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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 01.12.2000
Aktenzeichen: 21 U 3740/00
Rechtsgebiete: BGB, GG
Vorschriften:
BGB § 823 | |
BGB § 831 | |
GG Art. 1 | |
GG Art. 2 | |
GG Art. 5 |
§§ 823, 831 BGB; Art. 1, 2, 5 GG
1. Voraussetzungen des Geldentschädigungsanspruchs wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
2. Bei Wiedergabe von Einzelheiten aus dem Intim- und Privatleben in einer Zeitung besteht grundsätzlich eine Pflicht zur Anonymisierung der Person. Eine Einwilligung in die Veröffentlichung muss sich auf eine Aufdeckung der Identität des Betroffen erstrecken und bedarf grundsätzlich einer ausdrücklichen Erklärung hierzu.
3. Für die Bemessung der Geldentschädigung ist der Präventionsgedanke nur bei hartnäckigen und vorsätzlichen Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von Bedeutung.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: 21 U 3740/00 9 O 12188/99 LG München I
Verkündet am 1.12.2000
Die Urkundsbeamtin: Warmuth Justizangestellte
In dem Rechtsstreit
wegen Forderung
erläßt der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Seitz und die Richter am Oberlandesgericht Schmidt und Dr. Klemm aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 2000 folgendes
Endurteil:
Tenor:
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I, 9. Zivilkammer, vom 8. Mai 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagten tragen samtverbindlich die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Wert der Beschwer der Beklagten im Berufungsverfahren übersteigt 60.000,-- DM nicht.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von den beiden Beklagten Entschädigung wegen des Artikels "140.000 Mark für drei Bussis", der am 24.02.2000 in "B M" erschienen ist.
Die Beklagte zu 1) ist Verlegerin der B-Zeitung, für deren Münchner Redaktion der Beklagte zu 2) arbeitete. Aufgrund einer Veröffentlichung in der in W erscheinenden Zeitung "D n T" vom 06.02.1999 über ein vom Kläger veranlaßtes Ermittlungsverfahren gegen seine Bekannte, Frau S K, wegen Zahlungen des Klägers an diese in Höhe von insgesamt rund 140.000,-- DM, kamen der Kläger und der Beklagte zu 2) in Kontakt miteinander. Das erste Telefongespräch fand am 12.02.1999 statt, als der sich an seinem Arbeitsplatz bei der Firma S befindliche Kläger und der Beklagte über das Handy des Klägers miteinander telefonierten. Am Abend des selben Tages fand ein weiteres Telefongespräch des Klägers mit dem Beklagten zu 2) statt. Sie vereinbarten ein Treffen in W für den 16.02.1999. Dabei berichtete der Kläger dem Beklagten zu 2) über die Beziehung zu Frau K und die von ihm geleisteten Zahlungen. Eine Vereinbarung über ein Honorar für ein Foto des Klägers scheiterte an unterschiedlichen Preisvorstellungen; der Beklagte zu 2) wäre bereit gewesen, für ein Foto 2.000,-- DM zu bezahlen, während der Kläger hierfür 20.000,-- DM verlangte.
Am 24.02.1999 erschien in "B M" auf Seite 6 der vom Beklagten zu 2) verfaßte Artikel über den Kläger mit der Überschrift "140.000,-- Mark für 3 Bussis" und kleiner gedruckten weiteren Überschriften "Sie ist kein Flittchen, und er ist kein Trottel. Eine leidenschaftliche Liebe kettet sie aneinander - S liebt das Geld, und R liebt S". In dem Artikel berichtete der Beklagte zu 2) zunächst über die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der verheirateten Frau K; ab der 2. Spalte des Beitrages stand der Kläger im Mittelpunkt des Artikels. So heißt es u.a. unter der Zwischenschlagzeile "Verehrer mit 32 noch unberührt" wie folgt:
"Dort lernte S ihr einträgliches aber verschmähtes Glück kennen: R. Ein ganzes Leben lang war er nie auf Abwegen gewesen. Der Bauernsohn aus der Großgemeinde K wurde erwachsen und dann Industriemeister. Bei S ist er dafür verantwortlich, daß Maschinen richtig eingestellt sind und daß Produktionsabläufe korrekt funktionieren.
