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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 12.07.2002
Aktenzeichen: 21 U 5864/01
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 138 | |
BGB § 812 |
2. Rückschluss auf verwerfliche Gesinnung, wenn der Mietzins für eine Gaststätte um knapp 100 % oder mehr über dem maßgeblichen Vergleichswert liegt und weitere Gesichtspunkte hinzutreten.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: 21 U 5864/01
Verkündet am 12. Juli 2002
In dem Rechtsstreit
erläßt der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Seitz und die Richter am Oberlandesgericht Schmidt und Dr. Klemm aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.04.2002 folgendes
Endurteil:
Tenor:
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München II, 8. Zivilkammer, vom 22. November 2001 wird mit folgender Maßgabe zurückgewiesen:
1. Unter Aufrechterhaltung der Klageabweisung im Umfang des landgerichtlichen Urteils sowie der Kostenentscheidung erster Instanz wird der Beklagte verurteilt, an die Kläger 64.236,20 Euro nebst 4 % Zinsen p. a. hieraus ab 04.04.2002 zu zahlen.
2. Im übrigen ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 83.000 Euro abwenden, wenn nicht die Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines als "Pachtvertrag" bezeichneten Mietvertrages über eine Gaststätte, die der Beklagte im August/September 1996 bei einer Zwangsversteigerung erworben hat.
I.
Der Rechtsstreit hat ursprünglich mit einer Klage des früheren Zwangsverwalters begonnen, der von den Klägern (damals die Beklagten) Zahlung von Nebenkosten verlangt hat. Die Kläger, die damaligen Beklagten, haben Widerklage erhoben und vom Zwangsverwalter und dem jetzigen Beklagten als Drittwiderbeklagten Rückzahlung zuviel gezahlter Miete verlangt. Der Zwangsverwalter ist nach Abtrennung der Drittwiderklage durch Vergleich aus dem Rechtsstreit ausgeschieden. Dieser wird von den Widerklägern und dem Drittwiderbeklagten fortgesetzt. Die Widerkläger werden nunmehr als Kläger und der Drittwiderbeklagte als Beklagter bezeichnet.
Das Mietverhältnis bezieht sich auf eine Gaststätte in S, K-W-Straße. Die Gaststätte liegt im Erdgeschoß einer Teil-/Wohnungseigentumsanlage, die im Jahre 1979 errichtet wurde. Sie ist 144qm groß. Zu ihr gehören ein im Hof gelegenes Lagergebäude mit ca. 17qm, ein Kühlkeller mit ca. 9 qm und ein weiterer Kellerraum von ca. 32 qm, ferner 3 Doppelstockabstellplätze für Pkws in der Tiefgarage. Das Teileigentum ist mit einer Dienstbarkeit für die H-P-Bräu AG belastet; die Dienstbarkeit sichert das Recht ab, daß Biere und Getränke, soweit solche von der Brauerei H-P produziert werden, nur von dieser Brauerei bezogen und in der Gaststätte vertrieben werden dürfen. Die ersten Eigentümer waren die Eheleute N. Diese richteten die Gaststätte ein und betrieben sie als Weinlokal bis sie das Teileigentum 1988 an den Zeugen Sch verkauften, der es durch seine Tochter betreiben ließ. Am 14.12.1989 verkaufte Sch die Gaststätte einschließlich des Inventars an die Eheleute M. Herr M "verpachtete" die Gaststätte am 20.03.1990 mit einem notariell beurkundeten Vertrag an den Italiener D T. Die Pachtzeit wurde mit 10 Jahren (ab 01.04.1990 bis 31.03.2000) fest vereinbart, wobei dem Pächter die Option zustehen sollte, einmal die Pachtzeit um 5 Jahre zu verlängern. Es wurde ein "Pachtzins" von monatlich 7.000,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Dieser sollte sich alle 2 Jahre um 500,00 DM netto erhöhen, erstmals zum 01.04.1992. Neben dem "Pachtzins" hatte der Pächter alle Nebenkosten im Sinne des § 27 der 2. Berechnungsverordung zu tragen. Der Pächter hatte zudem "die laufende gewöhnliche Instandsetzung sowie die Schönheitsreparaturen" zu tragen. Er sollte eine Kaution von 30.000,00 DM in Form einer Bankbürgschaft erbringen. Im Vertrag wurde auf die Dienstbarkeit der H-P-Bräu AG hingewiesen und dem Pächter die Verpflichtung auferlegt:
"Es ist allein seine Sache, dieses Verbot durch einen entsprechenden Vertag mit der Brauerei für die Laufzeit des Pachtvertrages außer Kraft zu setzen. Bei einem Verstoß gegen diese Dienstbarkeit haftet der Pächter gegenüber der H-P-Brauerei einerseits und gegenüber dem Verpächter andererseits".
