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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 07.10.2003
Aktenzeichen: 9 U 63/01
Rechtsgebiete: BGB, VVG, AGBG, HGB


Vorschriften:

BGB § 284
BGB § 288 Abs. 1 a.F.
BGB § 398
VVG § 67
VVG § 152
AGBG § 3 a.F.
AGBG § 9 a.F.
HGB § 352
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 63/01

Anlage zum Protokoll vom 07.10.2003

Verkündet am 07.10.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 22.07.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Münstermann, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Halbach und den Richter am Landgericht Dr. Kunkel

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 08.12.2000 verkündete Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 89 O 82 /00 - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 147.072,11 € (287.648,06 DM) nebst 5 % Zinsen seit dem 28.04.1999 zu zahlen.

Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 170.000,00 € abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die jeweiligen Sicherheitsleistungen dürfen auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft eine deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand: Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen eines Transportmittelunfalls vom 14.03.1998 in Portugal im Wege des Rückgriffs auf Schadensersatz in Anspruch.

Einen ursprünglich zwischen der U Allgemeinen Versicherung AG und der I C Transportunternehmen GmbH als Versicherungsnehmerin geschlossenen Versicherungsvertrag für den gewerblichen Güterverkehr für Transporte im Auftrag der Spedition X GmbH & Co in N (Bl. 7 GA) hatte die Klägerin als Versicherer übernommen. Der Vertrag, der die Haftung des Versicherungsnehmers als Frachtführer nach KVO, CMR, HGB/BGB und ausländischem Recht umfasste, ist 1997 auf die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der in Konkurs geratenen Versicherungsnehmerin im Einverständnis der Beteiligten übertragen worden.

Die Beklagte war als Subunternehmerin der Spedition X, die ebenfalls bei der Klägerin eine Versicherung unterhielt (Bl. 235 GA), tätig. In dieser Eigenschaft führte die Beklagte einen Transport aus E in England nach Q in Portugal durch. Der von dem Zeugen W, der als Fahrer bei der Beklagten angestellt war, gesteuerte LKW verunglückte am 14.03.1998 in Portugal. Hierdurch entstand ein Totalverlust der Ladung, Motoren und Steuerungseinheiten (Gewicht 15.696 KG).

Die Unfallursache ist streitig. Insbesondere streiten die Parteien darüber, ob der Unfall durch den schlechten Zustand der Reifen an der Zugmaschine verursacht worden ist.

Die Klägerin regulierte im April 1999 gegenüber der Spedition X den Warenschaden in Höhe von 287.648,06 DM. Unter dem Datum des 02.06.1999 trat die Firma X Ersatzansprüche aus dem Schadenfall an die Klägerin ab (Bl. 230 GA).

Mit der Klage verlangt die Klägerin den als Versicherer der Auftraggeberin der Beklagten regulierten Betrag von der Beklagten.

Die Klägerin hat behauptet, der Unfall sei auf den verkehrsunsicheren Zustand der Reifen des LKW zurückzuführen. Die Beklagte habe auf der Zugachse des verunfallten LKW Reifen montiert gehabt, die runderneuert und fünfmal nachgeschnitten gewesen seien. Dass die Reifen verkehrsunsicher gewesen seien, sei im Betrieb der Beklagten bekannt gewesen. Nach dem Unfall habe der Vater der Beklagten in deren Auftrag dem Zeugen W die Order gegeben, die betreffenden Reifen nach Deutschland mitzubringen und niemandem zu sagen, wie es zum Unfall gekommen sei. Die Reifen seien jedoch in Portugal beschlagnahmt worden. Der Fahrer habe wiederholt gefordert, dass neue Reifen aufgezogen werden sollten. Damit habe die Beklagte den Schaden zu tragen. Deckungsansprüche gegen die Klägerin stünden ihr nicht zu. Insoweit weist die Klägerin darauf hin, dass nach den Versicherungsbedingungen (Ziffer 3.1.1, Bl. 8 GA) Ansprüche ausgeschlossen seien aus Schäden, die der Versicherungsnehmer, seine gesetzlichen Vertreter, Prokuristen oder selbständige Leiter von Niederlassungen vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hätten. Diese Voraussetzungen lägen vor.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 287.648,06 DM nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 13.04.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Sie hat einen verkehrsunsicheren Zustand der Reifen in Abrede gestellt und vorgetragen, dass der LKW etwa einen Monat vor dem Unfall die TÜV-Hauptuntersuchung durchlaufen habe. Der Unfall sei vielmehr dadurch verursacht worden, dass der Fahrer infolge Blenden und Abdrängen durch Gegenverkehr die Gewalt über den Wagen verloren habe.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, zwar habe die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung der Klagesumme gegen die Beklagte, diesen könne sie aber wegen des Deckungsanspruchs der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag mit der Klägerin nicht geltend machen. Der Regressanspruch der Spedition X sei auf die Klägerin übergegangen. Der Geltendmachung dieses Anspruchs stehe aber der Arglisteinwand entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil und seine Verweisungen Bezug genommen.

