Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 07.07.2009
Aktenzeichen: 9 U 151/08
Rechtsgebiete: VAG, BGB, InsO, VVG, HGB, HypothekenbankG, KO


Vorschriften:

VAG § 65 Abs. 4
VAG § 66
VAG § 66 Abs. 1 a a.F.
VAG § 66 Abs. 6 a
VAG § 66 Abs. 6 a S. 1
VAG § 66 Abs. 6 a S. 2
VAG § 67
VAG § 77
VAG § 77 Abs. 1
VAG § 77 Abs. 2 a.F.
VAG § 77 Abs. 2 S. 2 n.F.
VAG § 77a Abs. 1 Nr. 1
VAG § 77a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
VAG § 77a a.F.
VAG § 83a
BGB § 242
BGB § 390
BGB § 394
BGB § 394 Satz 1
BGB § 400
BGB § 1274
InsO § 94
InsO § 96 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 119
InsO § 130 Abs. 1
VVG § 16 a.F.
HGB § 355
HypothekenbankG § 34 a
KO § 14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 16.10.2008 - 24 O 124/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung zugelassen.

Gründe:

I. Die Beklagte hatte mit der Schuldnerin B. Versicherungs AG Rückversicherungsverträge abgeschlossen. Über das Vermögen der B. wurde mit Beschluss des AG Hamburg vom 1.9.2006 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Seit 1994 bestanden mehrere proportionale Rückversicherungsverträge einer obligatorischen Rückversicherung, zuletzt mit Vertragsanpassung am 9.6.2006 (Anlagen K 5 und B 1 Anlagenheft (AH) ).

Darin heißt es u.a.:

" Art 1. Grundlagen des Vertrages

1.1 Gegenstand

Gegenstand der Rückversicherung sind alle Versicherungen - einschließlich fakultativer Rückversicherungen - , die vom Rückversicherten in den im Anhang aufgeführten Versicherungszweigen gezeichnet werden.

...

1. 5 Irrtümer

Irrtümer und versehentliche Unterlassungen berühren die durch diesen Vertrag begründeten Rechte und Pflichten nicht, vorausgesetzt sie werden unverzüglich richtiggestellt. ...

Art. 8 Abrechnung

8.1 Abrechnung

Spätestens sechs Wochen nach Quartalsende übermittelt der Rückversicherte dem Rückversicherer Quartalsabrechnungen in der Vertragswährung. Diese sind - getrennt nach den unter diesen Vertrag fallenden Versicherungszweigen oder - arten - nach Zeichungs- bzw. Anfalljahren aufzugliedern.

Der Rückversicherer bestätigt innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Abrechnung deren Richtigkeit oder erhebt etwaige Einwendungen. Andernfalls gilt die Abrechnung als anerkannt.

8.2. Saldenausgleich

Der Rückversicherte begleicht einen Saldo zugunsten des Rückversicherers mit der Abrechnung. Ein Saldo zugunsten des Rückversicherten wird vom Rückversicherer zusammen mit dem Richtigbefund, spätestens jedoch vier Wochen nach Zugang der Abrechnung, ausgeglichen. Werden vom Rückversicherer Einwendungen erhoben, hat der Rückversicherer den anerkannten Teilbetrag des Saldos unverzüglich zu begleichen. Der Differenzbetrag ist unverzüglich nach Klärung der Einwendung zu zahlen.

...

8.4. Aufrechnung

Jede Partei hat das Recht, fällige Salden zu ihren Lasten gegen fällige Salden zu ihren Gunsten - auch wenn diese aus anderen Verträgen oder Geschäften resultieren - aufzurechnen. "

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: BaFin) bestellte mit Verfügung vom 13.2.2006 nach § 83a VAG einen Sonderbeauftragten, Herrn Dr. Dr. a M.. Dieser erklärte in einem Schreiben vom 28.6.2006 (Anlage B 5 AH) an die Beklagte, dass die Analysen zunächst zu dem Ergebnis geführt hätten, dass auf der Basis des aktuell erstellten Jahresabschlusses 2005 Überschuldung nicht ausgeschlossen werden könne, jedoch der ehemalige Vorstandsvorsitzende und Hauptaktionär nunmehr sich verpflichtet habe, wesentliche Teile seiner Verbindlichkeiten gegenüber B. zurückzuführen. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 21.7.2008 darauf hin, dass die offenen Forderungen nicht beglichen seien (B 6 AH). Mit Schreiben vom 1.8.2006 (B 7 AH) erklärte der Sonderbeauftragte, noch zuversichtlich zu sein, unter dem 13.8.2006 (B 8 AH) erklärte er, dass B. möglicherweise bald überschuldet sein könne und bat um Zustimmung zu einem Ratenzahlungsplan für die Prämienforderungen. Am 15.8.2006 stellte die BAFin hinsichtlich B. Insolvenzantrag.