Pachtgegenstand waren laut Vertrag die Gaststättenräume, die zu der Gaststätte gehörenden Lager-, Kühl- und Kellerräume, "2 Pkw-Abstellplätze im Hof" und die zur Gaststätte gehörenden Doppelstocktiefgaragenplätze. An den genannten Pkw-Plätzen im Hof steht dem Eigentümer der Gaststätte kein Sondernutzungsrecht zu. Vor der Gaststätte befindet sich zwischen Hausfront und Straße eine ca. 44 qm große gepflasterte Fläche. Diese gehört ebenfalls nicht zum Sondereigentum des Beklagten und war deshalb nicht Gegenstand des Pachtvertrages. Die Wohnungseigentümergemeinschaft duldet, daß bei entsprechender Witterung einige Tische dort aufgestellt und von Gästen genutzt werden.
Nicht Gegenstand der Pacht war das gesamte Inventar der Gaststätte. Dieses hatte der Pächter käuflich zu erwerben. Der Verpächter verkaufte die Innenausstattung des Lokals einschließlich der eingebauten Teile wie Theke, Küche und Dunstabzug für 140.000,00 DM. Daß der Verpächter das Inventar nach Beendigung des "Pachtverhältnisses" zurückkauft, war nicht vorgesehen.
Zugleich mit den vorgenannten Verträgen wurde dem Pächter in der notariellen Urkunde ein Ankaufsrecht eingeräumt. Von diesem Ankaufsrecht machte D T keinen Gebrauch.
D T betrieb die Gaststätte vom 01.04.1990 bis 30.06.1991. Ab 01.07.1 991 stand das Lokal leer.
Im November 1991 wurden die Kläger als Mietnachfolger gefunden. Die Kläger sind Ungarn, besitzen aber auch die italienische Staatsbürgerschaft. Sie waren bis zu diesem Zeitpunkt als Koch und Kellner im Angestelltenverhältnis tätig und wollten sich selbständig machen. Die Eheleute M schlossen mit den Klägern am 12.11.1991 einen "Pachtvertrag" ab, im wesentlichen mit dem gleichen Inhalt wie der Vertrag zwischen Herrn M und Herrn D T. Abweichend von diesem Vertrag wurde die Vertragsdauer mit 01.12.1991 bis 30.11.2001 vereinbart. Die im Rahmen der Staffelmietvereinbarung zu erfolgenden Mieterhöhungen sollten nicht wie im Vertrag D T vorgesehen am 01.04.1992, sondern am 01.12.1993 beginnen. Die Mietkaution von 30.000,00 DM sollte in bar erbracht werden. Eine Sicherung des Kautionsrückzahlungsanspruchs und eine Verzinsung der Kaution wurde nicht vereinbart. Die von den Klägern erbrachte Kaution wurde in der Folgezeit von den Eheleuten M nicht getrennt von ihrem Vermögen aufbewahrt. Der Zwangsverwalter verklagte später die Eheleute M auf Herausgabe der Kaution; seine Versuche der Zwangsvollstreckung blieben erfolglos. Die Kaution ist für die Kläger verloren.