Er hat die Gabe, seinen Gefühlen durch den Verstand eine ordentliche Bahn zu geben, so daß er Karriere machte und es zu Wohlstand brachte.
Er arbeitete sich ein in die Geheimnisse der Börse und verdiente mit einem minimalen Einsatz bis heute 250.000,-- DM. Er wohnt daheim bei seiner Mutter auf dem Bauernhof. Er ist ein mittelgroßer Mann, stämmig, kein Fett, nur Muskeln.
Als er 32 war, entdeckte der tüchtige Mann an sich ein Versäumnis, das man in der heutigen Zeit am besten schamvoll verschweigt. Er hatte noch nie eine Frau in seiner Nähe, weder im Wald, noch im Bett.
Das war im November 1997, und von diesem Tag an träumte R, genannt R, immer wieder denselben Traum: D'Mam kocht was Gutes, nach dem Essen gibt's no a Haferl Kaffee in der Stub'n, und dann geht er mit da S nauf ins große französische Bett.
Die folgende Katastrophe war möglich, weil R ein tiefes Gefühl für Sitte und Anstand in sich trägt. Erfahrene Männer und Frauen würden eher sagen, liebensblinder Trottel.
R erstattete Strafanzeige, die er aber wieder zurückzog, nachdem ihm S einen Darlehensvertrag (6,5 % Zinsen auf 10 Jahre) unterschrieben hatte.
Bei den sechswöchigen Verhandlungen zu diesem Vertrag konnte S R noch einmal davon überzeugen, daß sie Kohle braucht, wegen der Trennung.
R - man traut es sich kaum noch zu schreiben - gab ihr noch einmal 30.000,-- DM und bekam dann von S Anwalt einen Brief mit der Aufforderung, "halten Sie sich von meiner Mandantin fern".
R weinte sich bei H aus, dem Vermieter von S Wohnung. Er schilderte seine Liebe, wortreich, tränenreich. H fragte: "Host as für des Geld a amoi richtig durchzog'n?"
R antwortete: "Na, i hob nur drei Bussis kriagt!"
Im übrigen wird auf den Text des Artikels Bezug genommen.
Am Tage der Veröffentlichung schickten Mitarbeiter der in München ansässigen Niederlassung der S AG eine Fax-Kopie des Artikels in den Zweigbetrieb nach K. Daraufhin wurde der Kläger von Kollegen angesprochen, daß es sich bei der geschilderten Person wohl nur um ihn handeln könne.
Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger im wesentlichen geltend gemacht, der Artikel verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht, da er aufgrund des Artikels weit über seinen engeren Bekanntenkreis hinaus identifiziert werden könne, was auch geschehen sei. Die Darstellung würdige ihn in seinem öffentlichen Ehrgefühl und Geltungsanspruch herab und berühre seine Intimsphäre, weil sie Details aus seiner Gefühlswelt und seinem Sexualleben betreffe. Er habe äußersten Wert auf Anonymität gelegt und von Anfang an deutlich gemacht, daß er einer Veröffentlichung seiner Äußerungen nur unter der Bedingung einer angemessenen Bezahlung und dem vorherigen Erhalt des Artikels zum Korrekturlesen zustimme. Nach dem Scheitern der Gespräche über die Honorarfrage habe der Kläger seine Einwilligung generell zurückgezogen. Selbst wenn nur die Privatsphäre berührt sei, bestehe keinerlei Informationsinteresse für die Öffentlichkeit, da der Kläger in keiner Weise Person des öffentlichen Lebens sei.
Der Kläger hat die Klage zunächst gegen den jetzigen Beklagten zu 2) erhoben, die nicht zugestellt werden konnte. Mit Schriftsatz vom 15.09.1999 richtete der Kläger die Klage gegen die jetzige Beklagte zu 1), der die Klage am 23.09.1999 zugestellt worden ist. Mit Schriftsatz vom 22.12.1999 erstreckte der Kläger seine Klage auf den jetzigen Beklagten zu 2). Nachdem sich der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten zu 1) auch für den Beklagten zu 2) bestellt hat, wurde diesem der Schriftsatz vom 22.12.1999 am 17.01.2000 zugestellt.
