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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 21.05.2003
Aktenzeichen: 1 U 2587/03
Rechtsgebiete: BNotO


Vorschriften:

BNotO § 19
BNotO § 24
Ist im notariell beurkundeten Kaufvertrag über ein Grundstück bestimmt, dass der Kaufpreis erst nach der Mitteilung des Notars darüber zu zahlen ist, dass eine Bestätigung, wonach das gemeindliche Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird, oder ein entsprechendes Negativattest vorliegt, schließt eine teilweise Ausübung des Vorkaufsrechts eine Fälligkeitsmitteilung aus.

Es ist allein Sache der Kaufvertragsparteien, zumal wenn sie in Grundstücksverkehrsangelegenheiten nicht unerfahren sind und mit der Möglichkeit der teilweisen Ausübung des Vorkaufsrechts rechnen, eine Einigung darüber herbeizuführen, was hinsichtlich einer Kaufpreiszahlung bei dieser Alternative zu gelten habe, und sich über die Voraussetzungen der Fälligkeitsmitteilung zu verständigen.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Aktenzeichen 1 U 2587/03

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes

erlässt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter am 21.5.2003

folgenden

Beschluss:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

1.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Das Landgericht hat nach umfassender Prüfung der Sach- und Rechtslage Ansprüche der Klägerin verneint. Dem schließt sich der Senat unter weitgehender Bezugnahme auf die Gründe des landgerichtlichen Urteils an.

Der Vortrag der Klägerin in der Berufungsbegründung ist nicht geeignet, zu einem anderen Ergebnis zu führen.

Der Beklagte hat sich keinerlei Verletzung notarieller Amtspflichten, weder solcher aus § 19 BNotO noch ihm nach § 24 BNotO obliegender Betreuungspflichten, schuldig gemacht.

Für eine nach Auffassung der Klägerin verspätete Zahlung des Grundstückskaufpreises und einen daran anknüpfenden möglichen Zinsschaden der Klägerin ist der Beklagte nicht verantwortlich zu machen.

Ohne dass dem Beklagten hieraus ein Vorwurf erwüchse, lagen die nach den vertraglichen Regelungen zwischen den Kaufvertragsparteien vom 9.11.2000 und 9.2.2001 erforderlichen Voraussetzungen für eine Fälligkeitsmitteilung durch den Beklagten weder am 1.11.2001 noch zu einem späteren Zeitpunkt bis zu dem auf den 8.4.2002 datierenden 2. Nachtrag zum Kaufvertrag vor. Erst mit letzterem Nachtrag hatten sich die Parteien darauf geeinigt, dass der Kaufpreis abweichend von den Bestimmungen der Vorurkunden am 31.5.2002 zur Zahlung fällig sei.

Eine Pflichtwidrigkeit des Beklagten ergibt sich weder daraus, dass er tatsächliche Vorgänge rechtlich fehlinterpretiert hätte noch daraus, dass er Verfahrensabläufe verzögert hätte. Auch mit der Aufnahme der entsprechenden Fälligkeitsbestimmungen in das von ihm bzw. in seiner Kanzlei notariell beurkundete vertragliche Regelungswerk vom 9.11.2000 bzw. 9.2.2001 hat der Beklagte nicht gegen seine notariellen Pflichten verstoßen.

1.)

a) Voraussetzung für eine Fälligkeitsmitteilung des Beklagten war gemäß Abschnitt IM Ziffer 3 Buchst. d des notariellen Kaufvertrags vom 9.11.2000, der gemäß 1. Nachtrag vom 9.2.2001 unberührt blieb, eine Bestätigung der Stadt Stuttgart, dass das gemeindliche Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird, oder das Vorliegen eines entsprechenden Negativattestes.

Erst und nur dann - sowie bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen gemäß der Buchstaben a) bis c) und e) der genannten Bestimmung - hatte der Beklagte die Pflicht, den Vertragsparteien hiervon Kenntnis zu geben, um damit die Fälligkeit des Kaufpreises zu einem Zeitpunkt nach dem 31.10.2001 auszulösen.

Hieran hat sich der Beklagte seinen Pflichten entsprechend gehalten.

Dadurch, dass die Stadt Stuttgart, wenn auch nur hinsichtlich eines Teiles der verkauften Grundstücksflächen im Umfang von ca. einem Sechstel der Gesamtfläche ihr Vorkaufsrecht ausgeübt hatte, war die Voraussetzung für eine Fälligkeitsmitteilung gemäß der zwischen den Kaufvertragsparteien getroffenen Regelung unter Abschnitt III 3 d des Vertrags eben gerade nicht erfüllt. Der Bescheid der Stadt Stuttgart vom 8.5.2001 ist insoweit eindeutig. Unerheblich ist, ob der Bescheid dahingehend zu verstehen gewesen sei, dass hinsichtlich der anderen fünf Sechstel der Gesamtfläche das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werde oder ob es dafür noch eines gesonderten Negativattests bedurft hätte.

