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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 20.03.2003
Aktenzeichen: 1 U 4853/02
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 296 Abs. 2 | |
ZPO § 397 | |
ZPO § 402 | |
ZPO § 411 | |
ZPO § 411 Abs. 4 |
Entscheidung wurde am 18.09.2003 korrigiert: der Entscheidung wurde ein amtlicher Leitsatz hinzugefügt
2. Das Auftreten eines Narbenbruches stellt eine typische Komplikation nach einer Operation im Bauchraum dar. Für eine unterschiedliche Methode des Bauchdeckenverschlusses bei der Erstoperation und der nachfolgenden Behebung der Narbenhernie gibt es sachliche Gründe.
3. Ist bei einer erweiterten Gebärmutteroperation (Cervixcarzinom) darüber aufgeklärt worden, dass das Risiko einer anschließenden Selbstkatheterisierung bestehe, ist es in der Regel nicht erforderlich, die Aufklärung noch dahingehend zu konkretisieren, dass die Selbstkatheterisierung möglicherweise auch lebenslang andauern kann.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: 1 U 4853/02
Verkündet am 20.03.2003
In dem Rechtsstreit
wegen Schmerzensgeldes u.a.
erlässt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2003 folgendes
Endurteil:
Tenor:
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 06.09.2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1.
Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege der Arzthaftung auf Schmerzensgeld und Feststellung in Anspruch.
Ende November 1996 hatte der Frauenarzt der am 3.9.1950 geborenen Klägerin bei dieser histologisch eine schwere dysplastische Portioveränderung festgestellt und ein Plattenepithelkarzinom der Portio diagnostiziert. Er hatte die Klägerin an die gynäkologische Abteilung des Klinikums, überwiesen und in einem dorthin gerichteten Schreiben vom 10.01.1997 mitgeteilt: "Aufgrund des Befundes dürfte es sich um ein Stadium I b handeln, so dass ich Ihnen die Patientin zur weiteren Staging-Untersuchung und anschließenden Wertheim-Operation überweisen möchte" (vgl. Arztbrief in den Krankenunterlagen).
Der Verdacht auf eine Krebserkrankung des Gebärmutterhalses bestätigte sich im Klinikum, wo sich die Klägerin schließlich vom 14.01. bis 10.02.1997 im Hinblick auf einen beabsichtigten operativen Eingriff in stationärer Behandlung befand.
Vor dessen Durchführung war mit der Klägerin die Operation besprochen worden. Sie hatte auch ein "Merkblatt zum Aufklärungsgespräch mit dem Arzt/der Ärztin über die erweiterte Gebärmutteroperation und zusätzliche Entfernung hoher Lymphknoten und eventueller Ausdehnung der Operation auf andere Organe" erhalten und am 16.01.1997 unterschrieben. Das Aufklärungsblatt enthält vorgedruckt u.a. folgende Angaben: "In Sonderfällen muss der Eingriff auch Darm, Blase und Harnleiter miteinbeziehen. .... Dann kann es eventuell notwendig werden, eine künstliche Ableitung des Harns und/oder des Darminhaltes herzustellen. ... lässt sich auch bei größter Sorgfalt eine Verletzung oder anderweitige Schädigung der umgebenden Organe und Gewebsstrukturen .... nicht absolut sicher vermeiden. Betroffen sein können Darm, Blase, Harnleiter, große Blutadern und Nerven. ... können sich behandlungsbedürftige Störungen des Harnabflusses und/der Blasenentleerung entwickeln. Unter Umständen kommt es auch zu unwillkürlichem Harnabgang (Inkontinenz)." Handschriftlich ist in dem Formblatt auf der ersten Seite unter dem angekreuzten Vordruck "evtl. Ausdehnung der Operation auf andere Organe" u.a. folgendes eingetragen: "bei Tumorbefall: Darm, Blase, Harnleiter, notfalls anus praeter". Als Komplikationen sind auf der letzten Seite des Merkblattes handschriftlich eingetragen: "Blutung, Thrombose, Embolie, Infektion, Nachblutung, Verletzung von Organen, Nerven, Gefäßen".
Am 17.01.1997 nahm der bei der Klägerin eine erweiterte Gebärmutterentfernung nach Wertheim-Meigs vor. Hierbei wurden u.a. auch 40 Lymphknoten aus dem Becken entfernt. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Operation mit 99,5 kg bei 167 cm Körpergröße übergewichtig.
Am achten postoperativen Tag wurden die Stahlclips, mit denen nach der Operation die Haut an der OP-Wunde zusammengehalten worden war, entfernt. Es kam schließlich zu einem Auseinanderweichen der Hautwundränder. Die Harnentleerung bereitete der Klägerin Probleme. Eine Harnableitung durch die Bauchdecke wurde belassen. Weiterhin wurden Verhaltenshinweise gegeben sowie eine Kontrolle des Restharns beim Frauenarzt angeraten. Am 10.02.1997 wurde die Klägerin mit gut sekundär verheilter Wunde entlassen.