Der Kläger hat beantragt:
Die Beklagten zu 1) und 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger wegen der Presseveröffentlichung vom 24.02.1999 ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, wenigstens jedoch in Höhe von 20.000,-- DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 05.05.1999 zu bezahlen.
Die Beklagten haben die
Abweisung der Klage
beantragt.
Zur Begründung haben sie sich im wesentlichen darauf berufen, die Berichterstattung über den Vorfall als solches sei zulässig. Der Beklagte zu 2) habe den Kläger weder unter Druck gesetzt noch habe er zugesagt, ihm vor Abdruck des Artikels den Inhalt zugänglich zu machen. Der Kläger habe auch seine Einwilligung zu der Veröffentlichung nicht generell zurückgezogen. Alleine aus den viele Stunden dauernden Gesprächen ergebe sich das Interesse des Klägers an der Berichterstattung über den Vorfall in der B-Zeitung. Diese habe lediglich das abgedruckt, was der Kläger auch offenbart habe. Eine dem Kläger abträgliche Darstellungsform liege nicht vor. Ein schweres Verschulden der Beklagten liege auch nicht vor, weshalb auch aus diesem Grunde die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Geldentschädigung nicht erfüllt seien.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 15.000,-- DM stattgegeben. Das Urteil enthält eine eingehende Begründung. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, welcher der Kläger entgegengetreten ist.
Im übrigen wird von einer Darstellung des Tatbestands gemäß § 543 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Urteil des Landgerichts stellt die Rechtslage zutreffend dar. Der Senat nimmt auf das angefochtene Urteil Bezug. In der für ein Berufungsurteil gebotenen (§ 313 Abs. 3 ZPO), aber auch zulässigen Kürze (BVerfGK NJW 1998, 3484; 1999, 1387) ist auszuführen:
1. Die grundsätzlichen Voraussetzungen eines Geldentschädigungsanspruchs des Klägers gegen beide Beklagten wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch den streitgegenständlichen Artikel liegen vor.
a) Der Beklagte zu 2) haftet als Verfasser des Artikels aus § 823 Abs. 1 BGB. Der Anspruch gegen die Beklagte zu 1) folgt aus §§ 823 Abs. 1, 831 BGB. Dabei kann offen bleiben, ob der Verleger nicht auch ohne Entlastungsbeweis über § 823 BGB haftet oder über §§ 31, 823 Abs. 1 BGB (vgl. Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 28.3 ff.). Denn einen Entlastungsbeweis hat die Beklagte zu 1) nicht angetreten.
b) Den Ausführungen des Landgerichts zum Verschulden der Beklagten ist nichts hinzuzufügen. Der Beklagte zu 2) hat, legt man seine eigenen Äußerungen bei der persönlichen Anhörung im Senatstermin zugrunde, infolge von Fahrlässigkeit nicht erkannt, daß die möglicherweise konkludent abgegebene Einwilligung in eine Veröffentlichung die konkrete Veröffentlichung nicht deckte.
c) Auch die zusätzlichen Erfordernisse für einen Geldentschädigungsanspruch sind gegeben. Dieser ist nicht eigentlich ein Schmerzensgeldanspruch in ansprechender Anwendung von § 847 BGB; er folgt vielmehr aus dem Schutzauftrag von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, daß es sich um eine schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers handelte. Die Entscheidung über eine hinreichende Schwere der Verletzung des Persönlichkeitsrechts hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner auch vom Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie vom Grad seines Verschuldens ab (BGHZ 132, 13 = AfP 1996, 144 = NJW 1996, 1131 - Der Lohnkiller; Senat AfP 1999, 71 = NJW-RR 1998, 1036 - BONNBON; NJW-RR 1996, 1365 - Mordkomplott). Der angegriffene Artikel deckt Einzelheiten aus dem Intimbereich des Klägers auf, nämlich sein bisheriges Verhältnis zu Frauen. Der Artikel gibt außerdem aus dem Privatbereich des Klägers die Schilderung seiner Gewinne an der Börse wieder. Zu letzterem hat der Kläger behauptet, er habe dem Beklagten zu 2) gesagt, daß dies nicht veröffentlicht werden dürfe. Daß der Artikel journalistisch nett geschrieben und griffig gefaßt ist, steht dem nicht entgegen. Unter dem Strich bleibt die Entblößung des Klägers zu intimen und privaten Tatsachen, welche die Öffentlichkeit nichts angehen.
