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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 27.03.2007
Aktenzeichen: 9 U 227/05
Rechtsgebiete: ZPO, VVG, VHB 95


Vorschriften:

ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 138 Abs. 4
ZPO § 287
ZPO § 288 Abs. 1
ZPO § 313a Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 2
VVG § 1
VVG § 49
VVG § 61
VHB 95 § 19 Nr. 1 e
VHB 95 § 19 Nr. 2 b
VHB 95 § 19 Nr. 3
VHB 95 § 20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 24. November 2005 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 5/05 - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 19.964,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Oktober 2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger 7/25 und der Beklagten 18/25 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

- abgekürzt gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO -

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ausgleich des in seinem Haushalt entstandenen Brandschadens in Höhe von 19.964,74 €, §§ 1, 49 VVG in Verb. mit den vereinbarten VHB 95 (GA 17 ff.).

1. Es ist im Haus des Klägers am 3. August 2004 gegen 21 Uhr zu einem Brand gekommen. Das Brandgeschehen ist als solches nicht bestritten und angesichts des von der Beklagten besichtigten und durch Fotografien dokumentierten Brandortes auch nicht bestreitbar.

2. Soweit die Beklagte sich auf "Widersprüche" in der Darstellung des Klägers zum Ablauf der Ereignisse (Brandgeschehen und Brandentdeckung) und auf "Bedenken" hinsichtlich der Redlichkeit des Klägers beruft, ist dies für die Bejahung des Versicherungsfalls und der grundsätzlichen Eintrittspflicht der Beklagten rechtlich unerheblich. Die Beklagte hat keine Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt, die den Schluss auf eine Eigenbrandstiftung oder auf ein sonstiges Geschehen, das zum Ausschluss ihrer Eintrittspflicht gemäß § 61 VVG führen könnte, zulassen.

3. Die von der Beklagten ausgesprochene Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) ist ohne rechtliche Wirkung.

Von einem arglistigen Verhalten des Klägers beim Ausfüllen des Versicherungsantrags kann nicht ausgegangen werden.

Der Kläger hat die Frage "Bestand oder besteht eine Hausratversicherung?" durch Ankreuzen des entsprechenden Antwortfeldes am 26. September 2002 verneint. Diese Antwort war richtig, wenn man die Frage als Frage nach einer vom Kläger persönlich abgeschlossenen Versicherung versteht, sie war inhaltlich aber unzutreffend, wenn man sie als Frage danach versteht, ob es zugunsten des Klägers eine Hausratversicherung gab. Eine solche Versicherung bestand, denn die Ehefrau des Klägers hatte eine Hausratversicherung abgeschlossen.

Es bedarf hier aber keiner grundsätzlichen Stellungnahme zu der Frage, ob die Antwort den Vorwurf einer Falschangabe rechtfertigt, ob also derjenige, der die gestellte Frage beantwortet, sie generell auch als Frage nach einer Versicherung des Hausrats durch den Ehepartner verstehen muss (so z. B. für den Fall des identischen Hausrats OLG Frankfurt VersR 2005, 1429; verneinend OLG Köln VersR 1992, 231), denn auch wenn man annimmt, die Antwort sei inhaltlich unrichtig, so ist sie jedenfalls nur dann geeignet, den Vorwurf arglistiger Täuschung zu rechtfertigen, wenn zusätzliche Umstände hinzukommen, die auf eine Täuschungsabsicht schließen lassen. An solchen zusätzlichen Umständen fehlt es hier. Es gibt sogar eher Umstände, die gegen eine Täuschungsabsicht sprechen können. Der Kläger hat im Rahmen seiner Anhörung nämlich ausgeführt, seine häusliche Situation sei bei der Beantragung der Hausratversicherung dadurch gekennzeichnet gewesen, dass er weiterhin gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Mietwohnung nutzte, als er für das von ihm erworbene Einfamilienhaus mit der Anschrift I.-straße 29 in C. den Versicherungsantrag ausfüllte. Nur der Hausrat, den er im Einfamilienhaus unterbrachte, sollte in dieser Situation bei der Beklagten versichert werden. Für diesen Versicherungsort und den an diesem Ort untergebrachten Hausrat gab es zunächst keine gleichzeitige Versicherung bei einem anderen Versicherer und - jedenfalls soweit der Hausrat neu war - auch keine Vorversicherung. Die Doppelversicherung ergab sich erst später bei Aufgabe der Mietwohnung.

