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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 12.12.2005
Aktenzeichen: 34 Wx 157/05
Rechtsgebiete: GG, FreihEntzG, AufenthG, AsylVfG


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2
GG Art. 104 Abs. 1
GG Art. 104 Abs. 2
FreihEntzG § 2 Abs. 1
AufenthG § 15 Abs. 4
AufenthG § 62
AsylVfG § 18a
1. Der erzwungene Aufenthalt eines nicht einreiseberechtigten Ausländers im Transitbereich eines Flughafens außerhalb des so genannten Flughafenverfahrens stellt eine Freiheitsentziehung dar, wenn die Zurückweisung nicht umgehend durchgeführt wird.

2. Für das Vorliegen einer Freiheitsentziehung kommt es nicht darauf an, ob der Ausländer berechtigt oder unberechtigt auf deutsches Staatsgebiet gelangt ist. Unerheblich ist auch, ob der Ausländer es zu vertreten hat, dass seine Zurückweisung nicht unverzüglich vollzogen werden kann.


Tatbestand:

Die Ausländerbehörde betreibt die Zurückschiebung des Betroffenen, eines Ausländers mutmaßlich irakischer Herkunft, der am 6.4.2005 von Dubai kommend bei dem Versuch, über den Flughafen München ohne Pass nach Deutschland einzureisen, von Beamten des Bundesgrenzschutzamtes im Transitbereich festgenommen wurde.

Mit Beschluss vom 7.4.2005 hat das Amtsgericht mit sofortiger Wirksamkeit Haft zur Sicherung der Zurückweisung längstens für die Dauer von drei Monaten angeordnet. Der Betroffene wurde in die Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim verbracht. Am 7.6.2005 nahm das Bundesgrenzschutzamt (seit 1.7.2005: Bundespolizeiamt) den Haftantrag zurück, nachdem der Betroffene am 6.6.2005 Asylantrag gestellt hatte, und verbrachte ihn zur Durchführung des Asylverfahrens nach § 18a AsylVfG in eine Unterkunft im Transitbereich des Flughafens München. Mit Bescheid vom 7.6.2005 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag des Betroffenen auf Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet ab. Seinen Antrag auf einstweilige Gestattung der Einreise lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15.6.2005 ab. Am 20.6.2005 ordnete das Amtsgericht auf Antrag des Bundesgrenzschutzamtes erneut mit sofortiger Wirksamkeit Zurückweisungshaft für die Dauer von drei Monaten an. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel des Betroffenen hatten keinen Erfolg. Die Zurückweisungshaft wurde ab 24.6.2005 in der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim vollzogen.

Am 18.8.2005 teilte das Bundespolizeiamt nach Vorführung des Betroffenen bei der irakischen Auslandsvertretung am 20.7 2005 mit, dass die für eine Zurückschiebung notwendigen Passersatzpapiere von den irakischen Behörden nicht ausgestellt würden, da der Betroffene keinerlei Papiere vorlege, die seine irakische Staatsangehörigkeit belegen könnten. Am 19.8.2005 nahm das Bundespolizeiamt den Haftantrag zurück und verbrachte den Betroffenen nach der Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt wieder in den Transitbereich des Flughafens München. Dort befand sich der Betroffene bis zum 6.12.2005. Die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland war ihm untersagt, da er die dafür notwendigen Papiere nicht besaß. Ein Pass oder ein Passersatzpapier für den Betroffenen lag nicht vor und konnte von der Behörde zunächst auch nicht beschafft werden. Ob der Betroffene selbst durch weitere Mitwirkung die Voraussetzungen für die kurzfristige Ausstellung von Heimreisepapieren hätte schaffen können, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Am 22.8.2005 hat der Betroffene beim Amtsgericht beantragt, ihn aus dem Transitbereich zu entlassen, da sein Festhalten dort eine Freiheitsentziehung darstelle, die ohne gerichtlichen Beschluss unzulässig sei. Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 23.8.2005 abgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht zugleich mit dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 26.9.2005 zurückgewiesen. Es sah dabei die Unterbringung des Betroffenen gegen seinen Willen auf dem Gelände des Flughafens München nicht als Freiheitsentziehung im Sinne des § 2 FreihEntzG an. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen, mit der er zunächst die Feststellung begehrt hat, dass sein Festhalten im Transitbereich des Flughafens eine rechtswidrige Freiheitsentziehung darstelle und er sofort zu entlassen sei. Zudem hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das gesamte Verfahren beantragt.

