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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 18.03.2003
Aktenzeichen: 9 U 93/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 651 k
BGB § 651 k Abs. 3
BGB § 291
BGB § 288
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.04.2002 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 10 O 17/02 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I. Die Kläger schlossen mit der "D. A. Studiengesellschaft"

( D. A. S G e. V. ) Reiseverträge, um ihren minderjährigen Kindern einen High - School - Aufenthalt in den USA zu ermöglichen.

Der Reiseveranstalter hatte für Buchung und Durchführung des Hin - und Rückfluges, Auswahl von Gastfamilien einschließlich der Organisation des Aufenthaltes dort, Auswahl von High-Schools am Gastort und Regelung der Schulgeldkosten, Betreuung der Kinder vor Ort sowie monatliche Auszahlung eines Taschengeldes in Höhe von 200,00 $ zu sorgen.

Die Beklagte hatte sich als Versicherer gegenüber den Reisenden gemäß

§ 651 k BGB in einem Sicherungsschein verpflichtet (vgl. AH).

Das Taschengeld hatten die Kläger im voraus auf ein als Treuhandkonto des Reiseveranstalters bezeichnetes Konto zu überweisen.

Die DASG stellte mit einer Zahlungsaufforderungen vom 08.05.2001 bzw. 30.05.2001 dem Kläger zu 1) einen Betrag von 1.000,00 $ und den Klägern zu 2) und 3) einen Betrag von 2.000,00 $ in Rechnung. In einem Begleitschreiben wies der Reiseveranstalter die Kläger darauf hin, dass im Hinblick auf die Zahlungsaufforderung für das vorauszuzahlende Taschengeld "Ausnahmen zur eigenen Regelung bei unserem System nicht möglich sind". In der Folgezeit überwiesen die Kläger das Taschengeld an den Reiseveranstalter. Dieser beließ die eingehenden Beträge auf einem Kontokorrentkonto. Nach Eintreffen der Schüler in den USA wurde der Reiseveranstalter insolvent, so dass es nicht mehr zur Auszahlung des Taschengeldes an die Kinder kam.

Mit der Klage haben die Kläger von der Beklagten als Sicherungsgeberin Zahlung der überwiesenen Taschengeldbeträge verlangt. Die Klägerin zu 2. hat ihre Klage zurückgenommen.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger zu 1) 1.194,07 EUR und an die Klägerin zu 3) 2.389,84 EUR nebst Zinsen zu zahlen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten. Sie macht im Wesentlichen geltend, das Landgericht habe den Sicherungszweck des § 651 k Abs. 3 BGB unzulässig zu ihren Lasten ausgedehnt.

Die zunächst auch gegen die Klägerin zu 2) eingelegte Berufung hat die Beklagte im Termin vom 11.02.2003 zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Bonn vom 19.04.2002 abzuändern und

die Klage abzuweisen.

Die Kläger zu 1) und 3) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

II. Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Das Landgericht hat zutreffend entschieden.

1. Den Klägern zu 1) und 3) steht auf Grund des Sicherungsscheins gemäß

§ 651 k BGB ein Anspruch auf Zahlung in Höhe des im voraus an den Reiseveranstalter eingezahlten Taschengeldes zu, und zwar dem Kläger zu 1) 1.194,07 EUR und der Klägerin zu 3) 2.389,84 EUR .

Durch die Vereinbarung zwischen Reiseveranstalter und Versicherer erwächst den Versicherten ein eigener Anspruch gegen den Versicherer (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 61. Aufl., § 651 k, Rn. 4 ).

Nach dem Inhalt des Sicherungsscheins hat die Beklagte gegenüber den Reisenden "die Bürgschaft gemäß § 651 k BGB für die Erstattung vertragsgemäß gezahlter und noch nicht verbrauchter Reisepreiszahlungen, soweit Reiseleistungen infolge Zahlungsunfähigkeit oder Konkurs des umseitig genannten Reiseveranstalters ausfallen sowie für notwendige Aufwendungen, die den Reisenden infolge Zahlungsunfähigkeit oder Konkurses des Reiseveranstalters für die Rückreise entstehen ..." übernommen.

Nach Ansicht des Senats gehört - jedenfalls bei der vorliegenden Ausgestaltung - das nach der vertraglichen Vereinbarung vorausgezahlte Taschengeld zum gesicherten Reisepreis im Sinne des Sicherungsscheins.

Der Reisevertrag ist seinem Wesen nach ein aus dem Werkvertrag entwickelter entgeltlicher gegenseitiger Vertrag (vgl. Palandt - Sprau, a.a.O., Einf. vor § 651 a, Rn 1). Reiseleistung und Reisepreis stehen sich gegenüber.

Nach dem Programm "High School USA 2001 /02", Abschnitt "Taschengeld" (vgl. Anlage K9 AH) hat es der Reiseveranstalter übernommen, die Reiseteilnehmer monatlich über sein US-Konto mit Taschengeld zu versorgen.

Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Geldüberweisungen in die USA zeitraubend seien und gebührenträchtig. Auch sei es der Wunsch der Gastfamilien, dass Austauschschüler über ein geregeltes Taschengeld verfügen. Hinzukommt, dass die Verfahrensweise der monatlichen Auszahlung unter anderem den Sinn hat, dass die Schüler nicht über das ganze Taschengeld in einer Summe verfügen sollen, sondern sich die Ausgaben monatlich einteilen. Dies dient auch der Sicherheit. Die Organisation der Taschengeldzahlung ist damit eine Leistung des Veranstalters, die im Entgelt einkalkuliert ist. Es handelt sich nicht um eine gesonderte Treuhandvereinbarung.

Dadurch, dass die Buchung der Reise nach den Bedingungen zwingend von der Einzahlung des Taschengeldes abhängig ist, gehört dieser Betrag zum Reisepreis. Er ist damit nicht nur ein "durchlaufender Posten", sondern als Teil des Reisepreises zu sehen.

Soweit die Beklagte vorträgt, dass bei großzügigen Gastfamilien das Taschengeld nicht verbraucht würde, führt dieser Gesichtspunkt zu keiner anderen Beurteilung der rechtlichen Einordnung.

Sinn und Zweck des § 651 k BGB stehen der Einbeziehung des Taschengeldes in die Reiseleistung und den Reisepreis nicht entgegen. Die Vorschrift beruht auf der Umsetzung von Art. 7 der EG - Richtlinie über Pauschalreisen vom 13.06.1990 (vgl. BGH, NJW 2001, 1934 = r+s 2001, 482). Danach ist es Ziel der Richtlinie, dass die vom Verbraucher gezahlten Beträge und die Rückreise in der Insolvenz gesichert sind. Es wird ein vollständiger Schutz gegen die in der Richtlinie genannten Risiken bezweckt ( vgl. BGH., a.a.O.; EuGH, NJW 1999, 3181; NJW 1998, 2201; NJW 1996, 3141). Die Erstattung der Reisezahlung soll gewährleistet sein. Damit ist auch die Taschengeldzahlung gesichert.

Dass der Ausfall der Taschengeldbeträge nicht auf der Insolvenz beruhen soll, wie die Beklagte vorträgt, ist nicht erkennbar. Durch die Insolvenz des Reiseveranstalters bedingt konnte das Taschengeld nicht ausgezahlt werden.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 BGB.

2. Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO n. F. lagen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Außerdem erfordern weder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 3.583,91 EUR

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