In der Zeit vom 24.4. bis 23.5.1997 befand sich die Klägerin zur Behandlung einer ca. 10 cm großen Bruchpforte im Unterbauch mit Vorwölbung des Darmes nochmals stationär im Klinikum Am 02.05.1997 wurde ihr deshalb zur Behebung der Bauchwandnarbenhernie ein Kunststoffnetz implantiert.
Die Klägerin ist seit der Operation auf eine Selbstkatheterisierung der Harnblase angewiesen.
Im Bereich der rechten Niere existiert mittlerweile bei Stauniere eine Nierenfistel, wobei ein Teil des Harnes mit einem Schlauch direkt aus der Niere abgeleitet werden muss. Bei der linken Niere der Klägerin wurde zuletzt eine völlige Funktionslosigkeit festgestellt.
Die Klägerin unterzieht sich seit geraumer Zeit Bestrahlungen im Bereich der Gebärmutter.
Hinsichtlich der Frage möglicher Behandlungsfehler im Klinikum wurde vorprozessual durch die Gutachter- und Schlichtungsstelle der Bayerischen Landesärztekammer ein Gutachten des Sachverständigen erholt, das dieser am 27.7,1999 mit dem Ergebnis vorlegte, dass ein Behandlungsfehler nicht erkennbar sei (Anlage B 6).
2.
a) Die Klägerin hat in erster Instanz Behandlungs- und Aufklärungsfehler behauptet.
aa) Sowohl die Operation selbst als auch die Folgebehandlung seien nicht fachgerecht durchgeführt worden.
Dies ergebe sich bereits aus den eingetretenen und bei ordnungsgemäßer Operation zu vermeidenden Nervenschädigungen.
Bei einer lege artis durchgeführten Operation wäre zudem eine Selbstkatheterisierung allenfalls bis zu einem halben Jahr, jedenfalls vorrübergehend notwendig geworden. Bei der Klägerin dauere diese nunmehr lebenslang.
Zudem sei die Operationswunde am 17.1.1997 nicht sachgerecht verschlossen und seien die Wundklammern möglicherweise zu früh entfernt worden, weshalb die Operationsnarbe wieder aufgebrochen sei. Soweit das Übergewicht der Klägerin dafür mitverantwortlich sei, hätten die behandelnden Ärzte entsprechend Vorsorge treffen können und müssen.
bb) Die Klägerin hat weiter behauptet, über die weitreichenden Folgen der Operation nicht aufgeklärt worden zu sein. Insbesondere sei sie auf eine lebenslange Selbstkatheterisierung als mögliche Operationsfolge nicht hingewiesen worden. Auch sei eine Aufklärung über eine mögliche Nervschädigung, über ein Aufbrechen der Operationswunde bzw. eines Rezidivs bei Adipositas und über das Erfordernis des Verschlusses mittels Kunststoffnetzes nicht erfolgt.
Eine Aufklärung unterstellt, wäre diese auch viel zu spät erfolgt.
Die Klägerin hätte bei ordnungsgemäßer Aufklärung keinesfalls einer Operation zugestimmt. Sie hätte dann vielmehr mit ihrer Erkrankung weiterleben können.
b) Aufgrund der Operation und der dabei begangenen Fehler sei die Klägerin jetzt schwerstgeschädigt und physisch wie psychisch ein Wrack.
Die nunmehr lebenslang erforderliche Selbstkatheterisierung der Harnblase beeinträchtige sie massivst. Die Blasenentleerungsstörung sei mit Schmerzen und unfreiwilligem Harnabgang zu jeder Zeit verbunden. Außerdem schädige der Harnrücklauf die Nieren. Das eingesetzte Kunststoffnetz verursache ständig Schmerzen und schränke die Klägerin in ihrer Bewegung stark ein. Zudem habe die Klägerin nunmehr im linken Oberschenkel starke Taubheitsgefühle von der Leiste bis zum Knie. Auf die Operation zurückzuführende Schwierigkeiten im linken Fuß der Klägerin würden diese nunmehr an den Rollstuhl fesseln ihr gesamter Scheidenbereich sei wegen der bei der Operation begangenen Fehler jetzt gefühllos.
Ein Schmerzensgeld von wenigstens 150.000,-- DM sowie eine Schmerzensgeldrente von 700,-- DM monatlich seien angemessen.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine Schmerzensgeldrente ab 01.05.1997, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu zahlen,
3. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin auch den weiteren Schaden, der dieser aus der Operation am 17.01.1997 zukünftig erwächst, zu ersetzen hat, soweit die Schadensersatzansprüche nicht auf öffentliche Versicherungsträger übergehen.
3.
Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.
a) Weder lägen Behandlungs- noch Aufklärungsfehler vor.
aa) Die Operation sei in der geplanten Weise lege artis ohne Komplikationen erfolgt. Der Bauchdeckenverschluss sei sorgfältig und schichtweise durchgeführt worden. Die Wundheilung sei problemlos verlaufen, die Entlassungsuntersuchung ohne Besonderheiten gewesen.
bb) Die Klägerin sei bei der Erstuntersuchung am 14.1.97 vom in Anwesenheit des und des Oberarztes über die Erkrankung und den geplanten Eingriff informiert, über die Risiken unter anderem der Verletzung von Nachbarorganen und Nerven aufgeklärt und auch auf Behandlungsalternativen (z.B. eine primäre Strahlentherapie) hingewiesen worden.
