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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 29.04.1999
Aktenzeichen: 29 U 2175/98
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 97
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
1. Führt ein mit der Trennung und dem Schnitt eines Filmnegativs beauftragtes Kopierwerk den Schnitt grob fahrlässig vorzeitig aus, nämlich ohne die Übergabe einer abgenommenen Schnittfassung und die ausdrückliche Schnittfreigabe abzuwarten, so muß es, wenn sich die Rekonstruktion des Filmnegativs als notwendig, aber undurchführbar erweist, den hierdurch verursachten Schaden ersetzen.

2. Werden Arbeiten an dem Film im Hinblick auf die Zusage des Kopierwerks, den ursprünglichen Zustand des Negativs wiederherzustellen, auf der Grundlage des alten Konzepts fortgeführt, so haftet das Kopierwerk auch für den Schaden, der dadurch entsteht, daß infolge der Nichteinhaltung der Zusage Konzeptionsänderungen notwendig werden, die zur Unverwertbarkeit der auf dem alten Konzept beruhenden weiteren Arbeiten führen.

3. Im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines Anspruches auf Ersatz aufgewendeter oder entgangener Zinsen, kann vor dem Start der Auswertung eines Films nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß die vereinbarten Zinszahlungen zum Rückfluß des in die Herstellung investierten Kapitals führen werden, wenn es der Produzent aufgrund der Vertragsgestaltung der Verleihverträge letztlich selbst in der Hand hat, ob und wann das noch nicht fertiggestellte Filmwerk kommerziell verwertet wird.

OLG München Urteil 29.04.1999 - 29 U 2175/98 - 7 O 19661/93 LG München I


hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Mangstl und die Richter Jackson und Haußmann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 1999 für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten werden zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 1/3, die Beklagte trägt 2/3.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1 Mio. DM, die auch durch unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche selbstschuldnerische Bürgschaft der Hypo-Vereinsbank München erbracht werden kann, abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Wert der Beschwer der Parteien übersteigt jeweils 60.000,-- DM.

Gründe

Die Klägerin macht Ansprüche aus Beschädigungen eines Spielfilmnegativs gegen die Beklagte geltend, die in München ein Kopierwerk betreibt und Filmschnitte durchführt. Die Ansprüche wurden der Klägerin von D. S. AG, einer Gesellschaft schweizerischen Rechts, abgetreten.

Der Streit der Parteien hat folgende Vorgeschichte:

Im Februar 1991 verhandelten die Zedentin und die Beklagte über die Erbringung von Kopier- und Schnittleistungen für ein Filmprojekt "Snowball", das die Zedentin betreibt. Mit Schreiben vom 05. 02. 1991 (Anlage B 1) teilte die Zedentin der Beklagten technische Einzelheiten zu dem Filmprojekt mit und benannte ihren Cutter, C. R., als Ansprechpartner für Rücksprachen. Die Beklagte gab Roth mit Schreiben vom 27. 02. 1991 (Anlage B 2) "Ca.-Werte" der erwarteten Vergütung für die "kopierwerkseitige Bearbeitung" durch und wies darauf hin, daß ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Angebot zugrunde lägen.

In der Folgezeit kamen die Zedentin und die Beklagte überein, daß die Beklagte u.a. das Negativ trennen und den Negativschnitt vornehmen solle. Bei diesen Arbeitsgängen wird von dem in der Kamera belichteten und anschließend im Labor entwickelten Filmnegativ - dem Original - eine Positivkopie hergestellt, die für die anschließende Bearbeitung des Films am Schneidetisch verwendet wird. Das Negativ wird zunächst nur insoweit bearbeitet, als die in der Kamera gedrehten Negativrollen in die einzelnen Einstellungen in voller Länge zerschnitten werden (Negativtrennung). Erst wenn Länge und Reihenfolge der für den endgültigen Film erforderlichen Einstellungen festgelegt sind und die Positivkopien entsprechend zusammengeschnitten worden sind (sog. "Schnitt-Arbeitskopie"), wird das Filmnegativ entsprechend der Arbeitskopie bildgenau nachgeschnitten (Negativschnitt). Nach der im ersten Rechtszug nicht bestrittenen Darstellung der Klägerin kann ein einmal geschnittenes Negativ grundsätzlich an der geschnittenen Stelle nicht mehr zusammengefügt werden, weil durch die Klebeverbindung mit einer anderen Bildsequenz jeweils ein Bild auf beiden Seiten der Klebestelle verlorengeht; eine nach einem Schnitt wieder zusammengefügte Einstellung würde wegen des Fehlens zweier Bilder an der Schnittstelle einen Bewegungssprung zeigen, der die Verwendung unmöglich macht; eine einmal im Negativ geschnittene Szene kann deshalb nicht mehr in ihrer gesamten original gedrehten Länge verwendet werden.

Die Zedentin hatte bereits das gesamte Negativmaterial von einem polnischen Labor kopieren lassen. Von dort erhielt die Beklagte am 19. 04. 1991 das Film- und Tonmaterial. Eine Arbeitskopie hatte die Klägerin der Beklagten schon am 04. 04. 1991 übersandt. Gleichzeitig (so die Klägerin) oder am 15. 05. 1991 (so die Beklagte) erhielt die Beklagte eine Liste, die die Klägerin als Trennliste, die Beklagte dagegen als die endgültige Schnittliste bezeichnet.

Am 23. 05. 1991 legten die Vertragsparteien Termine fest, so den 12. 07. 1991 für den Negativvorschnitt und den 20. 07. 1991 für den Negativschnitt. Diese Termine hatten als "Ecktermine" die Bedeutung, daß die Arbeiten zu diesen Zeitpunkten spätestens erledigt sein sollten, um den angestrebten Fertigungsendtermin einhalten zu können. Ein Großteil von Arbeiten sollte noch von einer auf Trickaufnahmenbearbeitung spezialisierten Firma in Zusammenarbeit mit der Zedentin erledigt werden, so daß die Zwischendaten nur als Ecktermine festgelegt werden konnten.

Die Beklagte trennte zunächst das Negativ lediglich, begann aber am 15. 07. 1991 damit, das Negativ gemäß der ihr zugesandten Arbeitskopie zu schneiden. Am 19. 07. 1991 stellte sie die Schnittarbeiten auf Aufforderung der Zedentin ein, nachdem etwa 65 Minuten Negativfassung (2/3 der Arbeitskopie) erstellt worden waren.

Am 06. 08. 1991 teilte die Zedentin der Beklagten mit, daß der Auftrag vorläufig nicht weiter ausgeführt werden solle. Im November oder Anfang Dezember 1991 entschloß sich die Zedentin, das vorliegende Filmmaterial um eine neue Rahmenhandlung zu ergänzen, was die Zusammenarbeit mit einem amerikanischen Co-Produzenten erforderlich machte. Die weiteren Laborarbeiten sollten deshalb in den USA durchgeführt werden. Deswegen forderte die Zedentin die Beklagte am 06. 02. 1991 auf, das gesamte Negativmaterial in die USA zu senden. Dem kam die Beklagte über eine von ihr ausgesuchte und beauftrage Spedition nach.

Mit der Organisation der weiteren Bearbeitung des Negativmaterials beauftragte die Zedentin die Firma Y. M. mit Sitz in Santa Monica in Californien, die vor Ort die Durchführung der entsprechenden Arbeiten veranlassen sollte. Dies führte im Januar 1992 zur Beauftragung des Cutters Richard Brummer, unter Verwendung der Positivkopien eine neue Rohschnittfassung zu erarbeiten. Anläßlich der Nachkopierung einiger Stellen zum Ersatz unbrauchbar gewordener Teile der Arbeitskopie vom Negativ stellte Brummer fest, daß das Negativ nicht nur getrennt, sondern weitgehend auch geschnitten worden war, und teilte dies am 06. 03. 1992 der Zedentin mit. Da die Verpackung des Negativmaterials Beschädigungen aufwies, wurde der Sachverständige Brian Ralph eingeschaltet und sodann die Sachverständige Meri McDonald hinzugezogen, die feststellte, daß von den ihr vorgelegten 907 Einstellungen im Negativ 273 beschädigt oder sonst fehlerhaft seien (Anlage K 16). In der Folge kam es deswegen zu Verhandlungen zwischen der Zedentin und der Beklagten. Ende Juli 1992 wurde das Negativ zur Beklagten zurückgebracht. Nachdem die Zedentin mit Schreiben vom 11. 11. 1992 von der Beklagten Rekonstruktionen von Einstellungen im Filmnegativ und die Herstellung einer Positivkopie verlangt hatte, lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 20. 11. 1992 das Verlangen der Klägerin mit der Begründung ab, ihr habe der Auftrag zum Trennen des Negativs vorgelegen, eine Verpflichtung, unentgeltlich eine Nachbestellung von Musterpositiven durchzuführen, ergebe sich hieraus nicht. Das Negativmaterial wurde später anderweitig eingelagert und 1995 zur weiteren Bearbeitung in die USA gebracht.

