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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 15.07.2008
Aktenzeichen: 9 U 181/07
Rechtsgebiete: AVB-R, RBerG, BGB, GmbHG, ZPO
Vorschriften:
AVB-R § 1 Abs. 1 Nr. 1 | |
AVB-R § 4 Nr. 5 | |
AVB-R § 4 Nr. 6 | |
AVB-R § 12 Abs. 3 | |
RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 | |
RBerG Art. 1 § 5 | |
BGB § 134 | |
BGB § 826 | |
GmbHG § 43 Abs. 1 | |
ZPO § 543 |
Tenor:
Auf die Berufung der Kläger wird das am 9.8.2007 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 83/06 - abgeändert und wie folgt gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern bedingungsgemäßen Deckungsschutz gegenüber den Ansprüchen des Insolvenzverwalters C und des Aktionärs P wegen des Haftpflichtfalls aus der Führung des Rechtsstreits S-Consulting und Beteiligung - GmbH ./. M Förderbank Bayern u.a. - 3 -16 O 3 / 04 LG Frankfurt/M. - aus dem Versicherungsvertrag Nr. XXX1 zu gewähren.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I. Die Kläger betrieben in E eine Rechtsanwalts- und Wirtschaftsprüferkanzlei.
Sie unterhielten bei der Beklagten eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung nach den AVB-R - VH 552-03 mit Risikobeschreibung - GKA VH 552: 03 2000.1 - (im einzelnen Bl. 41 ff), in denen es auszugsweise heißt:
A. § 4 Ausschlüsse
"Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf Haftpflichtansprüche
...
5. wegen Schadenverursachung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung.
...
6. aus der Tätigkeit des Versicherungsnehmers als Leiter, Vorstands - oder Aufsichtratsmitglied privater Unternehmungen, Vereine, Verbände oder als Syndikus."
In 12 AVB-R heißt es u.a.:
"III. Ein Ausschlussgrund nach § 4, der in der Person eines Sozius vorliegt, geht zu Lasten aller Sozien ... "
Die Kläger zu 1) bis 6) hatten für die S-Consulting und Beteiligung GmbH (im folgenden S.), die später in X Beteiligung GmbH (im folgenden X) umfirmiert wurde, im Dezember 2002 bei dem Landgericht E gegen die M Förderbank Bayern und die N Brothers International (Europe) AG Klage auf Zahlung von 3.046.400,00 € erhoben. Hierbei ging es um Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht einzelner Aktionäre, der Herren Dr. Y, P, L. O. und Dr. T. O., wegen des Wertverlustes von Aktien der insolvent gewordenen V Technologies AG (zuvor V Rundfunkwerke AG) aus den Gesichtspunkten u.a. der Prospekthaftung und des Kapitalanlagenbetruges. Die Sache wurde an das Landgericht Frankfurt/M verwiesen, welches mit Urteil vom 13.7.2004 - 3 - 16 O 3 / 04 - die Klage abwies (Bl. 67 ff GA). Das Landgericht Frankfurt/M hielt die Klage nicht für begründet, da im Zusammenhang mit den Abtretungen ein Verstoß gegen das RBerG vorliege. Die Berufung der dortigen Klägerin, vertreten durch den Kläger zu 3), vor dem Oberlandesgericht Frankfurt/M hatte keinen Erfolg (Urteil vom 15.3.2005 - 5 U 190/04 (Bl. 82 ff GA). Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte Bezug genommen.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 20.6.2005 - 502 IN 55/05 - wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der X GmbH eröffnet. Das Insolvenzgericht ernannte Rechtsanwalt Dr. C zum Insolvenzverwalter. Dieser nimmt die Kläger auf Ersatz der Verfahrenskosten im Anlegerrechtsstreit in Höhe von 177.670,97 € vor dem Landgericht Düsseldorf (- 2 b O 246/05 -) in Anspruch. Über die Klage ist bisher noch nicht entschieden. Außerdem wurden die Kläger von dem Anleger P auf Ersatz von 8.500,32 € Verfahrenskosten in Anspruch genommen, die dieser an die Kläger zur Finanzierung der Gerichtskosten des Vorprozesses gezahlt hatte. Das Landgericht Düsseldorf hat der Klage mit Urteil vom 2.11.2006 stattgegeben (Bl. 96 ff GA - 14 d O 224/05). Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Mit der Gründung der S-Consulting und Beteiligung GmbH hatte es folgende Bewandtnis: Die Kläger zu 1) und 2) des vorliegenden Rechtsstreits waren zunächst Geschäftsführer der am 29.11.2002 gegründeten S. - Consulting und Beteiligung
GmbH sowie auch Geschäftsführer und Gesellschafter der Gründungsgesellschafterin, der S. Treuhand und Consulting GmbH. Sie hatten die geschädigten Aktionäre dahingehend beraten, eine GmbH zu gründen, um die Ansprüche der Anleger gebündelt in einer Sammelklage durchzusetzen. Damit sollten die Kosten der Rechtsverfolgung durch Übertragung der Ansprüche auf eine GmbH verringert werden und den Anlegern ermöglicht werden, gegebenenfalls als Zeugen zur Verfügung zu stehen.
