertrags durch das Landgericht. Es habe verkannt, dass es sich bei der Streithelferin um eine Unternehmensbeteiligungsgesellschaft gehandelt habe, die Tätigkeit in den Gremien der Gesellschaften, an denen die Streithelferin beteiligt gewesen sei, habe zu den Hauptaufgaben des Geschäftsführers gehört. Da die Eindeckung dann bereits aus § 1 Absatz 1 des Vertrags folge, habe sie nicht mehr in Absatz 2 erwähnt werden müssen, dementsprechend sei in Absatz 2 nur eine beschreibende Angabe erfolgt. Die Aufsichtsratstätigkeit hätte dann ausdrücklich ausgenommen werden müssen, was aber nicht geschehen sei. Die Klausel R 388 sei bereits eine besondere Vereinbarung, die § 1 Abs. 1 VRB abbedinge, eine gesonderte Vereinbarung sei entgegen der Auffassung des LG nicht erforderlich.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 12.06.2008 - AZ 24 O 355/07 - abzuändern und die Beklagte wie erstinstanzlich beantragt zu verurteilen, mit der Maßgabe, dass bedingungsgemäßer Deckungsschutz aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag XXX gewährt werden soll.

Die Streithelferin schließt sich dem Antrag an.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig und überwiegend begründet.

Die Klage ist hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 1) zulässig und begründet. Der Feststellungsantrag zu 2) ist bereits unzulässig.

Der Feststellungsantrag zu 1) ist zulässig. Da die Kosten noch nicht feststehen, ist Feststellungsklage bezüglich der Deckung aus der Rechtsschutzversicherung zu erheben (vgl. Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 7. Aufl., 2004, § 18 Rn 21). Ein Feststellungsinteresse ist gegeben, da der Insolvenzverwalter die Geltendmachung von Ansprüchen angekündigt und im Hinblick auf die Verweigerung von Deckungsschutz Ablauf der Klagefrist gem. § 18 VRB droht.

Der Feststellungsantrag zu 1) ist auch begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf bedingungsgemäße Deckung aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag XXX zu.

Der Kläger ist gemäß § 2 Abs. 2 VRB aktivlegitimiert. Von der Streithelferin wurde gemäß § 74 VVG a.F. i.V.m. § 2 Abs. 1 VRB in Verbindung mit Ziffer 1 des Versicherungsvertrages (Stand: 01.01.1998, Anlage B 6, Bl. 94 GA) ein Versicherungsvertrag für fremde Rechnung, nämlich für den Kläger als Geschäftsführer, geschlossen. In diesem Fall kann gemäß § 2 Abs. 2 VRB nur derjenige Versicherungsansprüche geltend machen, zu dessen Gunsten der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag abgeschlossen hat.

Die Auslegung des Versicherungsvertrags ergibt, dass dem Kläger Deckungsschutz für seine Tätigkeit als Aufsichtsrat der Fa. M. AG zu gewähren ist. Die maßgeblichen Bestimmungen finden sich in § 1 und § 2 des Versicherungsvertrags (Anlage K 4, Bl. 26 ff GA = Anlage B 2, Bl. 80 ff GA). Es ist der Auslegungsmaßstab für Individualvereinbarungen anzulegen (§§ 133, 157 BGB), da es sich bei den Vereinbarungen gemäß Ziffer 1 bis 8 des Vertrages um individuell vereinbarte Abreden handelt. Das ergibt sich insbesondere aus der namentlichen Benennung der Geschäftsführer in Ziffer 1, der Vereinbarung einer Rückwärtsversicherung für die Zeit vom 01.08.1990 bis 01.08.1992 im letzten Absatz der Ziffer 2.2 sowie der Prämienregelung in Ziffer 8. Die Prämienregelung wurde speziell auf die Bedürfnisse der Streithelferin zugeschnitten, da ausweislich des Schreibens der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 24.04.1992 eine Jahresprämie unabhängig von der Anzahl der Beiratstätigkeiten angeboten wurde. Das Vertragswerk in Ziffer 1 bis 8, das nach einer konkreten Anfrage der für die Streithelferin tätigen Versicherungsmaklerin Y vom 02.04.1992 und einem entsprechenden Angebot des Versicherers vom 24.04.1992 zustande kam, ist individuell geprägt. Dem steht nicht entgegen, dass für eine Vielzahl von Verträgen geltende Versicherungsbedingungen einbezogen wurden.