Parallel zu den Verhandlungen mit dem Zeugen M verhandelten die Kläger mit Herrn D T über den Ankauf des Inventars. Am gleichen Tag wie der "Pachtvertrag" mit M (12.11.1991) wurde der Vertrag mit D T abgeschlossen. D T verkaufte das Inventar so, wie er es von Herrn M erworben hatte, an die Kläger für 240.000,00 DM. Außerdem verpflichteten sich die Kläger, die notwendigen Maler- und Reinigungsarbeiten in der Gaststätte in der Woche vor dem vorgesehenen Pachtbeginn selbst auszuführen. Ein Entgelt hierfür wurde nicht vereinbart. Die Kläger übernahmen die Gaststätte zum 01.12.1991 und betreiben sie auch heute noch. Das Restaurant genießt heute wegen der Küche einen guten Ruf.
Die Eheleute M gerieten in Vermögensverfall. Die Gaststätte kam unter Zwangsverwaltung und wurde im August 1996 zwangsversteigert. Bei dieser Zwangsversteigerung erhielt der Beklagte den Zuschlag. Der Zuschlagsbeschluß wurde im September 1996 rechtskräftig, so daß der Beklagte seitdem Eigentümer der Gaststätte ist. Seit Oktober 1996 zahlen die Kläger die Miete an den Beklagten.
Die Kläger hatten von Anfang an Mühe, die Mieten und daneben die Raten für den Kredit, den sie zur Finanzierung des Kaufpreises für das Inventar haben aufnehmen müssen, aus den Einkünften der Gaststätte zu erwirtschaften. Sie geben ihre Umsätze - vom Beklagten nicht widersprochen - wie folgt an:
1992 337.178,00 DM 1993 452.053,00 DM 1994 558.960,00 DM 1995 557.700,00 DM 1996 486.411,00 DM.
Im Januar 1998 kam es wegen der Höhe der Miete zu Verhandlungen zwischen den Parteien, welche mit einem Schreiben des Beklagten vom 29.01.1998 bestätigt wurden. Der Beklagte erklärte "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" sich bereit, auf die am 01.12.1997 in Kraft getretene Erhöhung des "Pachtzinses" vorerst zu verzichten und den "Pachtzins" für 6 Monate auf 7.500,00 DM zu ermäßigen. Diese Zusage widerrief der Beklagte mit Schreiben vom 23.02.1998, weil die Kläger die Februar-Miete absprachewidrig zu spät gezahlt hatten. Die Vereinbarung kam nicht zum Tragen.
Die Kläger zahlten bis November 1999 die volle Miete, allerdings nicht die Nebenkosten in voller Höhe. Zum 01.12.1999 wäre die Miete laut Vertrag auf 9.000,00 DM netto angestiegen. Ab 01.12.1999 bis 30.04.2001 zahlten die Kläger nur eine Miete von 4.000,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer und eine Vorauszahlungspauschale für die Nebenkosten von 1.000,00 DM monatlich. Ab 01.05.2001 zahlen die Kläger nichts mehr. Die Kläger haben von ihrer Option, das Mietverhälnis über den vertraglich vorgesehenen Ablauf am 30.11.2001 zu verlängern, keinen Gebrauch gemacht, die Räume aber weiterhin genutzt.
II.
Die Kläger sehen nach ihrem Vorbringen erster Instanz den Pachtvertrag vom 12.11.1991 als Mietvertrag und halten ihn wegen Mietwuchers für nichtig. Als Miete für die Gaststätte seien allenfalls 3.500,00 DM angemessen und üblich gewesen. Unter Ausnutzung der Unerfahrenheit der Kläger hätten die Eheleute M die Kläger bewogen, eine Staffelmiete beginnend mit 7.000,00 DM zu akzeptieren. Die Kläger verlangen vom Beklagten für die Zeit, in der sie die Miete an den Beklagten bezahlt haben, die Differenz zwischen ihren Zahlungen und der üblichen Miete zurück. Sie haben mit der am 16.06.1998 zugestellten Drittwiderklage zunächst einen Teilbetrag von 65.284,98 DM geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 07.11.1998, dem Beklagten-Vertreter am 18.11.1998 zugestellt, haben sie die Drittwiderklage auf 86.264,98 DM erhöht. Schließlich haben sie die Klage mit Schriftsatz vom 02.10.2001 erhöht, ihre Zuvielzahlungen bis einschließlich Oktober 2001 mit 172.594,15 DM berechnet und diesen Betrag in erster Instanz zurückverlangt.