Die Beklagte lehnte ihre Einstandspflicht mit Schreiben vom 16.9.2005 ab. Sie berief sich auf den Ausschluss der unternehmerischen Tätigkeit und der wissentlichen Pflichtverletzung Im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen das RBerG.
Die Kläger haben vorgetragen, es sei einem Rechtsanwalt unbenommen, sich an einer Kapitalgesellschaft zu beteiligen und diese auch gerichtlich zu vertreten. Zweck der S. sei die gebündelte Durchsetzung der Interessen der Aktionäre gewesen und nicht eine zusätzliche Einnahmequelle zu sichern. Außerdem hätten die Kläger zu 1) und 2) bereits am 1.4.2004 ihre Anteile an der S. auf einige Aktionäre übertragen und seien am 24.2.2005 auch als Gesellschafter ausgeschieden. Zum Zeitpunkt der anwaltlichen Beratung sei die S. noch gar nicht gegründet gewesen. Eines Verstoßes gegen das RBerG seien sie sich nicht bewusst gewesen. Es habe des Umweges über eine GmbH nicht bedurft, sondern die Anleger hätten Klage im eigenen Namen erheben können.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihnen Deckungsschutz für den Haftpflichtfall aus der Führung des Rechtsstreits S-Consulting und Beteiligung- GmbH ./. M Förderbank Bayern u.a. - 3/16 O 3/04 LG Frankfurt zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat im Wesentlichen die Ansicht vertreten, es könne wegen der personellen Überschneidungen nicht von Schadensersatzansprüchen Dritter ausgegangen werden. Die unternehmerische Tätigkeit der Kläger zu 1) und 2) habe bei der Gründung im Vordergrund gestanden. Das schadenstiftende Verhalten, die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche durch eine eigens gegründete GmbH, ausgestattet mit dem gesetzlichen Mindestkapital, stelle sich als wissentliche Pflichtverletzung dar. Es sei den Aktionären darum gegangen, durch eine Verschiebung der Parteirollen ihre Kostenrisiken durch Zwischenschaltung einer GmbH zu minimieren. Die der gewählten Konstruktion zugrundeliegenden Verträge seien wegen Verstoßes gegen das RBerG nichtig.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei leistungsfrei wegen wissentlicher Pflichtverletzung. Eine Forderungsabtretung dürfe nicht dazu missbraucht werden, dass der Prozessgegner und das Gericht ihren Anspruch auf Erstattung oder Zahlung der Prozesskosten nicht verwirklichen können (vgl. RGZ 81, 175). Dieses pflichtwidrige Verhalten sei angesichts der klar ersichtlichen Umstände wissentlich geschehen. Eine weitere Pflichtverletzung liege vor, weil die auf der Basis der Beratung der Kläger gewählte Konstruktion der Gründung einer GmbH zum Zwecke der Durchsetzung der Aktionärsansprüche nicht mit dem RBerG in Einklang stehe. Es habe kein Kaufvertrag vorgelegen, sondern ein Geschäftsbesorgungsvertrag, der auf die Einziehung der zu diesem Zweck abgetretenen Forderung gegen Gewährung eines Erfolgshonorars gerichtet sei. Die Vorgehensweise sei auch wissentlich erfolgt. Dies zeige der Vortrag im PkH - Verfahren vor dem Landgericht E (Bl.126 f GA). Die Kläger seien sich darüber im Klaren gewesen, dass der angestrengte Rechtsstreit Risiken berge und ein Scheitern naheliegend sei, wenn die Umgehung des RBerG durchschaut würde. Die Kläger hätten den sicheren Weg beschreiten müssen. Im übrigen liege eine unternehmerische Tätigkeit vor, da die Tätigkeit als Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer im Vordergrund gestanden habe. Der Ausschluss wirke zu Lasten aller Sozien.