Die Finanzierung des Filmprojekts durch die Zedentin erfolgte zum Teil durch Darlehen.

Bei planmäßigem Ablauf der Produktion wäre das Negativ bis Ende Februar 1993 zu versichern gewesen. Seit März 1993 zahlte die Zedentin 82.280,00 SFr an Versicherung für das Negativ.

Die Klägerin brachte vor, der Geschäftsführer der Zedentin, P. V. habe am 19. 06. 1991 den Mitarbeiter der Beklagten, W. B., telefonisch ausdrücklich aufgefordert, nicht mit dem Negativschnitt zu beginnen. Im Filmgeschäft sei es ohnehin üblich, daß mit dem Negativschnitt erst nach ausdrücklicher und schriftlicher Freigabe durch den Produzenten begonnen werde. Die Übersendung einer Arbeitskopie am 04. 04. 1991 habe nur den Zweck gehabt, der Beklagten veschiedene Vorarbeiten zu ermöglichen; als Schnittfreigabe habe sie nicht verstanden werden können. Die von der Sachverständigen McDonald an dem von der Beklagten in die USA versandten Negativmaterial festgestellten Schäden seien auf unsachgemäße Verpackung durch die Beklagte zurückzuführen.

Die Klägerin machte geltend, die Beklagte habe den Negativschnitt nicht ohne ausdrückliche Aufforderung hierzu vornehmen dürfen. Sie sei deshalb unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung, nämlich Verletzung des zwischen der Zedentin und der Beklagten geschlossenen Werkvertrags, ferner aus § 823 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig. Dieselben Anspruchsgrundlagen seien im Hinblick auf die Versäumnisse der Beklagten bei Verpackung und Transport des Negativmaterials einschlägig. Ferner habe die Beklagte die Zedentin mit dem Versprechen, die Originalfassung des Negativs wiederherzustellen, bis zur unerwarteten Ablehnung am 20. 11. 1992 hingehalten.

Die Schadensersatzpositionen im einzelnen sind auf den Seiten 10 bis 49 des Schriftsatzes der Klägervertreter vom 19. 11. 1996 (Blatt 348 bis 388 d.A.) und auf den Seiten 16 bis 18 des Schriftsatzes vom 26. 02. 1997 (Blatt 418 bis 420 d.A.) zusammengestellt. Hierauf wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt:

I. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle jetzigen und zukünftigen Schäden zu ersetzen, die aus dem von der Beklagten ohne Auftrag vorgenommenen Negativschnitt an dem Film "Snowball", der unsachgemäßen Behandlung des Negativmaterials des vorgenannten Films sowie aus dessen fehlerhafter Verpackung und dem unsachgemäßen Transport durch die Beklagte resultieren.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgende Beträge nebst 4 % Zinsen hieraus seit Klageerhebung zu zahlen:

1. US-Dollar 529.634,57

2. SFr 795.167,24

3. DM 18.340,41.

Die Beklagte hat

Klageabweisung

beantragt. Sie hält sich unter keinem Gesichtspunkt für schadensersatzpflichtig. Sie brachte vor, ihr habe der Auftrag vorgelegen, mit dem Negativschnitt zu beginnen. Einer ausdrücklichen Aufforderung hierzu habe es im übrigen nicht bedurft. Sie habe das Negativmaterial auch nicht unsachgemäß behandelt; die von ihr gewählte Art und Weise der Verpackung für den Versand sei üblich. Vorsorglich bestreitet die Beklagte die geltend gemachten Schadenspositionen auch der Höhe nach.

Das Landgericht hat Beweis erhoben. Es hat schriftliche Gutachten der Sachverständigen M. und R. erholt, die Zeugen Sch., G. B., M., V., Prof. Dr. Sch., R. E. L., K., A. und Dr. E. vernommen und sodann am 11. 12. 1997 folgendes Urteil verkündet:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 529.634,57 US-Dollar nebst 4 % Zinsen pro Jahr aus 482.690,57 US-Dollar seit dem 20. 11. 1996 und weiteren 4 % Zinsen pro Jahr aus 46.944,00 US-Dollar seit dem 03. 03. 1997, 82.280,00 SFr nebst 4 % Zinsen pro Jahr hieraus seit dem 20. 11. 1996 sowie 9.789,41 DM nebst 4 % Zinsen pro Jahr hieraus seit dem 20.11.1996 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle gegenwärtigen und künftigen Schäden zu ersetzen, die aus dem von der Beklagten vorgenommenen Negativschnitt an dem Film "Snowball", der unsachgemäßen Behandlung des Negativmaterials des vorgenannten Films sowie aus dessen fehlerhafter Verpackung resultieren.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Auf das landgerichtliche Urteil wird verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung im ganzen weiter. Sie wiederholt und ergänzt ihr Vorbringen im ersten Rechtszug. Zu dem Streitpunkt "ungenehmigter Negativschnitt" macht sie geltend, das Landgericht sei von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen, nämlich von einer in der Branche bestehenden Verkehrssitte, wonach die Gestattung des Negativschnitts ausdrücklich erklärt werden müsse. Wäre es zutreffend, daß ein einmal geschnittenes Negativ grundsätzlich an der geschnittenen Stelle nicht ohne Bildverlust erneut zusammengesetzt werden könne, so wäre der Ausgangspunkt des Landgerichts nachvollziehbar. Tatsächlich sei es aber so, daß Negative, die - wie hier - mit dem "Filmspalter" geschnitten würden, jederzeit an den Schnittstellen ohne Bildfeldverlust wieder geöffnet und zusammengesetzt werden könnten. Anders verhalte es sich nur, sofern der "Hammannhobel" benutzt werde. Solche Schnittkorrekturen und damit Umschnitte ohne Bildfeldverluste könne jeder Negativcutter vornehmen. Ein Negativschnitt in einer vom Produzenten nicht gebilligten Fassung könne demnach ein Filmprojekt nicht zum Scheitern bringen und erfordere auch keine aufwendigen Umgestaltungen - wie das Landgericht fälschlich meine. Das Öffnen des geschnittenen Negativs an den Schnittstellen hätte im Streitfall lediglich Kosten von ca. 10.000,00 DM bei einer Arbeitszeit von längstens 14 Tagen verursacht.

Die Äußerung des Sachverständigen M. der Negativschnittbeginn erfolge in der Regel aufgrund eines mündlichen Auftrags durch den Cutter mit der Übergabe der notwendigen Arbeitskopie und der Schnittliste, sei nicht geeignet, hieraus eine Branchenüblichkeit abzuleiten.

Sie, die Beklagte, sei zum Schneiden des Negativs berechtigt gewesen; in der Vereinbarung vom 23. 05. 1991 sei entgegen der Annahme des Landgerichts eine Gestattung zu sehen. Die Ansicht, daß damals wegen der noch vorzunehmenden Trickarbeiten keine endgültige Fassung vorgelegen habe, deren Umsetzung in die Negativversion hätte genehmigt werden können, beruhe offensichtlich auf einem technischen Mißverständnis: Der Negativschnitt könne auch bei noch nicht vollständig hergestellten Einfärbungen und Blenden vorgenommen werden. Der Cutter füge in diesem Fall anstelle der später einzusetzenden Trickszenen sog. "Platzsparer" aus Schwarzfilm ein, die exakt die gleiche Länge hätten wie die noch einzufügenden Tricksequenzen. So sei auch hier vorgegangen worden. Neben dem gesamten erforderlichen Ausgangsmaterial sei ihr von der Zedentin Data Sound die endgültige Negativschnittliste zugeschickt worden. Sie, die Beklagte, habe unter dem 11. 06. 1991 Data Sound den Auftrag bestätigt, das Negativ nach der Arbeitskopie zu schneiden und am 15. 08. 1991 die Korrekturkopie - das Ergebnis der Arbeiten einschließlich Negativschnitt - vorzulegen. Auf diesem Endtermin basierten zeitlich alle vorausgegangenen Arbeitsschritte. Die Behauptung der Klägerin, der Geschäftsführer der Zedentin habe nach Erhalt der Auftragsbestätigung bei ihrem zuständigen Mitarbeiter Brus angerufen und erklärt, der Negativschnitt selbst dürfe noch nicht gestartet werden, sei unbewiesen geblieben. Dessen ungeachtet sei dieses Vorbringen ein Hinweis darauf, daß auch Data Sound von einem automatischen bzw. im Rahmen der Vereinbarung vom 23. 05. 1991 autorisierten Beginn der Schnittarbeiten ausgegangen sei. Sie sei daher berechtigt gewesen, das Negativ in dem vorgenommenen Umfang zu schneiden. Selbst wenn sie aber ohne ein ausdrückliches "los" nicht berechtigt gewesen wäre, mit den Schnittarbeiten zu beginnen, läge unter den vorliegenden Umständen allenfalls leichte Fahrlässigkeit vor. Nach den heranzuziehenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten stünde der Klägerin gemäß VII. 7.a) lediglich ein Recht auf Nachbesserung, Wiederherstellung oder Ersetzung zu. Sie, die Beklagte, sei aber stets bereit gewesen, den Film nach Vorgaben von Data Sound kostenfrei umzuschneiden. Zu der verlangten vollständigen Rekonstruktion des Negativs sei sie keinesfalls verpflichtet. Tatsächlich gehe es der Klägerin darum, sich die Mehrkosten der Entwicklung einer neuen Konzeption von ihr ersetzen zu lassen. Nach Lage der Dinge könnten aber aus ihren Schnittarbeiten keine Schadensersatzansprüche oder höchstens solche in Höhe von ca. 10.000,-- DM hergeleitet werden.

