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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 05.03.2007
Aktenzeichen: 6 W 1106/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 109 Abs. 3
Jedenfalls im Patentrechtsstreit sind die Reisekosten eines nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts erstattungsfähig und zwar selbst dann, wenn er einer Sozietät angehört, die auch am Gerichtsort vertreten ist.
Aktenzeichen: 6 W 1106/07

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung

erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündliche Verhandlung am 05. März 2007 folgenden

Beschluss:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts München I vom 22.01.2007 (AZ.: 21 O 1346/06) dahin abgeändert, dass von der Klägerin an die Beklagte weiter zu erstattende Reisekosten in Höhe von insgesamt 416,07 Euro mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verzinslich seit 04.01.2007 festgesetzt werden.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist statthaft, § 109 III ZPO, und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

Sie erweist sich auch in der Sache als begründet.

1. Das Landgericht hat die Festsetzung der geltend gemachten Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zum Termin vom 30.08,2006 deshalb abgelehnt, weil der Prozessbevollmächtigte einer überörtlichen Sozietät angehört, die auch am Gerichtsort eine Niederlassung hat.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des OLG München seien daher die Reisekosten nicht zu erstatten (vgl. z. B. OLG München, Beschluss vom 18.05.2005 - AZ.: 11 W 2257/05 -).

3. Der Senat teilt diese Auffassung - jedenfalls für den vorliegenden Fall - nicht.

Der Senat folgt dabei der Auffassung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 13.09.2005 - AZ.: X ZB 30/04) wonach Reisekosten erstattungsfähig sind, wenn eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte.

4. Diese Voraussetzungen sieht der Senat hier als gegeben an.

Es handelt sich um einen Patentverletzungsrechtsstreit, der besondere Vertrautheit mit dem Patentgesetz und insbesondere der einschlägigen Rechtsprechung zum Verletzungsverfahren und ggf. auch zum Nichtigkeitsverfahren verlangt (letzteres im vorliegendem Verfahren z. B. deshalb, um den Antrag auf Aussetzung bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage begründen zu können).

Vor allem aber muss der Prozessbevollmächtigte im Patentverletzungsstreit auch die technische Seite durchdringen und in der Lage sein, z. B. den Gegenstand der Erfindung schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung dem erkennenden Gericht vorzutragen. Der Prozessbevollmächtigte ist dazu regelmäßig nach intensiver Konsultation mit der sachkundigen Mandantschaft und deren Patentanwalt in der Lage.

Es ist daher geboten, dass die Partei von dem so vorbereiteten Prozessbevollmächtigten auch in der mündlichen Verhandlung vertreten wird.

Es ist der Partei - und auch dem erkennenden Gericht - nicht gedient, wenn in der mündlichen Verhandlung bei Erörterung der Sach- und Rechtslage ein zwar ortsansässiger Sozietätskollege des Prozessbevollmächtigten auftritt, der aber naturgemäß nicht über das Maß an Informationen verfügt, wie der andernorts ansässige Prozessbevollmächtigte.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 I ZPO.

Die Festsetzung eines Beschwerdewertes bedarf es nicht, da er sich aus den geltend gemachten Reisekosten errechnet.

6. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof war zuzulassen, § 574 III II Nr. 1 ZPO.

Die oben zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zur Frage ergangen, ob sich erstattungsfähige Reisekosten des nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts auf die Kosten beschränken, die durch Beauftragung eines Terminsvertreters entstanden wären. Die Problematik der Vertretung durch einen am Gerichtsort ansässigen Sozietätskollegen ist damit nicht entschieden. Sie tritt aber nach den Erfahrungen des Senats - nicht nur in Patentstreitigkeiten - immer häufiger auf und bedarf daher einer obergerichtlichen Entscheidung.

Ende der Entscheidung

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