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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 13.02.2003
Aktenzeichen: 29 U 4541/02
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 15
MarkenG § 5
Für den Firmenbestandteil "Flüssiggas-Bayern" kann das betreffende Unternehmen, dessen Firma aus dem genannten Bestandteil und einer Rechtsformbezeichnung besteht, kennzeichenrechtlichen Schutz nach § 5 Abs. 2 MarkenG in Anspruch nehmen. Die Verbindung der an sich "farblosen" Begriffe "Flüssiggas" und "Bayern" hat eine gewisse, wenn auch schwache Unterscheidungskraft.
Aktenzeichen: 29 U 4541/02

Verkündet am 13.02.2003

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Wörle und die Richter Retzer und Dr. Kartzke aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 13.06.2002 - 1HK O 4377/01 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird unter Androhung von Ordnungsmitteln (Ordnungsgeld von bis zu 250.000,-- € für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten) verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs den Domain-Namen "fluessiggas-bayern.de" für den Verkauf oder das Angebot von Flüssiggas und/oder für den Verkauf oder das Angebot von Flüssiggastanks zu benutzen oder benutzen zu lassen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Internet-Adresse "fluessigas-bayern.de" freizugeben und gegenüber der D eG die dazu erforderlichen Erklärungen abzugeben.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 10 % und die Beklagte 90 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,-- €, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin, die F... GmbH & Co. KG, macht gegen die Beklagte einen auf § 12 BGB bzw. § 15 MarkenG gestützten Unterlassungsanspruch im Zusammenhang mit der Verwendung der Internet-Domain "fluessiggas-bayern.de" geltend. Ferner verlangt sie die Freigabe der genannten Domain.

Die Klägerin ist seit 03.02.1997 im Handelsregister des Amtsgerichts München eingetragen. Kommanditisten der Klägerin sind die P... Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Co. Kommanditgesellschaft, die S... Gesellschaft mit beschränkter Haftung sowie die V... W... GmbH. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist u. a. die Lagerung und der Umschlag von Flüssiggas sowie die Abfüllung von Flüssiggas.

Die Beklagte ist seit 26.05.1999 im Handelsregister des Amtsgerichts Augsburg eingetragen. Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist der Einzelhandel mit Flüssiggas sowie Verkauf, Vermietung und Prüfung von Tanks für Flüssiggas. Die Beklagte ist seit 06.10.1999 bei der D eG als Inhaber der Internet-Domain "fluessiggas-bayern.de" registriert (Anlage K 4). Sie hat sich auf der dieser Domain zugehörigen Website als Partner für Flüssiggas in Bayern präsentiert (Internetausdruck Anlage K 5) und für ihre Leistungen im Zusammenhang mit Flüssiggas und Flüssiggastanks geworben (Internetausdruck Anlage K 6).

Das Landgericht hat am 13.06.2002 auf der Grundlage von § 12 BGB folgendes Urteil verkündet.

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr den Namen "Flüssiggas Bayern", insbesondere im Internet den Domain-Namen "fluessiggas-bayern.de" zu benutzen oder benutzen zu lassen, unter dieser Internet-Adresse Leistungen anzubieten und/oder sich vorzubehalten, Leistungen anzubieten oder anbieten zu lassen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Internet-Adresse "fluessiggas-bayern.de" freizugeben und gegenüber der D e.G. die dazu erforderlichen Erklärungen abzugeben.

Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie macht geltend der von der Klägerin auf § 12 BGB, hilfsweise auf § 15, § 5 MarkenG gestützte Unterlassungsanspruch bestehe nicht. Die Firma der Klägerin mit dem Firmenbestandteil "Flüssiggas-Bayern"0 sei nicht schutzfähig. Sie sei weder durch den Firmenbestandteil "Flüssiggas" noch durch den Firmenbestandteil "Bayern" unterscheidungskräftig. Die Firma sei auch nicht wegen der Kombination von "Flüssiggas" und "Bayern" schutzfähig. Für die Frage, ob allgemein beschreibende Angaben Unterscheidungskraft hätten, sei auch das erhebliche Freihaltebedürfnis zu berücksichtigen. Sowohl für "Flüssiggas" als auch für "Bayern" bestehe ein Freihaltsbedürfnis. Das Landgericht habe übersehen, dass auch die Domain der Beklagten, würde sie namensmäßig - wie nicht - gebraucht, keine Unterscheidungskraft hätte. Die Domain der Beklagten besage für die beteiligten Verkehrskreise nicht, dass sich dahinter ein bestimmtes Unternehmen verberge, sondern nur, dass die beteiligten Verkehrskreise, die etwas über Flüssiggas wissen wollten, unter dieser Adresse weitere Informationen im Internet erhalten könnten.

