Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 25.01.2001
Aktenzeichen: 1 U 4362/00
Rechtsgebiete: BNotO, BeurkG
Vorschriften:
BNotO § 24 Abs. 1 | |
BeurkG § 17 Abs. 1 |
Hierzu gehört jedoch grundsätzlich nicht das Risiko einer Vertragspartei, Schäden aufgrund einer später möglichen Rückgängigmachung des beurkundeten Kaufvertrags zu erleiden.
Über die sich bei mangelnder Vertragstreue oder fehlender Solvenz der Vertragspartner ergebenden Folgen ist vom Notar in der Regel nicht aufzuklären.
Die Zuverlässigkeit und Zahlungswilligkeit einer Partei braucht der Notar nicht von sich aus in Zweifel zu ziehen.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN URTEIL
Aktenzeichen 1 U 4362/00
Verkündet am 25.01.2001
In dem Rechtsstreit
wegen Schadensersatzes
erlässt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. Dezember 2000 folgendes
Endurteil:
Tenor:
I. Die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 4. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Wert der Beschwer der Kläger übersteigt 60.000,-- DM.
Tatbestand:
1. Die Kläger verlangen Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung des Beklagten im Zusammenhang mit einem von diesem beurkundeten und später aufgehobenen Grundstückskaufvertrag.
Der Beklagte ist Notar in. Am 13.1.1999 beurkundete er einen Kaufvertrag zwischen den Klägern und als "President and General Manager" für die V. Inc. in USA, mit welchem der Kläger zu 1) ein Grundstück in P zu einem Kaufpreis von 1,8 Mio. DM an die genannte Firma verkaufte und die Klägerin zu 2) als Ehefrau des Klägers zu 1) diesem Vertrag zustimmte (vgl. Anl. 1).
In Ziffer V des Vertrags wurde im Rahmen der Fälligkeitsbestimmung für den Kaufpreis unter anderem geregelt, daß bei Zahlungsverzug des Käufers ein rückständiger Kaufpreisteil für die Dauer des Verzugs mit 10 % jährlich zu verzinsen sei.
In Ziffer IX des genannten Vertrags wurde dem Verkäufer ein Rücktrittsrecht für den Fall eingeräumt, dass der Käufer den Kaufpreis ganz oder teilweise nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit bezahlen würde.
In Ziffer XX des Vertrags verpflichteten sich Verkäufer und Käufer, je eine Maklerprovision in Höhe von 62.640,-- DM brutto zugunsten der durch ihre Maklertätigkeit den Abschluß des Vertrags herbeiführenden Firma B zu bezahlen. Verkäufer und Käufer unterwarfen sich jeweils wegen des Betrags von 62.640,-- DM der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Vertragsurkunde vom 13.1.1999.
Nachdem seitens der amerikanischen Firma der Kaufpreis nicht bezahlt worden war, übte der Kläger zu 1) das vorgenannte Rücktrittsrecht aus. Sämtliche Beteiligte waren übereinstimmend der Meinung, dass die Voraussetzungen des Rücktritts vorlagen, das Rücktrittsrecht entsprechend den vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen ausgeübt wurde und der Kaufvertrag daher unwirksam geworden war.
Entsprechende Erklärungen der am Kaufvertrag Beteiligten beurkundete der Beklagte in einer als "Vertragsbeendigung" bezeichneten Urkunde vom 30.7.1999 (vgl. Anl. 2).
In Ziffer IV dieser Urkunde verpflichtete sich der Käufer gegenüber dem Verkäufer, alle Kosten des aufgehobenen Kaufvertrags, der Grundbucheintragungen, der Vertragsaufhebung selbst und der Löschung der Auflassungsvormerkung oder sonstige damit zusammenhängende Kosten zu zahlen.
In Ziffer V unterwarf sich der Käufer "gegenüber den Ehegatten C und S Sch als Gesamtberechtigten wegen ihrer Forderung auf Erstattung der im folgenden genannten Notar- und Grundbuchkosten" der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde.