Mit Schreiben vom 15.8.2006 kündigte die Beklagte die obligatorischen Rückversicherungsverträge zum 1.9.2006 (B 2 AH) und mit Schreiben vom 16.8.2006 (B 3 AH) fristlos, wobei der obligatorische nichtproportionale Rückversicherungsvertrag Allgemeine Haftpflichtversicherung Schadenexzedenten rückwirkend wegen Nichtzahlung der Vorausprämie gekündigt wurde.

Unter dem 14.11.2006 (Bl. 9 f) übersandte der Kläger der Beklagten eine Schadensabrechnung für Juli und August 2006 über 25.378,04 € und bat um Überweisung auf Anderkonto. Die Abrechnung wies einen Saldo zugunsten der Beklagten von 197.400,45 € auf, wobei der Kläger darauf hinwies, dass wegen der Insolvenzeröffnung eine Verrechnung nicht möglich sei (K 6 AH). Unter dem 25.1.2007 (Bl. 11) übersandte der Kläger der Beklagten eine weitere Schadensabrechnung für September bis Dezember 2006 über 60.553,78 €. Hierin enthalten waren Schäden nach dem 16.8.2008 von 960,36 €. Die Beklagte lehnt wegen ausstehender Prämienforderungen mit Schreiben vom 20.11.2006 (K 8, B 11 AH) Zahlungen ab. Mit Schreiben vom 8.12.2006 (B 13 AH) bat die Beklagte um Überweisung des Saldos zu ihren Gunsten für Juli und August. Unter dem 12.3.2007 (K 9, B 14 AH) erklärte die Beklagte, dass mit Prämienforderungen aufgerechnet worden sei.

Unter dem 1.2.2008 (Anlage B 15 AH) erklärte die Beklagte u.a., dass die Abrechnung des IV. Quartals 2006 über 60.553,78 € zu Gunsten des Klägers Anteile enthalte, die nicht eindeutig zugeordnet werden könnten, und bat um Korrektur.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagten aus Rückversicherungsverträgen offene Prämienansprüche zustehen, die die Klageforderung bei weitem übersteigen. Es handelt sich um folgende offene Forderungen, die zur Insolvenztabelle angemeldet wurden: Bereich Sachversicherung 768.996,04 €; Allgemeine Unfallversicherung 1.345,15 €, Transportversicherung 53.590,60 €, Allgemeine Haftpflichtversicherung 52.938,46 €, insgesamt 876.870,25 €; darüberhinaus aus fakultativen Rückversicherungsverträgen 315.330,04 €.

Der Kläger hat sich im Wesentlichen darauf berufen, dass die Beklagte nicht rechtzeitig Einwendungen gegen die Abrechnung vorgebracht habe. Eine Aufrechnung sei wegen des nach § 66 VAG vom Rückversicherer zu bildenden Sicherungsvermögens nicht zulässig. Ein solches Sondervermögen sei gegen Aufrechnungen geschützt. Es bestehe jedenfalls ein Aufrechnungsverbot nach den §§ 394 BGB, 77 Abs.2 VAG a.F. Im übrigen hätten die Kündigungen gegen § 119 InsO verstoßen. Die Verträge seien nach § 16 VVG a.F. erst einen Monat nach Insolvenzverfahrenseröffnung beendet.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, 85.931,82 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 25.378,04 € seit dem 23.11.2006 und auf weiter 60.553,78 € seit dem 15.3.2007 auf das Konto des Klägers " wegen B. Sicherungsvermögen" bei der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG, BLZ ..., Konto-Nr. ..., zu zahlen

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass der Anspruch für September bis Dezember 2006 von 60.553,78 € in Höhe von 960,36 € nicht entstanden sei, da die Schäden nach dem Kündigungszeitpunkt lägen. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass die Abrechnung für September verspätet im Sinne des Art. 8.1 der allgemeinen Bestimmungen erfolgt und dass die Ansprüche von September bis Dezember 2006 durch Aufrechnung erloschen seien. Die vom Kläger vorgetragenen Ansprüche aus Schadenszahlungen für Juli und August 2006 und für September 2006 seien, soweit sie überhaupt entstanden seien, jedenfalls durch Aufrechnung mit Prämienforderungen aus obligatorischen und fakultativen Verträgen erloschen. Ein Aufrechnungsverbot bestehe nicht. § 77 Abs. 1 VAG sehe in der damals geltenden Fassung kein Pfändungsverbot vor, so dass kein Aufrechnungsverbot eingreife. Ein solches ergebe sich auch nicht aus den §§ 394, 390 BGB, 77a VAG a.F. und der Richtlinie 2001/17/EG. Der Gesetzgeber habe erst zum 1.1.2008 ein Aufrechnungsverbot eingeführt in § 77 Abs. 2 S. 2 VAG n.F. Zudem sei die tatsächliche Zuführung zum Sicherungsvermögen nicht erfolgt, weil die Abrechnung nicht einwendungsfrei anerkannt sei.