Selbst wenn die Firma der Klägerin schutzfähig sein sollte, habe die Beklagte den Namen der Klägerin nicht geleugnet. Durch die Verwendung der Domain habe die Beklagte das Firmenrecht der Klägerin nicht bestritten. Die Beklagte habe sich "Flüssiggas Bayern" auch nicht als Firma oder schlagwortartige Bezeichnung ihrer Firma angemaßt.

Im Übrigen bestehe auch keine Verwechslungsgefahr. Da die beteiligten Verkehrskreise die Domain nur dahin auffassten, dass Informationen abgerufen werden können, würden die Verkehrskreise die Domain nicht dem Unternehmen der Klägerin, dessen Gegenstand das Abfüllen von Flüssiggas und damit eine reine Dienstleistung sei, zuordnen. Verwechslungsgefahr bestehe auch deshalb nicht weil die Beklagte "Flüssiggas vertreibe, die Klägerin hingegen nur Flüssiggas abfülle. Die Beklagte habe inzwischen auf der Startseite ihrer Homepage den Hinweis angebracht, dass sie nichts mit der Klägerin zu habe. Damit sei eine mögliche Verwechslungsgefahr allein aufgrund dieses Hinweises an den Internetnutzer auf der ersten sich öffnenden Seite ausgeschlossen.

Wiederholungsgefahr oder Begehungsgefahr für eine andere Nutzung der Bezeichnung "Flüssiggas Bayern" als der Domain im Internet bestehe nicht.

Die Beklagte beantragt,

Das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 13.6.2002 - 1HK O 4377/01 - wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Hilfsweise beantragt die Beklagte:

1. Das Urteil des LG Augsburg vom 13.6.2002 - 1HK O 4377/01 wird in Ziff. I dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Internet die Domain "fluessiggas-bayern.de" zu benutzen oder benutzen zu lassen, unter dieser Internet-Adresse Leistungen anzubieten und/oder sich vorzubehalten, Leistungen anzubieten oder anbieten zu lassen, sofern nicht auf der Startseite der Homepage der Beklagten wörtlich oder sinngemäß der Hinweis angebracht ist, dass die H F GmbH nichts mit der F B GmbH & Co KG zu tun hat.

2. Das Urteil des LG Augsburg vom 13.6.2002 - 1 HK O 4377/01 wird in Ziff. II dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, die Internet-Adresse "fluessiggas-bayern.de" freizugeben und gegenüber der D e.G. die dazu erforderlichen Erklärungen abgeben, sofern nicht auf der Startseite der Homepage der Beklagten wörtlich oder sinngemäß der Hinweis angebracht ist, dass die H F GmbH nichts mit der F B GmbH & Co. KG zu tun hat.

Außerdem beantragt die Beklagte hilfsweise die Gewährung einer Aufbrauchsfrist.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie macht geltend, die Firma der Klägerin sei schutzfähig. Der Name "Flüssiggas-Bayern" sei unterscheidungskräftig und seiner Art nach geeignet, sich im Verkehr als unverwechselbarer Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin durchzusetzen. In der Kombination aus Gattungs- und geografischer Bezeichnung sei der Name/das Unternehmenskennzeichen nicht mehr nur beschreibend, sondern habe namensmäßige Unterscheidungskraft. Die Kombination "Flüssiggas-Bayern" entspreche keineswegs dem üblichen Sprachgebrauch. Es komme nicht darauf an, ob ein Freihaltebedürfnis für die Begriffe "Flüssiggas" und Bayern" bestehe; es müsste schon ein Freihaltebedürfnis für die Kombination "Flüssiggas-Bayern" bestehen. Das sei nicht der Fall.