Zum weiteren Streitpunkt der behaupteten irreparablen Schäden des Negativs infolge unsachgemäßer Behandlung und Verpackung sei das Landgericht ungerechtfertigterweise dem Sachverständigen R. gefolgt. Der Sachverständige habe einräumen müssen, daß er in seinem Gutachten Material von ca. 1 km Länge fälschlich als irreparabel bezeichnet habe. Im übrigen habe er schriftlich wie mündlich nur allgemeine Ausführungen gemacht, die eine zutreffende Beurteilung nicht zuließen. Bewerte man die im Negativ-Zustandsbericht von Frau M. beschriebenen 273 Mängel, so ergebe sich, daß - schon von der Mängelbeschreibung her - 159 Mängel problemlos behebbar und 107 festgestellte Mängel von ARRI nicht zu vertreten seien, nämlich 100 Hotsplice Klebestellen sowie Schmutzeinlagerungen, Beschriftungen und Wasserflecken. Hinsichtlich der restlichen Mängel sei davon auszugehen, daß auch diese nach Besichtigung des Negativs in den entsprechenden Spulen zu beseitigen seien. Wenn folglich keine irreparablen Schäden vorlägen - die gegebenenfalls eine Konzeptionsänderung nach sich ziehen würden - könne der behauptete Schaden nur in den Reparaturkosten liegen; diese seien nicht vorgetragen.

Soweit der Gutachter R. Schäden aufgezeigt habe, die sie, die Beklagte, in ihrem Eingangsbefund vom 23. 04. 1991 bereits genannt habe, sei davon auszugehen, daß diese Schäden schon im polnischen Kopierwerk entstanden seien.

Soweit das Landgericht Ausführungen zu Schäden gemacht und ausgeschlossen habe, daß diese in den USA entstanden sein können, sei festzuhalten, daß 100 Klebestellen mit US-Technik verhanden seien, die nachweislich nicht von ARRI stammten, ferner, daß zumindest eine Arbeitskopie in den USA hergestellt worden sei. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, warum mit Bestimmtheit verneint werden könne, daß in den USA Schäden verursacht wurden.

Die Kosten des Hin- und Rücktransports des in die USA verschickten Negativmaterials seien zu Unrecht als ersatzfähige fehlgeschlagene Aufwendungen beurteilt worden. Unterstellt, sie, die Beklagte, wäre nicht zum Negativschnitt berechtigt gewesen und Data Sound hätte ihr Angebot, den Film kostenfrei ohne Bildfeldverlust umzuschneiden, angenommen, dann lägen keine fehlgeschlagenen Aufwendungen vor; die Nichtannahme ihres Angebots habe sonach ausschließlich die Zedentin zu vertreten.

Für die Kosten der Versicherung für die Jahre 1993 bis 1996 in Höhe von SFr 82.280,00 gelte dasselbe. Da das Negativ berechtigterweise geschnitten worden sei und keine irreparablen Transportschäden nachgewiesen seien, sei die lange Versicherungslaufzeit ausschließlich auf das angebliche Bemühen der Zedentin zurückzuführen, eine andere Fassung zu erstellen, um damit die vorgetragenen Wünsche von etwaigen Co-Partnern und Verleihern zu erfüllen. Selbst für den Fall, daß sie nicht hätte schneiden dürfen, wären Versicherungskosten nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe angefallen.

Schließlich sei auch in Betracht zu ziehen, daß sich das Projekt "Snowball" 8 Jahre nach Drehende noch immer nicht in der Auswertung befinde. Sollte das Projekt nicht mehr fertiggestellt werden, läge dies ausschließlich daran, daß der Produzent keine neue Konzeption gefunden habe, nicht jedoch daran, daß er nicht mehr auf das Ausgangsmaterial zurückgreifen könne. Selbst wenn der vorgenommene Negativschnitt ohne Bildfeldverlust nicht rückgängig zu machen wäre, wäre problemlos eine Duplizierung des Materials in herkömmlicher oder digitaler Technik möglich gewesen, so daß Data Sound keinerlei Materialeinschränkungen unterlegen wäre. Data Sound habe aber zu keinem Zeitpunkt versucht, das Ausgangsmaterial in die ungeschnittene Fassung zurückzuversetzen; sie habe damit gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

ferner, auf ihre Berufung

das Urteil des Landgerichts dergestalt abzuändern, daß die Beklagte der Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von SFr 683.030,89 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 20.11.1996 zu zahlen hat.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit es ihren Klageanträgen entsprochen hat und vertieft hierzu ihr Vorbringen im ersten Rechtszug. Soweit die Klage abgewiesen wurde, meint sie, das Landgericht habe zu Unrecht den Schaden in Höhe von SFr 683.030,89 aus dem verzögerten Rückfluß des investierten Kapitals als nicht ersatzfähig angesehen, nachdem es zunächst zutreffend davon ausgegangen sei, daß die Pflichtverletzungen der Beklagten zur Verzögerung des Filmprojekts geführt hätten, die im November 1996 bereits 3 3/4 Jahre erreicht habe. Auch wenn die kommerzielle Verwertung des Filmes noch ausstehe, lasse sich jedoch bereits zum jetzigen Zeitpunkt feststellen, daß der Film mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zumindest seine Kosten, also das investierte Kapital, einspielen werde und auch im Frühjahr 1993 eingespielt hätte. Wegen der Verwertungsaussichten bezieht sich die Klägerin auf ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 26. 02. 1997 und betont, daß sich Dieter Meier bereits als Regisseur einen Namen gemacht habe.

Entscheidend für den kommerziellen Erfolg des Films werde die Art der Vermarktung sein. Frenetic Films AG, mit der Data Sound AG seit längerem in Kontakt gestanden sei, habe durch Lizenzvertrag vom 24.11.1998 (Anlage K 87) für 10 Jahre die Verwertungsrechte für die Schweiz, Deutschland, Frankreich und Großbritannien gegen Zahlung von 2,8 Mio. US-Dollar erworben. Wenn Data Sound mit der aus der Not geborenen Version für die genannten Länder eine solche Summe als Gegenwert für die Rechtevergabe zu erzielen vermöge, könne gefolgert werden, daß sie mit der Originalversion im Frühjahr 1993 unschwer den Rückfluß des investierten Kapitals hätte erreichen können. Von der von Frenetic Films geschuldeten Lizenzgebühr habe Data Sound die bei Vertragsabschluß fälligen 10 % am 15. 01. 1999 vom Lizenznehmer durch Banküberweisung erhalten. Die zweite Rate in Höhe von 40 % sei noch nicht fällig, weil die englische Hauptfassung des Films noch nicht habe abgeliefert werden können. Auch wenn für die Vermarktung des Films in den USA über Buena Vista bzw. Miramax noch keine konkreten Konditionen ausgehandelt worden seien, dürften die Garantiesummen für den amerikanischen Markt zusammen mit den Zahlungen von Frenetic Films AG weit über dem investierten Kapital liegen. Berücksichtige man ferner die noch ausstehende Verwertung in Osteuropa, dem asiatischen Raum und Südamerika, so bestünden keine begründeten Zweifel mehr daran, daß der Film zumindest seine Kosten einspielen werde. Ob der Film letztlich ein großer kommerzieller Erfolg werde, könne ebenso dahinstehen wie der unwahrscheinliche Fall, daß er überhaupt keinen Gewinn einspiele, weil der Rückfluß des investierten Kapitals jedenfalls ausreichen würde, um als Grundlage ihrer erstinstanzlichen Schadensberechnung zu dienen.

