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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 05.07.2005
Aktenzeichen: 9 U 164/04
Rechtsgebiete: VHB 92
Vorschriften:
VHB 92 § 21 | |
VHB 92 § 22 |
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 04.08.2004 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln,- 20 O 160/04-, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Die Klägerin bewohnt eine Wohnung im neunten Obergeschoss des Hauses P-straße in L.. Sie unterhält bei der Beklagten eine Hausratversicherung, der die VHB 92 zugrunde liegen.
Im Jahr 1996 meldete die Klägerin der Beklagten einen Einbruchdiebstahl in ihrer Wohnung. Unter anderem gab sie eine Sonnenbank als gestohlen an. Die Beklagte regulierte den geltend gemachten Schaden teilweise mit der Zahlung von 35.827,23 DM. Für die Sonnenbank zahlte sie eine Entschädigung von 1.900,- DM.
Am 11.10.2002 zeigte die Klägerin einen erneuten Einbruchdiebstahl in ihrer Wohnung bei der zuständigen Polizeiwache an. Der ermittelnde Polizeibeamte stellte fest, dass die Schließzylinder der beiden Schlösser an der Eingangstür zu der Wohnung der Klägerin fehlten, Rückstände einer trüben Flüssigkeit unterhalb der Zylinderöffnungen zu sehen waren und die Wohnung durchwühlt war. Er vermutete eine Öffnung der Tür mit einem so genannten Ziehfix. Die Klägerin meldete der Beklagten Gegenstände mit einem von ihr angegebenen Neuwert von 15.099,69 EUR als bei dem angezeigten Wohnungseinbruch gestohlen. Auf Veranlassung der Beklagten leitete die Staatsanwaltschaft Köln gegen die Klägerin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Betrug und Vortäuschung einer Straftat ein (StA Köln Az. 70 Js 802/02). Die Beklagte holte ein Gutachten des Sachverständigen H. über die an der Eingangstür zu der Wohnung der Klägerin vorhandenen Spuren ein. Das Gutachten kann zu dem Ergebnis, dass ein vorhandener Riss des Türblattes sowie Kratzspuren einer Verursachung durch einen Einbruch im Oktober 2002 nicht zuzuordnen seien, es sich vielmehr um Spuren des früheren Einbruchs und fingierte Spuren handele. Bei einer polizeilichen Durchsuchung der Wohnung der Klägerin im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde die 1996 als gestohlen gemeldete Sonnenbank aufgefunden. Das Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin wurde gemäß § 170 Absatz 2 StVO mit der Begründung, dass kein hinreichender Tatverdacht bestehe, eingestellt.
Mit Schreiben vom 18.03.2004 lehnte die Beklagte die Regulierung des gemeldeten Schadens ab und forderte die Klägerin zur Rückzahlung der für die Sonnenbank geleisteten Entschädigung zuzüglich Zinsen auf.
