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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.02.2006
Aktenzeichen: 9 U 3/05
Rechtsgebiete: AHB, VVG


Vorschriften:

AHB § 5 N. 3 S. 2
AHB § 6 I
VVG § 6 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 3/05

Anlage zum Protokoll vom 14.02.2006

Verkündet am 14.02.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 25.10.2005 durch die Richterin am Oberlandesgericht Keller sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Halbach und Dr. Weber

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 08.12.2004 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 10 O 46/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I. Der Kläger, der Eigentümer mehrerer Pferde ist, unterhielt bei der Beklagten eine Tierhalterhaftpflichtversicherung. Dem Versicherungsverhältnis liegen die AHB zugrunde. Mit der Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Freistellung und Feststellung von Haftpflichtversicherungsschutz wegen eines Reitunfalls in Anspruch.

Am 29.08.1999 unternahmen die damals 11 Jahre alten Schülerinnen O I und E N, eine Nichte des Klägers, auf dessen Anwesen in C einen gemeinsamen Ausritt mit Pferden des Klägers. Auf einem Feldweg außerhalb der Weide rutschte der von der Schülerin I nur locker befestigte Sattel seitlich nach unten weg und riss die Reiterin mit. Das Pferd trat nach hinten aus und verletzte die Reiterin im Bauchraum. Auf Grund der dadurch erlittenen schweren Verletzungen musste sich die Schülerin in der Folgezeit zahlreichen operativen Eingriffen und ambulanten Behandlungen unterziehen.

In der von ihm unterzeichneten Schadenanzeige vom 05.10.1999 (vgl. Hülle Bl. 52 a GA) gab der Kläger u.a. an. " Ohne Wissen von VN hat O I das Pferd vom Hof genommen + ist ein Stück ausgeritten + dabei vom Pferd gefallen. Als sie auf dem Boden lag, muss Pferd auf sie getreten sein" sowie "Kind hat ohne Wissen von VN sich Pferd genommen".

In dem Formular "Allgemeine Haftpflicht-Schadenanzeige" befindet sich oben unter "Wichtiger Hinweis" eine drucktechnisch hervorgehobene Belehrung " ... Wir weisen besonders darauf hin, dass unwahre oder unvollständige Angaben zum Verlust des Versicherungsschutzes führen, bewusst unwahre oder unvollständige Angaben auch dann, wenn sie nicht in betrügerischer Absicht gemacht worden sind, die Schadenermittlung dadurch nicht beeinträchtigt wurde und keine für uns nachteiligen Folgen eingetreten sind...."

Am 31.03.2000 nahm der Außenregulierer der Beklagten, Herr P, ein vom Kläger und B N, der Mutter der E, unterschriebenes Schadenprotokoll (Hülle Bl. 52 a GA) auf, in dem es u.a. heißt. "Unrichtig ist, dass Herr A E N sowie O I gestattet hat, die Pferde zu satteln und zu reiten. Richtig ist, dass E N ihren Onkel fragte, ob sie reiten dürfen. Dieser hat dies mit dem Hinweis auf das Fest abgelehnt ...". In einem weiteren vom Kläger und B N unterschriebenes Schadenprotokoll vom 31.03.2000 (Hülle Bl. 52 a GA) heißt es u.a. : "E N bestätigt, dass ihr Onkel Q keine Genehmigung zum Reiten gab. Sie fragte daraufhin ihre Mutter, aber die lehnte ab. Sie nahm daraufhin die Autoschlüssel aus der Jackentasche ihrer Mutter u. nahm die beiden Sättel zusammen mit O I aus dem Kofferraum. Jeder sattelte sein Pferd selbst und dann ritten beide los...."

In einem am 08.06.2000 von dem Schadenssachbearbeiter der Beklagten, Herrn T, erstellten Gedächtnisprotokoll, dass der Kläger, E N, und deren Mutter B N unterschrieben, heißt es u.a.: ... " E N gibt an, am Schadentag ihren Onkel (Q A) gefragt zu haben, ob sie und O sich 2 Pferde nehmen dürfen, um auszureiten. Ihr Onkel hat hierfür ausdrücklich die Erlaubnis verweigert. O I war bei diesem Gespräch nicht unmittelbar zugegen, stand aber in der Nähe. E hat O mitgeteilt, daß ihr Onkel Ihnen verboten hat zu reiten. Da E und O aber trotzdem reiten wollten, hat E ihre Mutter, Frau B N, dann gefragt, wo sich die Sättel befinden würden. Ihre Mutter hat daraufhin geantwortet, dass sich die Sättel im Kofferraum des Autos befinden würden. E gibt an, ihr Mutter lediglich nach den Sätteln gefragt zu haben, nicht um Erlaubnis zu reiten. Ihre Mutter wusste auch nicht, dass Herr Q A E und O verboten hatte zu reiten. Da E wusste, dass sich die Jacke ihrer Mutter in der auf dem Hof gelegenen Metzgerei befindet und in dieser die Fahrzeugschlüssel aufbewahrt wurden, gingen E und O in die Metzgerei, nahmen sich die Schlüssel und konnten somit die Sättel aus dem Kofferraum holen ..."

