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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 12.07.2005
Aktenzeichen: 9 U 154/04
Rechtsgebiete: VVG, BGB, ZPO


Vorschriften:

VVG § 12 Abs. 1
BGB § 204 Nr. 3
ZPO § 690 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 167
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 154/04

Anlage zum Protokoll vom 12.7.2005

Verkündet am 12.7.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2005 durch die Richter am Oberlandesgericht Dr. Halbach und Schütz sowie den Richter am Amtsgericht Riemenschneider

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 29.7.2004 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 343/03 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I. Die Klägerin, die sich mit der Leasing-Finanzierung von Wirtschaftsgütern beschäftigt, begehrt von der Beklagten Zahlung von Entschädigung aus zahlreichen Leasing-Kreditversicherungsverträgen wegen Forderungsausfällen, hilfsweise Rückzahlung geleisteter Prämien. Ansprüche der Klägerin in diesem Zusammenhang sind Gegenstand verschiedener Rechtsstreite, unter anderem des Parallelrechtsstreits vor dem Senat 9 U 153/04 ( = 24 O 360/03 LG Köln). Vorliegend geht es um 16 Versicherungsverträge.

In den Jahren 1998 und 1999 hatte die Klägerin mit den Unternehmen SQ Entsorgungstechnologie-Vertrieb T B GmbH & Co KG (im folgenden: SQ) und IH Entsorgungstechnik GmbH & Co. KG (im folgenden: IH) Leasingverträge abgeschlossen. Die geleasten hochwertigen Maschinen im Industriebereich bezog die Klägerin von der S engineering GmbH & Co. KG. Der jeweilige Kaufpreis der Wirtschaftsgüter wurden durch Banken finanziert. Hierbei verkaufte die Klägerin den Banken die ihr gegen SQ zustehenden Leasingforderungen "à forfait" und übereignete die Gegenstände zur Sicherheit. Bei der sogenannten Forfaitierung handelte es sich um einen Forderungsübertragung mit Vollabtretung ohne Haftung des Verkäufers für die Bonität des Leasingnehmers. Das Risiko des Forderungsausfalls durch Zahlungsunfähigkeit der Leasingnehmer sicherte die Klägerin durch Kreditversicherungsverträge mit der Beklagten ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die Versicherungsverträge verwiesen ( AH I ). Versicherungssummen waren die Summen der Brutto-Leasingraten. Die Ansprüche aus den jeweiligen Kreditversicherungsverträgen trat die Klägerin an die finanzierenden Banken ab. Insoweit erfolgte später eine Rückabtretung. Am 1.6.2000 wurde über das Vermögen der SQ das Insolvenzverfahren eröffnet, in der Folgezeit auch über das Vermögen der IH. Die Zahlung der monatlichen Leasingraten wurde eingestellt.

Mit Schreiben vom 7.9.2000 (Anlage B 11 in AH II) lehnte die Beklagte bezüglich sämtlicher Verträge ihre Leistungspflicht ab.

Am 27.12.2002 ist bei dem Amtsgericht Coburg ein Antrag der Klägerin auf Erlass eines Mahnbescheides eingegangen (Bl. 5, 308 GA). Im Teil "Bezeichnung des Anspruchs" des Antragsformulars ist in der Zeile Nummer 32 in der Spalte "Katalog-Nr." eingetragen "27", in der Spalte "Rechnung/Aufstellung/Vertrag oder ähnliche Bezeichnung" eingetragen "Anspruchsschr.", in der Spalte "Nr. der Rechnung/des Kontos u. dgl." eingetragen " s. Anhang MB", in der Spalte "Datum bzw. Zeitraum vom " eingetragen "02.10.02" und in der Spalte "Betrag EUR" "8720306,28" (vgl. Bl. 309 GA). Dem Antrag war ein "Anhang" beigefügt (vgl. Bl. 310 GA), in dem es u.a. heißt: " Bezeichnung des Anspruchs Zeilen-Nr. 32 / Nr. der Rechnung/des Kontos u. dgl. Versicherungsverträge