Die Klägerin hat behauptet, am 11.10.2002 sei ein Einbruch in ihre Wohnung erfolgt. Es seien die der Beklagten gemeldeten Gegenstände gestohlen worden. Diese hätten einen Neuwert von 15.099,69 EUR gehabt. Die Sonnenbank habe sie 1996 versehentlich als gestohlen gemeldet. Der Einbruch sei 1996 während einer Urlaubsabwesenheit geschehen. Die Sonnenbank sei von ihrem damaligen Lebensgefährten bei einer kurz vor dem Urlaub durchgeführten Renovierung in den Keller gebracht worden. Sie habe das nicht gewusst und sie deshalb für gestohlen gehalten. Als sie die Sonnenbank deutlich nach der Regulierung durch die Beklagte in dem Keller gefunden habe, habe sie sich nicht mehr daran erinnert, dass sie diese als gestohlen gemeldet hatte. Bezüglich der Rückforderung der Beklagten hat die Klägerin Verjährung gemäß § 12 Absatz 1 VVG eingewandt. Zudem hat sie gemeint, die Beklagte könne sich nicht auf eine gänzliche Leistungsfreiheit wegen arglistiger Täuschung berufen, da sie wegen der unterbliebenen Regulierung des Versicherungsfalls aus 2002 bereits einen Kredit habe aufnehmen müssen und in weitere wirtschaftliche Bedrängnis geraten würde.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.128,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.01.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend hat die Beklagte beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an sie 971,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.04.2004 zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe den Einbruchdiebstahl in 2002 vorgetäuscht. Gemäß dem Gutachten des Sachverständigen H. handele es sich bei den vermeintlichen Einbruchspuren um vorgetäuschte. Darüber hinaus hat die Beklagte weitere Umstände vorgetragen, die nach ihrer Auffassung dafür sprechen sollen, dass der Einbruchdiebstahl vorgetäuscht wurde. Auf die Darlegungen in der Klageerwiderung wird Bezug genommen. Die Beklagte hat weiter behauptet, die Klägerin habe gegenüber ihrem Regulierungsbeauftragten wider besseres Wissen behauptet, dass es sich bei der an dem Türblatt der Eingangstür zu ihrer Wohnung vorhandenen Splitterung um eine frische Spur handele. Die Spur sei bereits 1996 vorhanden gewesen.
Die Klägerin habe über den Diebstahl der Sonnenbank in 1996 arglistig getäuscht. Auch bei den Angaben zu den nunmehr als gestohlen behaupteten Gegenständen handele es sich um den Versuch einer arglistigen Täuschung.
Die Beklagte hat gemeint, sie sei aufgrund einer arglistigen Täuschung über den Diebstahl der Sonnenbank gemäß § 22 VHB 92 bezüglich des in 1996 behaupteten Einbruchdiebstahls leistungsfrei. Es stehe ihr deshalb ein Anspruch auf Rückzahlung der gesamten Entschädigung in Höhe von 17.346,71 EUR zu. Die Beklagte hat deshalb hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin mit einem vermeintlichen Rückzahlungsanspruch in dieser Höhe erklärt.
Bezüglich des nunmehr behaupteten Versicherungsfalls bestehe ebenfalls Leistungsfreiheit gemäß § 22 VHB 92. Zudem sei sie wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit gemäß §§ 21 VHB 92, 6 Absatz 3 VVG leistungsfrei, da die Klägerin die Splitterung des Türblattes als Spur des jetzt behaupteten Einbruchs angegeben habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Widerklage zugesprochen. Zu der Klageabweisung hat es ausgeführt, bereits das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls sei nicht hinreichend dargelegt. Aufgrund des als Urkundenbeweis verwerteten Gutachtens des Sachverständigen H. sei davon auszugehen, dass keine dem behaupteten Einbruch zuzuordnenden Spuren vorhanden seien. Den Beweis des behaupteten Einbruchdiebstahls könne die Klägerin nicht erbringen. Ihre Vernehmung nach § 141 ZPO könne nicht erfolgen, da ihr aufgrund falscher Angaben zu dem Diebstahl der Sonnebank und unterbliebener Mitteilung des Wiederauffindens nicht die erforderliche uneingeschränkte Glaubwürdigkeit beigemessen werden könne.
Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen die Abweisung der Klage. Sie nimmt Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und behauptet zudem, dass sie mit dem unter ihr wohnenden Nachbarn T. zu ihrer Wohnung gegangen sei und man festgestellt habe, dass es sich um einen Einbruch gehandelt habe. Es sei möglich, dass die Schließzylinder der Eingangstür ihrer Wohnung aufgebohrt worden seien, ohne dass dies weitere Spuren hinterließ, oder dass die Tür mit einem Federstahlstreifen mit abgerundeten Kanten ohne weitere Spuren geöffnet worden sei.