Hiergegen wendet sich die Berufung der Kläger. Sie wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie machen geltend, der Gesichtspunkt, dass sich die Kläger schadensersatzpflichtig gemacht hätten, weil die S. nicht in der Lage gewesen sei, bei negativem Ausgang des Verfahrens dessen Kosten aus eigenem Kapital zu bestreiten, greife nicht. Der Anwalt müsse seinen Mandanten auf die Risiken des Rechtsstreits hinweisen, sei aber nicht verpflichtet, den Mandanten von einem Rechtsstreit abzuhalten, selbst wenn ein solches Verfahren den wirtschaftlichen Ruin bedeuten könne. Niemand habe einen Anspruch darauf, von einem zahlungskräftigen Kläger verklagt zu werden. Dass die Zession mit dem Ziel, dem Zedenten im Rechtsstreit die Stellung des Zeugen zu vermitteln, zulässig sei, sei unumstritten. Eine Verständigung der Aktionäre, ihre Ansprüche an einen von ihnen abzutreten, habe sich verboten, weil sich die Tätigkeit der S. sich nicht darin erschöpfen sollte, die Ansprüche der bestimmten Aktionäre geltend zu machen. Der Rechtsstreit habe für andere Pilotcharakter haben können. Dass der präsumtive Prozessgegner bei vollständiger Klageabweisung mit seinem Kostenerstattungsanspruch ausfallen könne, sei zu keinem Zeitpunkt Gegenstand von Erörterungen gewesen. Dafür, dass die von den Aktionären vorgenommene Zession sich als Missbrauch einer gewillkürten Prozessstandschaft darstelle, fehle es vorliegend an Anknüpfungstatsachen. Zu Unrecht habe das Landgericht auch eine wissentliche Pflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen das RBerG angenommen. Die Kläger seien nicht davon ausgegangen, dass die gewählte Konstruktion gegen das RBerG verstoße. Die Konstruktion sei mit dem unechten Factoring vergleichbar. Außerdem habe eine Beteiligung der Aktionäre an der Zessionarin über die Treuhandbindung bestanden. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Kläger zu 1) und 2) Geschäftsführer der S. gewesen seien und sich die Gesellschaft deren Wissen zurechnen lassen müsse. Unternehmerische Tätigkeit liege nicht vor. Auch einer GmbH, deren Geschäftsführer Mitglied einer Rechtsanwaltssozietät sei, bleibe es unbenommen, die Sozietät zu mandatieren. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt seien die Kläger zu 1) und 2) nicht mehr Geschäftsführer gewesen. Der Entschluss, das Urteil des Landgerichts Frankfurt/M anzufechten, sei in Kenntnis der Argumentation des Landgerichts erfolgt. Auch aus diesem Grund scheide Wissentlichkeit aus.
Die Kläger beantragen,
festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern Deckungsschutz gegenüber den Ansprüchen des Insolvenzverwalters C und des Aktionärs P wegen des Haftpflichtfalls aus der Führung des Rechtsstreit S-Consulting und Beteiligung GmbH . /. M Förderbank Bayern u. - 3/16 O 3 / 04 - Landgericht Frankfurt/M zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochten Urteil. Sie macht geltend, die gesamte Konstruktion habe einen unternehmerischen Charakter. Die Tätigkeit der Kläger zu 1) und 2) als Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der S. habe im Vordergrund gestanden. Im übrigen sei wegen des Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz und der Umstände der Unterkapitalisierung und missbräuchlichen Forderungsabtretung von einer wissentlichen Pflichtverletzung auszugehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze ergänzend verwiesen.