Nach Aushändigung des Merkblattes sei am 16.0.1.1997 nochmals eine Aufklärung unter Einbeziehung der Komplikationsmöglichkeiten wie die einer Blasenfunktionsstörung und einer länger dauernden artefiziellen Blasenentleerung erfolgt. Auf die durch die Adipositas erhöhten operativen Risiken sei die Klägerin hingewiesen worden.
Der Operation hätte die Klägerin auch bei unterstellter Nichtaufklärung auf jeden Fall zugestimmt, da eine Weigerung unabsehbare Folgen gehabt hätte.
Die von der Klägerin monierte Blasenentleerungsstörung sei methodentypisch und nicht Folge einer fehlerhaften Behandlung.
Dies gelte auch für das Taubheitsgefühl, das auftreten könne, da Haut- und Nervenäste operativ und thermisch beeinträchtigt werden können.
Die Bauchwandhernie sei Folge der massiven Adipositas und der patientenspezifischen Gewebsschwäche. Die Scheide sei grundsätzlich gefühllos.
4.
Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 16.03.2000 (Blatt 35/37 d.A.) durch Erholung eines Gutachtens des Sachverständigen das dieser am 02.01.2001 erstattet und mit Gutachten vom 01.06.2001 und 23.04.2002 ergänzt hat (Blatt 58/67, 86/93, 105/108 d.A.). Des weiteren hat das Landgericht den Zeugen vernommen. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift (Blatt 123/127 d.A.) Bezug genommen.
Die Klage hat das Landgericht sodann als unbegründet abgewiesen.
Die operative Behandlung der Klägerin sei angezeigt gewesen, die Operation kunstgerecht durchgeführt und auch das Verschließen der Wunde den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend vorgenommen worden.
Der Aufklärungspflicht sei die Beklagte in ausreichender Weise nachgekommen. Eine Aufklärung der Klägerin über eine gegebenenfalls erforderlich werdende permanente Selbstkatheterisierung sei nicht erforderlich gewesen.
Im übrigen stand für das Landgericht außer Zweifel, dass sich die Klägerin in jedem Fall dazu entschlossen hätte, eine erweiterte Gebärmutteroperation durchführen zu lassen.
Von einer klägerseits beantragten Anhörung des Sachverständigen hat das Landgericht abgesehen. Vorbringen der Klägerin hat es zum Teil gemäß § 296 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückgewiesen.
5.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren Klageanspruch in vollem Umfang weiterverfolgt.
Hierzu führt sie unter anderem aus:
a) In der unterlassenen Anhörung des Sachverständigen liege ein Verstoß gegen § 411 ZPO. Diese Anhörung sei nachzuholen.
b) Dabei würden sich auch die von der Klägerin erhobenen, erweiterten und vom Landgericht teilweise nicht mehr berücksichtigten Vorwürfe von Behandlungsfehlern bestätigen.
Zum einen seien bei der Operation im Klinikum der Beklagten Nerven der Klägerin in einer Weise zerstört worden, wie es auch bei einer Totaloperation nicht notwendig sei, was die bereits vorgetragenen Folgen gehabt habe. Auf diesen Fehler seien auch die jetzigen Nierenschäden der Klägerin zurückzuführen.
Zum anderen sei, was sich erst jetzt herausgestellt habe, bei der Scheide der Klägerin zuviel entfernt worden. Normal sei eine Entfernung von 1/2 bis 1 cm. Bei der Klägerin sei die Scheide jedoch extrem bis auf ca. 3.5 cm gekürzt worden, wofür keinerlei medizinische Notwendigkeit bestanden habe. Ein Geschlechtsverkehr sei der Klägerin jetzt nicht mehr möglich.
Auch hätte man bei der bekannten Dickleibigkeit der Klägerin eine Entklammerung erst frühestens nach 12 Tagen und nicht bereits nach dem 8. Tag vornehmen und dann auch nur jede zweite Klammer entfernen dürfen. Dieser Fehler habe eine Infektion des gesamten Operationswundbereiches sowie des gesamten Unterbauches zur Folge gehabt und sei auch dafür verantwortlich, dass der Bruch der Operationswunde bei der Klägerin erst so spät bemerkt worden sei.
c) Zu der Auffassung des Landgerichts, dass die Klägerin umfassend aufgeklärt gewesen sei, habe die falsche Würdigung der Aussage des Zeugen geführt. Dieser habe selbst ausgeführt, dass in der Regel über einen lebenslangen Selbstkatheterismus nicht aufgeklärt werde. Nach Angaben des Zeugen sei jedoch die diesbezügliche Möglichkeit/Gefahr nicht vollkommen auszuschließen. Die Klägerin hätte daher insoweit aufgeklärt werden müssen. Das einzige, was man der Klägerin gesagt habe, sei die Möglichkeit einer Störung der Blasenentleerung bzw. die Notwendigkeit eines postoperativen Blasenkatheters gewesen, dies auch erst kurzfristig vor der Operation und ohne die Möglichkeit, die Angelegenheit in Ruhe zu überdenken und mit anderen zu besprechen.