Die vom Beklagten gegebenenfalls erwartete, an die Parteien des Kaufvertrags vom 9.11.2000 / 9.2.2001 zu richtende Fälligkeitsmitteilung konnte nach der teilweisen Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Stadt jedenfalls nicht mehr, auch nicht auf den nicht vom Vorkaufsrecht erfassten Teil der Grundstücksflächen beschränkt, erfolgen.

Zu diesem Ergebnis gelangt man auch dann, wenn man richtigerweise die Auffassung des Landgerichts, dass ein Fall des nicht zu vertretenden Unmöglichwerdens gemäß § 323 Abs. 1 BGB a.F. mit der Folge eines Erlöschens des gesamten Anspruchs auf Zahlung des Kaufpreises vorliege, nicht teilt.

Unverständlich ist, wenn die Klägerin zu meinen scheint, die Fälligkeitsmitteilung hätte sich - das Vorliegen der anderen Voraussetzungen einmal unterstellt - nach dem Bescheid der Stadt vom 8.5.2001 sowohl an die Käuferin der Grundstücksflächen, die Firma D als auch an die Landeshauptstadt Stuttgart richten müssen und es wäre sodann alleinige Sache der Klägerin gewesen, gegenüber der D und der Stadt den jeweiligen Kaufpreisteil zu beziffern. Dies entsprach weder dem Wortlaut noch dem Sinn des beurkundeten Vertrags. Welcher Kaufpreis danach nämlich in welcher Höhe von wem zu entrichten gewesen wäre, war in keiner Weise bestimmt.

Dass eine teilweise Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Stadt Einfluss auf die Höhe des von der D zu zahlenden Gesamtkaufpreises haben konnte und auch hatte, zeigt bereits der erste Nachtrag zum ursprünglichen Kaufvertrag. Darin wurde auch aufgrund des Umstands, dass wegen des seinerzeit noch nicht ausgeübten aber erwartetermaßen auszuübenden Vorkaufsrechts durch die Stadt der D nur ein kleineres Grundstück würde verschafft werden können, der Kaufpreis für das Gesamtgrundstück von 20 Mio DM auf 17 Mio DM reduziert.

Dass es nach Ausübung des auf bestimmte Flächen konkretisierten Vorkaufsrechts bei diesem Kaufpreis verbleiben würde, war ebenfalls nicht zwingend. Zum einen hatte eine Regelung zu erfolgen, wie der von der Stadt erwartete Kaufpreis verrechnet werden würde. Zum anderen konnten sich bei Wegfall eines Teiles der in den Verträgen vom 9.11.2000 bzw. 9.2.2001 von der D zunächst gekauften Grundstücksflächen durchaus Auswirkungen auf den Wert der von ihr beanspruchten Restflächen ergeben.

Der Lauf der Ereignisse belegt auch den nach teilweiser Ausübung des Vorkaufsrechts zwischen den Parteien des ursprünglichen Kaufvertrags bestehenden Verhandlungsbedarf. Erst nachdem sich abzeichnete, welcher Kaufpreisanteil von der Landeshauptstadt Stuttgart eingehen würde und die Klägerin mit der D eine erneute Vereinbarung unter Einschluss eines Verkaufs ihrer Forderung gegen die Stadt Stuttgart eingegangen war, war der nunmehr letztgültige Kaufpreis zur Zahlung durch die D fällig. Zu einem früheren Zeitpunkt konnte er mangels Bestimmtheit auch vom Beklagten nicht fällig gestellt werden.

Ebenso wenig wie mit der teilweisen Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Stadt der von der D zu zahlende Kaufpreisanteil feststand, herrschte danach Klarheit und Einigkeit darüber, was die Stadt zu bezahlen hatte. Dass diese insoweit andere Vorstellungen dazu hatte, wie der von ihr zu bezahlende, sich nach dem Entschädigungswert richtende Kaufpreis zu bemessen sei, zeigt auch der weitere Ablauf der Ereignisse und der mit der Stadt geführte Rechtsstreit.

Eine von der Klägerin nach dem Bescheid vom 8.5.2001 vom Beklagten erwartete Fälligkeitsmitteilung hätte also nach dem klaren Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung nicht nur nicht erfolgen dürfen. Sie wäre, da danach die Höhe des jeweils zu zahlenden Teilkaufpreises keineswegs festgestanden hat, auch unrichtig gewesen.

b) Soweit die Klägerin dem Beklagten anlastet, dieser habe in vorwerfbarer Weise die Hände in den Schoß gelegt und die Herbeiführung einer für die Fälligkeitsmitteilung relevanten Erklärung der Stadt verzögert, basiert dieser Vorwurf bereits auf der falschen rechtlichen Einordnung des Bescheids der Stadt vom 8.5.2001.