Die beigezogenen Akten 3/16 O 3/04 LG Frankfurt/M = 5 U 190/04 OLG Frankfurt/M sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
II. Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Kläger ist begründet.
1. Die Beklagte ist auf Grund des Haftpflichtversicherungsvertrages gemäß Abschnitt A. § 1 I Nr. 1 AVB - R verpflichtet, den Klägern Deckungsschutz gegenüber den Ansprüchen des Insolvenzverwalters C und des geschädigten Aktionärs P wegen des Haftpflichtfalls aus der Führung des Rechtsstreits S. - Consulting und Beteiligung - GmbH ./. M Förderbank Bayern. u.a. - 3/16 O 3 / 04 - vor dem Landgericht Frankfurt/M. zu gewähren.
Nach den genannten Versicherungsbedingungen wird dem Versicherungsnehmer Deckungsschutz gewährt für den Fall, dass er wegen eines bei der Ausübung beruflicher Tätigkeit - von ihm selbst oder einer Person, für die er einzutreten hat - begangenen Verstoßes von einem anderen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts für einen Vermögensschaden verantwortlich gemacht wird. Das ist vorliegend der Fall. Die Kläger werden im Zusammenhang mit der Führung des Rechtsstreits S-Consulting und Beteiligung - GmbH gegen M Förderbank Bayern u.a. wegen der Verletzung anwaltlicher Pflichten von dem Insolvenzverwalter Dr. C (Landgericht Düsseldorf - 2 b O 246/05) und dem Aktionär P (Landgericht Düsseldorf - 14 d O 224/05) in Anspruch genommen.
Über diese Ansprüche ist noch nicht rechtskräftig entschieden, sodass eine Bindungswirkung im Deckungsverhältnis im Rahmen der Voraussetzungsidentität nicht besteht (vgl. BGH, VersR 2007, 641; VersR 2004, 590; Senat, VersR 2002, 1371).
2. Dem Anspruch der Kläger steht nicht entgegen, dass es - wie die Beklagte meint - an einer bedingungsgemäßen Inanspruchnahme durch einen anderen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts fehle. Dass die Kläger zu 1) und zu 2) an der S. beteiligt waren, ändert nichts daran, dass der Insolvenzverwalter der X GmbH sowie der Aktionär P im Haftungsverhältnis als Dritte Ansprüche im Sinne der Versicherungsbedingungen geltend machen.
3. Der Deckungsanspruch ist nicht nach §§ 4 Nr. 5 AVB - R ausgeschlossen. Nach dieser Regelung bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schadenverursachung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung. Ein Ausschlussgrund, der in der Person eines Sozius vorliegt, geht nach § 12 III AVB - R zu Lasten aller Sozien. Eine Verursachung eines Schadens durch eine wissentliche Pflichtverletzung ist allerdings nicht anzunehmen.
Wissentlich handelt nur derjenige Versicherte, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz, bei dem er die in Rede stehende Verpflichtung nur für möglich hält, reicht dafür ebenso wenig aus wie eine fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherte die Pflichten zutreffend gesehen und sich bewusst darüber hinweggesetzt hat (vgl. BGH, VersR 2006, 106; VersR 1991, 176; VersR 1986, 647; Senat, VersR 2002, 1371). Hierbei hat der Versicherer die positive Kenntnis der Pflichten des Versicherungsnehmers und das entsprechende Erkennen der Verpflichtungslage als Merkmale des subjektiven Risikoausschlusses zu beweisen (vgl. BGH, VersR 1986, 647).
Bei der Beurteilung sind die Gesamtumstände des anwaltlichen Mandates, der Inhalt des Pflichtenkreises und die Motivation hinsichtlich eines wissentlichen Pflichtenverstoßes zu berücksichtigen (vgl. BGH, VersR 2006, 106 (Rn 27) ).
