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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 11.03.2003
Aktenzeichen: 9 U 45/02
Rechtsgebiete: AKB, VVG


Vorschriften:

AKB § 12 Abs. 1 II e)
VVG § 61
VVG § 79 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 04.01.2002 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 9 O 365/01 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klägers ist nicht begründet.

1. Ein Anspruch auf Entschädigung nach § 12 Abs. 1 II e) AKB steht dem

Kläger gegen die Beklagte wegen des Schadenereignisses vom 21.10.2000 auf der C-Straße in T2, Richtung F, auf Grund der zwischen den Parteien bestehenden Kaskoversicherung nicht zu.

Die Beklagte ist nach § 61 VVG leistungsfrei, weil der Sohn des Klägers, der Zeuge T, den Unfall durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat und dies dem Kläger entgegengehalten werden kann.

a) Das Verhalten des Sohnes ist dem Kläger gemäß § 79 Abs. 1 VVG zuzurechnen. Der Zeuge T ist Eigentümer des Fahrzeugs.

Dies hat der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Landgericht klargestellt.

Danach hatte der Sohn den Wagen von seinem eigenen Geld "selbst" erworben. Es liegt also eine Fremdversicherung vor. Das Interesse des Eigentümers ist versichert (vgl. BGH, r +s 1994, 3). Das Verhalten des Versicherten kann dem Versicherungsnehmer zugerechnet werden (vgl. Römer in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 79, Rn 1). Mithin kommt es nicht darauf an, ob der Sohn Repräsentant des Klägers ist. Er wäre aber auch als alleiniger Nutzer und Verantwortlicher für den Wagen als Repräsentant im Sinne des Risikoverwalters anzusehen (vgl. grundlegend zur Repräsentanteneigenschaft: BGH, r+s 1993, 321; r+s 1996, 385).

b) Der Unfall ist durch ein äußerst leichtsinniges und gefährliches Fahrverhalten des Zeugen T verursacht worden.

Grobe Fahrlässigkeit setzt in objektiver und subjektiver Hinsicht eine aus dem normalen Rahmen der Fahrlässigkeit herausfallende gröbliche Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Im Bereich des Straßenverkehrs liegt sie vor, wenn das Verhalten des Fahrers objektiv grob verkehrswidrig und subjektiv schlechthin unentschuldbar ist (vgl. Senat, r+s 2003, 54); Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 12 AKB, Rn, 68, 78 ff; Stiefel/Hofmann, AKB, 16. Aufl., § 12, Rn 90 ff). So liegt der Sachverhalt hier.

Es lag eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung im Bereich einer kurvenreichen Strecke vor, so dass der Zeuge die Gewalt über sein Fahrzeug verlor. Dies entspricht dem von der Polizei festgestellten Spurenbild (vgl. Skizze Bl.7 der Ermittlungsakte 67 Js 2151/00 StA Aachen). Durch eine der örtlichen Situation unangepasste Fahrweise geriet der von dem Zeugen T gesteuerte PKW Nissan Micra ins Schleudern, kippte auf die Seite und rutschte in den rechten, etwa ein Meter tiefen Straßengraben. Der Zeuge T hat bei seiner Vernehmung vor dem Senat selbst ausgesagt, etwa 90 bis 95 km/h gefahren zu sein. Ausweislich des von der Beklagten überreichten Fotos (Bl. 120, 121 GA) ist aber eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h durch ein Schild (Zeichen 274) angeordnet. Zudem ist durch das Verkehrszeichen 114 auf Schleudergefahr hingewiesen. Diese Geschwindigkeitsüberschreitung von jedenfalls 40 km/h hat der Zeuge im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Eschweiler auch eingeräumt (Bl. 79 der Ermittlungsakte). Er hat sein Verhalten selbst als "jugendlichen Leichtsinn" bezeichnet. Schließlich hat der mit seinem Fahrzeug entgegenkommende Zeuge S die überhöhte Geschwindigkeit des vom Sohn des Klägers gelenkten PKW bestätigt.

Demgegenüber hat die Beweisaufnahme nicht ergeben, dass der Sohn des Klägers dem entgegenkommenden Wagen des Zeugen S hat ausweichen müssen. Der Zeuge S hat glaubhaft ausgesagt, dass beide Fahrzeuge ordnungsgemäß aneinander vorbei gekommen seien. Im Rückspiegel habe er dann bemerkt, dass sich der vom Zeugen T gesteuerte PKW aufgeschaukelt habe und dann gegengelenkt worden sei. Das Aufschaukeln sei weitergegangen nach rechts und links, wobei der Wagen schließlich in dem Graben gelandet sei. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Zeuge S die Situation zutreffend geschildert hat und ein an der Unfallentstehung mitwirkendes Fehlverhalten des Zeugen auszuschließen ist. Dafür spricht schließlich, dass dem Zeugen S keinerlei Vorwürfe im Hinblick auf eine Behinderung gemacht und auch keine Ansprüche gegen ihn erhoben worden sind. Demgegenüber sind die Angaben des Zeugen y der Frage der Behinderung durch das entgegenkommende Fahrzeug nicht glaubhaft. Seine Angaben waren unsicher und wenig genau. Sie waren geprägt von dem Bestreben, das eigene Fehlverhalten abzumildern. Der Zeuge T konnte die Situation nicht genau beschreiben. So hat er bekundet, er selbst sei zunächst auf der rechten Spur gefahren, als es in die Kurve gegangen sei, sei er mittig gefahren. Weiter schildert er einerseits, der andere sei "ziemlich mittig" gefahren, andererseits gibt er an, geschnitten worden zu sein. Sodann bekundet er, wenn er auf der rechten Spur gefahren wäre, wäre er auch in den Graben gefahren. Angesichts dieser unklaren Angaben war nicht von einem Ausweichmanöver auszugehen.

Demnach ist eine grob fahrlässiges Verursachung des Unfalls durch den Zeugen T anzunehmen.

2. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO lagen nicht vor.

Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 7.337,04 EUR

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