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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 28.10.2005
Aktenzeichen: 9 U 156/04
Rechtsgebiete: VVG, VHB 97, ZPO
Vorschriften:
VVG § 61 | |
VHB 97 § 9 Abs. 1 a | |
ZPO § 529 Abs. 1 Ziff. 1 |
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 05.08.2004 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 104/01 - in der mit Beschluss vom 30.08.2005 berichtigten Fassung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % der vollstreckbaren Forderung abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe:
I.
Die Klägerin bzw. ihr Ehemann, der Zeuge S, betätigten sich in der Vergangenheit mit geringem wirtschaftlichem Erfolg als Gastwirte und Bauträger. Sie erwarben ein heruntergewirtschaftetes Gaststättengebäude in I, in dem sie nach ihren Angaben die Renovierung und Wiedereröffnung der Gaststätte planten. In den Wohnräumen, die die Klägerin und ihr Ehemann sich in dem Gebäude eingerichtet hatten, kam es im November 1992 zu einem Brand, durch den das Gebäude erheblich beschädigt wurde. Die Ermittlungen ergaben, dass der Brand im Bereich des Kühlschranks in der Küche der Wohnräume der Eheleute ausgebrochen war. Der damaligen Versicherer entschädigte den eingetretenen Brandschaden. Zu der Instandsetzung des Gebäudes und der Eröffnung der Gaststätte kam es nicht, das Grundstück wurde stattdessen mit Einfamilienhäusern bebaut.
Die Klägerin erwarb im April 2000 durch Zuschlag in einer Zwangsvollstreckung das Hotelobjekt "T" in M für 550.000,- DM. Der Betrag wurde trotz erheblicher Forderungen Dritter gegen die Eheleute in Höhe von 100.000,- DM aus deren Vermögen aufgebracht und in Höhe von 450.000,- DM mit einem Bankkredit finanziert. Das Objekt hatte zuvor mehrere Jahre leergestanden und war renovierungsbedürftig. Für die Renovierung erhielt die Klägerin ein Darlehen über 80.000,- DM von der L Brauerei. Die Klägerin und ihr Ehemann richteten sich in dem ersten Stock des Gebäudes Wohnräume ein. In der Folgezeit erfolgten unter Mithilfe zweier polnischer Schwarzarbeiter Renovierungsarbeiten. Unter anderem wurde die Fassade des Gebäudes renoviert. Am 30.07.2000 begab die Klägerin sich nach C, um dort in den folgenden zwei Wochen Kuranwendungen in Anspruch zu nehmen. Gegen Ende der vorgesehenen Aufenthaltsdauer verlängerte sie ihren Aufenthalt in der dortigen Pension um einige Tage. Während ihres Aufenthaltes in C wurde sie mehrfach von ihrem Ehemann besucht. Der Ehemann der Klägerin besuchte sie auch am 12.08.2000. Nachdem er die Nacht in C verbracht hatte, fuhr er am 13.08.2000 zu dem ca. 250 km entfernten M und an demselben Tag wieder zurück nach C. In der Nacht vom 13. auf den 14.08.2000 kam es zu einem Brand in den Wohnräumen der Eheleute. Der Brand wurde um 3.05 Uhr gemeldet. Es entstand erheblicher Schaden an dem Gebäude. Unter anderem brannte der Dachstuhl vollständig ab. Ein gegen den Ehemann der Klägerin, den Zeugen S, wegen des Verdachtes der Brandstiftung eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde nach umfangreichen Ermittlungen eingestellt.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten, bei der sie eine Hausratversicherung unterhält, der die VHB 97 zugrunde liegen, Entschädigung wegen des von dem Brand beeinträchtigten Hausrats sowie den Ersatz von Aufräum-, Hotelübernachtungskosten und Zinsaufwendungen. Die Beklagte lehnte die Deckung mit der Begründung, es sei von einer vorsätzlichen Eigenbrandstiftung auszugehen, ab.