Der Beklagte hat bestritten, daß die Kläger unerfahren gewesen seien und die vereinbarte Staffelmiete in einem auffälligen Mißverhältnis zum Nutzungswert der Gaststätte gestanden habe. Bei Abschluß des "Pachtvertrages" seien sowohl Herr M als auch die Kläger von einem erzielbaren Jahresumsatz von 850.000,00 DM ausgegangen; sie hätten einen Mietzins von 10% des Jahresumsatzes für angemessen gehalten. Schon der 1. Gastwirt habe jährlich Umsätze von 750.000,00 DM erzielt. Der Vorpächter D T habe einen Jahresumsatz von mindestens 800.000,00 DM erzielt.
Das Landgericht hat mit Endurteil vom 22.11.2001 unter Klageabweisung im übrigen den Beklagten verurteilt, an die Kläger 133.344,15 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Es hat im wesentlichen ausgeführt, der "Pachtvertrag" sei ein Mietvertrag, da nur leere Gewerberäume zum Gebrauch überlassen worden seien. Der Mietvertrag sei gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig. Zugrunde zu legen sei die ortsübliche Miete zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 12.11.1991. Dem Gericht lägen zur Frage der ortsüblichen Miete drei Gutachten vor, die alle von renommierten Sachverständigen stammten. Das erste Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Kfm. L komme nach der "EOP"-Methode zu dem Ergebnis, daß die ortsübliche Miete zum Stichtag monatlich 2.900,00 DM betragen habe, der Sachverständige Dipl.-Kfm. Dr. W habe unter Anwendung der sogenannten "indirekten Vergleichswertmethode" eine ortsübliche Miete mit 3,900,00 DM festgestellt und der Sachverständige M unter Anwendung der Vergleichswertmethode die ortsübliche Miete mit 3.570,00 DM. Es werde dem zuletzt genannten Gutachten gefolgt, obwohl der Sachverständige M seinem Gutachten Vergleichsmieten von Ladengeschäften zugrunde gelegt habe. Die gepflasterte Fläche vor der Hausfront mit etwa 44 qm sei bei der Berechnung außer Ansatz zu lassen, da dem Eigentümer der Gaststätte kein Sondernutzungsrecht an dieser Fläche zustehe. Die Minderung des Nutzungswerts durch die Getränkebezugsverpflichtung werde nicht berücksichtigt, da der Marktwert der Gaststätte gleich dem der umliegenden Ladengeschäfte sei. Die Einwendungen des Beklagten gegen das Gutachten seien unbegründet. Der angebotene Zeuge B sei kein geeignetes Beweismittel, um den Sachverständigen zu widerlegen und einen höheren Mietwert zu beweisen. Der Sachverständige habe die herangezogenen Vergleichsobjekte ausreichend beschrieben. Die Zugrundelegung des Bewertungsmaßstabs des "Zonings" und die wertmindernde Berücksichtigung des Abstandes zwischen Straße und Hausfront seien folgerichtig. Die Kläger, zur Zeit des Vertragsschlusses Koch und Kellner im Angestelltenverhältnis, seien bei Abschluss beider Verträge extrem übervorteilt worden. Schon die Anfangsmiete von 7.000,00 DM monatlich habe die ortsübliche Miete um fast 100 % überstiegen. Die vertragliche Mieterhöhung von durchschnittlich 3,5 % im Jahr sei deutlich höher als die Erhöhung des Lebenshaltungskostenindexes. Hinzu komme die besondere Regelung über die Kaution, wonach die Kläger die Kaution von 30.000,00 DM in bar zu erbringen gehabt hätten, ohne dass eine Verzinsung oder Sicherstellung des Kautionsrückzahlungsanspruchs vereinbart worden sei. Die Vermieter hätten die geschäftliche Unerfahrenheit der Kläger erkannt und ausgenutzt. Der Beklagte sei daher verpflichtet, den Differenzbetrag zwischen den geleisteten Mietzahlungen und der ortsüblichen Miete zurückzuzahlen.
Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen (Blatt 275 ff. der Akten).
III.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten.