Gemäß §§ 157, 133 BGB sind neben dem Wortlaut (einschließlich der systematischen Stellung im Gesamtzusammenhang des Textes) die Begleitumstände und die Interessenlage der Parteien in die Auslegung einzubeziehen (Palandt- Ellenberger, BGB, 68. Aufl., 2009, § 133 Rn 5 ff). Eine Bindung des Berufungsgerichts an die Auslegung des erstinstanzlichen Gerichts besteht nicht (BGH NJW 2004, 2751 ff).

Der Wortlaut von Ziffer 1 Absatz 1 des Vertrages schließt die Versicherung von Aufsichtsratstätigkeiten ein. Dieser besagt ganz allgemein, dass der Versicherungsschutz für die Geschäftsführer der Streithelferin gelten soll. Darin kommt zum einen zum Ausdruck, dass eine Versicherung für fremde Rechnung im Sinne von § 74 Abs. 1 VVG a.F. erfolgt. Durch diese Regelung wird darüber hinaus umfassender Versicherungsschutz für sämtliche Geschäftsführertätigkeiten gewährt. Das umfasst auch Aufsichtsratstätigkeiten, da unstreitig ist, dass die Wahrnehmung von Aufsichtsrats- und Beiratsmandaten gemäß dem Geschäftsführervertrag des Klägers und gemäß § 6 der Geschäftsordnung der Streithelferin zum typischen Umfang der Geschäftsführertätigkeit gehört.

Ein weiterer Anhaltspunkt findet sich im Wortlaut der Ziffer 2.1 des Vertrages. Unter der Überschrift "Straf- Rechtsschutz gemäß Sonderbedingung und Klausel R 407" heißt es:

"Der Versicherungsschutz umfasst die Verteidigung in Verfahren wegen des Vorwurfs der Verletzung einer Vorschrift des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrechtes.(...)

Wird dem Versicherten vorgeworfen, eine Vorschrift des Strafrechts verletzt zu haben, besteht Versicherungsschutz, wenn ihm ein Vergehen zur Last gelegt wird, das sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen werden kann und darüber hinaus für folgende nur vorsätzlich begehbare Straftatbestände:

§§ 399, 400 AktG, 82 GmbHG, 331 HGB Falsche Angaben

§§ 404 AktG, 85 GmbHG Verletzung der Geheimhaltungspflicht

(...)"

Einer Erwähnung der Vorschriften des AktG in dieser individualvertraglichen Bestimmung hätte es nicht bedurft, wenn eine Tätigkeit im Sinne des AktG - sei es als Vorstand oder als Aufsichtsrat - von vornherein nicht in Betracht gekommen wäre.

Des Weiteren findet diese Auslegung Stütze in dem Wortlaut der in den Versicherungsvertrag einbezogenen Klausel R 388 (Anlage B 1, Bl. 68 GA). Darin heißt es:

"Aufgrund besonderer Vereinbarung wird abweichend von § 1 Abs. (3) Satz 1 VRB dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz gewährt, wenn er neben seiner Hauptaufgabe für die juristische Person in der Bundesrepublik Deutschland zusätzliche Aufgaben gemäß Absatz (3) a) - d) in Europa für ein dort ansässiges Tochter- oder Beteiligungsunternehmen übernimmt."

Hieraus ergibt sich, dass neben der Hauptaufgabe als Geschäftsführer im Sinne von § 1 Abs. 3 d) VRB durch besondere Vereinbarung Rechtsschutz für die Wahrnehmung von "zusätzlichen Aufgaben für ein in Europa ansässiges Beteiligungsunternehmen" gewährt werden soll. Die "besondere Vereinbarung" ist in Ziffer 2 Abs.1 des Vertrages zu sehen. Hierin wird insgesamt die Klausel R 388 einbezogen. Verlangte man über die Einbeziehungsklausel hinaus noch gesonderte ausdrückliche Abreden, welche der Absätze der Klausel R 388 gelten sollten, liefe die Einbeziehung der Klausel R 388 leer, was von den Vertragsparteien nicht gewollt gewesen sein kann.