Die Klägerin hat behauptet, es sei geplant gewesen, das Hotel wiederzueröffnen. Das Hotel habe zukünftig den Lebensunterhalt der Eheleute sichern sollen. Es seien umfangreiche Renovierungen durchgeführt worden. Bis zur Eröffnung seien nur noch Kleinigkeiten zu erledigen gewesen. Die Eröffnung sei für Mitte September 2000 vorgesehen gewesen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 297.148,52 DM nebst 17,5 % Zinsen seit dem 01.01.2001 zu zahlen,
die Beklagte zu verurteilen, das Finanzamt K von einer noch offen stehenden Forderung in Höhe von 72.977,58 DM nebst Zinsen frei zu stellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, das Gebäude sei vorsätzlich in Brand gesetzt worden worden. Es sei davon auszugehen, dass er von dem Zeugen S mit dem Wissen und Wollen der Klägerin gelegt wurde. Sie sei deshalb gemäß §§ 61 VVG, 9 Absatz 1 a VHB 97 leistungsfrei.
Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen und unter Verwertung eines von dem Landgericht Wiesbaden in einem Parallelverfahren zu der Brandursache eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dr. Q sowie der Anhörung des Sachverständigen H vor dem Landgericht Frankfurt in einem weiteren Parallelverfahren die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei von einer Eigenbrandstiftung auszugehen.
Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin. Die Klägerin ist der Auffassung, das Landgericht habe zu Unrecht eine Eigenbrandstiftung angenommen. Sie gehe weiterhin davon aus, dass es zu dem Brand aufgrund eines technischen Defekts gekommen sei. Zudem habe das Landgericht nicht bedacht, dass ein Schlüssel zu der Eingangstür des Hotels während ihres Kuraufenthalts von Unbekannten aus den Räumen entwendet worden sein könnte und diese sich in der Brandnacht Zugang zu dem Gebäude verschafft haben könnten. Sie nimmt Bezug auf das zu ihren Gunsten ergangene Urteil des OLG Frankfurt vom 22.12.2004 in dem zwischen ihr und dem Gebäudeversicherer geführten Rechtsstreit (LG Frankfurt 2/7 O 80/02, OLG Frankfurt 7 U 20/04), in dem das OLG Frankfurt ausgeführt hat, dass zwar einzelne Umstände einen gewissen Verdacht der Eigenbrandstiftung begründeten, diese jedoch für sich genommen und in ihrer Gesamtheit kein ausreichendes Gewicht hätten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 05.08.2004 - 24 O 104/01 - gemäß den Anträgen aus der ersten Instanz zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und verteidigt das Urteil des Landgerichts.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Beklagte ist gemäß §§ 9 Abs. 1 a VHB 97, 61 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei. Es ist davon auszugehen, dass der Versicherungsfall von der Klägerin oder einer Person, deren Verhalten ihr zuzurechnen ist, vorsätzlich verursacht wurde.
Das Landgericht hat festgestellt, dass mit dem erforderlichen Grad der Gewissheit feststehe, dass der Brand mit dem Willen der Klägerin gegebenenfalls mit der Hilfe eines Dritten herbeigeführt wurde. Der Senat hat diese Feststellung gemäß § 529 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Gemäß § 529 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die von dem Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellung des Landgerichts begründen, sind nicht gegeben.
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es dem Versicherer obliegt, die vorsätzliche Verursachung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer zu beweisen. Ebenfalls zutreffend hat es ausgeführt, dass es für den von dem Versicherer zu führenden Beweis genügt, dass die Gesamtwürdigung der vorgetragenen Umstände und aller Beweiszeichen einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ergibt, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig ausschließen zu müssen (BGH, r+s 1999, 247). Die sodann von dem Landgericht vorgenommene Würdigung der gegebenen Indizien ist im Hinblick auf § 529 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO nicht zu beanstanden. Die Gesamtwürdigung der Umstände und Indizien ergibt einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, dass der Brand entweder von der Klägerin selbst oder einem Dritten, dessen Verhalten der Klägerin zuzurechnen ist, vorsätzlich verursacht wurde.
Es ist zunächst davon auszugehen, dass der Brand in dem Hotelobjekt der Klägerin vorsätzlich gelegt wurde. Dies hat das von dem Landgericht Wiesbaden eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. Q zweifelsfrei ergeben. Zwar ist der Einsatz von Brandbeschleunigern trotz der darauf hindeutenden Spuren in dem Flur der Wohnräume der Klägerin und des Zeugen S nicht nachweisbar, jedoch rechtfertigt das von dem Sachverständigen festgestellte Vorhandensein von zwei Brandausbruchsstellen - in Flur und Küche - sowie das Fehlen anderer Erklärungsmöglichkeiten, eine vorsätzliche Brandstiftung als bewiesen anzusehen. Insbesondere kann das gleichzeitige Auftreten einer Brandauslösung durch einen Defekt des Kühlschranks sowie durch den Deckenfluter ausgeschlossen werden. Dies gilt umso mehr, als nach den Feststellungen des Bundeskriminalamtes kein Defekt an dem Kühlschrank vorlag und der Sachverständige Dr. Q überzeugend ausgeführt hat, dass eine Brandverursachung durch den Deckenfluter nach den Umständen ausgeschlossen ist. Ebenso ausgeschlossen ist nach den Ausführungen des Sachverständigen die Brandverursachung durch eine vorhandene Leuchtkugel.