Die Klägerin hätte die andere Behandlungsmethode, nämlich die Bestrahlung, der sie jetzt auch ausgesetzt sei, vorgezogen, wäre sie auch nur andeutungsweise darauf hingewiesen worden, dass sie möglicherweise mit einer lebenslangen Selbstkatheterisierung rechnen müsse.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
a) Das Landgericht habe mit überzeugenden Gründen von einer Ladung des Sachverständigen abgesehen. Der von der Klägerin gestellte Anhörungsantrag sei rechtsmissbräuchlich gewesen, zumal die in erster Instanz zuletzt schriftsätzlich gestellten Fragen bereits beantwortet gewesen seien.
b) Die Beklagte wiederholt, dass die Operation und die Nachbehandlung der Klägerin lege artis durchgeführt worden seien.
Keineswegs seien bei der erforderlich gewesenen Radikaloperation der Klägerin, bei der neben der Gebärmutter der gesamte Aufhängeapparat mit Bindegewebe und Lymphknoten bis zur Beckenwand zu entfernen waren, in fehlerhafter Weise zu viele Nerven verletzt worden oder sei, insbesondere auch bei der Scheide, zuviel weggeschnitten worden.
Soweit die Klägerin heute unter einer stummen und gestauten Niere leide und eine Nierenfistelung bestehe, liege dies nicht in der damaligen Operation begründet sondern beruhe möglicherweise auf einem Tumorrezidiv oder einer anderen Raumforderung im Abdomen.
Der postoperative Narbenbruch der Klägerin sei bedingt durch eine konstitutionelle Gewebeschwäche und die extreme Fettleibigkeit der Klägerin. Dies habe mit dem Zeitpunkt der Entfernung der Hautclips überhaupt nichts zu tun.
Auch sei die Klägerin, wofür die Beklagte weiteres Beweisangebot macht, umfassend aufgeklärt worden.
Mängel unterstellt, würden zumindest die Voraussetzungen einer hypothetischen Einwilligung vorliegen bzw. sei davon auszugehen, dass die Klägerin sich in jedem Fall für die stattgehabte Operation entschieden hätte.
7.
Der Senat hat unter Beiziehung der die Klägerin betreffenden Originalbehandlungsunterlagen der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.02.2003 die Klägerin persönlich angehört. Darüber hinaus hat er gemäß Verfügung vom 11.02.2002 (Blatt 169 d.A.) den Sachverständigen zu einer ergänzenden Stellungnahme zu sämtlichen von der Klägerin aufgeworfenen Fragen veranlasst, die der Sachverständige am 10.02.2003 in Kurzform erstattete (Blatt 181 d.A.) und wozu der Sachverständige im Termin vom 13.02.2003 angehört wurde (Blatt 184/187 d.A.).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Schadensersatzansprüche materieller wie auch immaterieller Art stehen ihr nicht zu, da die Behandlung der Klägerin im Klinikum sowohl operativ als auch postoperativ fehlerfrei erfolgt ist und Aufklärungsfehler zum einen nicht vorliegen, zum anderen sich auch nicht ausgewirkt hätten.
I.
1.
Mit Recht hat die Klägerin allerdings das Vorgehen des Landgerichts beanstandet, von einer Anhörung des Sachverständigen abzusehen.
Hierdurch hat das Landgericht zu erkennen gegeben, dass es die Bedeutung der §§ 411 Abs. 4, 402 i.V.m. 397 ZPO und die der Partei danach zustehenden Rechte verkannt hat.
Die Klägerin hat in erster Instanz unter Einbezahlung des vom Gericht geforderten Auslagenvorschusses rechtzeitig und in ordnungsgemäßer Form die Anhörung des Sachverständigen beantragt und ihren Aufklärungsbedarf auch ausreichend begründet.
Diesem Antrag hatte das Landgericht zu entsprechen und der Klägerin die ihr zustehende Befragung des Sachverständigen zu ermöglichen. Der Antrag der Klägerin war in keiner Weise rechtsmissbräuchlich und ersichtlich auch nicht zur Prozessverschleppung gestellt. Die von der Klägerin schriftsätzlich aufgeworfenen Fragen waren entscheidungserheblich. Der Fall lag auch nicht so, dass gar keine Zweifel mehr bestehen konnten. Dass das Landgericht selbst aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme und der vorliegenden schriftlichen Sachverständigengutachten bereits zu einem ihm zweifelsfrei erscheinenden Ergebnis gelangt war, das die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen als durch die schriftlichen Gutachten bereits beantwortete Wiederholungsfragen und eine Anhörung des Sachverständigen als überflüssig erscheinen ließ, rechtfertigte es nicht, den zulässigen Antrag der Klägerin zu übergehen. Ist ein Antrag auf Anhörung des Sachverständigen gestellt, kommt es nicht darauf an, ob das Gericht sondern darauf, ob die von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machende Partei noch Aufklärungsbedarf sieht (vgl. BGH Urteil vom 17.12.1996, VI ZR 50/96 = -NJW 1997,802; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., Rdnr. 5a zu § 411 ZPO m.w.N.).
