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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 03.11.2005
Aktenzeichen: 32 Wx 109/05
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 44 Abs. 1
Bei der der Bestimmung des Geschäftswertes ist für die Beurkundung eines Kaufvertrages mit gleichzeitiger Beurkundung einer Zustimmung zu einer Lastenfreistellung nur der Kaufpreis nach § 44 Abs. 1 KostO maßgeblich (im Anschluss an OLG Celle DNotZ 1964, 571; KG Berlin DNotZ 1988, 454; OLG Dresden NotBZ 2000, 26). Wegen der Abweichenden Auffassung des OLG Rostock (JurBüro 2003, 36) wird die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Tatbestand:

Der beteiligte Notar beurkundete einen Kaufvertrag mit Auflassung über ein Grundstück. Der vereinbarte Kaufpreis gemäß Ziffer III. des Kaufvertrages betrug EUR 220.801,16 zuzüglich EUR 14.198,84 Umsatzsteuer. In Abteilung III des Grundbuchs war eine Buchgrundschuld für die über DM 1.500.000,-- eingetragen. Unter Ziffer V. des Kaufvertrages haben die Parteien vereinbart, dass der Verkäufer für den ungehinderten Besitz- und lastenfreien Eigentumsübergang hafte, und dass sie den der Lastenfreistellung dienenden Erklärungen mit dem Antrag auf Vollzug im Grundbuch zustimmten.

In der Kostenrechnung berechnete der beteiligte Notar für die Beurkundung des Vertrages lediglich gemäß § 36 Abs. 2 KostO eine 20/10 Gebühr aus einem Geschäftswert von EUR 235.000,00, wobei er gemäß § 20 KostO den vereinbarten Kaufpreis zu Grunde legte. Nebst Auslagen betrug die Rechnungssumme EUR 1.339,81.

Diese Kostenrechnung beanstandete die Notarkasse anlässlich einer Prüfung. Die Notarkasse vertrat die Auffassung, dass gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 KostO der höhere Wert der Löschungserklärungen für den Geschäftswert maßgeblich sei, weil die abgegebenen Erklärungen gegenstandsgleich seien. Da aber die getrennte Berechnung der Gebühren für den Kostenschuldner günstiger sei, wäre gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 KostO neben der 20/10 Gebühr aus dem Kaufvertrag nur eine 5/10 Gebühr gemäß § 38 Abs. 2 Nr. 5 a KostO für die Löschungserklärungen aus dem Geschäftswert gemäß § 23 KostO zu erheben.

Darauf legte der Notar auf Anweisung des Präsidenten des Landgerichts Weisungsbeschwerde gemäß § 156 Abs. 6 KostO ein mit dem Antrag, die Richtigkeit seiner Abrechnung festzustellen.

Das Landgericht hat mit Beschluss die Kostenrechnung unter Aufrechterhaltung im Übrigen dahingehend abgeändert, dass zusätzlich eine 5/10 Gebühr nach § 38 Abs. 2 KostO für die im Kaufvertrag erklärte Löschungsbewilligung von EUR 606,-- erhoben werde und sich der Gesamtbetrag der Kostenrechnung auf EUR 2042,77 erhöhe. Ferner hat es die weitere Beschwerde zugelassen.

Hiergegen legten der Kostenschuldner zu 2 und der Kostenschuldner zu 1 weitere Beschwerde mit dem Ziel, den Beschluss aufzuheben und die Weisungsbeschwerde zurückzuweisen, also die ursprüngliche Kostenrechnung wiederherzustellen, ein.

Der beteiligte Notar hält seine ursprüngliche Kostenrechnung für richtig. Die weiteren Beschwerden erwiesen sich als zulässig. Sie führten zur Vorlage des Verfahrens an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs.2 FGG.

Gründe:

Nach Änderung des § 156 KostO durch Gesetz vom 27.07.2001 findet die Divergenzvorlage auch bei Beschlüssen nach § 156 KostO statt, da § 156 Abs. 4 Satz 4 in vollem Umfange auf das FGG verweist (BGH NotBZ 2005, 289).

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass nach § 44 Abs. 1 KostO bei der der Bestimmung des Geschäftswertes für die Beurkundung eines Kaufvertrages mit gleichzeitiger Beurkundung einer Zustimmung zu einer Lastenfreistellung nur der Kaufpreis maßgeblich sei, könne nicht gefolgt werden. Vielmehr sei der höhere Nennwert des Grundpfandrechts maßgebend. Es existiere kein Erfahrungssatz, dass alle Leistungen des Verkäufers bei der Kaufpreisbildung berücksichtigt würden. Aus § 44 Abs. 1 KostO ließe sich nicht herleiten, dass nur der Fall geregelt werden sollte, dass zwei gleichrangig nebeneinander stehende Geschäfte beurkundet werden sollen. Da aber die gesonderte Berechnung für den Kostenschuldner günstiger sei, sei diese maßgebend. Die Voraussetzungen für das Absehen von der Erhebung der Mehrkosten nach § 16 KostO lägen nicht vor.

2. Der Senat möchte auf die weitere Beschwerde den Beschluss des Landgerichts aufheben und die Weisungsbeschwerde des Notars zurückweisen.