Dafür, dass die vorsätzliche Inbrandsetzung des Gebäudes durch die Klägerin oder den Zeugen S oder einen von diesen beauftragten Dritten als Eigenbrandstiftung erfolgte, sprechen folgende Umstände:
- Die Orte der Brandentstehung,
- der in I eingetretene frühere Brandschaden,
- die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin und ihres Ehemanns,
- eine fehlende Ernsthaftigkeit bezüglich des Hotelbetriebs,
- fehlende Einbruchspuren,
- ein nicht ersichtliches Motiv eines Dritten,
- ein zweifelhaftes Alibi des Zeugen S und der Klägerin,
- eine zweifelhafte Rechtstreue der Klägerin und ihres Ehemanns.
Die Orte der Brandentstehung sprechen gegen eine Brandstiftung durch einen unbekannten Dritten. Der Brand ist in der Nähe des Deckenfluters und in dem Bereich des Kühlschranks in der Küche der Wohnräume der Klägerin und ihres Ehemanns entstanden. Dies deutet darauf hin, dass sich der Täter Gedanken darüber machte, wie er zum einen sicherstellen konnte, dass der Brand sich hinreichend schnell und weit ausbreiten konnte, zum anderen, dass bei einer nachfolgenden Untersuchung technische Ursachen für die Brandentstehung angenommen werden konnten. Es war nahe liegend, dass der Deckenfluter für die Brandauslösung in Betracht gezogen werden würde, ebenso ein Defekt des Kühlschrankes. Hinsichtlich der Brandlegung im Bereich des Kühlschrankes ist auffällig, dass der Brand in dem Haus in I nach dem Gutachten des Sachverständigen U (Bl. 324 des Asservatenbandes des Ermittlungsverfahrens) ebenfalls im Bereich des Kühlschrankes in der Küche der Eheleute ausbrach. Der Sachverständige stellte Spuren einer Lichtbogenverschmelzung an der Gerätezuleitung fest. Der Lichtbogen konnte sowohl Auslöser als auch Folge eines Brandes sein. Er wurde letztlich nicht als Folge angesehen, weil Spuren einer Brandlegung nicht gefunden wurden. Selbst, wenn der Brand in I tatsächlich Folge eines technischen Defektes war, war der Klägerin und ihrem Ehemann danach jedenfalls bekannt, dass bei einem Brand im Bereich des Kühlschrankes das Entstehen und die spätere Feststellung eines Lichtbogens möglich war, und so konnten sie zumindest darauf hoffen, dass man dies wie auch in I für die Brandursache halten würde. Demgegenüber ist kein Grund ersichtlich, warum ein fremder Täter einen Brand ausgerechnet an dem Kühlschrank und in dem Bereich des Deckenfluters hätte legen sollen. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass auch in I die Eheleute angeblich die Eröffnung eines Gastronomiebetriebs planten, dazu ein heruntergewirtschaftetes Objekt kauften, ebenfalls Renovierungsarbeiten durchgeführt hatten und es zu dem Brand kam, als sie sich auf einer Verkaufsausstellung befanden. Wegen des Brandes kam es dann nicht mehr zu der Eröffnung des Gastronomiebetriebs, stattdessen wurden Einfamilienhäuser auf das Grundstück gebaut (Bl. 97 der Ermittlungsakte). Auch vorliegend ist nach den Angaben des Zeugen S in dem Ermittlungsverfahren (Bl. 413 der Ermittlungsakte) nicht geplant, den - angeblich doch Erfolg versprechenden - Betrieb des Hotels in der ursprünglichen Form nach Wiederaufbau des Gebäudes aufzunehmen, sondern es sollen Appartements hergestellt werden.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin und ihres Ehemanns waren desolat und begründeten ein erhebliches Motiv für eine Eigenbrandstiftung zur Erlangung finanzieller Mitteln durch Leistungen der Versicherer. Nach den eigenen Angaben der Eheleute und den in dem Asservatenordner des Ermittlungsverfahrens vorhandenen Titeln waren Verbindlichkeiten in erheblichem Umfang zu bedienen. Für die Renovierung und den Lebensunterhalt standen 80.000,- DM zur Verfügung. Die fixen Kosten beliefen sich allein auf etwa 7.000,- DM monatlich. Die Eheleute bezogen keinerlei Einkünfte. Erhebliche Einnahmen aus dem Hotel waren auf Sicht nicht zu erwarten, selbst wenn dieses kurzfristig in Betrieb genommen worden wäre. Es ist zu berücksichtigen, dass