Gegen das am 28.12.2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.01.2001 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis 26.03.2001 mit an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin hat im Hinblick auf die vorgenommene Regulierung gegenüber der Spedition X eine Abtretungs- und Abfindungserklärung vom 02.06.1999 vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 230 GA). Im übrigen wiederholt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag zu den schweren Mängeln der Reifen und rügt die Beweiswürdigung des Landgerichts. Es habe unterlassen, die Zeugin W zu vernehmen. Allein schadensursächlich sei gewesen, dass die Beklagte trotz mehrfachen Drängens ihres Fahrers diesen mit höchst gefährlicher Bereifung der Hinterräder der Zugmaschine habe losfahren lassen. Der Zeuge C habe nach dem Schadenereignis den Fahrer massiv bedrängt, für die Beseitigung und Rückführung der schadensursächlichen Reifen zu sorgen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin 287.648,06 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 13.04. 1999 zu zahlen, Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bankbürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbringen zu dürfen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und ihr zu gestatten, Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank öffentlichen Sparkasse zu leisten.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie hält die Klägerin im Hinblick auf die Schadenregulierung nicht für anspruchsberechtigt und macht zudem geltend, die Beklagte sei im Verhältnis zu der Firma X nicht als Frachtführer anzusehen, so dass die Haftung nach CMR nicht eingreife. Die vereinbarte Erstreckung des Deckungsausschlusses für grobe Fahrlässigkeit sei unwirksam.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift des Senats vom 22.07.2003, Bl. 315 ff, Bezug genommen.

Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Klägerin ist - bis auf eine geringe Zinszuvielforderung - begründet.

I. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus übergegangenem Recht ein Anspruch auf Zahlung von 147.072,11 € (287.648,06 DM) gemäß Art. 17 I , Art. 3 CMR, § 398 BGB zu.

1. a) Dass die Klägerin anspruchsberechtigt ist, unterliegt keinem Zweifel.

Aus der vorgelegten Abtretungs- und Abfindungserklärung vom 02.06.1999 (Bl. 230 GA) und dem Überweisungsbeleg (Bl. 231 GA) ergibt sich, dass die Klägerin im Hinblick auf den mit der Spedition X abgeschlossenen Versicherungsvertrag den maßgeblichen Warenschaden vom 14.03.1998 (Frachtbrief Nr. CMR 12700) mit 287.648,06 DM reguliert hat. Die Spedition X hat ihre Ansprüche gegen den Ersatzpflichtigen an die Klägerin abgetreten. Der Ersatzanspruch ist demnach auf die Klägerin übergegangen, wobei es im Hinblick auf § 67 VVG offen bleiben kann, ob die Abtretung erforderlich war.

b) Der Ersatzanspruch gegen die Beklagte ergibt sich aus Art. 17 I, 3 CMR.