2.
In einer weiteren Hinsicht ist das Prozedere des Landgerichts nicht frei von Fehlern.
Besteht Streit darüber, ob und wie ein Patient aufgeklärt wurde, stellt es sich für den Senat als unumgänglich dar, zu diesen Fragen wie auch gegebenenfalls der sich daran anschließenden Frage des Entscheidungskonflikts einen Patienten selbst, hier also die Klägerin anzuhören.
Hiervon hätte das Landgericht, wenn es, wie geschehen, einen Entscheidungskonflikt der Klägerin verneinen wollte, unter keinen Umständen absehen dürfen.
II.
Die vom Landgericht unterlassenen Maßnahmen wurden vom Senat nachgeholt.
Am Ergebnis des landgerichtlichen Urteils änderte sich hierdurch jedoch nichts.
1.
Die Anhörung des Sachverständigen seines Zeichens erfahrener, langjähriger Operateur und Direktor der Ersten Frauenklinik des Klinikums der Universität als solcher ein ausgewiesener Kenner der Materie, hat in anschaulicher Weise bestätigt, dass die Behandlung der Klägerin im Krankenhaus der Beklagten in jeder Hinsicht lege artis erfolgt ist.
Zu sämtlichen Behauptungen der Klägerin und den von ihr aufgeworfenen Fragen hat der Sachverständige mit profunder Kenntnis Stellung genommen und dem Senat die sichere Überzeugung einer fehlerfreien Behandlung vermittelt.
a) Dies gilt zunächst für die Operation als solche.
aa) Soweit die Klägerin hierzu behauptet hat, durch fehlerhaftes Vorgehen seien mehr Nerven als vertretbar verletzt worden hat der Sachverständige dies nach kritischer Durchsicht des Operationsberichtes widerlegt. Dies bezieht sich sowohl auf die von der Klägerin beanstandete Verletzung von Nerven, die zur Beeinträchtigung der Empfindungen im linken Bein und Fuß geführt hätten, als auch auf die Verletzung von Nerven, die nach Vorstellung der Klägerin für ihre nunmehrigen Nierenfehlfunktionen verantwortlich seien.
Nicht nur die präoperative Einschätzung der Erkrankung sondern auch die in jeder Hinsicht fehlerfreie Operation seien, so der Sachverständige, darüber hinaus auch dem histologischen Befundbericht zu entnehmen. Vorliegend sei die Operation zwangsläufig im Gesunden erfolgt, was bedeute, dass der Tumor mit umgebendem gesunden Gewebe, sprich, Sicherheitsabstand, entfernt wurde. Die Entfernung des direkt angrenzenden gesunden Gewebes erkläre auch die Begleitschäden an der nervalen Versorgung z.B. zur Steuerung der Blasenfunktion. Nach Auswertung sämtlicher Unterlagen und der von der Klägerin geklagten Beschwerden spreche, so der Sachverständige im Ergebnis, nichts dafür, dass bei der Operation mehr Nerven als unbedingt erforderlich bzw. nicht zu vermeiden verletzt worden seien. Im Hinblick auf das sich in jüngster Zeit zeigende weitere Schadensbild der Klägerin, aus dem sich ergebe, dass der Krebs offenbar mit der Operation nicht besiegt worden sei, erübrige sich die Frage, ob die Operation zu radikal gewesen sei, was sie auf keinen Fall war. Wenn man die Frage des umfassenden Herausschneidens krebsbefallener Gewebeteile thematisieren wolle, könne man allenfalls fragen, ob damals nicht noch mehr herauszuschneiden gewesen wäre, was jedoch mit noch größeren Nervverletzungen der Klägerin verbunden gewesen wäre. Dass damals auch 40 Lymphknoten entfernt wurden, spreche jedoch für eine sorgfältige Durchführung auch dieses Operationsabschnittes. Lediglich vom heutigen Standpunkt aus, so der Sachverständige, könnte man sich wünschen, dass noch radikaler operiert worden wäre.
Ein Zusammenhang der von der Klägerin geklagten Störungen der Nierenfunktion habe, so der Sachverständige, mit der seinerzeitigen Operation nicht das geringste zu tun. Ohne dies in Anwesenheit der von den gesamten Geschehnissen verständlicherweise emotional sehr berührten Klägerin bis ins letzte darzulegen, hat der Sachverständige gleichwohl deutlich zu erkennen gegeben, dass die von der Klägerin insoweit erlebten Schmerzen und Beschwerden ausschließlich mit ihrer Grunderkrankung in Zusammenhang stünden.
bb) Soweit die Klägerin den Vorwurf erhebt, bei der Operation sei in fehlerhafter Weise das Empfindungsvermögen der Scheide verletzt sowie die Scheide mehr als nötig reduziert worden, hat der Sachverständige auch dies widerlegt. Eine Schädigung die Scheide versorgender Nerven im Rahmen einer solchen radikalen Operation sei auch bei regelrechter Durchführung nicht zu vermeiden, wobei die Empfindsamkeit der Scheidenwand in physiologischer Hinsicht ohnedies gering sei. Zur Radikalität bzw. erforderlichen Radikalität des Vorgehens wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
b) Auch Fehler beim Abschluss der Operation und der nachoperativen Behandlung der Klägerin, namentlich bei der Versorgung der Operationswunde mittels Naht hat der Sachverständige mit eingehender Begründung ausgeschlossen.