1. 302 56577

2. 302 69161

3. 302 73217

4. 30292093

5. 302 77377

6. 302 85697

7. 302 91846

8. 302 48257

9. 302 91859

10. 302 91898

11. 302 89857

12. 302 89961

13. 302 64897

14. 302 73321

15. 302 25377

16. 302 27457

Am 8.1.2003 hat das Amtsgericht Coburg einen Mahnbescheid erlassen, in dem die Hauptforderung wie folgt bezeichnet ist (Bl. 3 GA) : "Rückgriff aus Versich. Vertrag wg. Unfall/Vorfall gemäß Verträge 30256577 bis 30227457 vom 02.10.02 ... 8.720.306,28 EUR". Der Mahnbescheid ist der Beklagten am 13.1.2003 zugestellt worden (Bl. 5 GA).

Mit am 29.8.2003 beim Landgericht Köln eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin ihren Anspruch begründet (Bl. 9 ff GA). Dieser Schriftsatz ist der Beklagten am 2.9.2003 zugestellt worden (Bl. 39 GA).

Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte wegen der nicht gezahlten Leasingraten aus 14 Leasingverträgen mit der SQ und 2 Leasingverträgen mit der IH auf Zahlung von Entschädigung in Höhe von insgesamt 8.720.306,28 € nebst Zinsen in Anspruch Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus den Leasingverträgen im Insolvenzverfahren der SQ und der IH. Hilfsweise verlangt sie Rückzahlung der geleisteten Versicherungsprämien in Höhe von 505.460,53 € nebst Zinsen für den Fall, dass sich herausstellen sollte, dass die Beklagte von der Leistung frei oder die Kreditversicherungsverträge nicht wirksam zustande gekommen seien. Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen und vorgetragen, der beantragte Mahnbescheid sei mangels hinreichender Individualisierung nicht geeignet gewesen, die Verjährung zu hemmen. Eine Anspruchsbegründung sei dem Mahnbescheid nicht beigefügt gewesen. Im übrigen hat die Beklagte behauptet, die Leasingverträge seien in betrügerischer Weise durch Absprache zwischen der Klägerin, der SQ und der S engineering GmbH & Co. KG zustande gekommen. Ausgangspunkt der Geschäfte seien die Aktivitäten der SQ gewesen, die zu einer Unternehmensgruppe gehört habe, die Betrugshandlungen vorgenommen habe, die als sogenannter Flow-Tex-Skandal bezeichnet worden sei. Hierbei seien nicht existierende Bohrsysteme verkauft worden. Spätestens 1999 habe die Klägerin begonnen, planmäßig das Flow-Tex-System zu übernehmen. Obwohl klar gewesen sei, dass die für das Funktionieren des Leasingverfahrens erforderliche Rentabilität durch den laufenden Einsatz der Maschinen nicht gewährleistet gewesen sei ("Pay as you earn"), seien im Rahmen eines betrügerischen Schneeballsystems immer mehr Leasingverträge abgeschlossen worden, obwohl es die zugrunde liegenden Maschinen nicht gegeben hätte. Die SQ und S hätten unter Beteiligung der Klägerin Leasingfinanzierungen erreicht, wobei die jeweiligen Maschinen nicht fertiggestellt oder überhaupt nicht existent gewesen seien. Teilweise seien gebrauchte Güter als neu geleast worden. Außerdem habe es Doppeletikettierungen gegeben, wobei bereits verleaste Maschinen unter neuer Nummer erneut verleast worden seien. Dies sei der Klägerin bekannt gewesen. Gleichwohl habe sie Abnahmebestätigungen ausgefüllt. Durch die Forfaitierung habe sie kein Ausfallrisiko mehr getragen. Sie habe von den betrügerischen Finanzierungen in der Weise profitiert, dass sie für die Vermittlung und den Abschluss der Leasingverträge Provision bezogen habe. Die Beklagte habe von diesem System keine Kenntnis gehabt.