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass zwischen der Auftraggeberin, der Firma H, und der Spedition X ein Frachtvertrag im Sinne von Art. 1 CMR zustande gekommen ist. Dies ergibt sich aus dem Inhalt des vorgelegten Frachtbriefes (Bl. 18 GA). Zudem ist darin ausdrücklich auf die CMR Bezug genommen. Auf Grund dieses Vertrages ist die Spedition X der Auftraggeberin nach Art. 17 I, 3 CMR zum Schadensersatz verpflichtet, weil das beförderte Gut während des Transports zerstört worden ist. Hierbei haftet der Frachtführer für Handlungen eines Unterfrachtführers.

Nach Art. 37 a) CMR kann der Frachtführer bei dem den Schaden verursachenden Unterfrachtführer Rückgriff nehmen. Hierbei ist Voraussetzung, dass eine einheitliche Beförderung vorliegt, wobei das Gut in die Obhut des Unterfrachtführers gelangt sein muss (vgl. BGH NJW 1985, 555; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., Art. 34 CMR, Rn 2; Baumbach/Hopt, HGB, 29 Aufl., § 34 CMR, Rn 1). Zudem muss ein durchgehender Frachtbrief bestehen, der über die ganze Strecke lautet (vgl. Koller, a.a.O., Rn 3 ff). Diese Umstände sind - wie aus dem Inhalt des Frachtbriefs hervorgeht - gegeben, so dass ein Rückgriffsanspruch der Firma X gegen die Beklagte vorgelegen hat, der auf die Klägerin übergegangen ist.

Ein Ausschluss der Haftung nach Art. 17 II CMR ist nicht anzunehmen. Der Unfall ist nämlich nicht durch unvermeidbare Umstände verursacht worden, sondern durch verkehrsunsichere Bereifung.

Dass ein entgegenkommendes Fahrzeug den LKW geblendet hat, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben. Zwar hat der Zeuge C bekundet, der Zeuge W habe am Telefon davon gesprochen, der Unfall sei durch Blenden und Abdrängen entstanden. Dies hat der Zeuge C auch in die Schadenanzeige vom 17.03.1998 (Bl. 60 GA) eingetragen. Auf Grund der Beweisaufnahme vor dem Senat ist aber davon auszugehen, dass der Unfall durch sich ablösende Reifen entstanden ist. Der Senat folgt insoweit den glaubhaften Angaben des Zeugen W. Dieser hat glaubhaft ausgesagt, dass er niemals davon gesprochen habe, dass die Unfallursache Blenden und Abdrängen mit nachfolgendem Schleudern gewesen sei. Auch der Zeuge S hat auf Vorhalt eingeräumt, dass es sein könne, dass Herr C gesagt habe, irgend etwas sei mit den Reifen. Anhaltspunkte dafür, dass der Unfall durch ein entgegenkommendes Fahrzeug hervorgerufen worden sei, liegen nicht vor.

2. Dem Anspruch steht nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.

Grundsätzlich kann die Beklagte gegenüber dem Rückgriffanspruch einwenden, dass die Klägerin ihr nach den Bedingungen des Versicherungsvertrages (vgl. Bl. 7 ff GA) zur Deckung verpflichtet ist (vgl. BGH, VersR 1972, 166; Prölss in Prölss/Martin, VVG, 26.Aufl., § 67, Rn. 44).

Allerdings greift vorliegend der Haftungssausschluss nach Ziffer 3.1.1 des Versicherungsvertrages zwischen den Parteien ein, weil der Unfall durch grob fahrlässiges Verhalten herbeigeführt worden ist. Die Ausnahmeregelung nach Ziffer 3.1.3 des Versicherungsvertrages gilt nicht, weil es sich um einen CMR-Transport gehandelt hat.

Der Ausschluss grob fahrlässiger Schadensverursachung verstößt nicht gegen die §§ 3, 9 AGBG (a.F.). Die Bestimmung des § 152 VVG ist, insbesondere im Bereich der Haftungsversicherung im gewerblichen Güterverkehr, abdingbar (vgl. Senat, r+s 1995, 410; Voit in Prölss/Martin, a.a.O., Nr. 3 KVO/CMR, Rn. 3; § 152, Rn. 7 ). Gegen die Vereinbarung des Ausschlusses bei einer milderen Schuldform bestehen keine Bedenken.