4. Leistungsfreiheit der Beklagten ist auch nicht wegen unrichtiger Angaben in der Schadensanzeige eingetreten.

a) Tatsachen, die insoweit auf eine arglistige Täuschung schließen lassen und zur Leistungsfreiheit nach § 20 VHB 95 führen könnten, sind von der Beklagten nicht vorgetragen, jedenfalls nicht unter Beweis gestellt worden. Sie hat lediglich Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Klägers angemeldet. Dies genügt nicht, um die Voraussetzungen der Leistungsfreiheit darzutun. Die Beklagte müsste die Unrichtigkeit bestimmter Angaben vortragen und beweisen, um sich auf eine arglistige Täuschung berufen zu können.

b) Entgegen den Ausführungen des Landgerichts ist die Beklagte auch nicht nach § 19 Nr. 3 i. Verb. m. Nr. 1 e, Nr. 2 b VHB leistungsfrei.

Das Landgericht meint, von einer Obliegenheitsverletzung sei auszugehen, weil der Kläger unzutreffende Angaben zu den Anschaffungspreisen des Hausrats gemacht habe. Es sei nicht plausibel, wieso er in der Lage gewesen sei, mit der erfolgten Genauigkeit Preise zu benennen, obwohl er andererseits erklärt habe, über keine Anschaffungsbelege zu verfügen. Schon der tatsächliche Ausgangspunkt in den Überlegungen des Landgerichts ist nicht zutreffend. Der Kläger hat schon deswegen keine unrichtigen Angaben zu den Anschaffungspreisen gemacht, weil im Formular der Beklagten nach diesen Preisen nicht gefragt wurde. Anzugeben waren und angegeben wurden das Anschaffungsjahr, der Wiederbeschaffungspreis und der Zeitwert vor dem Schaden.

Leistungsfreiheit liegt auch nicht wegen einer anderen unrichtigen Angabe vor. Der Kläger hat erklärt, die Frage nach früheren Schäden in der Schadenanzeige vom 10.8.2004 entsprechend der Überschrift nur auf "Brand, Sturm, Hagel, Blitzschlag" bezogen zu haben. Dieses Verständnis lag nahe. Schon deswegen kann es nicht als Falschangabe angesehen werden, dass nur der Brandschaden vom 20.9.2003 erwähnt wurde, während Wasserschäden, zu denen es in der Mietwohnung - bzw. in dem zur Mietwohnung gehörenden Keller - gekommen ist, unerwähnt blieben.

Eventuell falsche und/oder unvollständige Angaben zu dem früheren Schadensfall (Brand im Wohnwagen am 20. September 2003) können hier nicht zur Leistungsfreiheit führen. Ob die Beklagte zutreffend annimmt, der Kläger habe im September 2003 bei der Meldung des damaligen Schadens die weitere Hausratversicherung angeben müssen, ist im Übrigen nicht geklärt, denn nach den Angaben des Klägers gab es damals noch die Mietwohnung. Nur auf diesen Versicherungsort bezog sich die zweite Hausratversicherung, so dass für das Grundstück, auf dem es zu dem Brand kam, nicht von einer Doppelversicherung ausgegangen werden kann.

5. Zur Höhe der dem Kläger zustehenden Ansprüche ist folgendes auszuführen:

Berechtigt sind folgende Forderungsbeträge:

 a) Reinigungskosten für die Tätigkeit der Firma A. 9.684,74 €
b) Reparaturkosten einer Schreibgarnitur 750,00 €
c) Beschädigter bzw. verbrannter Hausrat inkl. Kleidung 9.500,00 €
 19.964,74 €

Zu a)

Die Firma A. hat für ihre Tätigkeit eine Rechnung über netto 9.986,91 € (brutto 11.584,82 €) erteilt. Der Kläger hat aus dieser Rechnung Beträge in einer Gesamthöhe von netto 1.638,00 gestrichen, weil insoweit die ursprünglich angebotenen Arbeiten nicht ausgeführt wurden. Da der Kläger nichts vorgetragen hat, was eine Zuerkennung der von ihm gestrichenen Positionen rechtfertigen könnten, war seine Kürzung hier zu übernehmen, so dass die Rechnung in Höhe von netto 8.348,91 € - also 9.684,74 € brutto - zu entschädigen ist. Die Beauftragung der Firma erfolgte in Abstimmung mit der Beklagten bzw. dem von ihr eingeschalteten Zeugen G..

Bedenken hinsichtlich der Aktivlegitimation des Klägers bestehen nicht mehr, nachdem die Firma A. eine Rückabtretung vorgenommen hat. Ob der Kläger die Forderung in voller Höhe bezahlt hat, oder ob die Ansprüche zum Teil noch offen sind, bedarf keiner Klärung, denn dies berührt die Zahlungspflicht der Beklagten nicht. Dem Kläger ist schon deshalb ein entsprechender Schaden entstanden, weil die Reinigungsarbeiten in dem Umfang erforderlich waren, in dem sie durch die Rechnung dokumentiert sind.