keineswegs mit einer alsbald eintretenden Auslastung des Hotels zu rechnen war. Konkrete und Erfolg versprechende Akquisitionsmaßnahmen waren noch nicht erfolgt, hohe Gästezahlen in der Region im Winter nicht zu erwarten. Selbst ohne die Bedienung offener Altverbindlichkeiten wären die für erforderliche weitere Renovierungen und den Lebensunterhalt der Klägerin und ihres Ehemanns nötigen finanziellen Mittel aus eigener Kraft nicht aufzubringen gewesen. Der in dem Ermittlungsverfahren erfolgte Hinweis des Zeugen S (Bl. 409 der Ermittlungsakte), man habe eine Grundschuld über weitere 100.000,- DM eintragen lassen, überzeugt nicht, denn es war offen, ob überhaupt weiterer Kredit gewährt worden wäre, und es war aus dem Betrieb des Hotels kein Ertrag zu erwarten, der es ermöglicht hätte, neben den anfallenden Kosten weitere erhebliche Darlehenslasten zu tragen. Die gesamte Kalkulation des Businessplans (Bl. 105 a ff. des Asservatenbandes der Ermittlungsakte) konnte ersichtlich aufgrund der eingetretenen Verzögerung der Betriebsaufnahme und des absehbaren weiteren Kreditbedarfs nicht aufrechterhalten werden. Überdies sind Renovierungsmaßnahmen nicht konsequent fortgeführt worden. Die Innenrenovierung des Gebäudes stand noch weitgehend aus und war bis zu der angeblich kurzfristigen Eröffnung des Hotels kaum zu bewerkstelligen. Es fällt auf, dass trotz der kurzen Zeit bis zu dem angeblichen geplanten Eröffnungstermin am 15.09.2000 keinerlei konkrete Vorbereitungen für weitere Renovierungen getroffen worden waren. Materialien und Personal waren erst noch zu beschaffen. In diesem Zusammenhang stellt sich der Kuraufenthalt der Klägerin insgesamt fragwürdig dar, denn es ist nicht zu erkennen, dass dieser medizinisch unbedingt erforderlich war und vergleichbare Kuranwendungen nicht auch in der Umgebung von M möglich waren. In Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse und wenn ernsthaft der Betrieb des Hotels zukünftig die wirtschaftliche Existenz gewährleisten sollte, hätte dessen möglichst baldige Eröffnung im Vordergrund stehen und die verbleibende, recht kurze Zeit für die dazu erforderlichen Tätigkeiten genutzt werden müssen. Ebenso verwundert, dass offenbar auch der Zeuge S während der Kurzeit der Klägerin die Renovierungen nicht fortsetze. Stattdessen verbrachte er viel Zeit mit dem Pendeln zwischen M und C. Zudem passen die angeblichen Überlegungen zu dem Bezug von Speisen von dritter Seite sowie der Eröffnung des Hotels mit einer abgenutzten und nicht mehr zeitgemäßen Inneneinrichtung - wie sie teilweise auf den Fotos zu dem Gutachten des Sachverständigen H in dem Gutachtenband des Ermittlungsverfahrens zu sehen ist - nicht zu den in dem Businessplan niedergelegten angeblichen Plänen und stellen ernsthafte Hotelierambitionen in Frage. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Aussagen der von dem Landgericht vernommenen Zeugen. Zwar haben die Zeugen L1 und N bekundet, dass der Zustand des Hotels im Inneren in Anbetracht des langen Leerstandes erstaunlich gut war und die Zimmer jedenfalls funktionsfähig waren. Die von dem Sachverständigen H gefertigten Fotos zeigen aber, dass zumindest Tapeten, Bodenbeläge und Vorhänge einer Erneuerung bedurften, damit ein Hotel geführt werden konnte, das bei den Gästen den nach dem Businessplan anzustrebenden positiven Eindruck hinterlassen konnte. In Anbetracht des noch ausstehenden tatsächlichen und finanziellen Aufwands liegt nah, dass entweder von Anfang an der Hotelbetrieb nicht ernsthaft geplant war oder aber Kalkulation und Durchführung etwaiger Pläne so unrealistisch waren, dass Vorstellungen einer sich bald und dauerhaft einstellenden wirtschaftlichen Lebensgrundlage nicht aufrecht zu halten waren. Daraus ergibt sich zwanglos eine Motivation, nach den Erfahrungen mit dem Objekt in I auch dieses Projekt unter Beteiligung der verschiedenen Versicherer zu einem wirtschaftlich vorteilhaften Ende zu bringen.