Die Beklagte habe ferner die - im einzelnen dargelegten - entgangenen Zinsen im Betrag von insgesamt SFr 250.975,67 zu ersetzen, die bei einem Rückfluß der Mittel im Frühjahr 1993 zu erzielen gewesen wären.

Die von D. M. in das Filmprojekt investierten SFR 2.356.664,85, die von Data Sound AG als Darlehen zurückgezahlt werden müßten, seien im kaufmännischen Verkehr eingesetzt worden mit der Folge, daß nach Art. 313 Abs. 2 Schweizer Obligationenrecht auch ohne entsprechende Vereinbarung Zinsen für das Darlehen gezahlt werden müßten. Ende der 80iger Jahre bis zum 31. 12. 1991, also in dem Zeitraum, in dem der genannte Betrag in das Filmprojekt geflossen und Data Sound AG darlehensweise zur Verfügung gestellt worden sei, hätten für ungesicherte Darlehen in dieser Größenordnung jedenfalls Zinsen in Höhe von 5 % vereinbart werden können. Dementsprechend stünden D. M. für die 10 Monate von März bis Dezember 1993 SFr 98.194,37 sowie für die Jahre 1994 und 1995 SFr 117.833,24 und die ersten 10 Monate des Jahres 1996 SFr 98.194,37 zu. Data Sound sehe sich daher Zinsansprüchen M. in Höhe von insgesamt SFr 432.055,22 ausgesetzt, die sie ihrerseits in ihre Schadensberechnung gegenüber der Beklagten einstellen könne.

Zusammengefaßt ergebe sich daher ein Zinsschaden von SFr 683.030,89, den sie nebst Zinsen beanspruchen könne.

Die Beklagte beantragt

Zurückweisung der Berufung der Klägerin.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit der von der Klägerin verlangte Ersatz von Zinsschaden abgewiesen wurde und bringt hierzu vor, die bekannten Unwägbarkeiten der Filmverwertung ließen keinerlei sichere Prognosen darüber zu, ob überhaupt und wenn ja, in welchem Umfang Investitionen in Filme zurückgeführt werden können. Die Klägerin unternehme mit dem vorgelegten Lizenzvertrag mit Frenetic Films den vergeblichen Versuch, die Vermarktungsfähigkeit des Films "Snowball" zu belegen und damit den Anspruch auf Ersatz des behaupteten Zinsschadens zu rechtfertigen. Es werde bestritten, daß der Vertrag so gemeint und vollzogen werde, wie er vorgelegt wurde, zumal die Vertragsbedingungen nicht mit den Vorgaben der Schweizer Filmförderung übereinstimmten. Das Bundesamt für Kultur habe das Projekt mit SFr 350.000,00 gefördert. Unterstellt, Data Sound könne tatsächlich für die im Vertrag genannten europäischen Länder den angegebenen Festpreis von US-Dollar 2,8 Mio. erzielen, würde Data Sound diesen Betrag für einen Film erhalten, dessen Material infolge der Behandlung durch ARRI angeblich zu 25 % in seinen besten Bildern unbrauchbar geworden sei und für den deshalb eine Konzeptionsänderung habe vorgenommen werden müssen. Ein derartiger Film sei dann nicht vergleichbar mit dem "Ausgangsfilm". Es werde bestritten, daß Data Sound für den "Ausgangsfilm" einen Auswertungsvertrag zu entsprechenden Bedingungen erhalten hätte. Sollte der hergestellte Film jedoch mit dem "Ausgangsfilm" vergleichbar sein, dann stünde fest, daß die angeblichen Beschädigungen nicht irreparabel waren und daß die Klägerin sämtliche Änderungen ausschließlich aufgrund eines veränderten Konzepts - etwa auf Verlangen von potentiellen Lizenznehmern vorgenommen habe.

Die Beklagte bestreitet schließlich, daß von Frenetic Films eine Zahlung auf den Vertrag geleistet wurde. Die behauptete Zahlung der ersten Rate sei im übrigen im Widerspruch zur entsprechenden Vertragsklausel nicht am 24. 11. 1998, sondern erst am 15. 01. 1999 aufgrund der gerichtlichen Auflage erfolgt, klarzustellen, ob die nach Nr. 5 des Lizenzvertrags fälligen Lizenzgebühren Anteile von 10 % und 40 % gezahlt worden sind.

Der Vortrag der Klägerin, Data Sound habe einen rechtsverbindlichen Anspruch auf Zahlung von US-$ 2,8 Mio. sei so nicht zutreffend. Mit Ausnahme der ersten Rate seien - branchenunüblich - keine weiteren Zahlungsdaten und insbesondere keine festen Lieferdaten bestimmt. Liefere Data Sound nicht die englische Hauptfassung, so müsse der Lizenznehmer keine weitere Zahlung leisten, er müsse dann auch nicht die französische und die deutsche Fassung herstellen und die Restraten bezahlen. Der Lizenznehmer könne sodann die erste Rate - falls sie tatsächlich gezahlt worden sein sollte - zurückfordern, ohne daß ihm deswegen Sanktionen drohten. Data Sound könne bei dieser Vertragsgestaltung ohne Risiko entscheiden, ob sie den Film endlich doch herausbringen werde oder nicht. Da sie den Film immer noch nicht in die Auswertung gebracht habe, und dies trotz des angeblichen Drucks des Schweizer Bundesamts für Kultur und trotz der dann fälligen weiteren Ratenzahlungen von über US-$ 2 Mio., fühle sie, die Beklagte, sich in ihrer Überzeugung bestätigt, daß Data Sound die Produktionskosten nicht über eine Marktverwertung, sondern über Schadensersatzforderungen hereinholen wolle.

Soweit die Klägerin vorbringe, der Regisseur D. M. habe Data Sound ein verzinsliches Darlehen in Höhe von SFr 2.356.664.85 gewährt, habe sie Anlaß, davon auszugehen, daß es sich hierbei in Wahrheit um eine Beteiligung an dem Film handele.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze, den Aufklärungsbeschluß vom 17. 12. 1998 und die Protokolle vom 15.10.1998 und 11.03.1999 Bezug genommen.

Die zulässigen Berufungen der Klägerin und der Beklagten sind unbegründet.

I.

Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen Ansprüche auf Ersatz derjenigen Schäden zuerkannt, die der Zedentin daraus entstanden sind und noch entstehen werden, daß die Beklagte das Negativ des Films "Snowball" unautorisiert geschnitten, das Negativmaterial für die Versendung in die USA mangelhaft verpackt und die Klägerin unter Vorspiegelung ihrer Bereitschaft, die Negativschnitte ohne Bildverlust rückgängig zu machen, bis zum 20. 11. 1992 hingehalten hat. Auf die eingehenden Darlegungen im landgerichtlichen Urteil (B I. und II.), die sich der Senat zu eigen macht, wird zunächst verwiesen (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Zu den Angriffen der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil sind die folgenden Ausführungen veranlaßt:

1. Die Beklagte führt im zweiten Rechtszug ins Feld, der vom Landgericht im Zusammenhang mit den als verfrüht angesehenen Negativschnitten für erforderlich gehaltenen aufwendigen Umgestaltungen hätte es in Wahrheit nicht bedurft, weil das mittels Filmspalter geschnittene Negativ an den Schnittstellen ohne Bildverlust hätte wieder geöffnet und neu zusammengesetzt werden können. Da das von ihr stets angebotene Öffnen des geschnittenen Negativs lediglich Kosten von ca. 10.000,-- DM bei einer Arbeitszeit von längstens 14 Tagen verursacht hätte und Umschnitte ohne Bildverluste hätten vorgenommen werden können, hätte ein Negativschnitt in einer vom Produzenten nicht gebilligten Fassung das Filmprojekt nicht zum Scheitern bringen können oder die behaupteten aufwendigen Umgestaltungen erforderlich gemacht.