In der Folgezeit gelang es der Ausländerbehörde, Heimreisepapiere für den Betroffenen zu beschaffen. Seit 6.12.2005 befindet sich der Betroffen aufgrund der amtsgerichtlichen Anordnung vom gleichen Tag erneut in Zurückweisungshaft, die wiederum in der Justizvollzugsanstalt München vollzogen wird. Der Betroffene hat daraufhin seinen Antrag auf Entlassung aus dem Flughafen-Transitbereich zurückgenommen und die Feststellung der rechtswidrigen Freiheitsentziehung in der Zeit vom 19.8. bis 6.12.2005 beantragt. Dieser Antrag hatte Erfolg.

Gründe:

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 7, 3 Satz 2 FreihEntzG, §§ 27, 29 Abs. 1 und 4 FGG zulässig, insbesondere auch form- und fristgerecht eingelegt worden. Verfahrensgegenstand ist nach dem vom Betroffenen gestellten Antrag eine Maßnahme der Verwaltungsbehörde im Sinne des § 13 Abs. 2 FreihEntzG. Die Entscheidung darüber ist gemäß § 3 Satz 2 FreihEntzG der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit dem dort vorgesehenen Verfahrensweg zugeordnet.

Auch nach Beendigung des Aufenthalts im Transitbereich besteht das Rechtschutzinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit fort. Allein der behauptete schwerwiegende Eingriff in die Freiheit der Person gibt dem Betroffenen ein schützenswertes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit und indiziert gleichermaßen ein Rehabilitationsinteresse (OLG Zweibrücken Beschluss vom 12.1.2005, 3 W 275/04; VerfGH Berlin JR 2005, 233; grds. BVerfGE 104, 220).

2. Zu der zugrunde liegenden Rechtsfrage, ob das Festhalten eines Ausländers im Transitbereich eines Flughafens eine Freiheitsentziehung darstellt, werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten:

a) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seinem Urteil vom 25.6.1996 (Amuur ./. Frankreich, InfAuslR 1997, 49) ausgeführt, dass die Beurteilung, ob eine Freiheitsentziehung vorliege, nach der konkreten Situation des Individuums und einer Vielzahl von Kriterien, wie Art, Dauer, Auswirkungen und Umständen der Durchführung der betreffenden Maßnahme abhänge. Das Festhalten von Ausländern im Transitbereich eines Flughafens bringe eine Freiheitsbeschränkung mit sich, die sich nicht übermäßig verlängern dürfe, weil sie sonst Gefahr laufe, sich in eine Freiheitsentziehung zu verwandeln. Wenn die Entscheidung des Festhaltens auch zwangsläufig den Regierungs- oder Polizeibehörden obliege, so mache die Verlängerung derselben die rechtzeitige Kontrolle durch den Richter erforderlich. Art. 5 Abs. 1 EMRK verlange für jede Freiheitsentziehung eine gesetzliche Grundlage im nationalen Recht, die einen angemessenen Schutz und die erforderliche Rechtssicherheit gewähren müsse, um willkürliche Beschränkungen der durch die Konvention garantierten Rechte durch die öffentliche Gewalt zu verhindern.

b) Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit der Frage der rechtlichen Zulässigkeit eines zeitlich unbegrenzten Aufenthalts eines Ausländers im Transitbereich eines Flughafens noch nicht beschäftigen müssen. Es hat aber in seinem Urteil vom 14.5. 1996 zum so genannten Flughafenverfahren bei Asylbewerbern (BVerfGE 94, 166) festgestellt, dass die Begrenzung des Aufenthalts von Asylsuchenden während des Verfahrens nach § 18a AsylVfG auf die für ihre Unterbringung vorgesehenen Räumlichkeiten im Transitbereich eines Flughafens keine Freiheitsentziehung oder Freiheitsbeschränkung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und Art. 104 Abs. 1 und 2 GG darstellt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Staatsgrenze als Hindernis der freien Bewegung nach der allgemeinen Rechtsordnung vorgegeben sei. Jeder Staat sei berechtigt, den freien Zugang zu seinem Gebiet zu begrenzen und für Ausländer die Kriterien festzulegen, die zum Zutritt auf das Staatsgebiet berechtigen. Rechtliche oder tatsächliche Hindernisse für das freie Überschreiten der Staatsgrenze berührten deshalb nicht den Gewährleistungsinhalt der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG geschützten körperlichen Bewegungsfreiheit. Soweit ein Asylbewerber möglicherweise nicht in seinen Heimatstaat zurückkehren könne, sei die hieraus folgende Einschränkung der Bewegungsfreiheit nicht Folge einer der deutschen Staatsgewalt zurechenbaren Maßnahme (BVerfGE 94, 166/198 f.).

Diese Ansicht wird in der verfassungsrechtlichen Literatur insbesondere von Starck (v. Mangold/Klein/Starck GG 4. Aufl. Art. 2 Abs. 2 Rn. 180) geteilt, der sich aber ebenfalls nur mit der Frage der Freiheitsbeschränkung durch den Aufenthalt im Transitbereich während des laufenden Asylverfahrens beschäftigt.

c) Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. (Beschüsse vom 5.11.1996, InfAuslR 1997, 47 und vom 26.2.1997, InfAuslR 1997, 226) vertritt die Meinung, die Unterbringung eines Asylbewerbers im Transitbereich eines Flughafens sei mit Ablauf des Tages nach Eintritt der Bestandskraft des im Flughafenverfahren ergangenen Ablehnungsbescheides eine Freiheitsentziehung, die rechtswidrig sei, wenn sie nicht auf einer richterlichen Anordnung beruhe. Die für die Unterbringung im Transitbereich benützten Räumlichkeiten seien abgeschlossen und so eng begrenzt, dass sie als Hafträume im Sinne des Freiheitsentziehungsgesetzes anzusehen seien. Die körperlich-räumliche Bewegungsfreiheit sei dem Ausländer durch staatliche Maßnahmen entzogen. Für das Vorliegen einer Freiheitsentziehung komme es nicht darauf an, ob der betroffene Ausländer rechtmäßig oder unrechtmäßig auf deutsches Staatsgebiet gelangt sei oder ob er es selbst zu vertreten habe, dass seine Zurückweisung nicht sofort vollzogen werden könne. Für die Feststellung einer Freiheitsentziehung seien allein die tatsächlichen Umstände ausschlaggebend.

Zu diesem Ergebnis kommt auch Gusy (v.Mangold/Klein/Starck GG 4. Aufl. Art. 104 Rn. 19), der eine Freiheitsentziehung jedenfalls dann annimmt, wenn der Betroffene faktisch oder rechtlich nicht in der Lage ist, den Transitbereich zu verlassen, etwa weil er über keine Identitätspapiere mehr verfügt. Auch Göbel-Zimmermann (Asyl- und Flüchtlingsrecht 1999 Rn. 232 und Göbel-Zimmermann/Masuch InfAuslR 1997, 171) geht davon aus, dass der Aufenthalt von Ausländern und gescheiterten Asylbewerbern (§18a AsylVfG) im Transitbereich eines Flughafens eine Freiheitsentziehung darstelle, für die gemäß Art. 104 Abs. 2 GG eine richterliche Anordnung erforderlich sei. Ob der Ausländer die Gründe für seinen erzwungenen Aufenthalt zu vertreten habe, könne allenfalls für die Entscheidung über die Zulässigkeit und Dauer der Freiheitsentziehung herangezogen werden.