Davon, dass die Beklagte, jedenfalls in zurechenbarer Weise, durch grob fahrlässiges Verhalten den Unfall herbeigeführt hat, ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat auszugehen. Grobe Fahrlässigkeit verlangt objektiv ein grob fehlerhaftes oder grob verkehrswidriges Verhalten und subjektiv ein erheblich gesteigertes Verschulden (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, a.a.O., § 12 AKB, Rn. 68 ff). Dies ist vorliegend anzunehmen.

Wer veranlasst, dass ein Fahrzeug in nicht verkehrssicherem Zustand, insbesondere durch verkehrsunsichere Bereifung, gefahren wird, handelt grob fahrlässig (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, a.a.O., § 12 AKB, Rn. 88 mit weiteren Nachweisen). Ein solches Verhalten ist wegen der allgemein bekannten erheblichen Unfallgefahren grob verkehrswidrig. Der Beklagten beziehungsweise dem Zeugen C als "Chef" des Unternehmens war bekannt, dass sich die Reifen des LKW in einem verkehrsunsicheren Zustand befanden. Gleichwohl ließ er den Transport mit dem LKW durchführen. Das Schadenereignis ist auch durch verkehrsunsichere Reifen, die sich gelöst haben, verursacht worden.

Der Zeuge W hat glaubhaft und anschaulich bekundet, dass die äußeren hinteren Reifen zu tief nachgeschnitten gewesen seien. Man habe die Uhr danach stellen können, wann sie wegfliegen würden. Ihm sei klar gewesen, dass man damit nicht mehr habe fahren dürfen. Der Zeuge hat auch nachvollziehbar über die Sorge um seinen Arbeitsplatz berichtet. Wenn er wegen der schlechten Reifen bei seiner Firma vorstellig geworden wäre, so sei die Entlassung die Alternative gewesen. Der Fahrer sei immer das schwächste Glied in der Kette. Nach der Fahrt durch Spanien sei es dann in Portugal, und zwar bei der Ortschaft M, zum Unfall gekommen. Plötzlich sei von der Zugmaschine der rechte hintere Reifen, ein Teil dieses Reifens, weggeflogen. Von dem Tandemanhänger sei der rechte Reifen der Mittelachse weggeflogen. Die Angaben zu den verkehrsunsicheren Reifen hat die Zeugin W bestätigt. Sie hat glaubhaft bekundet, sie habe vor der Übernahme des LKW durch ihren Ehemann auf dem Hof der Beklagten festgestellt, dass an der Zugmaschine die Reifen abgefahren gewesen seien. Ihr Ehemann habe dem Monteur in der Werkstatt noch gesagt, die Zugmaschine brauche neue Reifen. Der Monteur habe geantwortet, später, wenn der Zeuge W von der Tour zurückkomme, werde man nachschneiden.

Demgegenüber waren die Bekundungen der Zeugen S und C gekennzeichnet von Unsicherheiten und Widersprüchen. So hat der Zeuge S, der für die Wartung und Instandsetzung des Fuhrparks zuständig gewesen war, schließlich eingeräumt, dass es sein könne, dass Herr C im Zusammenhang mit dem LKW erklärt habe, irgend etwas sei mit den Reifen. Auf die Frage, ob nach der TÜV-Abnahme von Januar 1998 vor der Tour die Reifen gewechselt worden seien, hat der Zeuge dies zunächst verneint. Auf erneuten Vorhalt hat er bekundet, er könne im Moment nichts ausschließen. Danach hat er wiederum bekundet, er könne ausschließen, dass das Fahrzeug mit ordnungsgemäßen Reifen beim TÜV vorgestellt worden sei und nach der TÜV-Abnahme andere Reifen aufgezogen worden seien.