Einen weiteren Handlungsbedarf für den Beklagten nach diesem Bescheid, den unstreitig auch die Parteien des Kaufvertrags zeitnah erhalten hatten, gab es nicht.

Es war insoweit allein Sache der Vertragsparteien, Verhandlungen aufzunehmen und sich gegebenenfalls auf eine Vertragsänderung zu verständigen, wie sie dies auch bereits nach dem 9.11.2000 getan hatten, was sich im ersten Nachtrag zum Vertrag vom 9.2.2001 manifestierte.

c) Eine Pflichtverletzung des Beklagten ist auch nicht darin zu erkennen, dass er für den möglichen und letztlich eingetretenen Fall der teilweisen Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Stadt keine Regelung dessen in den Vertrag aufgenommen hat, was dann hinsichtlich der Fälligkeit welchen Kaufpreises auch immerzu gelten habe.

Die Klägerin meint, bereits im ersten Kaufvertrag haue der Beklagte eine Regelung vorsehen müssen, welche schließlich mit dem zweiten Nachtrag vom 8.4.2002 vereinbart wurde. Dem ist jedoch nicht so.

Die Klägerin ignoriert dabei offensichtlich, dass dem Nachtrag vom 8.4.2002 Geschehnisse vorausgegangen sind, die zum einen in ihrer konkreten Ausprägung im November 2000 noch gar nicht feststanden und zum anderen weiteren Verhandlungsbedarf zwischen den Parteien des ursprünglichen Kaufvertrags auslösten.

Sich über die der Frage der Fälligkeit vorangehende Frage der Höhe des Kaupreises und dessen Abhängigkeit von erwarteten Abläufen zu verständigen und insoweit eine Vertragsanpassung herbeizuführen, war und blieb allein den Parteien des Grundstückskaufvertrags vorbehalten. Diese allein hatten es in der Hand, für die von ihnen ins Kalkül gezogene Möglichkeit eine Regelung herbeizuführen. Hierzu bedurfte es bei den in Grundstücksverkehrsangelegenheiten keineswegs unerfahrenen Parteien keiner unaufgeforderten Hilfestellung durch den Beklagten. Dieser ist im übrigen mit Schreiben vom 5.10.2001 durch Übersendung eines Nachtragsentwurfes der entsprechenden Bitte der Klägerin vom 6.8.2001 nachgekommen. Mehr brauchte er nicht zu tun.

2.)

Die weitere gemäß Ziffer III 3c des ursprünglichen Kaufvertrags kumulative Voraussetzung für die Fälligkeitsmitteilung des Beklagten, wonach eine vom Beklagten beizubringende Genehmigung nach den Bestimmungen des Grundstücksverkehrsgesetzes vorzuliegen hatte, war jedenfalls zu dem Zeitpunkt, zu dem die sonstigen Voraussetzungen für die Fälligkeit des Kaufpreises vorlagen, erfüllt.

Vorgänge im Zusammenhang mit dieser Genehmigung und einem von der Klägerin in Frage gestellten Erfordernis hierfür wirken sich insbesondere im Hinblick auf die oben (1) geschilderten Umstände nicht mehr aus.

Nur vorsorglich sei deshalb hierzu ausgeführt:

In völlig korrekter Weise hat der Beklagte diese Voraussetzung für die Kaufpreisfälligkeit in den Vertrag vom 9.1.2000 aufgenommen. Nach dem Bestandsverzeichnis des Kaufgrundstücks sollten unter anderem über 2000 qm Gartenland (Obstanbau) verkauft werden. Damit lag ein Fall der möglichen Genehmigungspflicht nach § 1 Grundstücksverkehrsgesetz vor. Um ein genehmigungsfreies Geschäft im Sinne von §4 Grundstücksverkehrsgesetz handelte es sich jedenfalls nicht zweifelsfrei. Unter dem Gesichtspunkt des "sicheren Weges" war der Beklagte verpflichtet, den Nachweis der Grundstücksverkehrsgenehmigung sicherzustellen, die hilfsweise auch durch ein sogenanntes Negativattest erfolgen konnte. Die der Genehmigung gleichstehende Bescheinigung gemäß § 5 Satz 2 Grundstücksverkehrsgesetz konnte ebenfalls die erforderliche Rechtssicherheit herbeiführen. Hierauf hat der Beklagte in pflichtgemäßer Weise hingewirkt und ohne von ihm zu vertretende Verzögerungen am 10.12.2001 einen positiven Genehmigungsbescheid erhalten.

II.

Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Berufungsgerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, liegen auch die weiteren Voraussetzungen für einen Zurückweisungsbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vor.

Der Klägerin wird angeraten, ihre Berufung zurückzunehmen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, bis zum 16.6.2003 Stellung zu nehmen.

Ende der Entscheidung

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