Ein weiteres Indiz ist, dass nach dem in dem im Auftrag der W Versicherung eingeholten Gutachten des Sachverständigen H Einbruchspuren an dem Objekt nicht festgestellt wurden. Nach dem Gutachten ist davon auszugehen, dass der Täter entweder über einen Schlüssel für die vordere Eingangstür verfügte oder diese unabgeschlossen vorfand, so dass er aufgrund der vorhandenen Rollfalle (Bl. 300 d.A., S. 50 im Gutachten H) ohne weiteres in das Gebäude gelangen konnte. Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf eine Erklärung des Schriftführers der freiwilligen Feuerwehr bestritten hat, dass die Eingangstür nach Ausbruch des Brandes unverschlossen vorgefunden wurde, steht dem entgegen, dass Aufbruchspuren hätten festgestellt werden müssen, wenn die Tür tatsächlich von der Feuerwehr gewaltsam geöffnet worden wäre. Die Untersuchung der Tür durch den Sachverständigen H hat solche aber gerade nicht ergeben. Der Sachverständige ist dem Senat aus einer Vielzahl von Verfahren als äußerst sorgfältig und kompetent bekannt. Bestätigt werden die Angaben des Sachverständigen H zudem durch den Feuerwehrbericht (Bl. 160 R der Ermittlungsakte), in dem nur von dem gewaltsamen Zugang durch Fenster und Öffnen der rückseitigen Tür die Rede ist, nicht hingegen von einem Aufbrechen der Eingangstür. Soweit die Klägerin andere Möglichkeiten des Eindringens eines Täters in das Gebäude vorgetragen hat, sind diese durch die Stellungnahme des Sachverständigen H gegenüber dem Landgericht Frankfurt (Bl. 326 ff. d. A.) weitgehend widerlegt worden. Es bleiben einzig die - theoretischen - Möglichkeiten, dass der Täter mit einer Leiter auf den Balkon gelangte und durch eine nicht gesicherte Balkontür in das Gebäude einstieg, dass der Täter mit einer Leiter zu einem Fenster der oberen Geschosse kletterte und dieses einschlug, oder, dass der Täter einen Schlüssel zu der Feuerhemmtür (T18 im Gutachten H) hatte. Nicht erklärbar wäre dann aber, warum die Eingangstür unverschlossen vorgefunden wurde. Geht man von dem Vortrag der Klägerin aus, dass der Zeuge S die Tür verschlossen hatte, kann nur der Täter sie aufgeschlossen haben. Sollte der Zeuge S die Tür nicht verschlossen haben, spricht das dafür, dass er einem Täter gerade den einfachen Zutritt ermöglichen wollte. Bloßes Vergessen scheint angesichts der Sorge, die der Zeuge S nach seinen und den Angaben der Klägerin um das Objekt gehabt haben soll und wegen der er extra aus C angefahren sein soll, wenig wahrscheinlich. Bezüglich der Feuerhemmtür (T18) ist nicht zu erkennen, wer dazu noch einen Schlüssel gehabt haben könnte. Zwar hatte der Jugendliche V J den von innen steckenden Schlüssel zuvor mitgenommen. Nach den glaubhaften Angaben in dem Ermittlungsverfahren (Bl. 261, 318, 321 der Ermittlungsakte) ließ er den Schlüssel aber später in dem Gebäude.