Der Zeuge C hat zunächst den Zustand der Reifen an dem Lastzug als ordnungsgemäß bezeichnet. Er hat weiter ausgesagt, der Zeuge W habe bei dem Telefonat erklärt, er sei geblendet worden. Dazu in Widerspruch steht die Angabe des Zeugen C, er habe W gesagt, dieser solle die beschädigten Reifen mit nach Deutschland bringen und der Inhalt des Schreibens vom 18.03.1998, in dem davon die Rede ist, dass "die besagten Altreifen" in Spanien zurückbehalten worden seien. Auf Vorhalt hat der Zeuge C schließlich den Widerspruch nicht aufklären können und hat eingeräumt, dass er sich mit dem Zeugen S über Reifen unterhalten habe. Der Zeuge S hat dann auch bestätigt, dass C ihm gesagt habe, es sei etwas mit den Reifen. Dass dem Zeugen C der verkehrsunsichere Zustand der Reifen vor Antritt der Reise bekannt war, hat der Zeuge W ebenfalls glaubhaft geschildert. Der Zeuge hat bekundet, dass er von England aus mit Herrn C telefoniert habe und ihn gefragt habe, ob er wisse, was mit den Reifen los sei. C habe über den Zustand genau Bescheid gewusst und gleichwohl die Fahrt veranlasst.

Das Verhalten des Zeugen C ist auch der Beklagten, der Tochter des Zeugen, zuzurechnen. Der Zeuge ist nämlich als Repräsentant der Beklagten anzusehen. Repräsentant ist, wer in dem maßgeblichen Geschäftsbereich auf Grund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten und befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln, sogenannte Risikoverwaltung. Übt jemand auf Grund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses die Verwaltung des Versicherungsvertrages eigenverantwortlich aus, so kann er ebenfalls Repräsentant sein, sogenannte Vertragsverwaltung (vgl. BGH, r+s 1993, 321). Für die Annahme eines solchen Repräsentantenverhältnisses im Sinne der Risikoverwaltung spricht insbesondere, wenn ein Familienangehöriger als eigenverantwortlicher Geschäftsführer auftritt (vgl. BGH, r+s 1990, 310; NJW -RR 1991, 1307; Senat , r+s 1995, 308). So liegt es hier. Der Zeuge C war - wie sich aus den gesamten Umständen ergibt - der maßgebende Entscheidungsträger im Betriebe der Beklagten. Er hat auch als Speditionskaufmann die Geschäfte der C GmbH, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, geführt. Er galt als der eigentliche "Chef".

Der Zeuge S hat den Zeugen C als Geschäftsführer bezeichnet. Auch der Zeuge W hat nach seiner Schilderung die für die Transporte wesentlichen Dinge stets mit dem Zeugen C besprochen. Der Zeuge C hat auch dementsprechend die Schadenanzeige vom 17.03.1998 (Bl. 60 GA) und das Schreiben vom 18.03.1998 (Bl. 62 GA) an die Firma X in T gefertigt und unterschrieben. Damit ist sein Verhalten der Beklagten zuzurechnen. Die Klägerin ist wegen des Leistungsausschlusses nicht zur Deckung verpflichtet.

3. Die Höhe des Anspruchs ergibt sich aus der Entschädigungszahlung der Klägerin im Rahmen der Vorschriften nach CMR. Diese ist ausweislich der Erklärung vom 02.06.1999 der Firma X 287.648,06 DM für den Warenschaden gewesen (Bl. 230 GA).

4. Der Zinsanspruch folgt, nachdem die Beklagte Ansprüche mit Schreiben vom 28.04.1999 zurückgewiesen hat (Bl. 58 GA), aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, §§ 284, 288 Abs. 1 BGB a.F. , 352 HGB. Ein weitergehender Zinsanspruch ist nicht dargelegt.

II. Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO n. F. liegen nicht vor, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 147.072,11 € (287.648,06 DM)

Ende der Entscheidung

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