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 84.971,46 € nebst Zinsen stattgegeben. Es hat ausgeführt, zugunsten B. bestünden für Juli bis Dezember 2006 Ansprüche in Höhe von 84.971,46 €, aus der Abrechnung vom 14.11.2006 25.378,04 € und aus der Abrechnung vom 25.1.2007 59.593,42 €. Diese Ansprüche seien von der Beklagten anerkannt gemäß Art. 8.1.des Rückversicherungsvertrages und entstanden. Der Kläger sei dem Abrechungsverfahren nachgekommen. Die Beklagte habe innerhalb der Vier-Wochen-Frist keine Einwendungen vorgebracht. Der Einwand der Verspätung der Abrechnung für September sei hilfsweise erst im Klageverfahren und damit ebenfalls verspätet geltend gemacht. Des Weiteren könne die Beklagte den Forderungen auch keine Aufrechnung mit rückständigen Prämienforderungen entgegenhalten. Ein Aufrechnungsverbot ergebe sich aus § 77 Abs. 2 VAG a.F. analog. Die entsprechende Anwendung leite sich aus dem Umstand her, dass durch die Vorschrift verhindert werden solle, dass die Privilegierung bestimmter Ansprüche im Insolvenzfall umgangen werden. So hätten nach § 77a Abs. 1 Nr. 1 VAG bei Befriedigung aus den Werten des Sondervermögens die Forderungen der Versicherten, Versicherungsnehmer, Begünstigten oder geschädigten Dritten, die einen Direktanspruch hätten, in Höhe des Anteils am Sicherungsvermögen gemäß § 66 Abs. 1 a VAG a.F. den Vorrang vor den übrigen Insolvenzgläubigern. Die Ansprüche der Rückversicherer seien nicht privilegiert. Könne der Rückversicherer mit offenen Prämienansprüchen gegen Ansprüche des Rückversicherers aufrechnen, die zum Sicherungsvermögen gehörten, würde dies die Privilegierung gleichermaßen schmälern wie im Falle der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung. Die Vergleichbarkeit stelle nunmehr § 77 Abs. 2 S. 2 VAG n.F. klar. Schließlich sei nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte treuwidrig veranlasst worden wäre, nicht zu einem früheren Zeitpunkt aufzurechnen. Es sei im übrigen nicht erkennbar, dass die Beklagte in arglistiger Weise davon abgehalten worden wäre zu kündigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil und die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie macht in erster Linie geltend, sie habe gegen den zu ihren Lasten sich ergebenden Saldo mit den zu ihren Gunsten fälligen Salden gemäß Art. 8.4. der Rückversicherungsverträge aufrechnen können. Die vertragliche Abrechnung entspreche dem in Rückversicherungsverträgen üblichen Vereinbarung eines Periodenkontokorrents im Sinne von § 355 HGB. Es bestehe im vorliegenden Fall kein gesetzliches Aufrechnungsverbot. Ein solches enthalte § 77 Abs. 2 VAG a.F. gerade nicht. Weder eine erweiternde Auslegung unter Berücksichtigung von der Entstehungsgeschichte noch Sinn und Zweck rechtfertigten die Annahme eines Aufrechnungsverbots. Die maßgebliche Fassung der Norm existiere sei 1923, lediglich der Anwendungsbereich habe sich verändert. Auch die Gesetzesänderung im Jahre 2003 mit der Regelung des Sicherungsvermögens für Rückversicherer in § 66 Abs. 6 a S. 1 VAG habe kein Aufrechnungsverbot herbeigeführt. Der historische Gesetzgeber habe kein Aufrechnungsverbot regeln wollen. Eine planwidrige Regelungslücke gebe es nicht. Der Bundesrat habe in der 2008 beabsichtigten Änderung des § 77 Abs. 2 S. 2 VAG keine bloße Klarstellung gesehen, sondern eine auf die Zukunft gerichtete Veränderung der Rechtslage. Auch lasse sich ein Aufrechnungsverbot nicht aus anderen aus anderen Normen herleiten. Die Parallelvorschrift des § 34 a Hypothekenbankengesetz enthalte kein Aufrechnungsverbot.