Wenn der Täter mit einem Schlüssel für die Eingangstür in das Gebäude gelangte, kommen nur der Zeuge S und die Klägerin selbst oder eine dritte Person, der diese einen Schlüssel überlassen hatten, als Täter in Betracht. Die Klägerin hat selbst eingeräumt, dass es nur noch einen dritten Schlüssel gab, der sich bis zu ihrer Abreise in dem Büro befand. Anhaltspunkte dafür, dass danach die in dem Ermittlungsverfahren vernommenen Jugendlichen erneut in das Gebäude eingedrungen sind und den Schlüssel mitgenommen haben, sind nicht ersichtlich.
Es ist zudem fern liegend, dass einer der Jugendlichen den Brand gelegt hat. Das gilt auch für den V J, wenn man bezweifeln wollte, dass er den Schlüssel zu der Brandhemmtür tatsächlich zurücklegte. Eine Brandstiftung durch Jugendliche erscheint bereits wegen der planmäßigen Art der Brandlegung ausgeschlossen. Eine derart "professionelle" Brandstiftung ist den Jugendlichen nach dem Persönlichkeitsbild, das sich aus ihren Vernehmungen in dem Ermittlungsverfahren ergibt, nicht zuzutrauen. Überdies fehlt dafür jegliches Motiv. Bloßes "Zündeln" oder Vandalismus sind mit den Feststellungen zu der Brandentstehung, nach denen eine überlegte Brandentzündung erfolgte, nicht vereinbar. Dementsprechend haben sich auch die in dem Ermittlungsverfahren vorübergehend durch örtliches Gerede entstandenen Verdachtsmomente gegen einzelne Jugendliche nicht bestätigt. Auch eine Weitergabe eines Schlüssels an einen Dritten, der dann entsprechend planmäßig vorging, erscheint fern liegend. Es ist nicht ersichtlich, warum einer der Jungendlichen einen Schlüssel weitergegeben und das verschwiegen haben sollte. Auch ist ein denkbares Motiv eines Unbekannten nicht zu erkennen. Für eine Tat eines zukünftigen Konkurrenten oder sonst eines zu der Klägerin und ihrem Ehemann in Feindschaft stehenden Unbekannten gibt es nicht den geringsten Anhaltspunkt. Auch hat die Klägerin selbst in ihren Vernehmungen in dem Ermittlungsverfahren angegeben, dass sie von der Geschäftswelt des Ortes und den wenigen Personen, mit denen sie in Kontakt getreten war, sehr positiv aufgenommen worden sei.
Dass die Klägerin und der Zeuge S sich am Abend des 13. und am Morgen des 14.08. 2000 in C befanden, schließt die Brandstiftung durch oder mit Wissen und Wollen der Klägerin oder des Zeugen S nicht aus. Zum einen ist es möglich, dass der Zeuge S und möglicherweise auch die Klägerin in der Nacht nach M fuhren. Aus dem Bewegungsbild sowie den Überlegungen zu den Fahrzeugbetankungen in dem Ermittlungsverfahren ergibt sich weder, dass die Fahrt erfolgte noch dass sie nicht erfolgte. Möglich ist auch, dass die Eheleute oder einer von ihnen einen Dritten beauftragten. Der Kuraufenthalt, dessen Verlängerung und die Aufenthalte des Zeugen S in C fügen sich jedenfalls in eine Gesamtschau der Umstände und Indizien, denn dadurch konnte die Abwesenheit von dem Hotel einigermaßen plausibel erklärt werden und bestand zumindest eine Chance, ein Alibi darstellen zu können. In die Gesamtschau fügt sich auch, dass die Klägerin ihre Katzen und wichtige Unterlagen mit zur Kur nahm. Allein aufgrund der Kur bestand dazu kein Anlass. Die Katzen hätten ohne weiteres von dem Zeugen S in ihrer mittlerweile vertrauten Umgebung betreut werden können. Für die Mitnahme der Unterlagen bestand kein Bedarf, denn nach den Angaben der Klägerin gab es aktuell nichts zu regeln und wollte sie erst nach der Kur frisch gestärkt die anstehenden Aufgaben angehen. Ein Anlass zur Mitnahme der Katzen und der Unterlagen bestand hingegen sehr wohl, wenn deren Verlust durch den Brand in dem Gebäude verhindert werden sollte.