2. Die Kläger sind bereits in erster Instanz der Auffassung gewesen, der Beklagte als beurkundender Notar hafte ihnen für den ihnen unnötigerweise entstandenen Schaden in Form der Notarkosten, Grundbuchkosten und Maklerprovision sowie von 10 % Zinsen, wie sie in der Urkunde vereinbart worden seien.
a) Im Vertrag sei vom Beklagten pflichtwidrig die Aufnahme eines Passus dahingehend unterlassen worden, dass das Maklerhonorar entfiele, wenn der Vertrag letztlich nicht zum Zug komme.
Schließlich hätte eine Regelung aufgenommen werden müssen, wonach bei Vertragsbeendigung sich die amerikanische Firma gegenüber den Klägern nicht nur hinsichtlich deren Erstattungsanspruch betreffend die Notarkosten und Grundbuchkosten der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfe, sondern auch wegen der angefallenen Notarkosten.
b) Weiter verstoße es gegen die notariellen Amtspflichten, die amerikanische Firma im notariellen Kaufvertrag weder zur Leistung einer "Ausländersicherheit" noch zur Erbringung einer Erfüllungsbürgschaft zu verpflichten.
Der Vertrag hätte bis zur Leistung einer entsprechenden Sicherheit schwebend unwirksam gehalten werden müssen. Dem liege der Rechtsgedanke des § 110 ZPO zugrunde, der vernünftiger Ausdruck allgemeiner Sorgfaltsüberlegungen bzw. der Besicherung von Verträgen sei.
Der Schaden der Kläger beziffere sich wie folgt: Zinsen wegen des nicht bezahlten; Kaufpreises seien in Höhe von 10 % aus einem Betrag von 600.000,-- DM seitdem 13.4.1999 bis zum Rücktritt am 30.7.1999 in Höhe von 17.833,33 DM angefallen. Die Maklerprovision berechne sich zu 62.640,-- DM, die Grundbuchkosten zu 2.107,50 DM. Gegen die Eintragung einer Zwangshypothek wegen der vom Beklagten geltend gemachten Notargebühren in Höhe von 10.038,18 DM hätten die Kläger Widerspruch eingelegt und Vollstreckungsgegenklage erhoben. Gegen die Notariatsgebühren werde die Aufrechnung und hier somit nur der überschießende Betrag von 82.580,83 DM geltend gemacht.
Wegen ihrer Ansprüche gegen die Käuferfirma einen Prozess nach Amerika zu führen sei wegen völlig Ungewisser Bonität des Käufers für die Kläger mehr als unzumutbar.
Die Kläger haben in erster Instanz daher beantragt zu erkennen:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger DM 82.580,83 als Gesamtgläubiger nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 20.9.1999 zu bezahlen.
3. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Er ist der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig, weil sich die Kläger unter der angegebenen Anschrift nicht tatsächlich aufhalten würden. Im übrigen sei die Klage unbegründet.
Eine Amtspflichtverletzung liege nicht vor. Aus dem Maklervertrag hätten die Vertragsparteien von Anfang an Kenntnis über dessen Forderung gehabt. Insoweit hätten sich die Vertragsparteien gegebenenfalls eine andere Lösung überlegen können, was sie angesichts der Urkunde vom 30.7.1999 gerade nicht gewollt hätten.
Es sei nicht Aufgabe des zur Neutralität verpflichteten Notars, sich Kenntnis über die Bonität von Käufern oder Verkäufern zu verschaffen. Es gebe keinen Grundsatz, wonach bei Beteiligung von Ausländern regelmäßig eine besondere Sicherheit zu verlangen oder vom Notar vorzuschlagen sei. Wenn die Kläger schon meinten, eine entsprechende Sicherheit habe sich aufgedrängt, müssen sie sich die Frage gefallen lassen, warum sie das dann nicht mit ihrem Vertragspartner vereinbart haben. Die Belehrungspflicht des Notars beziehe sich nur auf die rechtliche, nicht auf die wirtschaftliche oder steuerliche Tragweite des Geschäfts.
Außerdem werde jegliche Kausalität zwischen den gegenständlichen Verträgen und dem behaupteten Schaden bestritten.
4. Das Landgericht hat unter keinem Gesichtspunkt eine Amtspflichtverletzung des Beklagten erkannt und die Klage ohne Beweisaufnahme als unbegründet abgewiesen.