Die Beklagte stellt damit die von ihr eingenommene Haltung in einer mit dem Beweisergebnis im ersten Rechtszug nicht in Einklang zu bringenden Weise dar. Sie vermengt ihre ursprünglich, nämlich bei der Erörterung der Negativschnitt-Problematik am 16. 07. 1992 in der Kanzlei der Klägervertreter erklärte, dann aber nicht aufrechterhaltene Bereitschaft zur Rekonstruktion des Negativs mit dem dahinter zurückbleibenden späteren Angebot, das geschnittene Negativ nach Vorlage einer neuen Arbeitskopie umzuschneiden. Während die erste Zusage bedeutet hätte, daß das Filmnegativ wieder in seinen Ursprungszustand nach dem Trennen zurückversetzt wird, damit der Schnitt völlig neu vorgenommen werden kann, war davon bei dem modifizierten Angebot nach Maßgabe der Schreiben der Beklagten vom 30. 07. 1992 und 11.08.199 (Anlagen B 9 und 10) nicht mehr die Rede. Ihr Abrücken von der ursprünglichen Zusage hat die Beklagte damals mit der bei der Restaurierung entstehenden unzumutbar hohen Belastung des Negativs begründet. Damit war ersichtlich die Problematik gemeint, Klebestellen zu öffnen, ohne einen Bildfeldverlust zu verursachen, wie auch aus der Stellungnahme der Beklagten vom 22. 08. 1996 (Blatt 325 d.A.) hervorgeht. Durch die glaubhaften Aussagen der Zeugen Dr. W. E. und Dr. M. Sch. ist bewiesen, daß die Beklagte bei der genannten Besprechung die Rekonstruktion des Filmnegativs und nicht lediglich den Umschnitt anhand einer neuen Arbeitskopie versprochen hat. Das am Tag nach der Besprechung von Rechtsanwalt Dr. E. an die Beklagte gerichtete Schreiben (Anlage B 8), das auf die Darstellung der Beklagten Bezug nimmt, die Rekonstruktion ohne Bildfeldverlust sei durch Einsatz des Schnittgeräts herbeizuführen, mit dem auch der Schnitt erfolgt ist, und das Einverständnis der Klägerin mit dieser Vorgehensweise zum Ausdruck bringt, ist ein zusätzliches Indiz für die Richtigkeit der genannten Zeugenaussagen. Demgegenüber erwecken die beiden Schreiben der Beklagten vom 30.07. und 11. 08. 1992 den Eindruck, daß der Klägerin ein technisches Mißverständnis der von der Beklagten abgegebenen Erklärungen und eine hierauf zurückzuführende Fehlinterpretation eingeredet werden sollte, weil sich die Beklagte - aus welchen Gründen auch immer - an der gegebenen Zusage nicht festhalten lassen wollte. Als naheliegender Beweggrund für diese Haltung der Beklagten drängt sich jedoch die nachträgliche Erkenntnis auf, daß die vermeintlich problemlose bildverlustfreie Rekonstruktion des Negativs nicht oder zumindest nicht mit vertretbaren Kosten zu bewerkstelligen war. Ein Indiz dafür ist der Umstand, daß die Beklagte dem erstinstanziellen Vortrag der Klägerin im Zusammenhang mit den Arbeitsgängen beim Negativschnitt nicht widersprochen hat, wonach ein einmal geschnittenes Negativ grundsätzlich an der geschnittenen Stelle nicht mehr problemlos zusammengefügt werden kann, weil durch die Klebeverbindung jeweils ein Bild auf beiden Seiten der Klebestelle verlorengeht (vgl. Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 6). Fest steht jedenfalls, daß es die Beklagte mit Schreiben vom 20. 11. 1992 definitiv abgelehnt hat, die Rekonstruktion des Negativs vorzunehmen und daß der Klägerin mit dem stattdessen angebotenen Negativ-Umschnitt nach Vorlage einer neuen Arbeitskopie nicht gedient war.

2. Die Beklagte hätte allen Anlaß gehabt, den ursprünglichen Zustand des Negativs wiederherzustellen und sie hat - nachdem dies unterblieben ist - allen Anlaß, für den Schaden aufzukommen, der der Klägerin durch den Negativschnitt entstanden ist, denn es gab für sie keinen Grund, am 05. 07. 1991 ohne ausdrückliche Anweisung mit dem Negativschnitt zu beginnen.

Wann branchenüblich mit dem Negativschnitt begonnen werden kann, hat der Sachverständige D. M. in seinem schriftlichen Gutachten vom 19. 08. 1994 (Blatt 126) überzeugend dargestellt. "Technisch" kann demnach mit dem Negativschnitt dann begonnen werden, wenn dem Kopierwerk eine endgültige und vom Produzenten abgenommene Schnittfassung (Feinschnitt) in Form der Arbeitskopie vorliegt und die notwendigen Vorarbeiten abgeschlossen sind. Üblicherweise darf aber mit dem Negativschnitt erst begonnen werden, wenn der Produzent oder ein verantwortlicher Vertreter des Produzenten die speziell hierauf gerichtete Weisung erteilt hat. Dies kann mündlich durch den Cutter in Verbindung mit der Übergabe der zum Negativschnitt notwendigen Arbeitskopie und der Schnittliste geschehen. Diese Voraussetzungen haben am 05. 07. 1991 nicht vorgelegen. Es gab keine von Data Sound abgenommene Schnittfassung und es wurde auch kein ausdrücklicher Auftrag erteilt, den Negativschnitt vorzunehmen. Die vom Sachverständigen bestätigte Gepflogenheit der ausdrücklichen Schnittfreigabe für das Kopierwerk ist angesichts der Bedeutung des Filmnegativs als einzigem Original des Filmwerks einleuchtend. Auch der Senat geht davon aus, daß die Beklagte sich hieran hätte halten müssen.

Die Ansicht der Beklagten, sie habe trotz Fehlens der vom Sachverständigen als branchenüblich genannten Voraussetzungen und insbesondere ohne gesonderten Auftrag mit dem Schnitt des Negativs beginnen dürfen, geht fehl. Auf die in der Aktennotiz (Anlage K 2) festgehaltene Vereinbarung vom 23. 05. 1991 kann sich die Beklagte nicht berufen. In dieser "Festlegung der Ecktermine" kann der vom Sachverständigen angesprochene Endfertigungsplan gesehen werden, der üblicherweise erstellt wird, um die zahlreichen technischen Abläufe koordinieren zu können. Wie in einem solchen Endfertigungsplan sind hier die Daten und Arbeitsschritte, die zur Herstellung des Endprodukts nötig sind, aufgeführt. Der Beginn des Negativschnitts war nach den hier vereinbarten Eckdaten jedenfalls nicht schon am 05. 07. 1991 vorgesehen. Für den Negativ-Endschnitt findet sich als Position 6. das Datum 20. 07. 1991. Zwar sind die Eckdaten dem Sachverständigen zufolge nicht als unumstößlich und bindend zu betrachten, weil sie jeweils von der rechtzeitigen Beendigung der vorangegangenen Arbeitsgänge abhängen. Der von der Beklagten im ersten Rechtszug geltend gemachte Umstand, sie habe am 05. 07. 1991 mit dem Schnitt bereits beginnen können, weil die vorangehenden Arbeitsgänge schneller erledigt worden seien als erwartet, rechtfertigt aber - ungeachtet des Fehlens der weiteren Voraussetzungen - nicht die eigenmächtige Vorverlegung des Schnittbeginns. Weder der Vereinbarung vom 23. 05. 1991 mit ihren Eckdaten noch dem Verhalten der Mitarbeiter der Klägerin durfte die Beklagte eine generelle Zustimmung entnehmen, sie könne abweichend von der im Filmgeschäft bestehenden Verkehrssitte unaufgefordert jederzeit mit dem Negativschnitt beginnen.

Es mag sein, daß noch nicht fertiggestellte Tricksequenzen "technisch" dem Beginn des Negativschnitts nicht entgegenstanden, weil an ihrer Stelle sogenannte Platzsparer aus Schwarzfilm eingesetzt werden konnten. Hier hat es aber nicht lediglich wegen einiger Trickszenen an einer Schnittfassung gefehlt, es gab vielmehr viele offene Punkte, bei denen geklärt werden mußte, wie man sie löst - so die Zeugenaussage des Regisseurs D. M. bezüglich der Erörterung von Fragen der Ästhetik mit dem Techniker E. der Beklagten Mitte Juni 1991. Der Zeuge sagte hierzu weiter aus, ihm seien Vorschläge gemacht worden, mit denen er aber nicht einverstanden gewesen sei. Weitere wichtige Tests hätten zu diesem Zeitpunkt noch ausgestanden und wichtige andere Entscheidungen seien noch nicht getroffen worden. Dem Landgericht ist daher zuzustimmen, daß noch keine konkrete endgültige Fassung vorgelegen hat, deren Umsetzung von der Arbeitskopie in die Negativversion hätte genehmigt werden können.

