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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 22.03.2006
Aktenzeichen: 32 Wx 45/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1092 Abs. 3 Satz 1
Eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit, durch die ein Brunnenrecht gesichert wird, fällt nicht unter die Ausnahmevorschrift des § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB.
Gründe:

I.

Zu Gunsten der Beteiligten zu 2 ist im Grundbuch des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes ein Brunnenrecht als Grunddienstbarkeit in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen. Dieses Brunnenrecht benötigt die Beteiligte zu 2 nicht mehr für ihre Trinkwasserversorgungsanlage. Zu notariellem Vertrag ihres Verfahrensbevollmächtigten räumte die Beteiligte zu 2 der Beteiligten zu 1 daher den Nießbrauch an dem vorbezeichneten Brunnenrecht ein und verkaufte die dazu gehörige Brunnenanlage für 60.000 EUR an die Beteiligte zu 1.

Der Urkundsnotar beantragte den Vollzug der Urkunde. Diesen Antrag wies das Grundbuchamt zurück, weil seiner Ansicht nach kein Nießbrauch an der Grunddienstbarkeit bestellt werden könne. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten wies das Landgericht ebenfalls zurück. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Urkundsnotars namens der Beteiligten.

II.

Die weitere Beschwerde ist gemäß § 78 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der Form des § 80 Abs. 1 Satz 2 GBO eingelegt. In der Sache hat sie keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Ein Nießbrauch an einem Brunnenrecht, das als beschränkt persönliche Dienstbarkeit nicht übertragbar ist, kann nicht bestellt werden. Die Voraussetzungen des § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB lägen deswegen nicht vor, weil die Brunnenanlage nicht der Fortleitung, sondern der Gewinnung des Wassers diene. Sie sei deshalb keine Anlage im Sinne von § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in vollem Umfang stand:

Der Typenzwang des Sachenrechts verbietet Eintragungen im Grundbuch, die im materiellen Recht nicht vorgesehen sind (Palandt-Bassenge, 65.Auflage, RN.7 vor § 873 BGB). Um eine solche Eintragung handelt es sich hier. Das Recht, um das es geht, ist im Sinne des § 1069 Abs. 2 BGB nicht übertragbar. Das ergibt sich schon aus dem Grundsatz des § 1092 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB liegen nicht vor:

Dies ergibt eine an Wortlaut und an der Geschichte des § 1092 Abs. 3 BGB orientierte Auslegung. Der Grund für die Schaffung der Vorschrift ist darin zu sehen, dass in den neunziger Jahren im Zuge der Liberalisierung der Energiewirtschaft, die zu Neugestaltungen und Neuordnungen des Marktes führte, das Bedürfnis des Gesetzgebers, in bestimmten Fallkonstellationen eine vereinfachte Übertragung von beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten zu schaffen, entstand (vgl. Götting, Übertragung von Fernwärmedienstbarkeiten, ZfIR 2005, 344/345). Mit der Übertragbarkeit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass insbesondere die Leitungsrechte einer Vielzahl von Nutzern dienen und es für die betroffenen Grundstückseigentümer nach der objektiven Interessenlage ohne größere Bedeutung ist, welchem Unternehmen die Leitung gehört bzw. wer Inhaber der Dienstbarkeit ist (MüKo/Jost, RN. 9 zu § 1092 BGB).

Der Gesetzgeber hat einen abgeschlossenen Katalog dessen geschaffen, was Gegenstand der Dienstbarkeit sein muss, um im Sinne des § 1092 Abs. 3 BGB übertragbar zu sein. Es muss sich entweder um eine Versorgungsleitung, eine Telekommunikationsanlage, eine Bahnanlage oder eine Produktleitung wie z.B. eine Ölpipeline handeln (vgl. hierzu Soergel/Stürner, Kommentar zum BGB, 13. Aufl., Rn. 6 zu § 1092 BGB).

Der hier in Betracht kommende Begriff der Transportleitung ergreift auch alle dazu gehörigen Anlagen, die der Fortleitung unmittelbar dienen z.B. Pumpanlagen (vgl. hierzu Staudinger/Mayer, BGB, 13. Aufl. Rn. 28 zu § 1092 BGB; MüKo/Jost, 4.Auflage, RN. 11 zu § 1092 BGB). Aus dem Begriff des "unmittelbaren Dienens" erschließt sich aber auch, dass nur solche Pumpanlagen gemeint sein können, welche in die Transportleitung integriert sind und nicht solche, mittels derer die zu transportierende Flüssigkeit erst gewonnen wird.

Den Beschwerdeführern ist zuzugeben, dass bei einer Brunnenanlage eigentlich die Gesamtanlage auch der Fortleitung des gewonnenen Wassers dient. Die Besonderheit bei der Gewinnung von Wasser aus dem Boden ist es nämlich, dass dieses - im Gegensatz zu Elektrizität, Gas, Fernwärme oder Öl - im Boden schon vorhanden ist. Gleichwohl kann die Ausnahmevorschrift des § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB auf die Gewinnung des Wassers aus dem Boden nicht angewendet werden, weil der Begriff "Fortleitung" dies verbietet. Bei der Brunnenanlage steht naturgemäß zunächst die Erfassung und Reinigung des aus dem Boden gewonnenen Wassers im Vordergrund. Dass daraus im Rahmen eines einheitlichen Prozesses später auch ein Fortleitungsvorgang wird, ist demgegenüber unerheblich. Zu Recht weist das Landgericht darauf hin, dass es sich bei § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB um eine Ausnahmevorschrift handelt, die schon aus diesem Grund eng auszulegen ist.

Die Antragsteller können auch nicht mit ihrem Argument gehört werden, dass die historische Auslegung auch die Aufnahme der Brunnen in § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB gebiete. Zwar findet sich in der Gesetzesbegründung der Bundestagsdrucksache 13/3604 folgender Satz:

Ebenso ist es im vorliegenden Zusammenhang nicht erforderlich, entsprechend § 4 Abs. 1 Satz 2 der Sachenrechts-Durchführungsverordnung zum Ausdruck zu bringen, dass der Begriff "Fortleitung" die Förderung und Sammlung mit einschließt.

Mit diesem Satz wird lediglich klargestellt, dass sich das Problem der Förderung und Sammlung bei denjenigen Versorgungsleitungen, um die es in § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB geht, gerade nicht ergibt. Das Fehlen dieses Satzes ist auch ein deutlicher Hinweis darauf, dass in § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB ein anderes Regelungsinteresse verfolgt wurde als in § 4 Abs. 1 Satz 2 der Sachenrechts-Durchführungsverordnung.

3. Die Geschäftswertfestsetzung orientiert sich am von den Beteiligten vereinbarten Entgelt für die Bestellung des Nießbrauchs.

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