Der Beklagte habe seiner Verpflichtung, über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren, genügt. Eine Belehrung über die wirtschaftliche Tragweite, deren Fehlen die Kläger im Ergebnis dem Beklagten vorwerfen würden, werde durch das Beurkundungsgesetz nicht verlangt. Der Beklagte habe auch nicht gegen die Pflicht zur allgemeinen Betreuung der Beteiligten nach § 14 Abs. 1 BNotO verstoßen, da den Klägern die immanenten Risiken bekannt gewesen seien. Auf allgemeine Geschäftsrisiken hinzuweisen sei der Notar nicht verpflichtet. Die Einschätzung des wirtschaftlichen Risikos eines Grundstückskaufvertrags und die Absicherung eventueller Risiken sei ohne das Vorliegen besonderer Umstände, von dem hier nicht ausgegangen werden könne, Sache der Kaufvertragsparteien.
5. Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger den Klageantrag in vollem Umfang weiter und vertiefen hierzu ihren bisherigen Vortrag.
Hierzu führen sie aus, es treffe in der vom Landgericht angenommenen Allgemeinheit keineswegs zu, dass der Notar grundsätzlich nur über die rechtliche und nicht über die wirtschaftliche Tragweite des zu beurkundenden Geschäfts belehren müsse. Als unabhängiger und unparteiischer Betreuer hätte der Beklagte die Kläger darauf hinweisen müssen, dass im Falle der notwendig werdenden Rückabwicklung des Vertrags ganz erhebliche Kosten auf sie zukommen, deren Beitreibung im Ausland äußerst ungewiß sei. Wenn bei einem großen Grundstücksgeschäft, welches das gesamte Vermögen der Kläger betreffe, eine ausländische unbekannte Partei mitwirke, liege gerade ein Fall erhöhter Beratungspflichten des Notars vor, Im Bereich des gesamten internationalen Handelsgeschäftes würden Zahlungssicherungen durch Bankbürgschaften oder Bankakkreditive für den Fall vorgenommen werden, dass eine Partei vertragsbrüchig wird und sich daraus Schäden ergäben. Dies sei bei der hier vorliegenden Rücktrittsregelung versäumt worden. Bei einer professionellen Kaufvertragsgestaltung wäre der notarielle Kaufvertrag überhaupt nur wirksam geworden, wenn die Zahlungssicherung auch schon hinsichtlich des Rücktrittsschadens zur Bedingung des Kaufpreisabschlusses gemacht worden wäre. Was im internationalen Handelsgeschäft absoluter Mindeststandard der untersten Ebene sei, hätte auch für einen bayerischen Notar Standard sein müssen.
6. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und schließt sich im wesentlichen den Gründen des landgerichtlichen Urteils an.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Abgesehen von der fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin zu 2) und der fehlenden Schlüssigkeit der Klage stehen den Klägern in keinem Fall Ersatzansprüche gegen den Beklagten zu, da dieser seine notariellen Amtspflichten nicht verletzt hat.
I.
Der Klägerin zu 2) fehlt die Aktivlegitimation für die geltend gemachte Forderung.
Alleineigentümer des zu verkaufenden Grundstücks war der Kläger zu 1). Er allein fungiert in den Verträgen auch als Verkäufer. Der Kläger zu 1), nicht jedoch die Klägerin zu 2) ist zur Begleichung von Notar- und Grundbuchkosten verpflichtet. In den Verträgen ist dementsprechend auch nur von der gesetzlichen Kostentragungspflicht beider Vertragsteile gegenüber Grundbuchamt und Notar die Rede. Die Klägerin zu 2) mag Beteiligte bei der Beurkundung gewesen sein; Vertragsteil war sie jedoch nicht. Allein der Kläger zu 1) als Verkäufer hat sich - zusammen mit dem Käufer - in der Urkunde vom 13.1.1999 auch zur Tragung der Maklerkosten verpflichtet. Hinsichtlich der mit der Klage geltend gemachten Zinsen ist auch nur der Kläger zu 1) als Vertragspartner der amerikanischen Firma berechtigt.
Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch, soweit er bestünde, steht danach jedenfalls nicht der Klägerin zu 2) zu.