Daraufhin lehnte die Beklagte eine Regulierung der von O I erhobenen Schadensersatzansprüche ab, weil sich die Verletzte über das erteilte Ausrittverbot hinweggesetzt habe (vgl. Bl. 62 BA). Es kam dann vor dem Landgericht Bonn zu einem Haftpflichtprozess, in dem die Geschädigter I den Kläger auf Schmerzensgeld und Feststellung in Anspruch nahm (18 O 250/02 LG Bonn = 15 U 142/03 OLG Köln).

Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 19.11.2002 in jenem Rechtsstreit (Bl. 73 R BA) erklärte der Kläger unter Bezugnahme auf Angaben der Geschädigten auf Nachfrage des Gerichts, dass es richtig sei, dass er beim zweiten Mal zu den Mädchen gesagt habe, sie könnten die Pferde etwas auf der Weide bewegen. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers daraufhin erklärte, dass er im Hinblick auf die Äußerung des Klägers keinen Antrag stelle, erließ die 18. Zivilkammer unter dem 10.12.2002 ein Versäumnisurteil, durch das der Kläger verurteilt wurde, an O I ein Schmerzensgeld, in Höhe von 40.000,00 € nebst Zinsen zu zahlen. Außerdem wurde die Verpflichtung des Klägers zum Ersatz von jeglichem zukünftigen Vermögens- und Nichtvermögensschaden nach näherer Maßgabe festgestellt. Nachdem die Beklagte als Streithelferin in jenem Verfahren Einspruch eingelegt hatte, erhob das Landgericht Beweis durch Vernehmung der Zeugin E N (Bl. 112 BA).

Dort bekundete die Zeugin u.a. : "Wenn ich gefragt werde, mit welchen Worten Herr A unseren Ausritt genehmigt habe, so hat er sinngemäß gesagt, wir sollten uns hinten um das Feld bewegen. Aus meiner Sicht gehörte dazu auch der Feldweg, den wir benutzt haben". Auf Vorhalt des Gedächtnisprotokolls bekundete die Zeugin, dass es so, wie es aufgesetzt worden, sei nicht richtig sei. Sie habe damals auf Bitten des Klägers unterschrieben. Durch Urteil vom 24.06.2003 hielt die 18. Zivilkammer des Landgerichts Bonn ihr Versäumnisurteil aufrecht, allerdings hinsichtlich des Feststellungsbegehrens nur mit der Maßgabe, dass 80 % des Schadens zu ersetzen sei. In der Berufungsverhandlung vor dem 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln erklärte der Kläger, er habe die Klägerin des damaligen Verfahren vorher nicht gesehen. Das Kind habe er nicht gekannt. Er bleibe dabei, dass er das Reiten durch die Kinder auch gar nicht gestattet habe. Auf Hinweis des Senats, das Rechtsmittel habe keine Aussicht auf Erfolg, wurde die Berufung in jenem Rechtsstreit zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 22.12.2003 verweigerte die Beklagte gegenüber dem Kläger Deckungsschutz in der Haftpflichtversicherung unter Berufung auf Verletzung der Aufklärungspflicht.

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger Freistellung von den Ansprüchen, einschließlich derjenigen auf Kostenerstattung der O I aus dem Haftungsprozess begehrt und Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ich auch für weitergehende Ansprüche aus dem Schadensereignis vom 29.08.1999 Haftpflichtversicherungsschutz zu gewähren.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat sich auf Leistungsfreiheit wegen falscher Angaben in der Schadenanzeige und Einflussnahme auf die Zeugin E N berufen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin E N. Die Zeugin B N hat sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen (Bl. 118 R GA). Sodann hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Beklagte sei leistungsfrei, weil dem Kläger eine Obliegenheitsverletzung zur Last falle. Seine Darstellung, er habe den Schülerinnen den Ausritt untersagt, wie sie in der Schadenanzeige und in den durch seine Unterschrift gebilligten Protokollen sowie in seiner Anhörung im Berufungsverfahren im Haftpflichtprozess zum Ausdruck komme, sei nicht zutreffend.

Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil und seine Feststellungen Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers. Er macht geltend, das Landgericht habe die Beweise unzutreffend gewürdigt. Im übrigen hätten die Angaben des Klägers nicht den Zweck gehabt, eine Leistungspflicht des Versicherers für einen falsche Angaben machenden Versicherungsnehmers herbeizuführen. Schließlich habe der Kläger rechtzeitig und freiwillig seine unzutreffenden Angaben in der Schadensanzeige berichtigt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen,

1. den Kläger von den Ansprüchen einschließlich derjenigen auf Kostenerstattung der O I aus dem Versäumnisurteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 20.12.2002 in Verbindung mit dem Urteil vom 24.06.2003 - 18 O 250/02 - freizustellen;

2. festzustellen, das die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch für weitergehende Ansprüche der O I aus dem Schadensereignis vom 29.08.1999 Haftpflichtversicherungsschutz zu gewähren. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, es bestehe Leistungsfreiheit wegen vorsätzlich verletzter Aufklärungsobliegenheiten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze Bezug genommen. Die beigezogenen Akten 18 O 250/02 LG Bonn = 15 U 142/03 OLG Köln sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II. Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte Anspruch auf Freistellung von Ansprüchen der Geschädigten und Feststellung des Haftpflichtversicherungsschutzes gegen die Beklagte nach den §§ 1 Nr. 1, 3 II Nr. 1 Abs. 1, 5 Nr. 1 AHB wegen des Schadenereignisses vom 29.08.1999 nicht zu.

a) Die Beklagte ist nach den §§ 5 Nr. 3 S. 2, 6 I AHB, 6 Abs. 3 VVG wegen Obliegenheitsverletzungen leistungsfrei.

Nach § 5 Nr. 3 S. 2 AHB ist der Versicherungsnehmer u.a. verpflichtet, dem Versicherer wahrheitsgemäße Schadensberichte zu erstatten, alle Tatumstände, welche auf den Schadenfall Bezug haben, mitzuteilen. Falsche Angaben des Versicherungsnehmers zu der Vorgeschichte und zum Hergang eines Unfalls stellen danach eine Obliegenheitsverletzung dar (vgl. OLG Hamm, r+s 1990, 408). So liegt es hier.

Der Kläger hat in der "Allgemeinen Haftpflicht-Schadenanzeige" vom 05.10.1999 (Hülle Bl. 52 a GA) zum Schadenshergang erklärt, dass O I ohne sein Wissen das Pferd vom Hofe genommen habe und ein Stück ausgeritten sei. Zur Frage der Haftung hat er erklärt, dass der Anspruchsteller am 29.08.1999 den Schaden verursacht und verschuldet habe, und zwar dadurch, dass das Kind ohne sein Wissen sich das Pferd vom Hof genommen habe.

Dass der Mitarbeiter des Versicherungsbüros, Herr G, nach dem Vortag des Klägers die Eintragungen in der Schadensanzeige vorgenommen hat, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Der Kläger hat die Schadensanzeige in Kenntnis des Inhalts unterschrieben. Es handelt sich damit um eine Erklärung des Klägers als Versicherungsnehmer. Dass der Mitarbeiter von den Angaben des Klägers abweichende Eintragungen vorgenommen haben soll, wird nicht behauptet.

Zudem hat der Kläger in den Schadenprotokollen vom 31.03.2000 und in dem Gesprächsprotokoll vom 08.06.2000 diese Schilderung aufrechterhalten und schließlich auch in seiner Anhörung vor dem 15. Zivilssenat des Oberlandesgerichts Köln im Haftpflichtprozess im Kern wiederholt.

Dass diese Darstellung unzutreffend ist, steht fest. So hat der Kläger im Haftpflichtprozess vor dem Landgericht Bonn bei seiner Anhörung am 19.11.2002 (Bl. 73 R) auf Nachfrage zu einer Erklärung der Geschädigten betreffend die Gestattung des Reitens selbst eingeräumt, dass er gesagt habe, die Mädchen könnten die Pferde etwas auf der Weide bewegen. Daran, dass diese Erklärung sich auf das Reiten bezogen hat, bestehen nach den Umständen keine Zweifel. Die Angaben des Klägers erfolgten unmittelbar im Anschluss an die Erklärung der Geschädigten, die die Erlaubnis zum Reiten betraf.

Zudem hat die Beweisaufnahme vor dem Landgericht im vorliegenden Rechtsstreit ergeben, dass der Kläger falsche Angaben gemacht hat und sogar seine Nichte bewegt hat, seine falsche Darstellung zu bestätigen. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen des Landgerichts bestehen nicht (§ 529 Abs. 1 ZPO).