aa) Wenn die Klägerin meint, aus der bei Behandlung des Narbenbruchs angewandten Methode des Wundverschlusses, die zu keinen weiteren Wundkomplikationen geführt habe, ergebe sich, dass die bei der Erstoperation gewählte Methode falsch gewesen sei, zeuge dies, so der Sachverständige, von wenig medizinischem Sachverstand. Die Annahme der Klägerin sei falsch. Die postoperativ aufgetretene Narbenhernie sei als typische Komplikation des operativen Eingriffs zu interpretieren, wie sie insbesondere bei Operationen im Bauchraum nicht selten sei. Bei Patienten mit einem Übergewicht von circa 40 kg komme es in etwa einem Drittel bis der Hälfte aller Fälle zu einem Bauchbruch.
Auch in Kenntnis des Operationsberichtes sei hier kein Behandlungsfehler der operierenden Ärzte zu erkennen.
Die bei der Erstoperation der Klägerin angewandte Methode des Bauchdeckenverschlusses war, so der Sachverständige, völlig korrekt. Es sei, so der Sachverständige, nicht sachgerecht, schon beim ersten Mal - wie dies bei der Revisionsoperation der Klägerin dann der Fall war - ein Kunststoffnetz einzubringen. Bei der zweiten Operation hätten ganz andere Voraussetzungen vorgelegen und sei eine besondere Nahttechnik angewandt worden, derer man sich nur bediene, wenn eine Bruchpforte verschlossen werden muss. Diese Nahttechnik werde jedoch nicht beim primären Verschluss von Bauchdecken angewandt. Das Einbringen eines Kunststoffnetzes sei im übrigen nicht unproblematisch. Es bestehe die Gefahr der Unverträglichkeit und des Auseiterns sowie, dass es vom Körper nicht angenommen wird und mit dem Körpergewebe nicht verwächst. Auch deshalb sei die bei der Erstoperation gewählte Verschlusstechnik vollkommen lege artis.
bb) Den Vorwurf, dass bei der Klägerin Klammern zu früh entfernt worden seien, hat der Sachverständige ebenfalls entkräftet.
Das Entfernen der Klammern, so der Sachverständige, erfolge je nach Schule, in den meisten Fällen zwischen dem 6. und 14. Tag. Gewichtsbezogene Vorschriften für die Entfernung der Adaptionshilfen existierten nicht. Die eigentliche Komplikation, nämlich der Platzbauch, hänge nicht mit den Klammern zusammen sondern in erster Linie von der Faszien- und Muskelnaht ab. Fehler insoweit sind nicht erkennbar.
cc) Hinweise darauf, dass der Bauchwandbruch zu spät bemerkt und behandelt worden sei, haben sich nicht ergeben.
2.
Ein Aufklärungsverschulden liegt den die Klägerin behandelnden Ärzten im Klinikum ebenfalls nicht zur Last. Ein Entscheidungskonflikt der Klägerin hat darüber hinaus nicht bestanden.
Zu dieser Überzeugung gelangte der Senat, auch insoweit sachverständig beraten, aufgrund der hierzu bereits vom Landgericht durch Vernehmung des Zeugen durchgeführten Beweisaufnahme, die zu wiederholen keine Veranlassung bestand, in Verbindung mit dem Ergebnis der persönlichen Anhörung der Klägerin zu Fragen der Aufklärung.
a) Die Beklagte hat nachgewiesen, dass die behandelnden Ärzte ihrer Aufklärungspflicht in ausreichendem Maß nachgekommen sind.
aa) Insoweit nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil (Entscheidungsgründe Ziffer III Nr. 2., S.11/12). Der Senat würdigt die Aussage des Zeugen in gleicher Weise wie das Landgericht. Er hält die Angaben des Zeugen dazu, wie die Aufklärung im Klinikum regelhaft erfolgt, für glaubhaft. Die Aussage des Zeugen lässt die in der Klinik der Beklagten bei Aufklärungsgesprächen über Operationen der streitgegenständlichen Art waltende große Sorgfalt deutlich werden.
Mangels jedweder dagegen sprechenden Anhaltspunkte geht auch der Senat davon aus, dass die Aufklärung der Klägerin in gleicher Weise erfolgt ist, dass die Klägerin über die als Risiken zu berücksichtigenden Funktionsstörungen der Blase, nämlich eine Gefühlsstörung bzw. Störung des Füllungsgefühls, eine motorische Störung bzw. Entleerungsstörung, die meist über mehrere Wochen, gegebenenfalls auch immer andauere, und über die mögliche Harninkontinenz im einzelnen aufgeklärt und ihr dabei auch gesagt wurde, ohne freilich ins Detail zu gehen, wie sie damit umzugehen habe.