Der Beklagte bringt im wesentlichen vor, das Gutachten des Sachverständigen M sei mangelhaft. Ein vermieteter oberirdischer Stellplatz sei im Gutachten fehlerhaft nicht berücksichtigt worden. Dem Sachverständigen hätten nach eigenem Bekunden Daten über vergleichbare Gaststätten aus dem fraglichen Zeitraum nicht zur Verfügung gestanden. Der vom Sachverständigen M vorgenommene Lageabschlag von 30 % sei nicht nachzuvollziehen. Ferner sei das Gutachten rechnerisch nicht nachvollziehbar. Bei einer korrekt ermittelten üblichen Marktmiete, nämlich von monatlich 4.537,00 DM, bestehe kein grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Ein grobes Mißverhältnis liege nur dann vor, wenn der vertraglich vereinbarte Mietzins die übliche Marktmiete um mehr als 100 % übersteige. Wenn man die Werte des Sachverständigen M unterstelle, komme man nur auf 96 %. Es sei keine - Ausnutzung der - Unerfahrenheit der Kläger im Rechtsverkehr gegeben. Der Zeuge M habe keine Kenntnis davon gehabt, welchen Kaufpreis die Kläger und der Vormieter D T für das Inventar der Gaststätte vereinbart hätten. Der hohe Kaufpreis könne daher nicht herangezogen werden. Die Verhandlungen über den Mietvertrag hätten sich über 14 Tage hingezogen; der Kläger zu 1) habe sich eine Bedenkzeit erbeten. Die Kläger seien bei den Vertragsverhandlungen mit den Vermietern anwaltlich beraten gewesen. Für die Vermieter sei ein krasses Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht erkennbar gewesen. Weitere Umstände oder Regelungen im Vertrag, die für eine verwerfliche Gesinnung der Vermieter sprächen, seien nicht erkennbar. Die unverzinsliche Mietsicherheit habe der damals geltenden Rechtslage entsprochen. Bei den Aussagen des Vermieters M zu dem Umsatz der Gaststätte wäre es an den Klägern gewesen, konkrete Nachweise zu fordern.
Der Beklagte beantragt zu erkennen:
Das Endurteil des Landgerichts München II vom 22. November 2001 wird insoweit aufgehoben, als der Beklagte verurteilt wurde. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger beantragen zu erkennen:
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 22.11.2001 wird zurückgewiesen, soweit nicht der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger Euro 64.236,20 nebst 4 % Zinsen hieraus ab 04.04.2002 zu zahlen.
3. Der Rechtsstreit ist im übrigen in der Hauptsache erledigt.
Die Kläger bringen vor, wegen der weiteren Nutzung der Räume durch sie, die Kläger, bis April 2002 sei die Hauptsache teilweise erledigt. Die vom Beklagten wegen des Lageabschlags erhobene Rüge sei verspätet und unbegründet. Das gleiche gelte für die Rüge des Beklagten, das Gutachten des Sachverständigen M sei rechnerisch nicht nachvollziehbar. Eine geringfügige Unterschreitung der 100 % - Marke sei für die Bejahung von Wucher unbehelflich. Sittenwidrigkeit sei weiter wegen der aus der vereinbarten Staffelmiete folgenden Mietzinssteigerung bis 9.000,00 DM im Monat gegeben. Diese Mietzinssteigerung sei schon bei Vertragsschluß sicher gewesen. Sie sei daher von Anfang an bei der Bewertung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung zu berücksichtigen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Parteischriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
IV.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen I N, M J M, M D und Sch, sowie durch Einholung von Gutachten der Sachverständigen Dr. K W und W M und mündliche Anhörung der Sachverständigen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. W vom 12.11.1999, auf die schriftliche Fragenbeantwortung des Sachverständigen, übergeben im Termin vom 06.04.2000, auf das Gutachten des Sachverständigen M vom 08.05.2001 (Blatt 184/201 der Akten) und die Sitzungsniederschriften vom 06.04.2000 (Blatt 126/139 der Akten) und 11.10.2001 (Blatt 236/242 der Akten) Bezug genommen.
Der Beklagte hat der Erledigung der Hauptsache (Teil) nicht zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist im Ergebnis nicht begründet.