Die Zeugin N hat glaubhaft bekundet, dass sie und ihre Freundin zum Kläger gegangen seien und gefragt hätten, ob sie reiten dürften. Er habe "ja" gesagt, sonst wären sie nicht ausgeritten. Auf Vorhalt der abweichenden Schilderung im Gesprächsprotokoll der Versicherung hat die Zeugin ausgesagt, dass ihr der Kläger erklärt habe, sie solle sich in entsprechender Weise äußern. Sie habe es damals so gesagt, wie der Onkel es haben wollte. Die Schilderung der Zeugin ist nachvollziehbar. Sie stimmt auch im Kern mit den Angaben im Haftpflichtprozess überein. Geringfügige Unterschiede in der Schilderung der Umstände der Erlaubniserteilung gegenüber dem Inhalt der Vernehmung im Haftpflichtprozess am 10.06.2003 (Bl. 11 R BA) betreffen nicht die grundsätzliche Frage der Erlaubnis. Bei der Bewertung ist insoweit auch der Zeitablauf zu berücksichtigen.

Die genaue Wortwahl der Erklärung des Klägers, die Anzahl der Nachfragen zur Erlaubniserteilung und die Aufbewahrung der Sättel betreffen nicht die Kernfrage der Erlaubniserteilung. Einer Vernehmung des Zeugen T bedurfte es danach nicht.

b) Eine Berichtigung, die eine Berufung des Versicherers auf Obliegenheitsverletzung entfallen lassen könnte, liegt nicht vor. Soweit der Kläger darauf hinweist, seine Erklärung im ersten Termin im Haftpflichtprozess am 19.11.2002 sei als Korrektur einer etwaigen Obliegenheitsverletzung anzusehen, kann dem nicht gefolgt werden. Ein Versicherungsnehmer, der die Vermögensinteressen des Versicherers bereits gefährdet hat, kann dem drohenden Anspruchsverlust nur entgehen, wenn er dem Versicherer den wahren Sachverhalt aus eigenem Antrieb vollständig und unmissverständlich offenbart und nichts verschleiert oder zurückhält (vgl. BGH, r+s 2002, 51; Senat, r+s 1996, 298). Dass dies geschehen ist, hat der Versicherungsnehmer zu beweisen. Kann nicht ausgeschlossen werden, dass die falschen Angaben bereits zu einem Nachteil für den Versicherer geführt haben oder nicht freiwillig berichtigt worden sind, verbleibt es bei der Leistungsfreiheit. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Versicherer bereits mit der Bearbeitung des Falles unter Berücksichtigung der ursprünglichen Angaben begonnen (vgl. BGH, a.a.O.) und Entscheidungen, insbesondere Regulierungsentscheidungen, getroffen hat. Hier hatte die Beklagte bereits mit Schreiben vom 16.02.2001 (Bl. 62 BA) gegenüber den Bevollmächtigten der Anspruchstellerin unter Berufung auf die Angaben des Klägers die Ansprüche der Geschädigten zurückgewiesen und anschließend den Haftpflichtprozess durchgeführt.

Damit scheidet eine die Leistungsfreiheit ausschließende Berichtigung aus.

c) Es liegt eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung vor. Die nach § 6 Abs. 3 VVG bestehende Vermutung des Vorsatzes hat der Kläger nicht widerlegt.

Nach den §§ 6 S. 1 AHB, 6 Abs. 3 VVG ist die Beklagte bei vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung dem Versicherungsnehmer gegenüber leistungsfrei.

Wenn man davon ausgeht, dass die Obliegenheitsverletzung nicht folgenlos geblieben ist, kommt es auf die "Relevanzrechtsprechung" nicht an. Danach kann sich der Versicherer zwar auf vereinbarte Leistungsfreiheit dann nicht berufen, wenn der Obliegenheitsverstoß generell ungeeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, oder den Versicherungsnehmer subjektiv kein schweres Verschulden trifft (vgl. BGH, VersR 1993, 830: VersR 2004, 1117). Die Relevanzrechtsprechung steht jedoch unter der weiteren Voraussetzung, dass die Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers folgenlos geblieben ist. Also dem Versicherer bei der Feststellung des Versicherungsfalles oder des Schadensumfangs keine Nachteile entstanden sind. Die Folgenlosigkeit ist hierbei vom Versicherungsnehmer darzulegen nachzuweisen (vgl. BGH, VersR 2004, 1117). Im vorliegenden Fall ist bereits durch die falschen Angaben des Klägers für den Versicherer ein Nachteil eingetreten. Die Feststellungen zur Einstandspflicht sind durch die Obliegenheitsverletzung beeinflusst worden.

Selbst wenn man dies anders beurteilen würde, müsste man - wie das Landgericht - von dem Vorliegen der Leistungsfreiheit nach den Grundsätzen der Relevanzrechtsprechung ausgehen.

2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO n. F. sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 60.000,00 €

Ende der Entscheidung

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