Aus der Liste, die der Mitarbeiter V. Anfang April 1991 an die Beklagte gesandt hat (Anlage K 33), konnte die Beklagte schon wegen des Zeitpunkts der Erstellung dieser Liste keine Schnittfreigabe herleiten. Zudem spricht wenig dafür, daß es sich bei dieser Liste um die Negativschnittliste gehandelt hat; es liegt vielmehr nahe, daß diese Liste, in der Randnummern zum Trennen des Negativs aufgelistet sind und die eine Reihe von vagen Angaben und Auslassungen für noch nachzudrehende Szenen enthält, wegen ihres provisorischen Charakters keinesfalls als Negativschnittvorlage anzusehen ist. Die Darstellung der Beklagten, ihre Cutterin habe durch ergänzende Einfügungen aus einer laienhaften Schnittliste eine professionelle Schnittliste und nicht etwa aus einer Trennliste erst eine Schnittliste gemacht, überzeugt nicht.

Schließlich kann auch aus der Auftragsbestätigung vom 19. 06. 1991 (Anlage K 3), die unter Nr. 5 auch den Negativschnitt aufführt, und dem nachfolgenden Telefongespräch vom 19. 06. 1991 zwischen V. und B. nicht gefolgert werden, daß sich die Parteien über einen in gewisser Weise automatischen Ablauf aller in Auftrag gegebenen Arbeiten einschließlich des Negativschnitts einig gewesen wären. V. hatte, wie seiner Zeugenaussage zu entnehmen ist, die Zusendung der Auftragsbestätigung zum Anlaß genommen, B. telefonisch darauf hinzuweisen, daß noch nicht absehbar sei, wann die endgültige Schnittfassung vorliege, die Arbeitskopie werde noch weiter bearbeitet. Die Beklagte bestreitet, daß V., wie er ausgesagt hat, Brus ausdrücklich angewiesen habe, keinesfalls mit den Negativschnittarbeiten zu beginnen, will aber aus der Aufforderung, die es nach ihrem Vortrag gar nicht gegeben hat, folgern, daß auch Data Sound von einem automatischen bzw. autorisierten Beginn der Schnittarbeiten im Rahmen der Vereinbarung vom 23. 05. 1991 ausgegangen sei. Es hätte sonach zwar einer besonderen Aufforderung bedurft, die Schnittarbeiten zu stoppen, nicht jedoch, sie zu beginnen. Dem ist entgegenzuhalten, daß es trotz bestehender Branchenübung, für den Negativschnitt die gesonderte Anweisung des Produzenten abzuwarten und trotz zusätzlicher entsprechender mündlicher Vereinbarung bei Auftragserteilung im Hinblick auf die Bedeutung und Endgültigkeit der Schnittarbeiten an der Originalkopie des Film durchaus ratsam war, im Zuge der fortschreitenden Kopierarbeiten nochmals ausdrücklich auf den Vorbehalt hinzuweisen.

Die Klägerin macht im übrigen zu Recht geltend, weitere Umstände ließen hier den Schluß zu, daß die Beklagte tatsächlich selbst nicht von einer ohne weiteres bestehenden Erlaubnis zum Negativschnitt ausgegangen ist. Insbesondere zeigt das Verhalten der Beklagten im Vorfeld des Rechtsstreits, daß man sich sehr wohl des Fehlers, die ausdrückliche Weisung nicht abgewartet zu haben, bewußt war. Bevor sich nämlich die Beklagte für die im Rechtsstreit eingenommene Verteidigungslinie entschied, hatte sie zunächst die Vornahme von Negativschnitten in Abrede gestellt oder zu verschleiern versucht (vgl. Schreiben vom 31. 03. 1992 - Anlage K 10), dann vorübergehend behauptet "Auftrag erteilt, mündlich, Person nicht klar identifizierbar" (Schreiben vom 02. 06. 1992 - Anlage K 12), um schließlich eine kostenlose Rückgängigmachung des Negativschnitts bzw. zuletzt einen Umschnitt auf eigene Kosten anzubieten. Die Beklagte hätte schon vor den beiden genannten Schreiben Dr. Stahls wiederholt Anlaß gehabt, die Klägerin davon zu informieren, daß sie mit dem Negativschnitt am 05.07.1991 begonnen hatte; so bei den häufigen Telefonaten zwischen V. und Sch. im Zeitraum August 1991 bis März 1992, bei denen es jeweils um die Schnittarbeiten an einer Arbeitskopie gegangen war. Vor allem die Reaktion der Beklagten auf die Anfrage vom 06. 03. 1992, wie es möglich sei, daß in dem in die USA versandten Material geschnittenes und montiertes Negativ gefunden wurde, macht das Vertuschungsbestreben deutlich. Die von dem Zeugen V. wiedergegebenen Ausflüchte seines Ansprechpartners Sch. widerlegen im übrigen dessen Darstellung, V. habe bei dem vorausgegangenen telefonischen Ersuchen um Versendung des Materials ausdrücklich gebeten, den Negativschnitt zu unterbrechen. Die Annahme liegt nahe, daß mit dieser Version das Wissen und die Billigung der Negativschnittvornahme durch die Klägerin suggeriert werden sollte, um zu vermeiden, daß die Beklagte für die Folgen der unautorisierten Negativschnitte geradestehen müsse.

3. Ein größerer Schaden infolge des voreiligen Negativschnitts hätte nur vermieden werden können, wenn das Negativ in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt worden wäre. Hierzu war die Beklagte nicht bereit oder nicht im Stande. Auf das nachgeschobene Angebot, einen "Umschnitt ohne Bildverlust" vorzunehmen, brauchte sich die Klägerin im Hinblick auf die von der Beklagten ins Feld geführte Problematik der mechanischen Belastung des Negativmaterials und den bis dahin aufgetretenen Vertrauensverlust, insbesondere auch wegen der Weigerung, einzelne Einstellungen wiederherzustellen (vgl. Anlagen K 24 und K 25), nicht einzulassen.

Wegen der kategorischen Weigerung der Beklagten, auch nur eine begrenzte Anzahl von Rekonstruktionen bestimmter Schnittstellen zu versuchen, blieb der Klägerin keine andere Wahl, als von dem geschnittenen Negativ auszugehen und zu versuchen, das Filmprojekt durch eine Neukonzipierung doch noch umzusetzen.

4. Die Beklagte hat für die Kosten, die die Neugestaltung des Films verursacht hat, aufzukommen, weil sie diesen Schaden schuldhaft, nämlich grob fahrlässig, herbeigeführt hat. Grobes Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen, für das ihre Haftung nach Nr. VII 1., Abs. 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausgeschlossen ist, liegt vor, weil den Umständen, die hier zu dem schadensstiftenden Negativschnitt geführt haben, wie auch dem Verteidigungsvorbringen der Beklagten zu entnehmen ist, daß in ihrem Kopierwerk keine organisatorischen Vorkehrungen bestanden, die die Vornahme eines Negativschnitts ohne entsprechende Anweisung des Produzenten verhindern konnten.

Die Gründe, die die Beklagte für die in der Berufung vertretene Ansicht anführt, es läge bei unterstellter Nichtberechtigung, ohne ein ausdrückliches "los" mit den Schnittarbeiten zu beginnen, allenfalls leichte Fahrlässigkeit vor, erweisen sich als nicht stichhaltig. Es trifft schon nicht zu, daß bei Schnittbeginn sämtliche vom Sachverständigen D. M. hierfür genannte Voraussetzungen vorgelegen hätten.

Im übrigen ist dem Landgericht auch darin beizupflichten, daß hier eine wesentliche Vertragspflicht verletzt wurde, weil die Durchführung des Negativschnitts in einer vom Produzenten nicht gebilligten Fassung zumindest aufwendige Umgestaltungen erforderlich macht. Die grob fahrlässige Verletzung dieser wesentlichen Vertragspflicht führt sonach auch dann zur Haftung der Beklagten, wenn unterstellt wird, daß die von der Beklagten verwendeten Freizeichnungsklauseln mit dem AGB-Gesetz vereinbar sind.