Hilfsweise werde geltend gemacht, dass ein Anerkenntnis nicht vorliege, da die Abrechnungsfrist nicht eingehalten sei nach Art. 8.1. der Rückversicherungsverträge. Im Hinblick auf die Irrtums- und Versehensklausel in Art. 1.5 liege nur ein deklaratorisches Anerkenntnis vor, welches spätere Einwendungen nicht ausschließe. Schließlich sei hilfsweise auf § 242 BGB hinzuweisen, weil der Sonderbeauftragte durch sein hoffnungsvolles Schreiben die Beklagte hingehalten habe.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, wie der Klage zugesprochen wurden, und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen. Ein Aufrechnungsverbot ergebe sich aus § 77 Abs. 2 VAG a. F., jedenfalls aus Treu und Glauben. Im Gesetzgebungsverfahren habe die Bundesregierung den Vorschlage des Bundesrates abgelehnt und auf eine ungeplante Regelungslücke hingewiesen. Nur die in § 66 Abs. 6 a VAG aufgeführten Ansprüche seien vom Aufrechnungsverbot betroffen. Eine vergleichbare Regelung fehle auch im Hypothekenbankgesetz. Schließlich sei eine Aufrechnung nach § 130 Abs. 1 InsO i.V. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig. Die Beklagte würde für ihre ungesicherte Insolvenzforderung (Prämie) nach Insolvenzeröffnung durch Aufrechnung eine Befriedigung erlangen, auf die kein Anspruch mehr bestanden habe.

Schließlich würde die Neuregelung jedenfalls eine unechte Rückwirkung entfalten und auf Altfälle anwendbar sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen. Die Schriftsätze des Klägers vom 2.6.2009 und der Beklagten vom 17.4.2009 und 23.6.2009 haben vorgelegen.

II. Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

1. Dem Kläger steht auf Grund des Rückversicherungsvertrages vom 9.6. 2006 in Verbindung mit den zugehörigen Anhängen ein Anspruch in Höhe von 84.971,46 € gegen die Beklagte zu.

Die Forderung ergibt sich aus der Abrechnung vom 14.11.2006 über 25.378,04 € und aus der Abrechnung vom 25.1.2007 über den darin enthaltenen Betrag von 59.593,42 €. Die vom Landgericht abgewiesene Forderung von 960,36 € ist nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens.

a) Maßgebend für die Abrechnung ist weiterhin - wovon die Parteien ersichtlich auch ausgegangen sind - Art. 8.1 des Rückversicherungsvertrages in der Fassung vom 9.6.2006. Danach übermittelt der Rückversicherte spätestens sechs Wochen nach Quartalsende dem Rückversicherer Quartalsabrechnungen in der Vertragswährung. Der Rückversicherer bestätigt innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Abrechnung deren Richtigkeit oder erhebt etwaige Einwendungen. Andernfalls gilt die Abrechnung als anerkannt. Diese Voraussetzungen einer anerkannten Forderung sind gegeben.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 14.11.2006 für die Monate Juli und August 2006 abgerechnet und mit Schreiben vom 25.1.2007 für die Monate September bis Dezember 2006. Dass wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.9.2006 nicht jeweils ein "Quartal" erfasst ist, ist nicht entscheidend. Es handelt sich jeweils um Forderungen aus dem dritten und vierten Quartal.

Gegen die Richtigkeit dieser Abrechnungen sind fristgerecht keine Einwendungen geltend gemacht worden. Mit Schreiben vom 20.11.2006 an den Kläger erklärte die Beklagte, dass die Abrechnung derzeit in der Finanzabteilung geprüft werde. Wegen zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ausstehender Prämienforderungen könne die Beklagte der Bitte um Überweisung nicht nachkommen. Unter dem Datum des 8.12.2006 teilte die Beklagte mit, dass sie die Überweisung des Saldos von 197.400, 45 € zu ihren Gunsten erwarte. Mit Schreiben vom 12.3.2007 wies die Beklagte auf die Gegenseitigkeit der Forderungen und auf das nach ihrer Ansicht nicht bestehende Aufrechnungsverbot hin, machte aber gegen die Berechnung der Entschädigungsforderung keine Einwendungen geltend. Solche Einwendungen werden von der Beklagten erst mit Schreiben vom 1.2.2008 vorgebracht. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist von vier Wochen nach Art. 8.1. des Rückversicherungsvertrages vom 9.6.2006 bereits abgelaufen.