2. Die Veröffentlichung des Artikels in der konkreten Form war rechtswidrig. Grundsätzlich bestand bei Wiedergabe der Einzelheiten aus dem Intim- und Privatleben des Klägers eine Pflicht zur Anonymisierung (BGH AfP 1988, 30 = NJW 1988, 1984 - Büro-Sex am Telefon). Die Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG wird insoweit durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG begrenzt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts insoweit wird ebenfalls Bezug genommen.
Die Veröffentlichung ist auch nicht durch eine Einwilligung des Klägers gedeckt.
a) Die Einwilligung wäre jedenfalls hier als Rechtsgeschäft anzusehen (Senat AfP 1989, 570 = NJW-RR 1990, 999 - Dolly Dollar; Dasch, Die Einwilligung zum Eingriff in das Recht am eigenen Bild, 1990, pass., insbesondere S. 57; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Aufl. S. 365 = Kap. 43 Rn. 6). Der Kläger hat den Beklagten zu 2) umfassend informiert. Nach dem gesamten Ablauf der Gespräche hätte der Artikel aufgrund einer Vereinbarung erscheinen sollen. Die Erklärungen konnten stillschweigend durch Information und ihre Entgegennahme abgegeben werden. Selbst wenn es nur um eine Einwilligung des Klägers als einseitige Willenserklärung gegangen wäre, könnte diese konkludent erklärt worden sein (Soehring a. a. O. Rn. 19.44). Hier gilt nichts anderes als im Bereich der allgemeinen Willenserklärungen; auch sie können sich aus schlüssigem Verhalten ergeben, nämlich aus Handlungen, die mittelbar einen Schluß auf einen bestimmten Rechtsfolgewillen zulassen (Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., Einf. 6 vor § 116).
b) Die konkludente Einwilligung des Klägers deckte nicht die Aufhebung der Anonymität des Klägers. Zur Bestimmung der Reichweite der Einwilligung in den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht sind die Grundsätze der für das Urheberrecht entwickelten Zweckübertragungslehre entsprechend anzuwenden (Soehring a. a. O. Rn. 19.46 a). Die Einwilligung reicht nur soweit, wie der mit ihrer Erteilung verfolgte Zweck. Geht es nicht um eine Bildveröffentlichung, sondern um einen Text, der ohne Einwilligung unzulässig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen eingriffe, dann ist zusätzlich zum verfolgten Zweck auch zu fragen, ob die Einwilligung die Aufdeckung der Anonymität des Betroffenen umfaßt. Allein aus der Mitteilung von intimen Tatsachen ergibt sich eine solche Einwilligung nicht. Den Betroffenen mag die Veröffentlichung solcher von ihm selbst mitgeteilten Daten gleichgültig sein, solange er nicht erkennbar ist. Erst dadurch, daß seine Identität aufgedeckt wird, entsteht die eigentliche Belastung der Person. Deshalb muß sich eine Einwilligung, jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, auch und sicher auf eine Aufdeckung der Identität erstrecken. Allein aus dem Verhalten des Betroffenen wird sich dies kaum je ergeben. Zum Schutz der Person wird man hier in der Regel eine ausdrückliche Erklärung des Betroffenen verlangen - auch unter Berücksichtigung der Äußerungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG. Dies entspricht auch den allgemeinen Grundsätzen zur Behandlung konkludenter Willenserklärungen. Aus den Äußerungen des Interviewten kann oft auf eine Einwilligung in die Veröffentlichung dieser Tatsachen geschlossen werden. Die Aufdeckung der Anonymität wird dadurch aber nicht erlaubt. Insoweit wird die Lage anders sein, wenn es um die Veröffentlichung eines Fotos geht. Aber auch hier ist nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluß vom 22.09.2000 mit Begründung nur zu Protokoll; nicht zur Veröffentlichung bestimmt) eine ausdrückliche Einwilligung erforderlich, wenn es um ein Foto unmittelbar vor einer Strafverhandlung geht.