Sie ist der Ansicht, das Landgericht habe die Anforderungen an ihren Vortrag überspannt, in dem es konkrete Angaben dazu verlangt habe, wie die Täter die Wohnungstür öffneten. Das Landgericht habe das Gutachten des Sachverständigen H. nicht verwenden dürfen, da es sich um ein Privatgutachten handelt und der Sachverständige im Hinblick auf die Beauftragung durch die Beklagte nicht neutral sei. Der Sachverständige habe versäumt, mitzuteilen, ob nicht andere Methoden als die ausgeschlossene Ziefix-Methode angewandt worden sein können. Das Landgericht habe das von ihr beantragte Sachverständigengutachten einholen müssen. Zudem habe es sie gemäß § 141 ZPO anhören müssen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 04.08.2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln, Az. 20 O 160/04, die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.128,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.01.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
II.
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist nicht begründet.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klägerin hat aus dem von den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der begehrten Entschädigung.
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der von der Klägerin behauptete Versicherungsfall eingetreten ist. Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich bereits das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls nicht mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit.
Für den Nachweis des Versicherungsfalls in Form eines Einbruchdiebstahls kommen dem Versicherungsnehmer aufgrund der vertraglichen Risikoverteilung Beweiserleichterungen zugute. Er muss nicht den vollen Beweis des Einbruchdiebstahls erbringen, sondern nur das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung. Der Versicherungsnehmer muss ein Mindestmaß an Tatsachen darlegen und erforderlichenfalls beweisen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf einen versicherten Diebstahl zulassen (BGH, r+s 1996, 410; 1995, 345). Zu dem Minimum an Tatsachen, die bei einem Einbruchdiebstahl das äußere Bild ausmachen, gehört zum einen, dass als gestohlen gemeldete Gegenstände vor dem behaupteten Diebstahl an dem angegebenen Ort vorhanden und danach nicht mehr aufzufinden waren, zum anderen, dass Einbruchspuren vorhanden sind, wenn nicht ein Nachschlüsseldiebstahl in Betracht kommt (BGH, r+s 1995, 345; Senat, r+s 2001, 205).
Die von dem Versicherungsnehmer darzulegenden Spuren müssen ein stimmiges Spurenbild ergeben, denn nur ein solches lässt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf einen versicherten Diebstahl zu (KG, VersR 2004, 733; Senat, r+s 2001, 205).
Die Klägerin hat ein stimmiges Spurenbild, das mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf den behaupteten Einbruchdiebstahl zulässt, bereits nicht dargelegt.
Ein stimmiges Spurenbild konnte nicht allein durch den Vortrag der Tatsachen des Fehlens der Schließzylinder, des Vorhandenseins von Rückständen einer trüben Flüssigkeit und des durchwühlten Zustands der Wohnung dargelegt werden. Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten des anerkannten Sachverständigen H. dargelegt, dass Spuren einer gewaltsamen Entfernung der Schließzylinder nicht vorhanden waren und vermeintlich mit dem behaupteten Einbruch zusammenhängende Spuren anderweitig gelegt worden waren. Das Gutachten stellt einen qualifizierten Parteivortrag dar, den die Klägerin ihrerseits durch konkreten Vortrag ernsthaft hätte in Frage stellen müssen. Das hat sie nicht getan. Sie ist der Feststellung des Sachverständigen H., dass die Anwendung der so genannten Ziehfix-Methode, auf die nach dem Ermittlungsbericht der Polizei das Vorhandensein eines Rückstands einer trüben Flüssigkeit hindeuten soll, nicht in Betracht komme, letztlich nicht entgegen getreten und hat insbesondere keine Spuren vorgetragen, die den durch das Gutachten des Sachverständigen H. qualifizierten Vortrag der Beklagten in Frage stellen. Die Bezugnahme auf den polizeilichen Ermittlungsbericht konnte entsprechenden Vortrag der Klägerin nicht ergeben, denn in diesem ist allein die Anwendung der Ziehfix-Methode vermutet worden. Weitere Spuren konnten ausweislich des Spurensicherungsberichtes gerade nicht festgestellt werden.