Sie wird auch nicht dadurch aktivlegitimiert, dass sie gemäß Ziffer XXI des Vertrags vom 13.1.1999 diesem Vertrag ohne Einschränkung zustimmte und den Vertrag dementsprechend auch unterzeichnete. Ebensowenig folgt ihre Aktivlegitimation daraus, dass in der Urkunde zur Vertragsbeendigung vom 30.7.1999 - insoweit im Widerspruch zur Urkunde vom 13.1.1999 - an einer Stelle von "Verkäufern" die Rede ist (vgl. Ziffer I, Seite 2 unten). Dies wird im übrigen in der letztgenannten Vertragsurkunde an anderen Stellen wieder richtig gestellt, indem dort im übrigen stets vom Verkäufer (= Kläger zu 1) gesprochen wird.
Eine Aktivlegitimation der Klägerin zu 2) hinsichtlich der geltend gemachten Grundbuchkosten und angesprochenen Notarkosten folgt auch nicht aus Ziffer V der Vertragsbeendigungsurkunde, in der sich der Käufer gegenüber den Eheleuten Sch "als Gesamtberechtigten" der sofortigen Zwangsvollstreckung wegen Notar- und Grundbuchkosten unterwirft. Eine Forderung der Klägerin zu 2) auf Erstattung der Notarkosten wie auch der Grundbuchkosten wird hierdurch ebensowenig begründet wie die Klägerin zu 2) Schuldnerin der genannten Kosten ist.
II.
Im Falle einer - hier allein denkbaren - fahrlässigen Amtspflichtverletzung des Notars kann der Notar, von hier nicht gegebenen Ausnahmefällen abgesehen, gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO grundsätzlich nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
Dass eine solche andere Ersatzmöglichkeit nicht besteht, gehört zur schlüssigen Klagebegründung und ist eine vom Kläger darzulegende und zu beweisende negative Anspruchsvoraussetzung (BGH VersR 84, 784 m.w.N.). Hierzu fehlt ausreichender Vortrag der Klageseite.
Ein anderweitiger Ersatzanspruch besteht vorliegend durchaus gegen die Käuferfirma. Diese hat sich gemäß Ziffer IV der Urkunde vom 30.7.1999 gegenüber dem Verkäufer verpflichtet, alle Kosten des aufgehobenen Kaufvertrages, der Grundbucheintragungen, der Vertragsaufhebung selbst und der Löschung der Auflassungsvormerkung oder sonstige damit zusammenhängende Kosten zu zahlen. Dass die Kläger von der Käuferfirma keinen Ersatz zu erlangen vermögen, haben sie nicht ausreichend dargetan. Aus dem Vortrag der Kläger ist zu entnehmen, dass sie nicht einmal den Versuch unternommen haben, von dem Vertragspartner Ersatz zu erlangen, da sie ein Vorgehen gegen die in den USA ansässige Firma als unzumutbar empfinden.
Ein solcher Vortrag genügt indessen nicht. Er lässt in keiner Weise erkennen, dass und gegebenenfalls aus welchen Gründen die Ausnutzung der anderweitigen Ersatzmöglichkeit keine begründete Aussicht auf baldige Verwirklichung habe und den Klägern deshalb nicht zuzumuten sei. Allein die Führung eines Prozesses im Ausland reicht hierfür nicht aus. Zur Vermögenssituation des Vertragspartners haben die Kläger sich eines näheren Vortrags enthalten und lediglich geäußert, es sei nicht bekannt, ob der Vertragspartner zahlungsfähig sei.
Einen aussichtsreichen Prozess gegen einen Dritten, der in erster Linie für den Schaden einzutreten hat, hat der Geschädigte aber grundsätzlich durchzuführen. Dies gilt selbst dann, wenn sich der Prozess in die Länge zieht (BGH VersR 95, 1247).
Trotz des vom Senat im Termin vom 7. Dezember 2000 gegebenen Hinweises auf die fehlende Schlüssigkeit des Klage- und Berufungsvortrages hat die Klageseite hierzu weder Schriftsatzfrist erbeten noch unabhängig davon weiteren Sachvortrag nachgereicht.
III.