Ob die Sechswochenfrist für die Abrechnung zum Quartal nach Art. 8.1 des Rückversicherungsvertrages eingehalten ist, ist in diesem Zusammenhang nicht von entscheidender Bedeutung. Aus der Überschreitung dieser Frist folgt nach Sinn und Zweck der Regelung über den Abrechnungsverkehr nicht, dass die von der Beklagten einzuhaltende Frist von vier Wochen nicht gilt. Maßgeblich ist der Zugang des Abrechnungsschreibens, welches den Fristbeginn bewirkt.

Die Anerkennung des Saldos muss allerdings nicht notwendig zur Folge haben, dass die Abrechnung nicht mehr korrigiert werden kann, wenn ein Fehler übersehen worden sein sollte (vgl. Gerathewohl, Rückversicherung Grundlagen und Praxis, I, Seite 865). Die Besonderheiten der Rückversicherungsabrechnung und der Handelsbrauch haben in der Irrtums- und Versehensklausel in Art. 1.5 des Rückversicherungsvertrages Ausdruck gefunden. Diese Klausel findet auch bei der Abrechnung im Sinne einer Kontokorrentabrede Anwendung (Gerathewohl, a.a.O., Seite 866). Irrtümer und versehentliche Unterlassungen müssen unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 BGB), richtiggestellt werden. Das ist nicht geschehen.

Im übrigen hat die Beklagte gegenüber der Berechnung der Forderung des Klägers keine substantiierten Einwendungen vorgebracht.

2. Die Beklagte kann gegenüber der Forderung auch nicht mit Erfolg aufrechnen.

a) Nach Art. 8. 4 des Rückversicherungsvertrages hat jede Partei das Recht, fällige Salden zu ihren Lasten gegen fällige Salden zu ihren Gunsten - auch wenn sie aus anderen Verträgen resultieren - aufzurechnen. Das Insolvenzverfahren ändert gemäß § 94 InsO daran nichts.

b) Der Aufrechnung der Beklagten steht jedoch ein Aufrechnungsverbot entgegen, welches sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 77 Abs. 2 VAG a.F., jedenfalls gemäß § 394 BGB analog ergibt.

Aus einer entsprechenden Anwendung von § 77 Abs. 2 VAG a.F. lässt sich ein Aufrechnungsverbot herleiten, soweit das Sicherungsvermögen geschützt ist.

Die vorliegend geltend gemachten Forderungen des Klägers gehören zum Sicherungsvermögen, so dass demgegenüber eine Aufrechnung nicht zulässig ist.

§ 77 Abs. 2 VAG a.F. bestimmt, dass durch Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung über die Bestände des Sicherungsvermögens nur soweit verfügt werden darf, wie für den Anspruch, zu dessen Gunsten verfügt wird, die Zuführung zum Sicherungsvermögen vorgeschrieben (§ 66 Abs. 1 bis 4, 6 a) und tatsächlich erfolgt ist. § 77 Abs. 2 VAG in der bis 31.12.2007 anzuwendenden Fassung betrifft demnach den Fall, dass ein Versicherungsnehmer in einem Prozess um einen Anspruch aus einem Versicherungsverhältnis, für den Sicherungsvermögen nach § 66 Abs. 1a VAG a.F. zu bilden war, einen vollstreckbaren Titel erwirkt hat, aus dem er vollstreckt oder eine Arrestvollziehung vornimmt (vgl. Kaulbach in Fahr/Kaulbach/Bähr, VAG, 4 Aufl., § 77 Rn 6; Lipowsky in Prölss, VAG, 12. Aufl., Rn 6 ff).

§ 77 Abs. 2 S. 2 VAG n.F. mit dem Aufrechnungsverbot für Aufrechnungen gegen Ansprüche, die zum Bestand des Sicherungsvermögens gehören. wurde erst eingefügt durch Art. 1 Nr. 14 des Gesetztes vom 23.12.2007 ( BGBl I, S. 3248) mit Wirkung vom 1.1.2008.