d) Nach einer vorwiegend in der verwaltungsrechtlichen Literatur vertretenen Meinung (Lehnguth/Maaßen DÖV 1997, 316/321; de Wyl ZAR 1997, 82/83; Hailbronner Ausländerrecht § 18a AsylVfG Rn. 54) liegt in der Unterbringung von nicht einreiseberechtigten Ausländern im Transitbereich von Flughäfen keine Freiheitsentziehung. Die Vertreter dieser Ansicht stützen sich dabei zur Begründung auf die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtmäßigkeit des Flughafenverfahrens (s.o. unter b), die auch für Ausländer im Transitbereich (ggf. nach Abschluss des Asylverfahrens) übertragbar sei. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewähre kein Recht auf Einreise. Das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sei Ausländern vor der Einreiseentscheidung nicht zugänglich, so dass durch die Nichtgewährung der Einreise die Bewegungsfreiheit dieser Personen nicht eingeschränkt werde. Zudem habe ein Ausländer jederzeit die Möglichkeit, in ein anderes Land auszureisen. Soweit der Ausländer daran faktisch kurzfristig gehindert sei, weil er keine Reisedokumente besitze oder an der Ausstellung von Ersatzdokumenten nicht mitwirke, sei dies nicht die Folge einer der deutschen Hoheitsgewalt zurechenbaren Maßnahme. Vielmehr habe der Ausländer dies selbst zu vertreten.

Auch Renner schließt sich dieser Auffassung jedenfalls für den Fall an, dass sich die Abschiebung des Asylbewerbers nach Ablehnung seines Asylantrags verzögert (Renner Ausländerrecht 8. Aufl. § 18a AsylVfG Rn.5).

3. Der Senat ist der Auffassung, dass das zeitlich nicht begrenzte Festhalten eines Ausländers gegen seinen Willen im Transitbereich des Flughafens eine Freiheitsentziehung darstellt.

a) Gemäß § 2 Abs.1 FreihEntzG ist eine Freiheitsentziehung die Unterbringung einer Person gegen ihren Willen oder im Zustand der Willenlosigkeit in einer Justizvollzugsanstalt, einem Haftraum, einer abgeschlossenen Verwahranstalt, einer abgeschlossenen Anstalt der Fürsorge, einer abgeschlossenen Krankenanstalt oder einem abgeschlossenen Teil einer Krankenanstalt. Das Vorliegen einer Freiheitsentziehung setzt dabei voraus, dass der Betroffene an einem eng umgrenzten Ort festgehalten wird, an dem ihm die körperlich-räumliche Bewegungsfreiheit durch einen Akt der öffentlichen Gewalt entzogen ist (vgl. Dürig in Maunz/Dürig GG Art. 104 Rn. 7).

Das Landgericht hat festgestellt, dass die für die Unterbringung im Transitbereich benutzten Räumlichkeiten abgeschlossen und eng begrenzt sind. Genauere Feststellungen zur Größe des Raums, der dem Betroffenen zur Verfügung stand, fehlen, sind aber auch entbehrlich, da davon ausgegangen werden kann, dass nur der für eine Unterbringung notwendige Raum vorhanden war. Der Transitbereich ist daher als Haftraum im Sinne des § 2 Abs. 1 FreihEntzG anzusehen.

Dem Betroffenen war dort seine körperlich-räumliche Bewegungsfreiheit entzogen. Er war durch die tatsächlichen Umstände gehindert, sich aus der Unterkunft fortzubewegen. Das Verlassen der Unterkunft in die Umgebung war nicht gestattet, da er dadurch in die Bundesrepublik Deutschland eingereist wäre. Eine solche Einreise wurde durch Absperrungen und polizeiliche Schutzmaßnahmen verhindert. Ausreisen konnte der Betroffene nicht, da er nicht über die dafür notwendigen Papiere verfügte.

Es kann dahinstehen, ob sich der Betroffene durch die Angabe von weiteren Einzelheiten zu seiner Person oder durch das eigenständige Beschaffen von Personenstandsurkunden aus seinem Heimatland in absehbarer Zeit selbst aus seiner Lage hätte befreien können. Auch wenn dies, wie die Ausländerbehörde vorträgt, möglich gewesen wäre, hätte der Betroffene nicht sofort, sondern erst nach Ablauf eines nicht unerheblichen Zeitraums Papiere zur Rückreise erhalten. Auch für diesen Zeitraum bedarf der Entzug seiner Bewegungsfreiheit einer rechtlichen Grundlage.