Würde, solange eine anderweitige Ersatzmöglichkeit in Betracht kommt, die Klage gegen den Beklagten nur als zur Zeit unbegründet abzuweisen sein (vgl. BGH, VersR 94, 435), ergibt sich die einschränkungslose Unbegründetheit der Klage daraus, dass der Beklagte nicht gegen die Amtspflichten eines Notars verstoßen hat.
Dies hat das Landgericht bereits im wesentlichen zutreffend dargestellt, indem es mit Recht hervorhob, dass der Notar die Beteiligten über die rechtliche und nicht über die wirtschaftliche Tragweite des Geschäfts zu belehren hat.
1. Zu den Amtspflichten des Notars gehört zunächst die Herstellung rechtswirksamer Urkunden. In diesem Zusammenhang trifft den Notar nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG die Pflicht, über die rechtliche Tragweite eines Geschäfts zu belehren. Wirtschaftliche Folgen oder Risiken, steuerliche oder kostenmäßige Folgen oder Störungen, die nicht auf einer Rechtsunwirksamkeit des beurkundeten Geschäfts beruhen, gehören nicht zur rechtlichen Tragweite, über die zu belehren der Notar gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG verpflichtet ist. Da es sich vorliegend allenfalls um solche Folgen, Risiken oder Störungen handelt, lässt sich eine Pflichtverletzung des Beklagten jedenfalls nicht aus dem Beurkundungsgesetz herleiten.
Darüber hinaus gehört zu den Amtspflichten des Notars aber auch allgemein jede sonstige Betreuung der Beteiligten auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege (Haug, die Amtshaftung des Notars, 2. Aufl. 1997, RdNr. 402 m.w.N.). Der Umfang der Belehrungspflicht des Notars richtet sich hierbei nach den Gegebenheiten des Einzelfalls.
Auch insoweit ist dem Beklagten jedoch kein Pflichtverstoß vorzuwerfen. Eine über die regelmäßige Belehrungspflicht aus Urkundstätigkeit gemäß § 17 BeurkG hinausgehende Betreuungspflicht besteht nur unter besonderen Voraussetzungen und hat ihre Grundlage in der Vertrauensstellung des Notars als unparteiischer Amtsperson auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege (§§ 1, 14 BNotO). Diese erweiterte Belehrungspflicht aus Betreuungsverpflichtung tritt ein, wenn nach den besonderen Umständen des Einzelfalls für den Notar die Vermutung naheliegt, dass ein Beteiligter mangels Kenntnis der Rechtslage einen nicht bedachten Schaden erleiden werde (Haug, a.a.O. RdNr. 412). Es muß sich also um für Laien nicht ohne weiteres erkennbare Rechtsfolgen handeln, deren Nachteile bei Kenntnis nicht hingenommen worden wären. Die Pflicht erstreckt sich unter diesen Voraussetzungen auch auf naheliegende wirtschaftliche Gefahren, die sich aus der rechtlichen Anlage des Geschäfts ergeben (Haug, a.a.O.).
Der Bundesgerichtshof hat die betreuende Belehrungspflicht wie folgt definiert: "Der Notar hat aufgrund der allgemeinen Betreuungspflicht, die ihn als Amtsträger der vorsorgenden Rechtspflege trifft, dem Beteiligten, der ihn im Vertrauen darauf angegangen hat, vor nicht bedachten Folgen seiner Erklärungen bewahrt zu bleiben, die nötige Aufklärung zu geben. Er darf es nicht geschehen lassen, dass Beteiligte, die über die rechtlichen Folgen ihrer Erklärung falsche Vorstellungen haben, durch die Abgabe ihrer Erklärung ihre Vermögensinteressen vermeidbar gefährden. Die betreuende Belehrungspflicht besteht, wenn der Notar aufgrund besonderer Umstände des Falles Anlaß zu der Vermutung haben muß, einen Beteiligten drohe ein Schaden vor allem deshalb, weil er sich wegen mangelnder Kenntnis der Rechtslage der Gefahr nicht bewusst ist." (BGH, VersR 88, 748, VersR 91, 1295, je m.w.N.).
Um eine solche Fallgestaltung handelt es sich vorliegend jedoch nicht.