Eine wissentliche Verletzung anwaltlicher Pflichten in diesem Sinne und eine darauf beruhende Schadensverursachung lässt sich aus den Gesamtumständen in den verschiedenen Phasen des Mandatsverhältnisses zu den Klägern nicht feststellen. Dass möglicherweise der Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründet ist, reicht nicht aus.
a) Auch wenn man im Zusammenhang mit der im Rahmen des anwaltlichen Mandats erfolgten Abtretung der angeblichen Schadensersatzansprüche der Aktionäre von einem Verstoß gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG ausgeht, so ergibt sich eine wissentliche Pflichtverletzung der Kläger nicht, da nicht von einem bewussten pflichtwidrigen Handeln ausgegangen werden kann.
Nach dieser Bestimmung darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung und der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen geschäftsmäßig nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt ist. Diese lag bei der Schuldnerin S. nicht vor. Es handelte sich um eine geschäftsmäßige Besorgung fremder Geschäfte. Der jeweilige Aktionär hatte nach der Vertragsgestaltung seine Schadensersatzansprüche an die S. abgetreten mit der Maßgabe, dass diese die Schadensersatzforderungen entweder gerichtlich oder außergerichtlich im eigenen Namen nur für den Aktionär oder im Verbund mit Schadensersatzforderungen anderer Aktionäre geltend machte. Hieraus und aus der Präambel der Verträge ist zu entnehmen, dass die Geltendmachung im Rahmen einer planmäßigen Bündelung einer Vielzahl von Fällen mit erheblichem wirtschaftlichen Gewicht erfolgen soll. Damit liegt eine geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vor. Dass eine vertragliche Treuebindung vorhanden war, ändert am Rechtscharakter der Vertragskonstruktion nichts. Auch die Personenidentität der Kläger zu 1) und 2) mit den damaligen Geschäftsführern führt nicht zu einer anderen Bewertung der Besorgung fremder Geschäfte. Ein Ausnahmefall nach Art 1 § 5 RBerG ist nicht gegeben. Eine unter Verletzung des RBerG geschlossene Vereinbarung ist gemäß § 134 BGB nichtig (vgl. BGHZ 145, 265; NJW 1995, 516 (Girmes); zur Problematik der Sammelklage von Anlegern Koch, NJW 2006, 1469). Die Nichtigkeit des über die Rechtsberatung vereinbarten Vertrages erstreckt sich auf die Abtretung der Forderung zum Zwecke der Einziehung. Da durch die Geltendmachung der behaupteten Aktionärsansprüche geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten besorgt werden, ist die Abtretung unwirksam. Die spätere Übertragung der Geschäftsanteile und die Änderung der Firma ändern an der Beurteilung nichts.
Wenn insbesondere der Kläger zu 1) bei der Beratung mit den Aktionären diese Problematik des Rechtsberatungsgesetzes ausführlich erörtert und nach seinem unwidersprochenen Vortrag Bedenken an der Wirksamkeit der konkreten Gestaltung für unbegründet gehalten hat, kann eine wissentliche Pflichtverletzung nicht angenommen werden. Die Kläger gingen unwiderlegt davon aus, dass die gewählte rechtliche Konstruktion der Sammelklage nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstieß. Insbesondere setzten sie voraus, dass durch die rechtliche Gestaltung die Möglichkeit geschaffen wurde, dass die Aktionäre in dem Rechtsstreit als Zeugen zur Verfügung stehen sollten und weitere Geschädigte sich möglicherweise dem Schadensersatzbegehren anschließen würden. Hinzu kommt, dass die Kläger zu 1) und 2) Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der S. Treuhand und Consulting GmbH waren sowie Geschäftsführer der S. und auch vor diesem Hintergrund nicht angenommen werden kann, dass eine bewusste Pflichtverletzung zum eigenen Nachteil gewollt war.
b) Auch unter dem weiteren Gesichtspunkt der Umstände der Gründung der S. als GmbH ergibt sich keine wissentliche Pflichtverletzung. Es ist anerkannt, dass ein schutzwürdiges eigenes Interesse an der Geltendmachung einer Forderung dann nicht besteht, wenn die Ermächtigung zur Prozessführung nur zu dem Zweck erteilt wurde, das Kostenrisiko zu Lasten des Gegners zu vereiteln (vgl. RGZ 81, 175; BGHZ 35, 180; 96, 151; MDR 1989, 536; OLG Hamm, NJW-RR 1992, 763). Nach dem Gesellschaftsvertrag war die GmbH lediglich mit dem gesetzlichen Mindestkapital auszustatten. Es ergab sich danach eine erhebliche Diskrepanz zu dem Umfang der Prozesskosten.