Wegen der Nichtigkeit des Mietvertrages nach § 138 BGB steht den Klägern gemäß § 812 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung der entrichteten Mieten zu, worauf sich die Kläger als Nutzungsentschädigung die Beträge in Höhe der angemessenen und ortsüblichen Miete anrechnen lassen müssen. Ausgehend von dem gemäß dem Ersturteil vom Beklagten geschuldeten Betrag in Höhe von 133.344,15DM = 68.177,78 Euro nebst den dort genannten Zinsen steht den Klägern wegen deren weiteren Nutzung der Räume bis einschließlich April 2002 und der deswegen für November 2001 bis April 2002 anzurechnenden Nutzungsentschädigung ein Anspruch von noch 125.635,08 DM = 64.236,20 Euro nebst 4 % Zinsen hieraus p. a. ab 04.04.2002 zu.
Die entsprechende, schlüssige Abrechnung der Kläger gemäß dem Forderungskonto per 03.04.2002 (Anlage KB 01 zu Blatt 315/320 der Akten) hat der Beklagte nicht bestritten (vgl. § 138 Abs. 3 ZPO).
Der Senat folgt im wesentlichen den zutreffenden Gründen des landgerichtlichen Urteils und nimmt auf sie Bezug.
Die folgenden Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht (313 Abs. 3 ZPO). Die Kürze der Darstellung erklärt sich auch daraus, dass der Streit im Termin zur mündlichen Verhandlung sachlich und rechtlich eingehend erörtert wurde (vgl. hierzu Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 24. Auflage, § 313 Randnummer 27). Auch ist zu berücksichtigen, dass es sich um ein Berufungsurteil handelt, das mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht angefochten werden kann (vgl. BVerfG NJW 1996, 2785; 1999, 1387/1388).
Ergänzend wird ausgeführt:
Der Senat folgt namentlich der eingehend und überzeugend von dem Landgericht und dem Sachverständigen M dargelegten Bewertung, welcher Mietzins im Streitfall marktüblich ist.
Bei Fehlen geeigneter Vergleichsobjekte sind "andere Erfahrungswerte heranzuziehen" (BGH NJW 2002, 55/56 mit weiteren Nachweisen). Hierzu sei aus den Bewertungsgrundlagen der Umstand hervorgehoben, dass Gegenstand des "Pachtvertrages" vom 12.11.1991 lediglich die leeren Gewerberäume sind, so wie es in der Regel bei Vermietung von Gewerberäumen zur Nutzung für ein Ladengeschäft der Fall ist. Die Errichtung von Gaststättenräumen ist möglicherweise mit - hier allerdings nicht vorgetragenen - Investitionen zur Erfüllung öffentlich rechtlicher Anforderungen verbunden. Andererseits sind im Streitfall die Kläger zusätzlich mit einer Getränkebezugsverpflichtung belastet, die bei der Anmietung von Räumen für ein Ladengeschäft üblicherweise nicht anfällt und die der Sachverständige M von seinem Standpunkt aus nicht als Minderung des Nutzungswertes berücksichtigt hat.
Das Landgericht hat auch bereits zutreffend zu dem - dem Sachverständigen M ebenfalls bekannten - Einwand des Beklagten im Zusammenhang mit diesem angeblich benannten Vergleichsobjekten Stellung bezogen.
Unbegründet ist der Einwand des Beklagten, das Gutachten des Sachverständigen M sei rechnerisch nicht nachvollziehbar. Bei seiner Beanstandung, auf der Grundlage eines Gesamtmietaufkommens von 28.100,00 DM und einer Gesamtmietfläche von 627 qm errechne sich ein Mittelwert von 44,99 DM je qm und nicht von 34,45 oder 34,05 DM je qm, wie im Gutachten angegeben, berücksichtigt der Beklagte nicht, dass hier eine Interpolation vorzunehmen und ein Umrechnungskoeffizient je nach Ladengröße zu beachten ist (vgl. Gutachten, des Sachverständigen M vom 08.05.2001 Seite 13 = Blatt 1 96 der Akten). Bei der Angabe des angepassten Vergleichswertes von einmal 34,45 DM, dann von 34,05 DM handelt es sich um einen Schreibfehler, der für das Ergebnis nicht entscheidungserheblich ins Gewicht fällt.