Nach § 66 Abs. 6a VAG gehören die Anteile der Rückversicherer an den versicherungstechnischen Brutto-Rückstellungen des selbst abgeschlossenen Versicherungsgeschäfts auch ohne Eintragung in das Vermögensverzeichnis zum Sicherungsvermögen. Das gilt nicht für die Lebensversicherung, die Krankenversicherung der in § 12 genannten Art, die private Pflegeversicherung nach § 12 f und die in § 65 Abs. 4 bezeichneten Versicherungen. In den Fällen des § 66 Abs. 6 a S. 2 gilt § 67 VAG im Hinblick auf die Aufbewahrung und Verwaltung des Anteils (im einzelnen Lipowsky, aaO, § 67 Rn 1 ff Bar- oder Wertpapierdepot). Das Sicherungsvermögen entspricht dem früheren Deckungsstock. Die §§ 66 ff VAG wurde durch Art. 1 Nr. 20 des Gesetzes vom 10.12.2003 (BGBl. I 2478 ff ) überarbeitet, um die RL 2001/17/EG über die Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen umzusetzen (vgl. zur Begründung BT-Drucksache 15/1653, Seite 25, 26). § 77 wurde an die neue Terminologie angepasst. Der Inhalt wurde nicht verändert.

Ein Verbot der Aufrechnung ist in § 77 Abs. 2 VAG a.F. nicht erwähnt. Es wird vom Wortlaut nicht erfasst. Eine Auslegung nach Sinn und Zweck der Regelung über den Wortsinn hinaus erscheint nicht zulässig. In Betracht kommt jedoch vorliegend eine analoge Anwendung von § 77 Abs. 2 VAG a.F.

Die Analogie setzt voraus, dass das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält (vgl. BGHZ 149; 165; NJW 1981, 1726; NJW 1988, 2109; NJW 1988, 2734; NJW 2007, 3124; NJW 2008, 1446; Palandt-Heinrichs, BGB, 68. Aufl., Einl. § 1 Rn 48). Diese liegt - wie sich aus den Gesetzesmaterialien entnehmen lässt - vor und ist durch Annahme eines Aufrechnungsverbots zu füllen. Von einer Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes ist auszugehen. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, die im Wege der Analogie ausgefüllt werden kann, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Gesetz muss also, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein (vgl. BGHZ 149, 165). So liegt der Fall hier.

In der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Entwurf eines Neunten Gesetztes zur Änderung des VAG (BT- Drucks. 16/6518 Seite 18 ) heißt es wie folgt:

"§ 77 Abs. 2 soll verhindern, dass die Privilegierung der Ansprüche des Versicherten im Insolvenzfall (§ 77a Abs.1 Satz 1 Nr. 1) umgangen wird. Die Ergänzung stellt klar, dass die bei Zwangsvollstreckung und Arrestvollziehung bezüglich der Bestände des Sicherungsvermögens vorgesehenen Beschränkungen erst recht bei Aufrechnungen gelten. Die Regelung ist mit Gemeinschaftsrecht vereinbar (siehe Artikel 22 Abs.1 Richtlinie 2001/17/EG). Das weitgehende Aufrechnungsverbot hat erhebliche Bedeutung für die Schaden- und Unfallversicherung. Üblicherweise haben hier die Erstversicherer aufgrund des in Rückdeckung gegebenen Versicherungsgeschäfts Ansprüche gegen die Rückversicherer, gleichzeitig haben diese aufgrund des Rückversicherungsgeschäfts Ansprüche gegen die betreffenden Erstversicherer (Abrechnungsverbindlichkeiten). Die Ansprüche der Rückversicherer sind nicht nach § 77a Abs.1 Satz 1 Nr. 1 VAG privilegiert. Andererseits gehören die Ansprüche der Erstversicherer, die aus den Anteilen der Rückversicherer an den versicherungstechnischen Rückstellungen folgen, zum "Ist" des Sicherungsvermögens (§ 66 Abs. 6 a Satz 1), können also zur Bedeckung des "Solls" des Sicherungsvermögens herangezogen werden....Wenn ein Rückversicherer dennoch aufrechnen könnte, würde das "Ist" des Sicherungsvermögens entsprechend geschmälert. Dabei wäre die Lücke umso größer, je höher ein Erstversicherer rückversichert ist, obwohl gerade bei kleinen Versicherungsunternehmen hohe Rückversicherungsquoten notwendig und auch aufsichtsbehördlich erwünscht seien."

Demnach ist durch die Neuregelung lediglich eine Klarstellung einer bereits vorhandenen Rechtslage erfolgt.