Schließlich hat sich die Beklagte auf Leistungsfreiheit wegen Verstoßes gegen § 5 AVB Leasingkredit betreffend die nicht anderweitige Absicherung der Selbstbeteiligung von 20 % berufen. Durch die Forfaitierung sei gegen diese Vereinbarung verstoßen worden. Dies hätte zudem angezeigt werden müssen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, dem Anspruch stehe die Einrede der Verjährung entgegen. Die Verjährungsfrist sei nicht durch Zustellung des Mahnbescheids gehemmt worden. Dieser habe nicht den Anforderungen an eine hinreichende Indivisualisierung entsprochen. Die im August 2003 eingegangene Begründung des Klageanspruchs sei nicht geeignet, eine Zustellung "demnächst" zu bewirken. Im übrigen bestünden Zweifel an der Begründetheit der Klage, weil die Forfaitierung ohne Kenntnis und Genehmigung der Beklagten zur Leistungsfreiheit habe führen können, ebenso die Verleasung von nicht existierenden Maschinen. Diese Umständen hätten nicht weiter aufgeklärt werden müssen. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Prämienrückzahlung sei nicht substantiiert dargelegt. Auf das angefochtene Urteil wird ergänzend Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin. Sie macht geltend, abzustellen sei darauf, dass der Mahnbescheid "demnächst" zugestellt worden sei. Ein zusätzliches inhaltliches Element sei nicht zu verlangen. Die Beklagte habe bereits außergerichtlich jegliche Eintrittspflicht zurückgewiesen. Insoweit bedürfe sie keines Schutzes im Hinblick auf eine genaue Kennzeichnung der Ansprüche, zumal es keine anderen Ansprüche als solche aus Kreditversicherungsverträgen gebe. Außerdem sei mit der Anspruchsbegründung vom 26.8.2003 die Zusammensetzung der Klageforderung dargelegt. Der Hilfsantrag beruhe auf § 20 Abs. 2 VVG. Selbst wenn die kurze Verjährung nach § 12 Abs. 1 VVG gelte, habe der Mahnbescheid die Frist gehemmt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 8.720.306,28 € nebst 8 % Zinsen p.a. über dem jeweiligen Zinssatz hieraus seit 15.12.2002 zu bezahlen Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin aus den Leasingverträgen-Nrn. 56037/000, 56052/000, 56060/000, 56105/000, 56059/000, 56078/000, 56076/000, 56035/000, 56085/000, 56100/000, 56053/000, 56058/000, 56024/000, 56025/000 im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma SQ Entsorgungstechnologie-Vertrieb T B GmbH & Co. KG, F und aus den Leasingverträgen-Nr. 56091/000 und 56093/000 im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma IH Entsorgungstechnik GmbH & Co. KG, L, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 505.460,53 € nebst 8 % Zinsen p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 86.194,25 € seit dem 29.10.1998, aus 38.271,32 € seit dem 6.4.1999, aus 16.265,32 € seit dem 7.6.1999, aus 11.483,46 € seit dem 24.2.2000, aus 11.481,26 € seit dem 2.6.1999, aus 5.931,75 € seit dem 12.7.1999, aus 5.932,06 € seit dem 30.8.1999, aus 9.848,71 € seit dem 17.1.2000, aus 38.271,32 € seit dem 5.3.1999, aus 11.481,26 € seit dem 2.6.1999, aus 79.114,85 € seit dem 22.6.1998, aus 79.114,85 € seit dem 24.6.1998, aus 17.042,38 € seit dem 30.8.1999 uns aus 7.769,08 € seit dem 30.8.1999 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag, insbesondere zu Verjährung und zum betrügerischen Vorgehen der Klägerin. Sie macht geltend, dass der Anspruch im Mahnbescheid ungenügend individualisiert sei. Dem zugestellten Mahnbescheids sei keine Anlage beigefügt gewesen. Die Individualisierung sei auch nicht rechtzeitig nachgeholt worden. Der Gesichtspunkt der Schutzbedürftigkeit der Beklagten sei kein Kriterium für die Frage, ob der Mahnbescheid die Verjährung hemme. Schließlich bestehe Leistungsfreiheit wegen zahlreicher Obliegenheitsverletzungen im Zusammenhang mit der Durchführung der Leasingverträge. Der Hilfsanspruch sei zudem unbegründet, weil dem Versicherer die volle Prämie für die volle Versicherungsperiode zustehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Haupt- und Hilfsantrag der Klage sind nicht begründet.