Der Senat ist auch überzeugt davon, dass der Klägerin, wie es nach Angaben des Zeugen regelhafter Inhalt der Aufklärungsgespräche sei, gesagt wurde, dass die genannten Blasenentleerungsstörungen zeitlich nicht näher bestimmt werden und auch dauerhaft bleiben könnten, ebenso wie über Wundheilungsstörungen gesprochen wurde; letzteres sogar, wie der Zeuge bekundet hat, bei dickleibigen Patienten wie der Klägerin im besonderen Maß. Dass auch die Alternative der Bestrahlung mit der Klägerin erörtert und letztlich verworfen wurde, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen der sich hieran konkret erinnern konnte, ebenfalls mit ausreichender Gewissheit. Das Erfordernis der Vernehmung weiterer von der Beklagten für die Umstände der Aufklärung benannten Zeugen bestand nicht.
Soweit die Klägerin diese Aufklärung pauschal in Abrede stellte, vermochte der Senat ihren Angaben keinen Glauben zu schenken.
Für die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Zeugen spricht auch das der Klägerin unstreitig ausgehändigte und von ihr unterzeichnete Merkblatt zum Aufklärungsgespräch, in dem neben zahlreichen weiteren Operationsrisiken auch deutlich diejenigen der behandlungsbedürftigen Störung des Harnabflusses und/oder der Blasenentleerung aufgeführt sind.
bb) Dass die Klägerin neben dem Ansprechen der Selbstkatheterisierung als solcher auch darüber aufgeklärt worden sei, dass das Risiko einer lebenslangen Selbstkatheterisierung bestehe, vermochte der Zeuge nicht zu bestätigen.
Der Zeuge hat insoweit bekundet, dass dieses Risiko sehr selten und auch gar nicht in das Merkblatt aufgenommen worden sei.
Mit dem Landgericht hält auch der Senat eine dahingehende, von der Klägerin geforderte umfassende Aufklärung nicht für erforderlich.
Die Schwere des Eingriffs und welche Organe in welchem Umfang davon betroffen sein könnten, wurde der Klägerin durch die nachgewiesene Aufklärung in ausreichendem Maße vor Augen geführt. Ihr wurde auch mitgeteilt, dass eine Selbstkatheterisierung erforderlich werden könnte.
Dies genügt. Der Arzt muss nicht über sämtliche weiteren Folgen des Eintritts eines bestimmten Risikos, hier der Harnabflussschwierigkeiten, bzw. die Art und Weise aufklären, wie der Patient, bei dem sich ein Risiko verwirklicht hat, im einzelnen damit umgehen kann und muss.
Der Sachverständige sieht dies mit seiner langjährigen ärztlichen Erfahrung in gleicher Weise. Aufgeklärt würde durch die Ärzte seiner Klinik bei Operationen wie der streitgegenständlichen dahingehend, dass das Risiko von Blasenentleerungsstörungen bestehe, dies deshalb, da diese Störungen ein häufiges und typisches Ereignis nach einer korrekt und radikal ausgeführten Operation eines Cervixcarzinoms seien. In der Regel sei eine normale Blasenentleerung nach spätestens 2 Wochen wieder möglich, in Einzelfällen dauere es auch länger. Über einen permanenten Selbstkatheterismus gebe es nur wenige Berichte. Es handle sich demnach um eine seltene Komplikation. Auf die Notwendigkeit der Selbstkatheterisierung würde in der Klinik des Sachverständigen jedoch nicht hingewiesen werden, zumal die Maßnahmen zur Behebung von Blasenentleerungsstörungen so vielfältig seien und nur in 0,1 bis 0,2 % der Fälle eine Selbstkatheterisierung notwendig werde. Es sei, so der Sachverständige, nicht veranlasst, dem Patienten ein Schreckensszenario vorzustellen. Eine Alternative zur Krebsbehandlung gebe es in solchen Fällen ohnehin nicht. Auch mit Bestrahlung könnten die selben Komplikationen auftreten. Über die weitreichende Therapie einer solchen Funktionsstörung mit ihren verschiedenen Untergruppierungen und Schweregraden sei nach Auffassung des Sachverständigen nicht aufzuklären.
So sei es in seiner Klinik, die in der operativen Behandlung des Cervixcarzinorns zahlenmäßig bundesweit an der Spitze stehe, ständig gehandhabt worden.
b) Selbst wenn man die Aufklärung der Klägerin als ungenügend ansehen wollte, könnte diese mangels Entscheidungskonflikts daraus keine Rechte herleiten.
Die vom Senat persönlich angehörte Klägerin, die erklärte, das Aufklärungsblatt nicht gelesen zu haben, weil sie keine Brille dabei gehabt habe, die jegliche Aufklärung über eine Blasenentleerungsstörung in Abrede stellte und meinte, dass sie "in andere Krankenhäuser gegangen" wäre, wenn man ihr etwas davon gesagt hätte, vermittelte dem Senat insoweit nicht nur keinen glaubwürdigen Eindruck. Sie verschaffte dem Senat vielmehr darüber hinaus die Überzeugung, dass sie sich auch bei vollständiger Aufklärung in ihrem Sinn in keinem Entscheidungskonflikt befunden und sich der Operation, wie sie stattgefunden hat, ohne weitere Verzögerung unterzogen hätte.