Die Beklagte gebrauche mit der Domain "fluessiggas-bayern.de" den gleichen Namen wie die Klägerin. Die marginalen Unterschiede in der Schreibweise seien unbeachtlich. Die Beklagte verletze durch den Gebrauch des gleichen Namens das schutzwürdige Interesse der Klägerin. Die Klägerin sei verpflichtet, ihre im Handelsregister eingetragene Firma im Geschäftsverkehr zu führen. Die Beklagte habe den Namen der Klägerin völlig willkürlich als Bezeichnung für ihre Internet-Adresse gewählt. Da die Beklagte wie die Klägerin Umschlag, Abfüllung und Vertrieb von Flüssiggas in Flaschen anbiete, liege die Verwechslungsgefahr auf der Hand. Die Beklagte gebrauche unbefugt die Firma der Klägerin als Internet-Adresse, löse dadurch eine Zuordnungsverwirrung aus und verletze schutzwürdige Interessen der Klägerin. Der von der Beklagten unlängst auf ihrer Eröffnungsseite angebrachte Hinweis, sie habe nichts mit der Klägerin zu tun, sei nicht geeignet, den Anspruch der Klägerin abzuwehren. Durch die Registrierung und den Gebrauch der streitgegenständlichen Domain bestehe Verwechslungsgefahr im engeren und im weiteren Sinn. Die Firma der Klägerin und die streitgegenständliche Internet-Adresse seien nahezu identisch, die Branchenverschiedenheit tendiere gegen Null. Der Gebrauch des Namens der Klägerin durch die Beklagte erfolge unbefugt.

Im Übrigen wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins vom 13.02.2003 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist überwiegend nicht begründet.

1. Im Streitfall ist im Hinblick darauf, dass die Beklagte bei der Verwendung des streitgegenständlichen Domain-Namens "fluessiggas-bayern.de", wie sich aus den Anlagen K 5, K 6 ergibt, im geschäftlichen Verkehr gehandelt hat, das Markengesetz (§ 5, § 15 MarkenG), nicht § 12 BGB anzuwenden. Der kennzeichenrechtliche Schutz aus § 5, § 15 MarkenG geht in seinem Anwendungsbereich grundsätzlich dem Namensschutz aus § 12 BGB vor (vgl. BGH WRP 2002, 694, 696 - shell.de; Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 12, Rdn. 10).

2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte der unter Nr. 11 des Tenors des vorliegenden Urteils ausgeurteilte Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 4, Abs. 2, § 5 Abs. 2 MarkenG zu.

a) Die Klägerin kann für den Firmenbestandteil "Flüssiggas-Bayern" kennzeichen-rechtlichen Schutz in Anspruch nehmen. Für einen Teil einer Firmenbezeichnung kann der vom Schutz des vollständigen Firmennamens abgeleitete Schutz als Unternehmenskennzeichen im Sinne des § 5 Abs. 2 MarkenG beansprucht werden, sofern es sich um einen unterscheidungsfähigen Firmenbestandteil handelt, der nach seiner Art im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen (vgl. BGH WRP 2002, 1066 - defacto). Das ist bei dem Firmenbestandteil "Flüssiggas-Bayern" der Fall; dieser Firmenbestandteil ist im Gegensatz zu der Rechtsformbezeichnung GmbH & Co. KG geeignet, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin durchzusetzen. Der Firmenbestandteil "Flüssiggas-Bayern" ist für ein Unternehmen, das sich mit der Lagerung, dem Umschlag und der Abfüllung von Flüssiggas befasst, von Haus aus unterscheidungsfähig. Nicht entscheidungserheblich ist insoweit, ob den Elementen "Flüssiggas" und "Bayern" je für sich allein von Haus aus namensmäßige Unterscheidungskraft zukommt (vgl. BGH GRUR 1957, 561, 562 - Rhein-Chemie), und auch nicht, ob diese Begriffe jeweils für sich einem Freihaltungsbedürfnis unterliegen (vgl. BGH B1PMZ 2001, 210, 211 - Windsurfing Chiemsee). Die Wortverbindung "Flüssiggas-Bayern" gehört nicht der Umgangssprache an. Sie bezeichnet weder als Gattungsbegriff die einzelnen in Bayern ansässigen Unternehmen, die sich mit der Vermarktung von Flüssiggas befassen, noch diese Unternehmen in ihrer Gesamtheit. Bei der Kombination "Flüssiggas-Bayern" handelt es sich vielmehr um eine eigenartige sprachliche Neubildung, wie sie in ähnlicher Form auch von anderen Firmen verwendet wird (z.B. Bayern Oil).