5. Den eingehenden Ausführungen des Landgerichts zur Unvermeidlichkeit der für die Neugestaltung des Films aufgewendeten Kosten tritt die Beklagte mit der pauschalen Behauptung entgegen, die Klägerin habe, ohne daß dies etwas mit den Schnittarbeiten von ARRI zu tun gehabt habe, ihre Konzeption aus ganz anderen Gründen geändert und beabsichtige nunmehr, sich die Mehrkosten für die neuentwickelte Konzeption von der Beklagten ersetzen zu lassen. Die Beklagte beschränkt sich allerdings auf Vermutungen; an Tatsachenvortrag, der diese stützen könnte, fehlt es dagegen. Demgegenüber ist das Landgericht nach umfangreicher Beweisaufnahme zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß die konzeptionellen Änderungen auf den nicht mehr umzukehrenden, den Vorstellungen des Produzenten widersprechenden Negativschnitten beruhen und deren notwendige Folge sind. Den Ausführungen des Landgerichts hierzu ist beizutreten. Es haben sich auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß den Aussagen der Zeugen Meier und Vitzthum zu Anlaß und Höhe der durch die Konzeptionsänderung veranlaßten Kosten nicht uneingeschränkt Glauben geschenkt werden könnte.

Zu Recht hat das Landgericht auch diejenigen Kosten in den von der Beklagten zu leistenden Schadensersatz einbezogen, die dadurch verursacht wurden, daß die Beklagte die Klägerin bis zur definitiven Verweigerung in dem Glauben gelassen hat, sie werde den ursprünglichen Zustand des Negativs wiederherstellen. Data Sound hatte deshalb bis dahin keine Veranlassung gehabt, Änderungen an der Konzeption vorzunehmen. Die mit der späteren Weigerung verbundene Notwendigkeit der Konzeptionsänderung führte deshalb zur Unverwertbarkeit der auf das ursprüngliche Konzept ausgerichteten fortlaufenden Arbeiten.

6. Die Beklagte wendet sich ferner vergeblich gegen die Feststellung des Landgerichts, auch die Art und Weise der Behandlung des Negativmaterials für den Versand in die USA stelle eine grob fahrlässige Verletzung von Sorgfaltspflichten dar, die die Beklagte ebenfalls schadensersatzpflichtig mache. Sie nimmt zu Unrecht weiterhin für sich in Anspruch, beim Trennen, Schneiden und Verpacken des Negativs sachgerecht vorgegangen zu sein, so daß keinerlei irreparable Beschädigungen entstanden sein könnten. Dieser pauschalen Verteidigung steht das Gutachten des Sachverständigen R. entgegen, auf das sich das Landgericht vor allem gestützt hat. Der Sachverständige hat im einzelnen nachvollziehbar die gravierenden Mängel der Verpackung und ihre Ursächlichkeit für die von ihm festgestellten Schäden dargelegt. Er hat bei seiner mündlichen Anhörung bekräftigt, daß 25 %, vielleicht auch 20 % der festgestellten Schäden als irreparabel anzusehen sind, wie z.B. Schrammen in der Schicht, die überhaupt nicht beseitigt werden können. Die Darstellung der Beklagten, der Sachverständige habe in seinem Gutachten, seinen Zusatzausführungen und seiner mündlichen Aussage nur derart allgemeine Aussagen gemacht, daß hierauf nicht zurückgegriffen werden könne, entbehrt, wie die Lektüre der Ausführungen zeigt, jeder Grundlage. Daß der Sachverständige R. bei seinen mündlichen Ausführungen insoweit abweichend vom schriftlichen Gutachten die Möglichkeit eines 20 %-Anteils der irreparablen Schäden in den Raum gestellt hat, begründet entgegen der Ansicht der Beklagten keine generellen Zweifel an der Zuverlässigkeit seiner Feststellungen. Ersichtlich kommt es hier nicht auf den genauen Prozentsatz der Quote der irreversiblen Schäden an, sondern auf die Größenordnung und die zu verneinende Frage, ob irreparable Schäden in einer solchen Größenordnung vom Auftraggeber eines Kopierwerks hingenommen werden müssen.

Soweit die Beklagte auch im Berufungsverfahren in Zweifel zieht, daß dem Prüfungsbericht von M. M. diejenigen Klebestellen zugrundeliegen, die auf den von der Beklagten durchgeführten Negativschnitt zurückgehen, beruft sie sich zu Unrecht darauf, ihr Vortrag sei unwidersprochen geblieben, bei diesen Hotsplice-Klebestellen könne es sich nicht um die von ihr verursachten handeln, weil in Deutschland dieses Klebeverfahren nicht verwendet werde. Ob hier die Beklagte, wie die Klägerin meint, den amerikanischen Terminus "Hotsplice" im Sinne von "heiß geklebt" mißversteht, kann dahinstehen, nachdem die Beklagte nicht bestreitet, das Negativ geschnitten und geklebt zu haben. Da die Annahme eines weiteren, anderweitig durchgeführten Schnitts abwegig erscheint, kann es sich bei den festgestellten Schnittstellen nur um solche der Beklagten handeln.

Die Mängelfeststellung im Prüfbericht von M. M. läßt nicht den Schluß zu, daß es sich bei den festgestellten 100 Nahtstellen in nennenswerter Zahl um ohne weiteres behebbare oder geringfügige Schäden handelt. Dies mag für einzelne Schmutzeinlagerungen oder Beschriftungen gelten, ersichtlich aber nicht für die schadhaften Klebestellen.

Schließlich kann die Beklagte auch nicht mit dem Einwand gehört werden, die Schäden am Negativmaterial seien teilweise schon in Polen, also vor der Anlieferung in ihrem Kopierwerk, teilweise erst nach der Übersendung in die USA entstanden. Die Erwägungen des Landgerichts, die eine Schadensentstehung erst nach Ankunft des Materials in den USA als ausgeschlossen erscheinen lassen, sind plausibel. Insbesondere erscheint es nachvollziehbar, daß die mangelhafte Verpackung schon in Deutschland, also bei der Beklagten, erfolgt sein muß, weil die Schadensfeststellungen des Sachverständigen R. mit den Schadensbeschreibungen durch B., R. und M. übereinstimmen, was voraussetzt, daß die festgestellten Schadensursachen schon vor dem Rücktransport nach Deutschland gesetzt wurden. Wäre andererseits das Material schon in beschädigtem Zustand bei der Beklagten angeliefert worden, so hätte die Beklagte angesichts der Schwere dieser Beschädigungen der Klägerin sofort ihren "Eingangsbefund" übermittelt und es hätte auch nicht ausbleiben können, daß über die möglichen Auswirkungen dieser Beschädigungen gesprochen und seitens der Beklagten insoweit ihre Nichthaftung klargestellt worden wäre. Es gibt zwar einen "Eingangs-Negativbefund" (Anlage K 15), der auf den 23. 04. 1991 datiert ist; von diesem Befund hat die Klägerin nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme aber erstmals am 30. 06. 1992 Kenntnis bekommen und sein Verfasser hat erstaunlicherweise im Hause der Beklagten nicht ermittelt werden können.

Diese Umstände und auch die Tatsache, daß die Beklagte bis zum Beweis des Gegenteils in Abrede gestellt hatte, ihrerseits die Spedition mit dem Versand in die USA beauftragt zu haben, bestärken die Annahme, daß sich die Beklagte auf angreifbare Weise auch ihrer Schadensersatzpflicht bezüglich der Verpackungs- und Transportschäden zu entziehen suchte.

Den Ausführungen des Landgerichts ist beizupflichten, daß die Art und Weise der Durchführung der Verpackung ebenfalls eine grob fahrlässige Pflichtverletzung darstellt. Hierbei ist die eminente Bedeutung des Negativmaterials für das gesamte Filmprojekt in Betracht zu ziehen.

7. Zu Unrecht zieht die Beklagte schließlich ihre Verpflichtung, der Klägerin die Kosten des Transports des Negativmaterials aus den USA nach München und wieder zurück zu ersetzen, in Zweifel. Anlaß für den Rücktransport aus den USA war die am 16. 06. 1992 von der Beklagten gegebene Zusage, die von ihr vorgenommenen Negativschnitte auf eigene Kosten rückgängig zu machen. Nachdem sie von dieser Zusage wieder abgerückt war, mußte das Negativmaterial erneut in die USA versandt werden, wo es ohne die Zusage verblieben wäre

Auch gegen die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten für die Versicherung des Negativs seit Februar 1993 wendet sich die Beklagte zu Unrecht. Die Versicherungskosten in Höhe von 82.280,- SFR sind auf die infolge der Beschädigung des Negativs durch die Beklagte erforderlich gewordene Konzeptionsänderung und die damit verbundene Verzögerung zurückzuführen.

8. Wegen der Höhe der einzelnen Schadenspositionen, die die Klägerin im Berufungsverfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, wird auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen.

Da das Landgericht der Klägerin sonach zu Recht die ihr von Data Sound abgetretenen Schadensersatzforderungen in Höhe von 529.634,57 US-Dollar - soweit die Kosten in den USA entstanden sind -, von 82.280,- SFr - soweit die Kosten in der Schweiz angefallen sind - und von 9.789,41 DM - soweit sie in Deutschland angefallen sind - zuerkannt hat, mußte die Berufung der Beklagten erfolglos bleiben.