Die Versicherung von zusätzlichen Aufgaben für Beteiligungsunternehmen über die Geschäftsführertätigkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 Ziffer c) VRB hinaus ist schließlich entscheidend dem Kontext der gesamten Regelungen von § 1 Abs. 3 VRB zu entnehmen. Als zusätzliche Aufgaben kommen Aufgaben als Vorstandsmitglied (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Ziffer b VRB), als Leiter (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Ziffer c VRB) sowie die Tätigkeiten gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Ziffer a VRB in Betracht. In letzterer Bestimmung heißt es:

"Versicherungsschutz wird dem Versicherungsnehmer gewährt in seiner Eigenschaft als Aufsichtsrats- oder Beiratsmitglied."

Aus der wahlweisen Benennung dieser Tätigkeiten innerhalb der Ziffer a) - während die Tätigkeiten als Vorstandsmitglied, Leiter oder Geschäftsführer unter jeweils eigenen Ziffern b) bis d) benannt werden - lässt sich entnehmen, dass Aufsichtsrats- und Beiratstätigkeiten als gleichgestellt angesehen werden. Aus Wortlaut und Systematik des § 1 Abs. 3 VRB im Zusammenspiel mit dem übrigen Klauselwerk ist im Weiteren zu folgern, dass sämtliche zusätzlichen Aufgaben der Geschäftsführer gemäß Ziffer a) - sei es Beirats- oder die gleichgestellte Aufsichtsratstätigkeit - versichert sein sollten. Dementsprechend ist auch § 1 Abs. 3 Satz 2 VRB Genüge getan, wonach die Eigenschaften, für die Versicherungsschutz gewährt wird, im Versicherungsschein zu bezeichnen sind. In § 1 Abs. 1 der Vertragsübersicht ist die Funktion "Geschäftsführer" und in § 1 Abs. 2 der Vertragsübersicht die Funktion "Beirat" benannt. Einer gesonderten Benennung der Aufsichtsratstätigkeit bedurfte es wegen der Gleichstellung von Aufsichtsrats- und Beiratstätigkeit gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 Ziffer a) VRB nicht.

Aus § 1 Abs. 2 der Vertragsübersicht lässt sich demzufolge nicht herleiten, dass lediglich die Beiratstätigkeit als zusätzliche Aufgabe gedeckt sein und die Aufsichtsratstätigkeit ausgeschlossen sein sollte. Eine solche Auslegung ließe die übrigen vorbenannten Auslegungsergebnisse außer Betracht. Außerdem sind Abreden, die wesentliche Rechte einer Partei einschränken, im Zweifel eng auszulegen (Palandt- Ellenberger, BGB, 68. Aufl., 2009, § 133 Rn 24).

Einen Anhaltspunkt zugunsten dieser Interpretation liefern zudem die Begleitumstände beim Zustandekommen des Vertrags. Das Schreiben der Versicherungsmaklerin VHIG vom 02.04.1992 (Anlage B 3, Bl. 85 GA) - das der Versicherungsnehmerin zuzurechnen ist - stellt den damaligen Status quo der Aufsichtstätigkeit der Streithelferin in Beteiligungsgesellschaften dar. Demnach war der eine der Geschäftsführer in 5 Beiräten, der andere Geschäftsführer "im Augenblick in einem Beirat, wachsend auf 3 in naher Zukunft", vertreten. Diesen Status quo greift die Regelung des § 1 Abs. 2 des Vertrages auf, ohne indes den Versicherungsschutz ausdrücklich auf Beiratstätigkeiten zu beschränken. Aus dem Schreiben der VHIG vom 02.04.1992 lässt sich ersehen, dass der Streithelferin an einer umfassenden Versicherung sämtlicher Tätigkeiten ihrer Geschäftsführer für Beteiligungsfirmen gelegen war. Dass eine Beteiligung auch an Aktiengesellschaften - einhergehend mit Aufsichtsratstätigkeiten - und nicht nur an Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Beirat) in Betracht kam, ist aus der allgemein gehaltenen Formulierung "Beteiligungskapital für mittelständische Firmen" zu entnehmen. Da mittelständische Firmen sowohl in der Rechtsform der GmbH als auch der AG geführt werden können, war von vornherein sowohl eine Beteiligung an einer GmbH mit einhergehender Beiratstätigkeit als auch an einer AG mit einem Aufsichtsratsmandat ins Kalkül zu ziehen.