Der Senat ist angesichts der offenbar gewordenen Persönlichkeit der Klägerin davon überzeugt, dass diese in Kenntnis dessen, dass sie an einer lebensbedrohlichen Erkrankung litt, auch das Risiko einer gegebenenfalls lebenslangen Selbstkatheterisierung auf sich genommen hätte, wenn nur die Aussicht bestand, dass sie durch die Operation geheilt werden würde. Die Klägerin hätte in ihrer zuweilen etwas verdrängenden Art ungeachtet etwaiger Komplikationen die Behandlungsalternative gewählt, zu der die Ärzte in der Klinik der Beklagten ihr geraten hätten.
Dies war die angewandte Operation, die auch bereits der überweisende Frauenarzt favorisiert hatte und die, wie der Sachverständige anschaulich darstellte, bei der Klägerin auch die Behandlung der Wahl darstellte. Die Operation war absolut indiziert, im Falle der Klägerin lag, so der Sachverständige, mit einem relativ kleinen Tumor ein Stadium Figo I vor. Hier sei die operative Behandlung angezeigt mit der sogenannten Krebsoperation nach Wertheim-Meigs. Hierbei werde die Gebärmutter mit ihrem seitlichen Halteapparat sowie mit dem oberen Anteil der Scheide entfernt. Zudem würden die Lymphknoten im kleinen Becken entfernt. Bei korrekter Therapie sei mit hoher Wahrscheinlichkeit bei dem angegebenen Tumorstadium mit einer dauerhaften Heilung zu rechnen. Die Ergebnisse, so der Sachverständige, seien im allgemeinen so gut, dass die Patienten nach Genesung ihr Leben mit hoher Lebensqualität weiterführen können. Die radikale Krebsoperation sei für die Patientin die beste Chance gewesen, von der sonst tödlichen Krankheit geheilt zu werden.
Bei adipösen Patientinnen wird, so der Sachverständige, bei der Operation ein Vorteil darin gesehen, dass damit der Tumor vollständig entfernt werden kann. Nur bei der operativen Therapie kann das Stadium der Tumorerkrankung mit Sicherheit festgelegt werden (Staging).
Bei der primären Strahlentherapie erfolge das Staging durch klinische Untersuchung und bildgebende Verfahren. Die mikroskopische Beweissicherung unterbleibe. Die Strahlentherapie beinhalte bei sehr adipösen Patientinnen die Schwierigkeit der Applikation der richtigen Dosis an den Zielort. Hier finde durch die Bauchdecke und die übrige "Vorlaufstrecke" eine erhebliche Strahlenabsorption statt. Damit seien auch Nebenwirkungen verbunden und die Erfolgsraten würden als nicht so gut dargestellt wie bei schlanken Patientinnen. Gerade die Strahlentherapie berge, so der Sachverständige, für einige Patientinnen das hohe Risiko einer Spätmorbidität mit schwerwiegenden Störungen der Blasen- und Darmfunktion.
Die Klägerin als eine lebensbejahende Frau hätte sich nicht mit einer Bestrahlung begnügt, zumal, wie der Sachverständige ausgeführt hat, die damit verbundenen Risiken in ihrer Schwere denjenigen der Operation im wesentlichen gleichzusetzen sind, wobei die Bestrahlung weitere Risiken birgt. Zwar bestehe mit der primären Strahlentherapie grundsätzlich eine alternative Behandlungsmöglichkeit. Diese Therapie erreiche zwar vergleichbare Heilungsraten mit der operativen Therapie. Es bestehe allerdings ein anderes Nebenwirkungsprofil. In erster Linie würden hierzu Blasen- und Darmschädigungen gehören. Es könne zu einer sogenannten Strahlenblase kommen, d.h. eine durch narbige Veränderungen geschrumpfte Blase mit geringer Kapazität. Oft sei in diesem Zusammenhang auch eine Harninkontinenz mit unwillkürlichem Urinverlust verbunden. Die Darmschädigung könne sich in lebenslangen chronischen Durchfällen äußern, die die Lebensqualität und Gesundheit stark einschränken könnten. In besonders schlimmen Fällen komme es auch zum Gewebeuntergang, zur Fistelbildung und besonders schmerzhaften Knochennekrosen, insbesondere des Schambeins. Die schlimmste Stufe sei die Kloakenbildung, d.h. die bei Gewebsuntergang folgende Vereinigung von Harnblase, Scheide und Enddarm.
Angesichts all dieser Umstände ist der Senat überzeugt davon, dass die sich Argumenten durchaus zugänglich zeigende Klägerin die Operation in jedem Fall so hätte durchführen lassen und auch keinen Aufklärungsbedarf mehr gesehen hätte, soweit man die erteilte Aufklärung als ungenügend ansehen wollte.
Einen Entscheidungskonflikt konnte die Klägerin dem Senat mithin in keiner Weise plausibel machen.
Mangels jedweder nachgewiesener Behandlungs- oder Aufklärungsfehler der Ärzte der Beklagten und überdies mangels Entscheidungskonflikts war die Berufung der Klägerin deshalb als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus den §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Ende der Entscheidung
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