Schäden, die die Kläger (bzw. der Kläger zu 1) aufgrund der Rückgängigmachung des Kaufvertrages möglicherweise erleiden, stellen sich nicht als Realisierung einer naheliegenden wirtschaftlichen Gefahr dar, die sich für die Kläger unerwartet gerade aus der rechtlichen Anlage des Geschäfts ergeben würde. Es sind vielmehr Kosten bzw. Schäden, wie sie bei der Rückgängigmachung eins Kaufvertrages, unabhängig davon, ob dieser mit einer deutschen oder ausländischen und im Ausland residierenden Firma abgeschlossen wurde, entstehen können, wobei das Risiko, dass in diesem Fall der Kläger zu 1) als Verkäufer mit Gebühren oder Kosten belastet wird und statt des Anspruchs auf den Verkaufserlös ggfalls nur u.U. nicht realisierbare Ansprüche auf Verzugszinsen haben würde, sich ohne weiteres und auch für die Kläger einsehbar aus dem Vertragswerk ergibt. Ob und inwieweit der Kläger wegen möglicherweise fehlender Vertragstreue oder Solvenz seines Vertragspartners auf entstandenen Gebühren/Kosten sitzen bleiben würde und sich sein Zinszahlungsanspruch gegenüber dem Vertragspartner nicht würde realisieren lassen, betrifft den Beklagten nicht. Über diese Risiken und über Möglichkeiten, den Verkäufer des Grundstücks davor zu bewahren, brauchte sich der Beklagte keine Gedanken zu machen und auch nicht darüber zu belehren. Insbesondere hat der Notar nicht die Amtspflicht, die Zuverlässigkeit und Zahlungswilligkeit einer Partei zur Debatte zu stellen und etwa von sich aus in Zweifel zu ziehen (BGH VersR 59, 743).
2. Zu den einzelnen Ansinnen der Klageseite hinsichtlich der Pflichtenerfüllung durch den Beklagten ist vor diesem Hintergrund ergänzend auszuführen:
a) Soweit die Klageseite rügt, der Beklagte habe pflichtwidrig die Aufnahme eines Passus in den Vertrag vom 13.1.1999 unterlassen, dahingehend nämlich, dass das Maklerhonorar entfalle, wenn der Vertrag letztlich nicht zum Zuge komme, geht dieses Ansinnen weit über das Maß an Belehrung und/oder Betreuung hinaus, die ein Notar zu erbringen hat.
Es ist allein Sache der Vertragsparteien und der von ihnen anzustellenden wirtschaftlichen Überlegungen, sich mit dem Makler hinsichtlich der gegebenenfalls geschuldeten Provision und der hierfür zu treffenden Regelung auseinanderzusetzen.
Es liegt überdies nicht in der Hand des Notars, wie die Klageseite aber offenbar meint, gemäß dem Willen des Verkäufers einen entsprechenden Passus in den Vertrag aufzunehmen. Von Relevanz ist in diesem Zusammenhang auch, was sich der andere Vertragspartner hierzu vorstellt, gegebenenfalls auch, welche weiteren Vereinbarungen mit dem Makler getroffen sind. Hierauf hat der Beklagte keinen Einfluß. Hierzu fehlt auch jeglicher Sachvortrag der Klageseite, der es als nachvollziehbar erscheinen ließe, die Aufnahme eines entsprechenden Passus wäre ohne weiteres mit Auswirkung auf die Maklerprovision möglich gewesen. In dem Vertrag vom 13.1.1999 haben sich die Vertragsparteien ohne wenn und aber in Form eines Vertrags zugunsten des begünstigten Maklers verpflichtet, diesem eine bestimmte Provision zu bezahlen.
Dass sich die Kläger im Irrtum darüber befunden hätten, dass dieses Maklerhonorar dann nicht anfalle, wenn der Kläger zu 1) als Verkäufer vom Vertrag zurücktrete, haben sie zum einen nicht dargelegt. Bei vertraglichem Rücktrittsrecht ist im übrigen das Bestehen / der Wegfall des Vergütungsanspruchs für den Makler Auslegungsfrage (vgl. Palandt, BGB, 60. Aufl., RdNr. 40 zu § 652 BGB). Bei Ausübung eines gesetzlichen wie auch eines diesem nachgebildeten vertraglichen Rücktrittsrechts bleibt der Lohnanspruch des Maklers grundsätzlich bestehen, sofern im Maklervertrag nichts anderes vereinbart ist. Zu dem Maklervertrag ist hier weder etwas vorgetragen noch bestand für den Beklagten eine Verpflichtung hier nachzuhaken und aufzuklären.