Dieser Auslegung stehen nicht die Interessen des Versicherers entgegen. Denn die Deckung von Aufsichtsratstätigkeiten erhöhte nicht das versicherte Risiko, wie letztendlich auch aus der Prämienregelung zu ersehen ist. Die Jahresprämie errechnete sich nach der Anzahl der Geschäftsführer unabhängig von der Anzahl der Tätigkeiten für Beteiligungsfirmen. In Ziffer 8 Abs. 1 des Vertrags ist zwar vereinbart, dass sich die Prämie "nach der Anzahl der versicherten Personen bzw. Funktionen" richtet. In Ziffer 8 Absatz 4 Satz 1 heißt es, dass die Prämien für die unter Ziffer 1 genannten Personen bzw. Funktionen gelten sollen. Änderungen hinsichtlich der Anzahl der versicherten Personen bzw. Funktionen sollen nach Ziffer 8 Abs. 4 Satz 2 eine Prämienneufestsetzung erfordern. Diese Regelungen - die dem Wortlaut nach an sich eine Anpassung der Prämie je nach Anzahl der ausgeübten Funktionen vorsehen - werden jedoch durch das Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 24.04.1992 konkretisiert und eingeschränkt, wonach die "genannte Jahresprämie bei zwei Geschäftsführern unabhängig der Anzahl der Beiratstätigkeiten" angeboten wird.

Die Beklagte kann sich nicht auf den Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 1 a VRB berufen.

Danach bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf die Abwehr von Haftpflichtansprüchen wegen wissentlicher Pflichtverletzung oder vorsätzlicher Herbeiführung eines Vermögensschadens. Der Vortrag der Beklagten, der Kläger habe die ihm obliegende Überwachungstätigkeit als Aufsichtsrat der M. AG nicht ordnungsgemäß wahrgenommen und damit billigend in Kauf genommen, dass der Gesellschaft ein Vermögensschaden durch Insolvenzverschleppung entsteht, ist nicht hinreichend substantiiert ist, da er keinen konkreten Tatsachenvortrag enthält. § 5 Abs.1 a VRB ist eine Ausformung von § 61 VVG (Schuldhafte Herbeiführung eines Versicherungsfalls). Den Beweis für die Herbeiführung des Versicherungsfalls und das Verschulden hat der Versicherer zu führen (Prölss/ Martin, VVG, 27. Aufl., 2004, § 61 Rn 21). Der Beweis der vorsätzlichen Herbeiführung eines Versicherungsfalls wird durch einen Indizienbeweis geführt (Römer- Langheid, VVG, 2. Aufl., § 61 Rn 93; BGH NJW-RR 2005, 1051). Konkreten Sachvortrag hat die Beklagte nicht geliefert, obwohl der Kläger den Vortrag als "völlig haltlose Behauptung" zurückgewiesen hat.

Soweit festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Streithelferin bedingungsgemäßen Deckungsschutz zu gewähren - und nicht nur dem Kläger als Mitversichertem - stellt der Senat klar, dass der Streithelferin hiermit keine eigenen Ansprüche auf Deckungsschutz zugesprochen werden.

Der Feststellungsantrag zu 2) ist bereits unzulässig. Es fehlt mangels Darlegung, ob und wann hinsichtlich dieses Anspruchs Deckung begehrt worden ist, bereits an einem Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO.

Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit folgen aus den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 101, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Das in dem Schriftsatz der Beklagten vom 31.03.2009 enthaltene nachgelassene Vorbringen enthält weder Tatsachenvortrag noch neue rechtliche Gesichtspunkte, die über den Sach- und Streitstoff bei Schluss der mündlichen Verhandlung hinausgingen und gibt deshalb auch keinen Anlass zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Streitwert für das Berufungsverfahren:

Antrag zu 1): 31.059,44 €

Antrag zu 2): 3.000,- €

Summe: 34.059,44 €

Maßgeblich für den Streitwert des Feststellungsantrags zu 1) sind die Kosten des zu deckenden Rechtsstreits (RA- Gebühren beider Parteien und Gerichtskosten). Gemäß Rechtsprechung des BGH (r+s 1990, 275) sind die Kosten für eine Instanz zugrunde zu legen; angesichts der Feststellungsklage ist ein Abschlag von 20 % angemessen.

Da Klage des Insolvenzverwalters nur noch in Höhe von 926.000,- € droht, sind die Kosten nach diesem Streitwert zu berechnen.

Zu erwartende Kosten: 38.824,30 €

Abzüglich 20 %: 31.059,44 €

Ende der Entscheidung

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