II.

Auch die Berufung der Klägerin, mit der zum einen Schadensersatz wegen entgangenen Zinsgewinns aus der Wiederanlage der Gelder beansprucht wird, die durch das Filmprojekt gebunden sind, bei ordnungsgemäßem Gang jedoch mit der Verwertung des Films an Data Sound zurückgeflossen wären, und zum anderen Zinsen als Kosten für Darlehen, die die Zedentin bei ordnungsgemäßem Gang der Dinge mit den aus der Verwertung des Films fließenden Gewinnen inzwischen hätte tilgen können, ist nicht begründet. Die ihr von Data Sound abgetretenen Ansprüche auf Ersatz der entgangenen eigenen Zinsen sowie der an D. M. zu entrichtenden Zinsen für den von der Beklagten zu verantwortenden Verzögerungszeitraum im Gesamtbetrag von SFr 683.030,89 können der Klägerin derzeit nicht zuerkannt werden, weil bisher nicht zuverlässig davon ausgegangen werden kann, daß die kommerzielle Auswertung des Films "Lightmaker", wie er nunmehr heißen soll, zumindest zu einem Rückfluß des der Schadensberechnung zugrundegelegten investierten Kapitals führen wird. Data Sound hat nach dem Vortrag der Klägerin bis zum 31. 12. 1991 SFr 1.828.047,40 an Eigenmitteln investiert. Hierzu kommen SFr 2.356.664,85, die D. M. zum 31. 12. 1991 dem Vortrag der Klägerin zufolge als Darlehen zur Finanzierung des Filmprojektes zur Verfügung gestellt hatte. Das bis 31. 12. 1991 investierte Kapital beläuft sich sonach auf eine Gesamtsumme von SFr 4.184.712,25.

Nachdem das Landgericht den auf die geltend gemachten Zinsschäden gestützten Klageantrag im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen hat, die Annahme, daß der Film in seiner ursprünglich geplanten Fassung die von Data Sound investierten Eigenmittel und auch die von ihr aufgenommenen Darlehen wieder eingespielt hätte, könne aufgrund der allgemeinen Erfahrung, wonach auch großartig angekündigte Filme sich als finanzielle Mißerfolge erweisen können, nicht als gesicherte Erkenntnis der Schadensberechnung zugrundegelegt werden, beruft sich die Klägerin nunmehr im wesentlichen auf den Lizenzvertrag vom 24. 11. 1998 zwischen Data Sound und Frenetic Films AG (Anlage K 87), der als Lizenzgebühr für die Einräumung der Rechte im Lizenzgebiet, das die Schweiz, Deutschland, Frankreich und Großbritannien umfaßt, einen Betrag von US-Dollar 2,8 Mio. - unabhängig vom kommerziellen Erfolg des Films - vorsieht. Da die von Frenetic Films zu erwartenden Zahlungen zusammen mit den Garantiesummen, die sich aus der beabsichtigten Vermarktung des Films in den USA über Buena Vista bzw. Miramax und der ebenfalls noch ausstehenden Verwertung des Films in Osteuropa, dem asiatischen Raum und Südamerika voraussichtlich ergäben, die Investitionen überstiegen, sei plausibel dargelegt und in ausreichendem Maße der Nachweis geführt, daß Data Sound mit der Originalversion des Films im Frühjahr 1993 unschwer einen Rückfluß des investierten Kapitals hätte erreichen können, so daß es auf die wegen der Qualität des Films und des Ansehens des Regisseurs D. M. zu erwartenden hohen Einspielergebnisse nicht mehr ankomme.

Es kann zwar dahingestellt bleiben, ob der Film der von Data Sound erwartete große kommerzielle Erfolg wird, weil der Schadensberechnung hinsichtlich der entgangenen Zinsen lediglich der Rückfluß des investierten Kapitals in der genannten Höhe zugrundegelegt wurde; daß dieser Rückfluß tatsächlich erfolgen wird, ist aber entgegen der Ansicht der Klägerin nicht schon durch die Vorlage des schriftlichen Lizenzvertrags vom 24. 11. 1998 nachgewiesen. Die Nachfrage des Senats im Anschluß an die Vorlage des Lizenzvertrags mit Frenetic Films ergab vielmehr, daß die im Verlaufe des Rechtsstreits zu wiederholten Malen angekündigte Fertigstellung des Films auch bei Vorlage des Lizenzvertrags nicht erfolgt war. Da Data Sound die englischsprachige Hauptfassung des Films dem Lizenznehmer nicht zur Verfügung gestellt hat, ist bisher nur der bei Vertragsunterschrift fällige Anteil von 10 % der Lizenzgebühr vom Lizenznehmer gezahlt worden und zwar nicht, wie im Vertrag vorgesehen, am 24. 11. 1998, sondern erst am 15. 01. 1999, nachdem der Senat die Klägerin um Darlegung bis zu diesem Zeitpunkt gebeten hatte, ob die nach Nr. 5 des Lizenzvertrags fälligen Lizenzgebührenanteile gezahlt worden seien. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, daß mit Ausnahme der ersten Lizenzrate - deren angegebener Fälligkeitszeitpunkt allerdings offenbar nicht als fix zu verstehen war - branchenunüblich im Vertrag keine weiteren Daten für die Lizenzzahlungen und auch keine Lieferdaten bestimmt sind. Nicht zu Unrecht ist die Beklagte der Ansicht, daß es Data Sound bei der vorliegenden Vertragsgestaltung letztlich in der Hand hat, ob und wann der Film kommerziell verwertet wird. Die Zahlung der ersten Rate der Lizenzgebühr, die im Falle der Nichtablieferung der englischen Filmfassung zurückgefordert werden könnte, ohne daß weitere Sanktionen für diesen Fall vereinbart wurden, ist daher kein ausreichender Nachweis, daß Data Sound bereits unabhängig vom kommerziellen Erfolg des Films einen rechtsverbindlichen Anspruch auf die im Vertrag mit Frenetic Films vereinbarte Garantiesumme von 2,8 Mio. US-Dollar besitzt.

Die Klägerin hat zwar, nachdem in der letzten mündlichen Verhandlung noch immer nicht feststand, wann der Film fertiggestellt sein werde, in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23. 04. 1999 angekündigt, daß aller Voraussicht nach Mitte August 1999 die letzten Arbeiten abgeschlossen sein werden, daß der Film ab 26. November 1999 in schweizer Kinos, die für kommerzielle Kinoproduktionen bekannt seien, gezeigt werde und, daß dem Kinostart vorausgehende Pressevorführungen und Vorpremieren eingeplant seien. Vorgetragen und dargelegt wurde jedoch lediglich der geplante Filmstart in mehreren Kinos der deutschsprachigen Schweiz, also einem sehr kleinen Teil des mit Frenetic Films vereinbarten Lizenzgebiets, das neben der gesamten Schweiz, Deutschland, Frankreich und Großbritannien umfaßt. Ob und wann dem Lizenznehmer die im gesamten Lizenzgebiet vorgesehene Auswertung möglich sein wird, wurde nicht mitgeteilt. Es ist vielmehr nur die Rede davon, daß die Verhandlungen über eine Vermarktung auf dem amerikanischen Markt bei positiver Resonanz auf die bisher gezeigten Versionen des Filmprojektes intensiv geführt würden. Der Vortrag hierzu ist jedoch nach wie vor zu vage, um hieran die Erwartung einer zumindest die Rückführung der Investitionen sicherstellenden Verwertung anknüpfen zu können. Daß sie dem Lizenznehmer die englischsprachige Hauptfassung des Films übergeben hätte, trägt die Klägerin auch in diesem Schriftsatz nicht vor.

In Anbetracht der von Data Sound seit Jahren angekündigten und immer wieder verschobenen Fertigstellung des Filmprojekts hält der Senat es anläßlich des nunmehr in Aussicht gestellten, wiederum nicht in näherer Zukunft liegenden Fertigstellungstermins nicht für geboten, mit der Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des Zinsaufwands bzw. der entgangenen Zinsen aufgrund des verzögerten Rückflusses des investierten Kapitals zuzuwarten. Das Klagebegehren ist insoweit derzeit nicht begründet. Auf die von der Beklagten bestrittene Behauptung der Klägerin, daß es sich bei den von Dieter Meier zur Verfügung gestellten Geldbeträgen um Darlehen gehandelt habe, die eine Verzinsungspflicht zur Folge gehabt hätten, kommt es bei dieser Sachlage nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.



Ende der Entscheidung

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