Zu dem Vortrag der Klägerin, dass es möglich sei, dass die Schließzylinder aufgebohrt oder die Tür mit einem Federstahlstreifen mit abgerundeten Kanten geöffnet worden sei, ohne dass dies an der Tür und dem Schloss Spuren hinterlassen hätte, braucht das von ihr beantragte Sachverständigengutachten nicht eingeholt zu werden.
Allein das durch ein Sachverständigengutachten vermittelte Wissen über die behauptete Möglichkeit einer Öffnung der Tür durch Aufbohren der Schließzylinder oder Einsatz eines Federstahlstreifens mit abgerundeten Kanten, ohne dass außerhalb der fehlenden Zylindern weitere Spuren verbleiben, würde kein stimmiges Spurenbild ergeben, das mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf den behaupteten Einbruchdiebstahl erlaubt. Allein die theoretische - praktisch aber nicht wahrscheinliche - Möglichkeit des spurenlosen Eindringens des Täters in die versicherten Räume reicht für den von dem Versicherungsnehmer zu erbringenden Nachweis des äußeren Bildes eines Einbruchdiebstahls nicht aus (Senat, VersR 1999, 309). Das gleiche würde gelten, wenn die bloß theoretische Möglichkeit bestünde, dass die Schließzylinder ohne weitere Spuren durch Aufbohren oder unter Einsatz eines Federstahlstreifens mit abgerundeten Kanten entfernt wurden. Es wären auch dann neben dem Fehlen der Schließzylinder gerade keinen weiteren Spuren vorhanden, die ein stimmiges äußeres Bild eines Überwindens der Tür durch einen Einbruch ergeben würden. Einzig vorhandene Spuren blieben nach dem Vortrag der Klägerin das Fehlen der Schließzylinder, das für sich genommen nicht für das stimmige Bild eines Einbruchs genügt, sowie das Vorhandensein eines Rückstands einer trüben Flüssigkeit, der mit einem gewaltsamen Öffnen der Tür mit einer anderen als der Ziefix-Methode nicht in Einklang zu bringen ist. Im übrigen lassen die von der Klägerin behaupteten Möglichkeiten des spurenlosen Einbruchs unerklärt, warum und auf welche Weise die Schließzylinder an ihrer Wohnungstür spurenlos entfernt worden sein sollen.
Die Klägerin kann das äußere Bild eines Einbruchs auch nicht durch die beantragte Vernehmung des Zeugen T. beweisen. Abgesehen davon, dass der Zeuge erstmals in dem Berufungsverfahren benannt worden ist und nicht ersichtlich ist, dass das neue Vorbringen gemäß § 531 Absatz 2 ZPO zuzulassen wäre, ist nicht zu erkennen, was der Zeuge im Hinblick auf ein stimmiges Spurenbild bekunden können soll. Allein, dass er mit der Klägerin zu ihrer Wohnung ging und dort deren Zustand sowie das Fehlen der Schließzylinder wahrnahm, würde kein stimmiges Spurenbild im Hinblick auf den Einbruch ergeben.
Das gleiche gilt im Hinblick auf die persönliche Anhörung der Klägerin, deren Unterlassung sie gerügt hat. Überdies ist im angefochtenen Urteil zu Recht die dafür erforderliche uneingeschränkte Glaubwürdigkeit der Klägerin verneint worden. Selbst wenn die objektiv gegebene Täuschung der Beklagten über die Entwendung der Sonnenbank in 1996 auf einem Irrtum der Klägerin beruhen sollte, zeigt sich darin jedenfalls eine solche Nachlässigkeit im Hinblick auf die redliche Handhabung des damaligen Versicherungsfalls, dass die uneingeschränkte Glaubwürdigkeit der Klägerin nicht mehr bejaht werden kann.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Vorraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Absatz 2 ZPO sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht .
Streitwert für das Berufungsverfahren: 14.128,24 EUR
Ende der Entscheidung
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