Soweit die Kläger es als pflichtwidrig angesehen haben, dass der Beklagte in der zweiten Urkunde vom 30.7.1999 nicht auch eine sofortige Zwangsvollstreckungsunterwerfung des Käufers hinsichtlich der angefallenen Maklerkosten aufgenommen habe, werden auch hier die Pflichten eines Notars zur Gänze verkannt. Abgesehen davon, dass keineswegs gesichert ist und nicht unterstellt werden kann, der Vertragspartner des Klägers zu 1) wäre mit einem entsprechenden Passus einverstanden gewesen ersahen die Kläger aus dem Vertrag vom 30.7.1999 ohne weiteres, dass die Unterwerfungserklärung nur bezüglich Notarkosten und Grundbuchkosten abgegeben war (Ziffer V dieser Urkunde). Dass dies nicht alle Kosten des aufgehobenen Kaufvertrags sein würden, war für sie darüber hinaus ohne weiteres aus Ziffer IV der vorgenannten Vertragsurkunde zu entnehmen. Für eine weitergehende Belehrung oder Betreuung durch den Notar war hierbei kein Raum.
b) Hinsichtlich der von der Klageseite entwickelten Vorstellung zur Ausländersicherheit und Erfüllungsbürgschaft und dem in diesem Zusammenhang behaupteten Pflichtenverstoß des Beklagten ergibt sich bereits aus den grundsätzlichen Bemerkungen (oben 1.), daß insoweit allein die wirtschaftliche Seite des Kaufvertrags und insbesondere die Chancen und Risiken von dessen Realisierung oder Nichtrealisierung angesprochen sind.
Es war nicht Sache des Beklagten, darauf hinzuweisen, dass sich die Kläger durch Vorkehrungen in Form einer Bankbürgschaft davor schützen sollten, dass sie bei einem eventuellen Rücktritt nicht auf Vertragskosten sitzen bleiben würden. Dies war allein Sache der Verkäufer und damit der Klageseite.
Die Kläger wussten, dass ein Vertrag mit einer US-amerikanischen Firma abgeschlossen wurde, dass die Vertragserfüllung keineswegs gesichert war (- insofern wurde ja ausdrücklich auch das Rücktrittsrecht geregelt -) und dass im Fall eines Rücktritts gegebenenfalls gegen die US-Firma vorzugehen war. Dass dies unter Umständen nicht ohne Schwierigkeiten möglich sein würde, musste den Klägern bekannt sein.
Der von der Klageseite zitierte Rechtsgedanke des §110 ZPO, den der Beklagte vernachlässig habe, ist auch ein anderer. Niemand soll danach von einem Angehörigen eines fremden Staates, der als Kläger auftritt, als Beklagter in einem Rechtsstreit hineingezogen werden können, ohne dass für die Prozeßkosten Sicherheit geleistet wird. Hier jedoch wollen die Kläger etwas, sind sie diejenigen, die aktiv etwas verfolgen. Sicherheit solle nach ihrer Vorstellung zudem nicht etwa für Prozeßkosten sondern für die Erfüllung materiell-rechtlicher Verpflichtungen durch den Vertragspartner gewährt werden. Dies ist etwas ganz anderes.
Die Prüfung der Seriosität oder Solvenz des Käufers war nicht Sache des Beklagten. Die Kläger hätten sich vor der Beurkundung die Bürgschaft einer Bank oder wenigstens eine Zahlungsbestätigung, die sie als allgemein üblich bezeichnet haben, vorlegen lassen können. Wenn sie dies nicht getan haben, können sie hieraus dem Beklagten keinen Vorwurf machen.
c) Völligem Unverständnis begegnet es schließlich, wenn die Kläger auch noch der Vorstellung sind, der Beklagte müsse ihnen für die möglicherweise entgangenen Zinsen haften. Weitere Ausführungen hierzu sind nicht veranlasst.
Die Berufung war nach alldem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
Gemäß § 546 Abs. 2 ZPO war der Wert der Beschwer festzusetzen.
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.