Als weiteres Merkmal der Freiheitsentziehung muss hinzukommen, dass es sich um einen Akt der öffentlichen Gewalt handelt (vgl. Dürig in Maunz/Dürig Art. 104 Rn. 2, 6). Tatsächlich wurde dem Betroffenen durch die Bundespolizei das Verlassen der Unterkunft verweigert, da er nicht zur Einreise berechtigt war und ist. Zwar ist jeder Staat berechtigt, die Voraussetzungen der Einreise in sein Staatsgebiet selbständig zu regeln und die Kriterien festzulegen, die den Zutritt auf sein Staatsgebiet erlauben. Rechtliche und tatsächliche Hindernisse für das freie Überschreiten der Staatsgrenzen berühren deshalb nicht den Gewährleistungsinhalt der durch Art. 2 Abs. 2 GG geschützten körperlichen Bewegungsfreiheit (BVerfGE 94, 166) Die Verweigerung der Einreise stellt deshalb grundsätzlich keine Freiheitsentziehung dar. Dabei ist jedoch zwischen einem Ausländer, der sich noch nicht auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland befindet, und einem Ausländer, der sich bereits auf deutschem Staatsgebiet aufhält und nur die Einreisekontrolle noch nicht überwunden hat, zu unterscheiden. Während der im Ausland Befindliche überall hingehen und nur ein bestimmtes Gebiet nicht betreten darf, hält sich der im Transitbereich Befindliche bereits im Inland auf und wird durch die Einreisekontrolle auf einen räumlich allseits eng umgrenzten Bereich festgelegt. Beide Fälle sind im Hinblick auf eine mögliche Freiheitsentziehung unterschiedlich zu beurteilen (so auch OLG Frankfurt a.M. InfAuslR 1997, 226).

b) Die Freiheitsentziehung entfällt nicht deswegen, weil der Betroffene seine Lage durch sein Handeln selbst herbeigeführt und somit zu vertreten hatte (so aber Lehnguth/Maaßen DÖV 1997, 316/321; de Wyl ZAR 1997, 82/83). Dies kann nur für die Frage, ob eine Haftanordnung überhaupt und gegebenenfalls für welchen Zeitraum zulässig ist, von Bedeutung sein. Auch bei Abschiebungshaftanordnungen gemäß § 62 Abs. 2 AufenthG hat der Ausländer die gegen ihn ergehenden Beschlüsse durch sein Verhalten herbeigeführt. Art. 104 GG differenziert nicht danach, ob und inwieweit ein Betroffener durch sein Verhalten selbst zu seiner Situation beigetragen oder sie sogar herbeigeführt hat.

c) Das Asylverfahrensgesetz kommt als Rechtsgrundlage für die zwangsweise Unterbringung im Transitbereich nicht in Betracht. Das Flughafenverfahren gemäß § 18a AsylVfG, das nach der erwähnten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine Freiheitsentziehung oder Freiheitsbeschränkung darstellt (BVerfGE 94, 166, a.A. Rittstieg Anm. zum Urteil des EGMR vom 25.6.1996 InfAuslR 1997, 53), ist für den Betroffenen abgeschlossen. Das Asylverfahrensgesetz enthält keine Regelung zur Unterbringung eines Ausländers im Transitbereich eines Flughafens nach Abschluss des dort vorgesehenen Verfahrens. Für den Fall, dass der Ausländer, aus welchen Gründen auch immer, nicht unverzüglich zurückgeschoben werden kann, hat der Gesetzgeber die Zurückweisungshaft gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1, § 62 AufenthG vorgesehen. Eine Unterscheidung danach, ob der Betroffene illegal, aber erfolgreich nach Deutschland eingereist ist oder sich noch im Transitbereich eines Flughafens aufhält, ist dort nicht vorgesehen.