Der Senat hält nämlich die weitere Beschwerde aus folgenden Gründen für begründet:

Als Geschäftswert ist im vorliegenden Fall nur der Kaufpreis anzusetzen. Der höhere Wert eines der beiden zusammen beurkundeten gegenstandsgleichen Geschäfte kann sich nämlich dann nicht auswirken, wenn das Geschäft mit dem nach den kostenrechtlichen Vorschriften höheren Wert lediglich der Erfüllung derjenigen Verpflichtungen dient, die durch das andere Geschäft begründet worden sind. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung an, wonach für die Berechnung der Gebühren des Notars in Fällen der vorliegenden Art allein der Kaufpreis maßgebend ist und der höhere Gesamtnennwert der vom Verkäufer aufgrund des Kaufvertrages zu löschenden Grundpfandrechte für die Berechnung der Gebühren aufgrund der Vorschrift des § 44 Abs. 1 Satz 1 KostO nicht in Betracht kommt, wenn Kaufvertrag und Löschungsanträge des Verkäufers zusammen beurkundet werden (OLG Celle DNotZ 1964, 571; KG Berlin DNotZ 1988, 454; OLG Dresden NotBZ 2000, 26). Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KostO ist beim Kauf von Sachen der Kaufpreis maßgebend und es wird ihm lediglich der Wert der vom Käufer übernommenen Leistungen hinzugerechnet, wozu auch durch Grundpfandrechte gesicherte Verbindlichkeiten des Verkäufers gehören können. Verpflichtet sich in einem Grundstückskaufvertrag umgekehrt der Verkäufer, das Grundstück frei von bestimmten, noch eingetragenen Lasten zu übereignen, so bleibt dies mangels einer entsprechenden Anrechnungsbestimmung auf den nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KostO maßgebenden Kaufpreis ohne Einfluss. Nach der Vorschrift des § 20 Abs. 1 Satz 1 KostO ist davon auszugehen, dass alle Leistungen des Verkäufers einschließlich der Verschaffung lastenfreien Eigentums bei der Kaufpreisbildung berücksichtigt sind, so dass der Wert der vom Verkäufer übernommenen Löschungsverpflichtungen auf diese Weise bereits Eingang in die Wertbemessung gefunden hat.

Darüber hinaus fehlt es im vorliegenden Fall trotz des hohen Nennwertes der zu löschenden Grundschulden an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass der Wert des Grundstücks (§ 19 KostO) höher als der Kaufpreis ist (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 2 KostO). Insbesondere hat der mit der Beurkundung befasst gewesene Notar derartiges nicht geltend gemacht, sondern den Kaufpreis als den für die Beurkundung des Kaufvertrages maßgebenden Wert angesehen. Unter diesen Voraussetzungen kann der Wert der insgesamt vom Verkäufer übernommenen Verpflichtungen, also auch der Wert der Grundschulden, deren Löschung der Verkäufer in der Kaufvertragsurkunde beantragt hat, jedenfalls im Falle der Zusammenbeurkundung nach dem Sinn des § 44 Abs. 1 Satz 1 KostO nicht höher bemessen werden als der Wert des mit den Löschungsanträgen gegenstandsgleichen Kaufvertrages. Als "Wert des Gegenstandes", von dem die Gebühr für die Beurkundung der beiden denselben Gegenstand betreffenden Erklärungen nur einmal nach dem höchsten Gebührensatz zu berechnen ist, kommt daher allein der Wert des Kaufvertrages, mithin hier gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 KostO der Kaufpreis in Betracht, bei dessen Bildung alle vom Verkäufer übernommenen Verpflichtungen bereits berücksichtigt sind. In diesem Sinne kann der Kaufvertrag als für die Berechnung der einheitlichen Gebühr nach § 44 Abs. 1 Satz 1 KostO allein maßgebendes Hauptgeschäft bezeichnet werden (vgl. OLG Celle aaO; KG Berlin aaO; OLG Dresden aaO).

3. Der Senat sieht sich an dieser Entscheidung durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock vom 10. September 2002, Az: 1 W 12/02 = JurBüro 2003, 36 ) gehindert, in dem ausgeführt wurde: Der nach § 44 Abs. 1 Satz 1 KostO maßgebende Wert sei der Nennbetrag der der Grundpfandrechte, nicht der Kaufpreis. Übersteige der Wert der Löschungserklärung den Kaufpreis, so sei bei Identität der Gegenstände wegen der unterschiedlichen Gebührensätze für die Beurkundung des Kaufvertrags und der Löschungsbewilligung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 KostO zu verfahren.

4. Die Frage des Geschäftswertes ist entscheidungserheblich. Der Senat kann zu dem beabsichtigen Ergebnis nicht über das Absehen von der Kostenerhebung nach § 16 Abs. 1 KostO kommen, da, wollte man dem OLG Rostock folgen, bei richtiger Sachbehandlung dann zumindest die Beglaubigungsgebühr angefallen wäre und sich somit auch eine - wenn auch nur geringere - Erhöhung ergeben würde.

Ende der Entscheidung

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