Mögen auch die einzelnen Elemente, der der Chemie entstammende Begriff "Flüssiggas" und der geografische Begriff "Bayern" für sich allein jeweils nicht unterscheidungsfähig sein, so besitzt doch die Verbindung dieser an sich "farblosen" Begriffe eine gewisse, wenn auch schwache Unterscheidungskraft. Der Gesamtbegriff "Flüssiggas-Bayern" wahrt einen hinreichenden Abstand sowohl gegenüber der beschreibenden Angabe "Flüssiggas" als auch gegenüber der geografischen Angabe "Bayern" (vgl. BGH B1MPZ 2001, 210, 211 - Windsurfing Chiemsee). Dieser Gesamtbegriff unterliegt aus den vorstehend genannten Gründen keinem Freihaltungsbedürfnis.

b) Der Schutz des Firmenbestandteils "Flüssiggas-Bayern" entfällt auch nicht, wie von der Beklagten in erster Instanz geltend gemacht, wegen Verstoßes gegen § 3 UWG. Allerdings setzt der Schutz aus § 5 MarkenG einen befugten Gebrauch voraus (vgl. BGH WRP 2002, 691, 692 - vossius.de); eine Firma, die gegen § 3 UWG verstößt, genießt keinen Rechtsschutz (vgl. Fezer, Markengesetz, 3. Aufl., § 15, Rdn. 116). Die angesprochenen Verkehrskreise werden indes durch den Firmenbestandteil "Flüssiggas-Bayern" nicht irregeführt; sie verstehen darunter ein Unternehmen, das sich in irgendeiner Art und Weise mit Flüssiggas befasst und in Bayern tätig ist bzw. dort seinen Sitz hat. Beides trifft auf die Klägerin zu. Die vorstehenden Feststellungen zur Verkehrsauffassung kann der Senat aus eigener Anschauung und Sachkunde treffen, weshalb es der Einholung eines diesbezüglichen Sachverständigengutachtens nicht bedarf.

c) Die Beklagte hat den Domain-Namen "fluessiggas-bayern.de" kennzeichenmäßig benutzt (vgl. zu diesem Erfordernis Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 15, Rdn. 25, 26). Sie hat die Bezeichnung "fluessiggas-bayem.de" im Rahmen des Produktabsatzes zur Unterscheidung der von ihr vertriebenen Waren von denen anderer Unternehmen eingesetzt, indem sie auf der diesem Domain-Namen zugehörigen Website den Verkauf von Flüssiggas und Flüssiggastanks angeboten hat (Anlagen K 5, K 6).

d) Zwischen dem Firmenbestandteil "Flüssiggas-Bayern" der Klägerin und dem Domain-Namen "fluessiggas-bayern.de" der Beklagten besteht Verwechslungsgefahr.

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG, die unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände vorzunehmen ist, besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen, dem wirtschaftlichen Abstand der Tätigkeitsgebiete der Parteien und der Kennzeichnungskraft des Zeichens der Klägerin (vgl. BGH WRP 2002, 1066, 1067 - defacto).

aa) Zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen besteht hochgradige Zeichenähnlichkeit. Bei der Klägerin ist auf den gesondert schutzfähigen Firmenbestandteil "Flüssiggas-Bayern" abzustellen (vgl. BGH aaO), bei der Beklagten auf die Second-Level-Domain "fluessiggas-bayern"; die Top-Level-Domain ".de" bleibt bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit außer Betracht (vgl. Fezer aaO § 3 Rdn. 336; Senat ZUM 2000, 69, 70). Die einander gegenüberstehenden Zeichen unterscheiden sich nur in der Groß- und Kleinschreibweise sowie in der Schreibweise des Umlauts. Klanglich und begrifflich besteht Zeichenidentität.

bb) Der Abstand der beiderseitigen wirtschaftlichen Tätigkeitsgebiete ist gering. Beide Parteien befassen sich mit Flüssiggas und dessen Vermarktung. Die Klägerin hat durch die Vorlage der Anlage K 11 (Abfüllvertrag für Flüssiggas mit der D...-P... GmbH) belegt, dass sie Abfüllverträge mit Flüssiggas mit Vertragspartnern, die nicht ihre Kommanditisten sind, schließt. Im Übrigen besteht zwischen der Lagerung und dem Umschlag von Flüssiggas auf Seiten der Klägerin und dem Vertrieb von Flüssiggas auf Seiten Beklagten eine enge Nähe.

