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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 08.04.2008
Aktenzeichen: 9 U 160/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 313a
ZPO § 540 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 15. Juni 2007 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 9 O 43/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte aus der Teilkaskoversicherung wegen eines Schadensfalls vom 31. August 2006 (Diebstahl des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen xx - xx xxx mit anschließendem Brand) in Anspruch. Er verlangt Zahlung von 15.077,01 € nebst Zinsen und anteiligen Anwaltskosten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der vom Landgericht getroffenen Feststellungen und der Begründung der Entscheidung wird auf das vom Kläger angefochtene Urteil Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts vom 15.06.2007 - 9 O 43/07- aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 15.077,01 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2006 zu zahlen sowie ihn von vorgerichtlichen, nicht anfrechenbaren Rechtsanwaltskosten in Höhe von 480,12 € der S Rechtsanwälte G, N & Partner in B freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO wird zur Begründung zunächst auf die zutreffenden Gründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen, das mit Rücksicht auf die Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren wie folgt zu ergänzen ist:

In der unzutreffenden Angabe des Klägers, er sei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, liegt eine zur Leistungsfreiheit führende Obliegenheitsverletzung. Diese Beurteilung steht nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. Juli 2007 (Az IV ZR 332/05, VersR 2007, 1267 = NJW 2007, 2700), auf die der Kläger sich beruft. Der Bundesgerichtshof hat lediglich klargestellt, dass Leistungsfreiheit des Versicherers wegen einer Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nicht in Betracht komme, wenn der Versicherungsnehmer bei der Schadensanzeige einen Umstand verschweigt, den der Versicherer bereits positiv kennt. An einer solchen positiven Kenntnis der Beklagten fehlte es hier aber, so dass ein Aufklärungsbedürfnis bestand. Die Beklagte wusste nicht, ob für das streitgegenständliche Fahrzeug eine Vorsteuerabzugsberechtigung bestand oder nicht. Ein Schadensfall vom 11. März 2006 war von der Beklagten inklusive Mehrwertsteuer reguliert worden. Die Zahlung erfolgte aufgrund einer Abtretung unmittelbar an die Reparaturwerkstatt. Der Kläger gesteht der Beklagten den Anspruch auf Rückzahlung der Mehrwertsteuer zu und reduziert seine Forderung dementsprechend. Die Abrechnung eines Teilkaskoschadens vom 2. August 2006 erfolgte gegenüber dem Kläger mit einem Schreiben vom 18. August 2006 (GA 31), das den Zusatz enthält: "Die Mehrwertsteuer haben wir nicht erstattet, da wir davon ausgehen, dass Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht." Die Beklagte hatte keinen Anlass, dem Umstand, dass der Kläger darauf nicht reagiert hatte, die Erklärung zu entnehmen, ihre Annahme sei zutreffend. Vielmehr sprach die ausdrückliche, anders lautende Angabe des Klägers in der wenig später ausgefüllten Schadensanzeige, die den streitgegenständlichen Schadensfall betrifft, dafür, dass die Beklagte fälschlich eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug unterstellt hatte, denn der Kläger verneinte eine solche Berechtigung nunmehr ausdrücklich.

Das Landgericht hat zutreffend dargelegt, dass die nach der sogenannten Relevanzrechtsprechung erforderlichen weiteren Voraussetzungen für eine Leistungsfreiheit des Versicherers vorliegen. Auch hierauf wird Bezug genommen. Ergänzend wird hierzu noch folgendes ausgeführt: Den Kläger trifft ein für die Bejahung der Leistungsfreiheit erhebliches Verschulden. Eine andere Wertung ist nur bei einem Fehlverhalten möglich, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für das deshalb ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag (vgl. z. B. BGH - IVa ZR 243/87 - r+s 1989, 5 f). Ein Anlass, hier von einer solchen Situation auszugehen, besteht nicht. Gerade weil der Kläger etwa zwei Wochen zuvor eine Abrechnung der Beklagten erhalten hatte, die um die Mehrwertsteuer reduziert war, musste ihm die Bedeutung der Frage für die Schadensabrechnung klar sein. Fehlende Sorgfalt beim Ausfüllen kann nicht auf Verständnis stoßen, sie kann erst recht nicht dazu führen, dass die Vorsatzvermutung widerlegt ist.

Unter bestimmten Voraussetzungen führt eine Obliegenheitsverletzung nicht zur Leistungsfreiheit, weil der Versicherungsnehmer, der die Vermögensinteressen des Versicherers durch falsche Angaben bereits gefährdet hat, den wahren Sachverhalt aus eigenem Antrieb vollständig und unmissverständlich offenbart und hierbei nichts verschleiert oder zurückhält (vgl. hierzu die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5.12.2001, IV ZR 225/00, VersR 2002, 173 = NJW 2002, 518). Ein solcher Sachverhalt, den der Versicherungsnehmer darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat (BGH a.a.O.), ist hier nicht ersichtlich. Der Kläger hat die falschen Angaben in der Schadensanzeige schriftlich erst berichtigt, nachdem die Beklagte mit der Bearbeitung des Falles begonnen und ihn mit Schreiben vom 6. November 2006 nochmals ausdrücklich nach der Vorsteuerabzugsberechtigung gefragt hatte.

Soweit der Kläger behauptet, schon in einem Gespräch mit von ihm nicht namentlich benannten Mitarbeitern der Beklagten habe er seine Angabe korrigiert, fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass eine Situation gegeben war, die den die oben genannten Voraussetzungen genügte (Offenbarung aus eigenem Antrieb). Es ist nicht einmal ersichtlich, dass Erklärungen abgegeben wurden, die als Korrektur der Angaben im Fragebogen zu verstehen waren. Der Kläger hat auch auf die Anfrage vom 6. November 2006 keineswegs geltend gemacht, die dort gestellte erneute Frage nach der Vorsteuerabzugsberechtigung habe er doch schon im persönlichen Gespräch - zutreffend - beantwortet und die frühere abweichende Angabe korrigiert.

Die Beklagte handelt nicht treuwidrig, wenn sie sich infolge dieser Falschangabe auf Leistungsfreiheit beruft. Sie war insbesondere nicht verpflichtet, wegen unklarer Angaben Klägers zunächst nachzufragen und ihm so eine folgenlose Korrektur zu ermöglichen. Unklare Angaben des Klägers lagen nicht vor.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ein Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 15.077,01 €

Ende der Entscheidung

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