c) Anhand des Artikels war die Identität des Klägers für einen nicht unbedeutenden Personenkreis in seinem Umfang problemlos zu erkennen. Dies hat das Landgericht ebenfalls überzeugend ausgeführt. Im Artikel wird der Vorname des Klägers richtig genannt, sein Alter, sein Geburts- und Wohnort sowie seine derzeitigen Wohnverhältnisse "bei der Mutter auf dem Bauernhof". Die Herkunft des Klägers als Bauernsohn wird erläutert und sein Beruf samt Arbeitgeber wird mitgeteilt einschließlich der konkreten Aufgaben des Klägers bei der Niederlassung in K. Und schließlich wird der Kläger sogar nach seinem körperlichen Erscheinungsbild beschrieben (mittelgroßer Mann, stämmig, kein Fett, nur Muskeln), das ist ein wortreich gemaltes Porträt des Klägers, das der Beschreibung eines Täters in einem Haftbefehl deutlich überlegen ist. Der Senat hat den Kläger zu Beginn der mündlichen Verhandlung anhand dieser Beschreibung sofort und ohne Zweifel identifiziert, obwohl viele Personen anwesend waren.
3. Das Landgericht hat auch die Höhe der Geldentschädigung auf der Grundlage von § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO richtig geschätzt.
a) Nicht zu berücksichtigen ist allerdings - entgegen der Auffassung des Landgerichts - der Präventionsgedanke. Dieser ist nur bei hartnäckigen und vorsätzlichen Verletzungen des Persönlichkeitsrechts von Bedeutung (vgl. BGHZ 128, 1 = AfP 1995, 411 = NJW 1995, 861; BGH AfP 1996, 137 = NJW 1996, 984 - je Caroline von Monaco; OLG Hamburg AfP 1997, 538 = NJW 1996, 2870 m. Komm. von Seitz NJW 1996, 2848). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
b) Die Höhe des Anspruchs rechtfertigt sich allein aus der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion des Geldentschädigungsanspruchs. Insoweit ist der Abwägung der Umstände des Einzelfalls durch das Landgericht nichts hinzuzufügen; auf das landgerichtliche Urteil wird auch hierzu verwiesen. Jede Konfrontation des Klägers mit diesem Artikel durch Bekannte, Verwandte oder Freunde muß ihm die Schamröte ins Gesicht treiben. Der Artikel ist nett und amüsant geschrieben. Alles geht aber auf Kosten der Ehre des Klägers. Er wird nackt ausgezogen und so öffentlich präsentiert, dem Amüsement der Leser von "Bild München" ausgeliefert, zum öffentlichen Spott gemacht. Da hilft auch der Untertitel nichts, wonach sie kein Flittchen und er kein Trottel ist. "Erfahrene Männer und Frauen würden eher sagen, liebesblinder Trottel", heißt es dazu ausdrücklich im Text.
c) Berücksichtigt ist bei der Bemessung des Anspruchs auch, daß der Artikel in Bild München nicht im Lebensbereich des Klägers erschienen ist. Dies bedeutet insbesondere nicht, daß aus ihm keine Beeinträchtigung oder keine schwere Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu folgern wäre. Das zeigt schon das Telefax der Münchner Kollegen des Klägers zu dessen Arbeitsstelle. Der Senat sieht es als glaubhaft an (§ 286 ZPO), daß sich der Artikel schnell in der Arbeitsstelle des Klägers herumgesprochen hat, herumgereicht wurde. Das ist doch eine Sensation. Ein Mann aus dem Betrieb (der schnell entlarvt ist) wird so tief beschämt durch Schilderung seiner anständigen, aber lächerlich gemachten Zurückhaltung der verheirateten Frau gegenüber und seiner Naivität im Verhältnis zu Frauen. Daß der wesentliche Teil des Eingriffs auf diesem Kollegenfax beruht, unterbricht auch nicht die Ursächlichkeit des Artikels für die schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers. Dies liegt noch im Bereich der adäquaten Kausalität. Die Weitergabe des Artikels lag nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit, sie mußte nach den Erfahrungen des Lebens vernünftigerweise in Betracht gezogen werden (vgl. zu dieser Frage Palandt/Heinrichs, a. a. O., Vorbem. 59 vor § 249 BGB).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Wert der Beschwer ist gemäß § 546 ZPO festgesetzt worden. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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