cc) Im Hinblick auf die hochgradige Zeichenähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und im Hinblick auf den geringen Abstand der beiderseitigen wirtschaftlichen Tätigkeitsgebiete ist die schwache Kennzeichnungskraft des Firmenbestandteils "Flüssiggas-Bayern" nicht geeignet, die Verwechslungsgefahr zu beseitigen. Allerdings ist die Kennzeichnungskraft dieses Firmenbestandteiles wegen des beschreibenden Gehalts des Elements "Flüssiggas" und wegen des geografischen Gehalts des Elements "Bayern" schwach, zumal, wie die Beklagte durch Vorlage der Anlage 2 zum Schriftsatz vom 27.11.2002 belegt hat, ein weiteres Unternehmen den Domain-Namen "fluessiggasbayern.de" [ohne Bindestrich] im Zusammenhang mit Flüssiggas verwendet. Gleichwohl bleibt es dabei, dass der Firmenbestandteil "Flüssiggas-Bayern" der Klägerin als Kombination von "Flüssiggas" und "Bayern" eine gewisse, wenn auch schwache Kennzeichnungskraft hat, die zusammen mit der hochgradigen Zeichenähnlichkeit und dem geringen Abstand der beiderseitigen wirtschaftlichen Tätigkeitsgebiete im Streitfall Verwechslungsgefahr begründet.

e) Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, soweit sie über ein Verbot der Benutzung des Domain-Namens "fluessiggas-bayern.de" hinaus generell ein Verbot der Benutzung des Namens "Flüssiggas Bayern" erstrebt. Für eine solche Benutzung der Bezeichnung "Flüssiggas Bayern" etwa als Firmenbezeichnung der Beklagten besteht weder eine Wiederholungsgefahr noch eine Erstbegehungsgefahr. Entsprechendes gilt für eine Benutzung des Domain-Namens "fluessiggas-bayern.de" für andere Tätigkeiten als die im Tenor unter I 1 aufgeführten. Aus den Anlagen K 5, K 6 ergibt sich lediglich, dass die Beklagte die dem Domain-Namen "fluessiggas-bayern.de" zugehörige Website für den Verkauf und das Angebot von Flüssiggas sowie für den Verkauf und das Angebot von Flüssiggastanks benutzt hat. f) Mit dem ersten Hilfsantrag, gerichtet auf Aufnahme eines aufklärenden Hinweises auf der Startseite der Homepage der Beklagten, hat diese keinen Erfolg. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.04.2002 - 1 ZR 317/99 = WRP 2002, 691 - vossius.de, auf das sich die Beklagte in diesem Zusammenhang bezogen hat, ist im Streitfall nicht einschlägig. Denn anders als in dem genannten Urteil geht es hier nicht um einen Fall der Gleichnamigen.

g) Auch mit dem weiteren Hilfsantrag, gerichtet auf Gewährung einer Aufbrauchsfrist, hat die Beklagte keinen Erfolg. Für die ausnahmsweise Gewährung einer Aufbrauchsfrist nach § 242 BGB (vgl. dazu Ingerl/Rohnke aaO vor §§ 14-19, Rdn. 109, 110) ist im Streitfall kein Raum. Die Beklagte, die bereits in erster Instanz bezüglich des Domain-Namens "fluessiggas-bayern.de" zur Unterlassung verurteilt worden ist, hat nicht dargetan, dass ihr mit der sofortigen Umstellung der Domain unverhältnismäßige Nachteile erwachsen.

2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Freigabeanspruch hinsichtlich des Domain-Namens "fluessiggas-bayern.de" als Beseitigungsanspruch (vgl. Ingerl/Rohnke aaO vor §§ 14-19, Rdn. 57) zu. Kann der Inhaber eines Unternehmenskennzeichens einem Dritten die Verwendung dieses Zeichens als Domain-Name im geschäftlichen Verkehr verbieten, kommt ein auf Freigabe gerichteter Beseitigungsanspruch in Betracht, wenn der Dritte kein berechtigtes Interesse vorweisen kann, diesen Domain-Namen außerhalb des sachlichen oder räumlichen Wirkungsfelds des kennzeichenrechtlichen Anspruchs - etwa für private Zwecke oder für ein Unternehmen in einer anderen Branche - zu verwenden (vgl. BGH WRP 2002, 691 - vossius.de). Die Beklagte hat kein berechtigtes Interesse daran geltend gemacht, den Domain-Namen "fluessiggas-bayern.de" für den Vertrieb anderer Waren oder Dienstleistungen als Flüssiggas und Flüssiggastanks oder in einer anderen Branche oder für private Zwecke zu verwenden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen (vgl. BGH NJW 2003, 65).

Ende der Entscheidung

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