Wenn man die Gründung der GmbH im Gesamtzusammenhang mit der Abtretung der Schadensersatzansprüche betrachtet, steht eine wissentliche Pflichtverletzung nicht fest. Dass allein eine missbräuchliche Gestaltung maßgeblich war, ist nicht belegt. Vielmehr war eine gebündelte Durchsetzung der Interessen der Anleger gewollt.
Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Kläger sind die maßgebenden Aktionäre auch über das Vorgehen und die Problematik der Verfahrenskosten mit der Gestaltungsmöglichkeit aufgeklärt worden und haben ihr Einverständnis erklärt.
c) Im Zusammenhang mit der Beauftragung zur Klage und Durchführung der Berufung scheidet ebenfalls eine wissentliche Pflichtverletzung aus. Sowohl vor Beginn des Rechtsstreits als auch nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils sind die Risiken mit der Mandantin besprochen worden.
Soweit ferner ein Verstoß gegen die Pflichten aus § 43 Abs. 1 GmbHG (vgl. OLG Stuttgart, GmbHR 2006, 759; OLG E, GmbHR 2007, 310) oder eine Haftung nach § 826 BGB in Betracht kommt (vgl. BGH, NJW-RR 1988, 1181), fehlt es an einer bewussten Pflichtverletzung. Es kann - abgesehen davon, dass eine Haftung nicht dargetan ist - nicht davon ausgegangen werden, dass ein von vornherein aussichtsloser Rechtsstreit bewusst geführt worden ist. Die Kläger gingen unwiderlegt davon aus, dass eine Erfolgsaussicht vorhanden war.
4. Schließlich liegt der Ausschlussgrund des § 4 Nr. 6 AVB - R (i. V. § 12 Abs. 3 VVG a.F.) nicht vor.
Danach besteht kein Versicherungsschutz aus einer Tätigkeit des Versicherungsnehmers als Leiter, Vorstands- oder Aufsichtsratmitglied privater Unternehmungen, Vereine, Verbände oder als Syndikus. Es handelt sich um den Ausschluss der unternehmerischen Tätigkeit. Darunter fällt auch das Handeln des GmbH -Geschäftsführers (vgl. Gräfe in Veith/Gräfe, Der Versicherungsprozess, § 12 Rn 488). Die Regelung will das unkalkulierbare unternehmerische Risiko vom Deckungsschutz ausschließen. Bei einem Rechtsanwalt als Geschäftsführer ist darauf abzustellen, welche Tätigkeit im Vordergrund steht (Gräfe, aaO, Rn 499, 504). Die Kläger zu 1) und zu 2) waren als Rechtsanwälte für die Aktionäre im Hinblick auf ihre möglichen Schadensersatzansprüche aus Kapitalanlagen beratend tätig. Die Beratung bezog sich auch auf die Rechtsverfolgung durch eine zu gründende Gesellschaft.
Die Beauftragung der Anwaltssozietät der Kläger mit der Durchsetzung der Ansprüche diente der Ausführung dieses Plans. Es handelt sich damit um die Begründung eines anwaltlichen Mandatverhältnisses im Rahmen anwaltlicher und nicht unternehmerischer Tätigkeit. Soweit die Kläger zu 1) und 2) die Sozietät mandatiert haben, betrifft dies demnach nicht eine berufsfremde wirtschaftliche Tätigkeit, um sich daraus eine weitere Einnahmequelle zu verschaffen.
Hinsichtlich des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt/M hat der Kläger zu 3) in Abstimmung mit dem neuen Geschäftsführer L beschlossen, das Verfahren weiterzuführen. Dies betraf auch den Verhandlungstermin im März 2005, nachdem die Kläger zu 1) und 2) bereits aus der Gesellschaft ausgeschieden waren.
Danach kann von Leistungsfreiheit der Beklagten nicht ausgegangen werden.
III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 148.937,03 € (80% von 186.171,29 €, da Feststellung)
Ende der Entscheidung
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