Ebensowenig wird das zutreffende Ergebnis des Gutachtens in Frage gestellt, wenn ein oberirdischer Stellplatz nicht in die Berechnung eingestellt wird, weil daran kein Sondernutzungsrecht der Vermieter bestanden hat. Der Grund, weswegen der Lageabschlag in dem Gutachten des Sachverständigen M nachvollziehbar und berechtigt ist, wird bereits vom Beklagten selbst erwähnt. Das Mietobjekt liegt zwar (noch) im Zentrumsbereich. Der Standort zählt aber, eben wegen seiner Randlage, nicht zu den besten Lauflagen. Diese von der Methode zur Ermittlung des Marktwertes im übrigen unabhängige Einschätzung wird außer von dem Sachverständigen M ferner von den Sachverständigen Dr. W und F geteilt.
Der Sachverständige M ist auch dem Senat aus mehreren Verfahren als erfahrener Gutachter von hervorragender Sachkunde bekannt. Er ist gerade mit der konkreten Marktsituation für Geschäftsräume in S vertraut. Es bestehen keine durchgreifenden Gründe dafür, an den festgestellten Beurteilungskriterien und den daraus vom Gutachter gezogenen Schlüssen zu zweifeln. Das Gutachten geht nicht von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus und enthält keine Widersprüche. Wegen der Geschlossenheit, fachlichen Stichhaltigkeit und Überzeugungskraft des Gutachtens des Sachverständigen M ist die vom Beklagten begehrte Einholung eines neuen Gutachtens nicht geboten (vgl. § 412 ZPO).
Bei gewerblichen Miet- und Nutzungsverhältnissen wird bei einer Überschreitung des maßgeblichen Vergleichgswerts durch den vereinbarten Zins um knapp 100% oder mehr aus den objektiven Umständen auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen (BGH NJW 1999, 3187/3189 mit weiteren Nachweisen). Ein vorliegendes krasses Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung läßt einen hinreichend sicheren Rückschluß darauf zu, dass auch das subjektive Element der verwerflichen Gesinnung des Begünstigten gegeben ist. Ein solcher Rückschluß setzt allerdings voraus, dass der Marktwert der Leistung für den Begünstigten in etwa erkennbar war und dass sich der Begünstigte nach der allgemeinen Lebenserfahrung zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, es liege ein krasses Mißverhältnis vor (BGH NJW 2002, 55/57).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Wie bereits im Ersturteil im wesentlichen dargelegt ist, sprechen auch weitere Umstände und weitere Regelungen in dem "Pachtvertrag" vom 12.11.1991 für eine bei Vertragschluß gegebene verwerfliche Gesinnung des begünstigten Vertragspartners und damit ebenfalls für ein wucherähnliches Geschäft. Hervorzuheben ist, dass es der Vermieter M bei den Vertragsverhandlungen für nötig gehalten hat, den Klägern gegenüber ins Blaue hinein einen Jahresumsatz der Gaststätte von 850.000,00 DM anzugeben; ein solcher Jahresumsatz ist in der vorangegangenen Betriebszeit nach dem Beweisergebnis (Zeugin N: zuletzt in 1987 600.000,00 DM; Zeuge Sch: anschließend noch weniger) nie erzielt worden. Klar war den Vermietern der auffällige Umstand, dass der Vormieter D T den Betrieb der Gaststätte nach der verhältnismäßig kurzen Zeit von 1 1/4 Jahren wieder aufgegeben hat und das Lokal dann ab 1.7.1991 geschlossen war. Es mag sein, dass, wie der Beklagte einwendet, es Sache der Kläger gewesen wäre, konkrete Nachweise für den - vorgespiegelten - Umsatz zu fordern. Der Umstand, dass die Kläger das unterlassen haben, hat den Vermietern aber gerade die Unerfahrenheit der Kläger und deren unzureichende Beratung deutlich gemacht.
Die Vertragsgestaltung enthält weitere die Mieter benachteiligende Regelungen.