1. Der Klägerin steht ein Entschädigungsanspruch auf Grund der zwischen der MG als Versicherungsnehmer und der Beklagten abgeschlossenen Leasing - Kreditversicherung gemäß § 1 AVB Leasingkredit nicht zu.

a) Der Anspruch der Klägerin ist nach § 12 Abs. 1 VVG verjährt. Nach dieser Vorschrift verjähren Ansprüche aus Versicherungsvertrag der vorliegend Art in zwei Jahren. Die Verjährung beginnt nach § 12 Abs.1 S. 2 VVG mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann.

Beginn der Verjährung war nach § 11 Abs. 1 VVG der 31.12.2000. Die Verjährung endete am 31.12.2002.

Durch die Zustellung des Mahnbescheids am 16.1.2003 ist nach § 204 Nr.3 BGB eine Hemmung nicht eingetreten. Nach § 167 ZPO kann allerdings die Wirkung der Hemmung mit Antragseingang eintreten, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Dies Wirkung tritt aber nur ein, wenn der geltend gemachte Anspruch nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hinreichend individualisiert ist. Er muss sich durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein und der Schuldner erkennen kann, welcher Anspruch oder welche Ansprüche gegen ihn geltend werden, damit er beurteilen kann, ob und in welchem Umfang er sich zur Wehr setzen will (vgl. BGH, NJW 2001, 305; NJW 1992, 111; NJW 1995, 2230, NJW 1996, 2152; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 26.Aufl., § 690, Rn 9). Bei der Geltendmachung einer Mehrzahl von Einzelforderungen muss deren Bezeichnung im Mahnbescheid dem Beklagten ermöglichen, die Zusammensetzung des verlangten Gesamtbetrages aus für ihn unterscheidbaren Ansprüchen zu erkennen (vgl. BGH, NJW 2001, 305; NJW 1993, 862; Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 690, Rn 14). Die Einzelforderungen müssen nach Individualisierungsmerkmalen und Betrag bestimmt sein. Eine betragsmäßige Aufteilung und Zuordnung ist erforderlich.

Diesen Anforderungen entspricht der Mahnbescheid im vorliegenden Fall nicht.

Der Mahnbescheid vom 8.1.2003 enthielt nur die Bezeichnung der Hauptforderung "Rückgriff aus Versich.Vertrag wg Unfall/Vorfall gem. Verträge 30256577 bis 302274757 vom 02.10.02 ... 8.720.306,28 EUR". Es fehlt bereits eine Bezeichnung, wie sich die Gesamtforderung zusammensetzt.

Wie sich aus einem Vergleich der von der Klägerin nunmehr vorgelegten der Anlage zum Mahnbescheidsantrag mit 16 Vertragsnummern und dem Inhalt des Mahnbescheids ergibt, sind die Versicherungsverträge im Mahnbescheid in sinnentstellender Weise verkürzt "bis" bezeichnet, so dass eine Zuordnung nicht möglich ist.

Dass die Beklagte eine Anlage vom 02.10.2002 erhalten hat, ist nicht bewiesen. Damit entfällt die Individualisierung durch ein anliegendes Schriftstück (vgl. OLG Düsseldorf, VersR1997, 721). Unabhängig davon waren unter dem Datum des 2.10.2002 eine Vielzahl von einzelnen Forderungsschreiben der Klägerin erstellt worden, so dass eine eindeutige Zuordnung nicht möglich ist. Die Bezeichnung "Rückgriff" wegen "Unfall/Vorfall" lässt darüber hinaus nicht erkennen, dass es um die Forderung einer Entschädigung aus einer Versicherung bzw. Rückzahlung von Prämien geht.