Ein weiteres Indiz, das in der Gesamtschau die Annahme einer Eigenbrandstiftung stützt, ist, dass die Klägerin und ihr Ehemann sich auch in der Vergangenheit häufig wenig rechtstreu gezeigt haben. Die diversen Titel gegen den Zeugen S, die aus dem Asservatenband des Ermittlungsverfahrens ersichtlich sind, zeigen, dass eine nicht geringe Neigung bestand, einen eigenen wirtschaftlichen Vorteil zu Lasten anderer zu suchen und Inhabern berechtigter Ansprüche ihr Geld vorzuenthalten. Erkennbar hat man zumindest versucht, die Durchsetzung berechtigter Forderungen hinauszuzögern. Jedenfalls sind vorhandene Mittel nicht zum Ausgleich bestehender Forderungen verwendet, sondern in den Erwerb des Hotels gesteckt worden. Gegen den Zeugen S verhängte erhebliche Bußgelder u.a. wegen Schwarzarbeit, Forderungen des Finanzamts sowie die Beschäftigung von Schwarzarbeitern im Zusammenhang mit der durchgeführten Renovierung der Fassade des Hotels bestätigen das Bild mangelnder Rechtstreue. Insgesamt entsteht ein Eindruck, der nahelegt, dass die Klägerin oder ihr Ehemann auch nicht davor zurückschreckten, den Brand des Hotels zu veranlassen, um sich aus wirtschaftlicher Bedrängnis zu befreien und einen kommoden Lebensstil zu ermöglichen.
Insgesamt ergibt sich aus der Gesamtschau der genannten Indizien eine für das praktische Leben hinreichende Gewissheit der Brandstiftung mit Wissen und Wollen der Klägerin oder ihres Ehemanns. Auch wenn sich jeder einzelne Umstand möglicherweise ohne die Annahme einer Eigenbrandstiftung erklären lässt, ergibt die Gesamtschau ein Bild, bei dem nach aller Lebenserfahrung die Brandstiftung durch einen unbekannten Dritten ohne Wissen und Wollen der Klägerin oder ihres Ehemanns auszuschließen und von einer Eigenbrandstiftung auszugehen ist. Der Senat teilt deshalb die Einschätzung, die in der Entscheidung des OLG Frankfurt in dem zwischen der Klägerin und ihrem Gebäudeversicherer geführten Rechtsstreit erfolgt ist, nicht.
Dass die Brandstiftung möglicherweise nicht von der Klägerin selbst, sondern von ihrem Ehemann ausgeführt oder veranlasst wurde, ist unerheblich, denn der Ehemann der Klägerin war in dem Versicherungsverhältnis der Parteien deren Repräsentant. Repräsentant ist, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist und berechtigt ist, selbständig in einem nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln. Es braucht nicht hinzuzutreten, dass er auch Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag wahrzunehmen hat (BGH, r+s 2003, 367). Das Verhalten des Repräsentanten steht in dem Verhältnis zu dem Versicherer dem des Versicherungsnehmers gleich.
Nach dem Vortrag der Klägerin waren sie und ihr Ehemann "faktisch" gemeinsam Eigentümer des Hotelobjektes. Nur aus Gründen der Absicherung im Fall der Insolvenz des Hotelbetriebs sollte das Grundstück allein im Eigentum der Klägerin stehen und von dem Ehemann zum Betrieb des Hotels gepachtet werden. Überdies ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin und den Angaben in dem Ermittlungsverfahren, dass der Zeuge S sämtliche technischen Angelegenheiten wahrnahm. Die Klägerin selbst sollte im Wesentlichen nur nach außen repräsentieren. Der Zeuge S war deshalb aufgrund der Absprachen mit der Klägerin in nicht nur geringem Umfang berechtigt, in Bezug auf das Hotelobjekt und den darin vorhandenen Hausrat für die Klägerin zu handeln und ist insofern an ihre Stelle getreten.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, denn die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die in dem Rechtsstreit der Klägerin mit ihrem Gebäudeversicherer ergangene Entscheidung des OLG Frankfurt am Main begründet kein Erfordernis einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, denn die Entscheidung des Senats beruht auf der Anwendung der gleichen allgemein anerkannten Rechtssätze. Allein eine abweichende Tatsachenwürdigung, der keine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommt, begründet das Erfordernis einer Leitentscheidung des Revisionsgerichts nicht (Zöller - Gummer, ZPO, 25. Auflage, § 543 Rn. 13).
Streitwert für das Berufungsverfahren: 370.126,10 €
Ende der Entscheidung
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