Zutreffend hat das Landgericht auf die Vertragsbestimmung über die Staffelmiete hingewiesen, wonach der Monatsmietzins alle zwei Jahre um 500,00 DM steigen sollte, was einer jährlichen Mieterhöhung von durchschnittlich 3,5 % entspricht. Es geht insoweit nicht um ein nachträgliches "Hineinwachsen" in die Sittenwidrigkeit. Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts abzustellen. Insoweit fällt hier ins Gewicht, dass die Vermieter bei Abschluß des Mietvertrages das Risiko der Preisentwicklung im Grunde vollständig den Klägern auferlegt haben.
In die gleiche Richtung einer verwerflichen Gesinnung weist im Rahmen der Gesamtwürdigung, dass die Vermieter den Klägern eine vergleichsweise hohe Kaution in bar und zinslos sowie ohne Sicherung des Anspruchs auf Rückzahlung der (dann tatsächlich für die Kläger verlorenen) Kaution abverlangt haben.
Zutreffend ist der Einwand des Beklagten, es gäbe keine gesicherte Feststellung, dass der Vermieter M den weit überhöhten vom Vormieter verlangten Kaufpreis für das Gaststätteninventar gekannt hat, wenn auch die Aussage des Zeugen M zu diesem Punkt bemerkenswert gewunden erscheint, so als ob der Zeuge die Frage der Kenntnis von dem außerordentlich hohen Kaufpreis lieber im Unklaren lassen wollte. Die Ausführungen im Ersturteil (Seite 19) zu dem Kaufvertrag mit dem Vormieter dienen auch nur ergänzend der Darstellung der geschäftlichen Unerfahrenheit der Kläger zur Zeit des Vertragsschlusses. Aus der Aussage des Zeugen M ergibt sich insoweit aber zumindest dessen Kenntnis davon, dass die Kläger zusätzlich zu den sehr hohen mietvertraglichen Verpflichtungen eine erhebliche mietobjektbezogene finanzielle Belastung für den Kauf des notwendigen Inventars zu tragen hatten. Aufgrund der auch vom Erstgericht dargelegten Gesamtumstände ist davon auszugehen und auch den Vermietern M klargewesen, dass die Kläger, welche sich in die von seiten M vorgegebenen, für die Kläger äußerst nachteiligen Vertragsbedingungen gefügt haben, jedenfalls keine qualifizierte rechtliche oder wirtschaftliche Beratung erfahren haben. Auch die bloße Länge der Bedenkzeit der Kläger führt zu keiner anderen Beurteilung.
Danach haben sich die Vermieter zumindest der Kenntnis der Umstände, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt, grob fahrlässig verschlossen.
Eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Elemente ergibt in umfassender Würdigung, dass der Mietvertrag insgesamt auch nach § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist.
Wegen der Sittenwidrigkeit des Mietvertrages haben die Parteien gegenseitig ihre Leistungen zurückzugewähren (§ 812 BGB). Der auf Herausgabe des Überschusses gehende Bereicherungsanspruch der Kläger gegen den Beklagten beträgt wie eingangs erwähnt (noch) 64.236,20 Euro (vgl. § 812, 818 Abs. 3 BGB).
Für die Zeit der Gebrauchsüberlassung der Mietsache haben die Kläger den Wert der weiterhin gezogenen Nutzungen in Höhe des angemessenen Mietzinses zu entrichten (vgl. §§ 812, 81 8 Abs. 2, 100 BGB).
Insoweit war zu der Teilerledigterklärung der Kläger, welcher der Beklagte nicht zugestimmt hat, festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird für die Zeit bis 08.04.2002 (Teilerledigterklärung) auf 68.177,78 Euro, ab diesem Zeitpunkt auf 65.000,00 Euro festgesetzt (§ 3 ZPO).
In der Vorinstanz sind für den erledigten Teil nach der Differenzmethode wegen der gleichen Gebührenstufe keine Kosten anzusetzen.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben (vgl. § 543 Abs. 2 ZPO n.F.). Es handelt sich um die Beurteilung eines Vertragsverhältnisses ohne grundsätzliche Bedeutung in einem konkreten Einzelfall, der nicht der Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung dienlich ist.
Ende der Entscheidung
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