Auch die Fassung des Antrages auf Erlass des Mahnbescheids mit dem Anhang (Bl. 310) führt zu keiner anderen Beurteilung. Es kann dahinstehen, ob grundsätzlich Anlagen zum Antrag die Individualisierung herbeiführen können. Vorliegend sind lediglich Nummern von Versicherungsverträgen genannt; eine Zuordnung zu bestimmten Beträgen und konkrete Aufteilung ist nicht erfolgt.

Die Aufstellung vom 23.5.2003, die die Bevollmächtigten der Beklagten am 27.5.2003 erhalten haben (Anlage B 16), ändert nichts. Nur wenn ein bereits nach Datum und Betrag genau bezeichneter Anspruch geltend gemacht wird und lediglich die Zusammensetzung der Klagesumme durch bestimmte Teilbeträge der schon zuvor ausreichend individualisierten Einzelforderungen mitgeteilt wird, kann etwas anderes gelten (vgl. BGH, NJW 2001, 305 unter Hinweis auf BGH, NJW-RR 1996, 885).

Die am 29.8.2003 bei Gericht eingegangene und am 2.9.2003 zugestellte Anspruchsbegründung war nicht mehr "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO. Grundsätzlich ist insoweit eine Rückwirkung möglich (vgl. BGH, NJW 1995, 2230), vorliegend waren jedoch die Voraussetzungen einer "demnächstigen" Zustellung nicht gegeben. Die Klägerin hat erst mit Schriftsatz vom 26.8.2003 den Anspruch begründet. Zu diesem Zeitpunkt war Verjährung eingetreten.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte vorliegend des Schutzes nicht bedürfe wie die Klägerin meint. Für die Beklagte war nicht erkennbar, welche individualisierten Ansprüche in welcher Höhe geltend gemacht würden. Ob die Beklagte eine Leistungspflicht wegen aller Verträge abgelehnt hat, ist in diesem Zusammenhang nicht von entscheidender Bedeutung.

b) Ob die Beklagte nach den §§ 14, 8, 5 AVB Leasingkredit, 6 Abs. 1, 3 VVG wegen einer Obliegenheitsverletzungen leistungsfrei ist, konnte der Senat offen lassen. Die von der Beklagten vorgetragenen Umstände einer betrügerischen Verhaltensweise bei der Vertragsdurchführung und die Frage der Kenntnis der Beklagten von der Forfaitierung bedurften nicht der Aufklärung.

2. Der Hilfsantrag ist nicht begründet.

Ob der Anspruch auf Rückzahlung unverdienter Prämie nach § 20 Abs. 2 VVG oder aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigter Bereicherung der Verjährung ebenfalls nach § 12 Abs. 1 VVG der Verjährung unterliegt (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 1992, 557; Prölss in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 12, Rn 6) bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass der Anspruch insoweit nicht substantiiert dargelegt ist.

Die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 20 Abs. 2 VVG liegen auch unter Berücksichtigung von § 40 Abs. 1 VVG nicht vor. Das Schreiben der Beklagten vom 9.7.2000 (B 11 AH II) stellt zudem keinen Rücktritt im Sinne von § 20 Abs. 2 VVG dar. Die Berufung auf Leistungsfreiheit nach § 14 Abs. 1 AVB Leasingkredit reicht insoweit nicht aus (vgl. Prölss in Prölss/Martin, a.a.O., § 20, Rn 7 m.w.N).

Schließlich ist die Berechnung der Forderung nicht nachvollziehbar.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert im vorliegenden Einzelfall die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 9.225.712,70 €

Ende der Entscheidung

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