Zu b) Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung die Ersatzfähigkeit der Reparaturkosten für die Schreibgarnitur bestritten, weil der Vortrag ungenügend sei und ihr die Rechnung nicht vorliege. Nachdem der Kläger seinem Schriftsatz vom 28. April 2005 die Rechnung nochmals beigefügt hat, sind die Kosten als unbestritten anzusehen, denn die Beklagte hat keine Einwände mehr geltend gemacht, vgl. § 138 Abs. 3 ZPO. Im Übrigen hat der Kläger auch unwidersprochen vorgetragen, der Zeuge G. habe die durch den Brand beschädigte Schreibgarnitur gesehen, so dass die Beklagte vor diesem Hintergrund ohnehin gehindert war, die fragliche Schadensposition schlicht zu bestreiten, § 138 Abs. 4 ZPO.

Zu c) Hinsichtlich des übrigen Hausrats schätzt der Senat den entstandenen Schaden auf 9.500 €, wobei der Wert der verbrannten Einrichtungsgegenstände nebst Zubehör mit 4.000,00 € und der Wert der Kleidung des Klägers und seiner Ehefrau mit jeweils 2.000 € und der Wert der Gegenstände, die dem Gast des Klägers gehörten, mit 1.500 € angenommen werden.

Der Senat kann die genaue Schadenshöhe nicht ermitteln, weil es insoweit an einem präzisen Vortrag und an Beweisangeboten fehlte, obwohl der Kläger schon in erster Instanz auf die Erforderlichkeit genauerer Ausführungen hingewiesen worden ist. Allerdings kann der unzureichende Sachvortrag nicht dazu führen, dass keinerlei Entschädigung für die verbrannten bzw. beschädigten Gegenstände zu zahlen ist, denn immerhin ist der Schaden als solcher unstreitig und durch Fotos belegt.

Aufgrund der Fotos, die zum Teil durch die Schadenlisten indirekt erläutert werden, schätzt der Senat den Schaden an der Einrichtung des Schlafzimmers (Kleiderschrank, Kommode, Doppelbett mit Matratzen, Bettzeug und Bettwäsche, Fernseher, Receiver, Lampen) auf 4.000 €, § 287 ZPO.

Bei der Schätzung der Kleidung wird der Wert der Grundausstattung, über die der Kläger und seine Ehefrau verfügt haben, mit jeweils 2.000 € angenommen. Anhaltspunkte, die es rechtfertigen könnten, einen höheren Mindestschaden anzunehmen, fehlen. Der Wert der Gegenstände, die dem aus den USA angereisten Gast gehörten, wird inklusive des verbrannten Koffers auf 1.500 € geschätzt.

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger und seine Ehefrau nicht in dem geschätzten Umfang geschädigt worden sein könnten - etwa weil sie mit Rücksicht auf den Gast ihr Eigentum vor dem Brand weitgehend aus dem Schlafzimmer entfernt hätten. Die Beklagte hat den Schadensort zeitnah durch den Zeugen G. besichtigt und hätte solche Aspekte vortragen können, wenn hierzu Anlass bestanden hätte.

Die Zuerkennung eines höheren Betrages ist nicht gerechtfertigt, weil es an entsprechenden Nachweisen fehlt. Der Kläger hat für beschädigten Hausrat eine Forderung in Höhe von 15.500 € "pauschal" geltend gemacht und die umfangreichen, aber dennoch wenig aussagekräftigen Schadenlisten nicht weiter erläutert oder gar belegt bzw. in substantiierter Form unter Beweis gestellt. Soweit er meint, 15.500 € seien ihm schon deshalb zuzusprechen, weil ein entsprechendes Anerkenntnis des Zeugen G. abgegeben worden sei, kann seiner rechtlichen Würdigung nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat geltend gemacht, der Zeuge G. habe keine Vollmacht zum Abschluss von Vereinbarungen gehabt. In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers, der an dem maßgeblichen Gespräch beteiligt war, auch eingeräumt, dass der Zeuge erklärt habe, er müsse noch das Einverständnis der Beklagten mit dem von ihm genannten Betrag einholen, so dass schon deshalb der vor Ort genannte Betrag rechtlich noch keinerlei Bindungswirkung hatte.

6. Verzugszinsen stehen dem Kläger gemäß § 288 Abs. 1 ZPO im zuerkannten Umfang zu. Nachdem die Beklagte jegliche Zahlungspflicht in Ihrem Schreiben vom 13. Oktober 2004 abgelehnt hat, ist Verzug eingetreten.

7. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Es besteht kein Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 27.834,82 €

Ende der Entscheidung

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