Demgegenüber hat der Bundesrat ablehnend wie folgt Stellung genommen (vgl. BT-Drucks. 16/6966, Seite 2): "Die Ergänzung läuft auf ein Aufrechnungsverbot für Rückversicherungsunternehmen gegen Forderungen des Erstversicherungsunternehmens hinaus. Durch die Einführung einer solchen Bestimmung würden Rückversicherungsunternehmen unangemessen benachteiligt. Die Gesetzesbegründung, wonach bei einer entsprechenden Aufrechnungsmöglichkeit für Rückversicherungsunternehmen eine Gefährdung des Versicherten eintreten lassen könnte, da eine solche Aufrechnung des Sicherungsvermögen schmälern wolle, verkennt die Realität. Die beabsichtigte Regelung ist schließlich mit der international etablierten und praktizierten Abrechnungspraxis zwischen Rückversicherer und Erstversicherer nicht vereinbar. Zwischen Erst- und Rückversicherer ist es gängige Praxis, dass unterjährig eine Verrechnung im Rahmen eines Kontokorrents der jeweils sich gegenüberstehenden fälligen Forderungen aus einem oder mehreren Rückversicherungsverträgen erfolgt....Die geplante Bestimmung führt dazu, dass eine Saldierung der jeweiligen Ansprüche aus den Rückversicherungsverhältnissen in Zukunft nicht mehr möglich wäre..."

Diese Meinung hat sich im Gesetzgebungsverfahren jedoch nicht durchgesetzt. Dazu hat sich die Bundesregierung sich wie folgt geäußert (BT-Drucks. 16/6966, Seite3):

"Der Vorschlag wird abgelehnt. Die Änderung ist erforderlich, um eine ungeplante Regelungslücke im VAG zu beseitigen. Im Falle der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens haben die Ansprüche des Versicherten Vorrang vor den Ansprüchen aller anderen Gläubiger. Durch die vom Gesetz bisher nicht erfasste Aufrechnungsmöglichkeit können Rückversicherer diesen Vorrang umgehen und sich damit zu Lasten der Versicherten eine privilegierte Gläubigerstellung verschaffen. Diese Lücke muss daher geschlossen werden. Im Übrigen handelt es sich nicht um ein generelles Aufrechnungsverbot, da nicht alle, sondern nur die in § 66 Abs. 6 a VAG aufgeführten Ansprüche gegen die Rückversicherer erfasst werden. Vom Aufrechnungsverbot sind lediglich Forderungen eines Versicherungsunternehmens gegen den Rückversicherer betroffen, die zum Sicherungsvermögen gehören....".

Daraus ist zu entnehmen, dass im Gesetzgebungsverfahren bis zuletzt eine ungeplante Regelungslücke angenommen worden ist. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde wie beantragt angenommen. In der Bundesratssitzung vom 20.12.2007 wurden keine Gegenäußerungen erhoben.

c) Soweit sich die Beklagte auf eine Entscheidung des BGH zu § 14 KO beruft (NJW 1971, 1563), steht dies der Annahme einer Analogie zu § 77 Abs. 2 VAG a.F. nicht entgegen. Diese Entscheidung ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Nach § 14 KO ist es dem Konkursgläubiger versagt, nach Konkurseröffnung Arreste und Zwangsvollstreckungen in das zu Masse gehörige, aber auch in das sonstige Vermögen des Gemeinschuldners auszubringen. Der BGH hat entschieden, dass die Aufrechnung eines Konkursgläubigers gegen eine zum konkursfreien Vermögen des Gemeinschuldners gehörende Forderung nicht gegen § 14 KO verstößt. Der BGH hat ausgeführt, dass sich die Aufrechnung zwar als Zwangsvollstreckung ähnlicher, aber immerhin außergerichtlicher Zugriff auf die Forderung des Gläubigers darstelle, sozusagen als eine Forderungsdurchsetzung im Wege der Selbsthilfe, also eine dem Gläubiger aufgezwungene Befriedigung. Außerdem unterscheide auch der Umstand, dass der Zugriff nur unter Aufopferung der eigenen Forderung möglich sei, die Aufrechnung von einer echten Vollstreckungsmaßnahme. Dieser Gesichtspunkt trifft vorliegend jedoch nicht zu. Im Rahmen des § 77 Abs. 2 VAG a.F. büßt der Rückversicherer keine Forderung gegen das Sicherungsvermögen ein. Die Fallgestaltungen sind damit nicht vergleichbar.

d) Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass aus § 34 a Hypothekenbankgesetz kein Aufrechnungsverbot hergeleitet werden könne und dies auf § 77 Abs. 2 VAG a.F. übertragen werden müsse, kann dem nicht gefolgt werden. Nach § 34 a Hypothekenbankgesetz finden Arreste und Zwangsvollstreckungen in die in das Hypothekenregister eingetragenen Werte nur wegen Ansprüchen aus den Hypothekenpfandbriefen statt. In der Kommentarliteratur wird ausgeführt, dass die Rechtsnatur des Vollstreckungsprivilegs nicht geklärt sei, insbesondere nicht, ob es sich um ein teilweises Pfändungsverbot, das über die Vorschriftenkette der §§ 394, 400, 1274 BGB zu einem teilweisen Aufrechnungs-, Abtretungs- und Verpfändungsverbot führen würde, oder ob es sich lediglich um eine vollstreckungsrechtliches Verfahrenshindernis handele (vgl. Bellinger/Kerl, HypothekenbankG, 4. Aufl., § 34 a, Rn 11). Die Entstehungsgeschichte des § 34 a HypothekenbankG ist jedoch eine andere als zu § 77 VAG. § 34 a HypothekenbankG wurde durch das Dritte Änderungsgesetz vom 21.12.1927 (RGBl I, Seite 635) eingefügt, und zwar im Zusammenhang mit der Schaffung des Gesetzes über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten (Bellinger/Kerl, a.a.O., § 34 a) Rn 2, 3). Es sollte eine Ausgestaltung und Sicherstellung des Vorzugsrechts im Konkurs bewirken. Wegen der unterschiedlichen Entstehung und Zielsetzung der Normen ergeben sich keine Gesichtspunkte, die gegen die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke im VAG und die daraus folgende Analogiefähigkeit von § 77 Abs. 2 VAG a.F. sprechen.

e) Ein Aufrechnungsverbot lässt sich jedenfalls auch aus einer entsprechenden Anwendung von § 394 Satz 1 BGB herleiten. Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet nach dieser Vorschrift die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt.

§ 77 Abs. 2 VAG a. F. regelt ein Zwangsvollstreckungs- und Arrestvollziehungsverbot. Es handelt sich damit ausdrücklich nicht um ein gesetzlich angeordnetes Pfändungsverbot. Das Aufrechnungsverbot des § 394 BGB bezieht sich vor allem, aber nicht nur, auf die Pfändungsverbote der ZPO. Diese dienen in erster Linie dem Schutz des Schuldners gegen Entzug der Vermögenswerte, die zur Sicherung des Existenzminimums benötigt werden (Vgl. MüKo-BGB/Schlüter, 5. Aufl., § 394, Rn 1). Damit kommt eine unmittelbare Anwendung von § 394 BGB nicht in Betracht.

Nach dem Sinn und Zweck des § 77 Abs. 2 VAG a.F. ist das Zwangsvollstreckungs- und Arrestvollziehungsverbot jedoch einem Pfändungsverbot gleichzustellen. Vollstreckungsmaßnahmen in das geschützte Sicherungsvermögen sollen - wie bereits ausgeführt - eingeschränkt werden (vgl. Prölss/Lipowsky, VAG, 12. Aufl., § 77 Rn 6). Wenn man ein Aufrechnungsverbot nicht in entsprechender Anwendung aus § 77 Abs. 2 VAG a.F. ableitet, so ergibt sich jedenfalls ein solches Verbot aus einer entsprechenden Anwendung von § 394 BGB.

f) Die Berufung auf das Aufrechnungsverbot ist dem Kläger auch nicht aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt.

Die Schreiben des Sonderbeauftragten der BaFin vom 28.6.2006 (Anlage B 5) und 1.8.2006 (Anlage B 7) zeigen, dass eine Reihe von Sanierungsmaßnahmen in Aussicht gestellt wurde, die die Existenz der Schuldnerin sicherstellen sollten. Daraus kann aber nicht entnommen werden, dass die Beklagte treuwidrig veranlasst worden sei, Ansprüche nicht geltend zu machen. Einer Aufrechnung hätte auch zu einem früheren Zeitpunkt das Aufrechnungsverbot entgegengestanden. Ein dem Kläger zuzurechnendes arglistiges Verhalten ist nicht erkennbar.

3. Die Frage der Rückwirkung der Neufassung des § 77 Abs. 2 VAG auf Altfälle und der Unzulässigkeit der Aufrechnung nach § 130 Abs. 1 InsO i.v. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO bedarf keiner Klärung.

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

5. Die Revision wird im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung durch die Beklagte zugelassen, § 543 Abs.2 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Zwar steht mit § 77 Abs. 2 VAG a.F. eine Vorschrift auslaufenden Rechts zur Beurteilung. Es sind jedoch noch zahlreiche Altfälle im Streit, in denen die Frage des Aufrechnungsverbots einer Klärung bedarf (vgl. BGH NJW - RR 2006, 1719; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 29 Aufl., § 543 Rn 4 b; Zöller/Heßler, ZPO, 27.Aufl., § 543 Rn 24 zur Beschränkung hinsichtlich Aufrechnung).

Streitwert für das Berufungsverfahren: 84.971,46 €.

Ende der Entscheidung

Zurück