d) Die Bejahung einer Freiheitsentziehung im Falle einer zwangsweisen Unterbringung im Transitbereich steht nicht im Gegensatz zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum so genannten Flughafenverfahren (BVerfGE 94, 166). Das Bundesverfassungsgericht hat dort nur entschieden, dass die Unterbringung von Asylsuchenden für maximal 19 Tage auf dem Flughafen während des laufenden Asylverfahrens keine Freiheitsentziehung oder -beschränkung darstellt. Im vorliegenden Fall war das Asylverfahren des Betroffenen jedoch schon lange abgeschlossen.

4. Die Freiheitsentziehung ohne richterliche Entscheidung ist, soweit sie nicht durch die hier nicht einschlägigen Art. 104 Abs. 2 Satz 2 und 3 GG gedeckt ist, rechts- und verfassungswidrig (vgl. Dürig in Maunz/Dürig Art. 104 Rn. 26).

Die nachträgliche richterliche Genehmigung der Freiheitsentziehung ist nicht möglich, da eine rechtswidrige Freiheitsentziehung rückwirkend nicht geheilt werden kann (Dürig, a.a.O.). Ob die Maßnahme der Behörde, den Betroffenen wieder auf nicht absehbare Zeit in den Transitbereich zu verbringen, nachdem die Voraussetzungen der Zurückweisungshaft entfallen waren, eine Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen der Zurückweisungshaft darstellt, braucht nicht entschieden zu werden.

Offen bleiben kann auch die Frage, wo gegebenenfalls eine angeordnete Zurückweisungshaft zu vollziehen wäre. Eine gesetzliche Bestimmung, dass diese nur in einer Justizvollzugsanstalt oder in besonderen Haftzellen vollzogen werden darf, ist jedenfalls nicht erkennbar (vgl. OLG Frankfurt a.M. InfAuslR 1997, 226/228).

III.

Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach §§ 14 bis 16 FreihEntzG. Daraus folgt, dass unabhängig vom Verfahrensausgang die Behörde zur Zahlung von Gerichtsgebühren und zur Erstattung von Auslagen des gerichtlichen Verfahrens nicht verpflichtet ist (§ 15 Abs. 2 FreihEntzG). Eine Verpflichtung des Betroffenen, die Gerichtskosten zu zahlen, besteht ebenfalls nicht, weil die Gebührentatbestände der § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 15 Abs. 1 FreihEntzG nicht erfüllt sind.

Für die notwendigen Auslagen des Betroffenen wendet der Senat § 16 Satz 1 FreihEntzG entsprechend an. Es hätte kein begründeter Anlass für einen Antrag bestanden, den Betroffenen im Transitbereich unterzubringen. Im Ergebnis kann die Sache nicht anders beurteilt werden, als wenn die Behörde im Fall einer Antragstellung unterlegen wäre.

IV.

Prozesskostenhilfe sowie die Anwaltsbeiordnung sind für das Rechtsbeschwerdeverfahren wie beantragt zu bewilligen, § 3 Satz 2 FreihEntzG, § 14 FGG, §§ 114, 117 Abs. 2, § 119 Abs. 1, § 121 Abs. 2 ZPO.

Der Antrag des Betroffenen, ihm Prozesskostenhilfe für das gesamte Verfahren zu gewähren, ist auch als Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts, mit der ihm Prozesskostenhilfe für diese Instanz versagt wurde, auszulegen. Das Rechtsmittel ist zwar an sich statthaft (§ 14 FGG, § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO; Bassenge/Herbst/Roth FGG 10. Aufl. § 14 Rn. 8), hier jedoch unzulässig, weil sie das Landgericht nicht zugelassen hat (OLG München Beschluss vom 1.6.2005 - 34 Wx 57/05; BayObLG FGPrax 2002, 182; OLG Frankfurt a.M. FGPrax 2003, 175; OLG Schleswig NVwZ-RR 2005, 858). Die Beschwerde ist daher insoweit zu verwerfen.

Ende der Entscheidung

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